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BRENNA TUATS TOUR 2012

Die traurigen Balladen des Hubert von Goisern

Nordbayerische Nachrichten 24. Juli 2012 | Text & Foto: Hans von Draminski

Austrofolk-Barde sorgte für den Festival-Abschluss auf Burg Veldenstein — Restlos ausverkauftes Konzert

Hubert von GoisernNEUHAUS - Laute Töne gehören sich nicht bei einer Beerdigung. Und auch wenn ein Rockfestival zu Grabe getragen wird, empfiehlt sich ein wenig Pietät. Die ließ der österreichische Sänger Hubert von Goisern walten und servierte zum großen Finale auf Burg Veldenstein ein sehr balladenlastiges Programm, gerade richtig für einen lauen Sommerabend.

Vor wenigen Monaten in der Nürnberger Meistersingerhalle hatte es "der Goiserer", wie ihn seine Fans gerne nennen, noch ordentlich krachen lassen und einen Rock-'n'-Roll-Auftritt vom Allerfeinsten hingelegt — mit Musik, energiegeladen genug, um damit Haare und Hosenbeine zu föhnen.

Für das Veldensteiner Konzert hat Hubert von Goisern dagegen auffällig tief in seiner Balladenkiste gegraben und eine große Auswahl ganz ruhiger Songs zutage gefördert. Dazu erzählt er nachdenkliche Geschichten vom seltsamen Verhalten der Menschen und davon, dass sie damit nicht nur ihr Glück aufs Spiel setzen, sondern auch die Existenz der Welt, auf und von der sie leben.

Schade nur, dass dieser durchaus intellektuelle Ansatz nicht bei allen Konzertgästen im rappelvollen, schon seit langem ausverkauften Innenhof der Burg auf offene Ohren und Herzen stößt. Manche murren hörbar, einer pflaumt den Sänger sogar aus einer der ersten Reihen an — doch Hubert von Goisern alias Hubert Achleitner zieht sein Konzept für den spürbar melancholischen Liederabend auf der Burg konsequent durch und lächelt dazu mit sanftem Spott über alle jene, die es gerne eine Kante rockiger hätten.

Immerhin zitiert der gebürtige Oberösterreicher Rock- und Soullegenden wie Janis Joplin, deren Mercedes Benz ihm zur wehmütigen Dialekthymne mit starkem Mitsingeffekt gerät. Auch Ray Charles' Georgia, das Hubert zu einer Hommage an seinen Heimatort Bad Goisern umdichtet, hat hohes emotionales Potenzial, ist mehr denn je Bekenntnis und stilles Gebet von einem, der in sich ruht und bei sich angekommen ist.

Die Stücke aus dem aktuellen Album EntwederUndOder setzt Hubert von Goisern eher sparsam ein, weil treibende Rockgrooves und tanzflächentaugliche Bulldozerbeats wohl nicht zum Wohlfühl-Paket des Freiluftkonzerts passen würden.

Eine tüchtige Portion Ironie darf, ja muss dennoch sein. Da wird etwa das Klischee vom edlen Indianer auf den Kopf gestellt, weil es laut Hubert in jeder Gesellschaft Schwarze Schafe und schräge Vögel gibt — "gäbe es die bei euch nicht, müsste ich mich fragen, was ihr für seltsame Drogen nehmt", meint der Musiker bissig.

Schräg sind auch die Melodien, die sich Hubert von Goisern nach wie vor gerne aus dem Volksmusik-Fundus holt und denen er mit der diatonischen Steirischen Harmonika, auch "Ziach" genannt, pulsierendes Leben einhaucht.

Respektloser Alpenrocker

Wenn er das Akkordeon mit der Fender Stratocaster vertauscht, kommen endlich auch alle die auf ihre Kosten, die den rotzigen, hemdsärmeligen, respektlosen Alpenrocker hören wollen. Der Radiohit Brenna tuats guat mit seiner komplexen Rhythmik wird vielhundertkehlig mitgesungen, das unverwüstliche Hiatamadl als Zugabe mit Publikumsbeteiligung besonders heimelig zelebriert.

Gegen Ende des Konzerts auf der Burg, das auch das wahrscheinliche Ende der Musikveranstaltungen auf Burg Veldenstein markiert, wird Hubert von Goisern sehr still und konzentriert sich auf Gänsehautlieder wie das unsterbliche Weit weit weg. Und während man langsamen Schrittes zurück zum Auto läuft, wehen ein paar letzte Töne durch die Sommernacht und stimmen traurig: Eine Ära ist zu Ende gegangen.

"Servus Hirschhorn"

Rhein-Neckar-Zeitung 23. Juli 2012 | Text & Foto: Barbara Nolten-Casado

HvGHirschhorn. Festivalstimmung herrscht am Samstagabend am Hirschhorner Neckarlauer: die Uferstraße in Höhe der Schiffsanlegestelle ist dicht, der Verkehr wird durch die Innenstadt umgeleitet. Weiträumig abgesperrt ist der Platz am Fluss, ein Kartenhäuschen bietet Kurzentschlossenen letzte Möglichkeiten Einlass zu erlangen. Getränkestände, Imbisszelte bieten Verpflegung an, Feuerwehr, Polizei, Krankenwagen stehen bereit für den Fall der Fälle. Rund 3000 Menschen sind es nach Angaben des Veranstalters, die sich an diesem Abend auf Sitz- und Stehplätzen drängen, um ihn auf seiner Brenna-Tuats-Tour zu hören und zu sehen - den Alpenrocker par Exzellenz: Hubert von Goisern mit Band.

"Servus Hirschhorn", ruft der Mann aus dem Salzburger Land seiner Fan-Gemeinde im Neckartal zu. Die dankt es ihm mit jubelndem Applaus. Hubert Achleitner aus dem schönen Bad Goisern greift zur Maultrommel: urwüchsige Laute entspringen dem kaum sichtbaren Gerät. Alex Pohn umgibt sie mit durchdringendem Beat, Severin Trogbacher steuert den perfekten Gitarrensound bei, Helmut Schartlmüller sorgt für die groovenden Bässe. Bühnennebel quillt hinter einer der roten Stehlampen hervor, die sowas wie Wohnzimmeratmosphäre auf die mit einem riesigen funkelnden Drachen - dem Wappentier von Bad Goisern - geschmückte Bühne zaubern will. Ein erstes "He-hejoooh" hallt durchs Neckartal. Um Indianer geht es im nächsten Song aus dem neuen Album Entwederundoder, das im Mittelpunkt der aktuellen Konzerttournee steht. Hubert hat sich dafür die E-Gitarre umgeschnallt, greift zwischendurch aber auch gerne mal zu einem Satz Kuhglocken, um seine Indianer aus dem wilden Westen akustisch ins Alpenland zu katapultieren. Fetzig wird's, auf den Stehplätzen beginnt die Menge zu wippen. Diverse Heilige werden angerufen.

Dann kommt die typische Quetschkommode aus seiner Berghoamat zum Einsatz: "Kennts eich übahaupt no aus mit die Heilig'n do?" geht die Frage des Mannes aus der katholische geprägten Alpenregion an die Bewohner des Bad'ner Landes. Und er gibt ein paar heitere Gschichtln dazu zum Besten: "Oaner hams g'röstet. Der is dann Schutzpatron der Köche worn." Die Neckartäler lassen sich nicht nur von der Musik des Meisters aus dem Salzkammergut begeistern, auch sein Humor kommt an. "Des näxte Liadl is der heiligen Heidrun gewidmet - in der Schweiz sagens do einfach nur Heidi." Hubert von Goisern erweist sich als musikalisches Multitalent, wechselt von Stück zu Stück das Instrument, fasziniert sein Publikum an Klarinette und Mundharmonika, an Lap-Steel-Gitarre, Keyboard und seinem Markenzeichen - der Ziehharmonika. Und natürlich mit dem Gesang in seiner für badische Ohren ungeheuer urtümlich anmutenden Muttersprache. Allmählich wird es dunkel zwischen Neckar und Odenwald. Die Bühne strahlt in intensiven Blau-Rot-Orange-Tönen. Hubert stimmt ein Liebeslied an seine Heimatstadt an: "Goisern, i steh auf di...". Melancholisch tönt ein Jodler mit Berg-Echo-Effekt über den nahen Fluss.

Das war's dann erstmal mit den ruhigen Tönen. Denn jetzt geht endgültig die Post ab: Brenna tuats lässt die Menschen ihre Sitzplätze verlassen, lässt sie klatschen, tanzen, mitsingen. Die Bühne wird dunkel. War's das schon? Die Menge ruft nach der Zugabe. Sie kommt. Und zwar heftig. Das ist Hubert von Goisern, wie seine Fans ihn lieben: die "dicken Wadln" des Hiatamadl werden vom Chor der 3000 frenetisch gefeiert. Und für die ganz Unersättlichen gibt es zum allerletzten Schluss noch - einen A-cappella-Andachtsjodler.

Der Plauderer und seine Hits

Badische Zeitung 20. Juli 2012 | Text: Christian Rath | Foto: Wolfgang Grabherr
Hubert von Goisern & Band

Hubert von Goisern betörte sein Publikum im ausverkauften und heißen ZMF-Zirkuszelt.

Auf der Bühne stehen drei rote Lampen, kein "Rotlicht", sondern Stehlampen, wie man sie auf den Couchtisch stellt. Es ist ein Abend mit Hubert von Goisern, quasi bei ihm daheim, jedenfalls ein persönlicher Abend. Dabei ist es kein intimes Konzert. Das ZMF-Zirkuszelt war schon seit Wochen ausverkauft. Der österreichische Sänger, Entertainer und Multiinstrumentalist ist bei den Fans so beliebt wie nie. Seine jüngste CD Entwederundoder hat seiner Karriere noch einmal einen richtigen Schub gegeben.

Auf der Bühne steht er barfuß, graue Hose, dunkles Hemd. Er ist jetzt 59 Jahre alt, sieht aber immer noch unverschämt gut aus, schlank, kraftvoll, charakterstark.

Mit dabei hat er nur eine kleine Band – drei junge Musiker, die wohl alle halb so alt sind wie er, Schlagzeuger Alex Pohn, Bassist Helmut Schartlmüller und vor allem Gitarrist Severin Trogbacher.

Das Konzert beginnt experimentell. Mit dekonstruierter Volksmusik unter dem Titel üuoö – was für "über-unter-ober-österreich" steht. Viel E-Gitarre, etwas schräges Akkordeon und am Schluss ein überraschend harmonischer Chorgesang. Das Publikum, im Schnitt kaum jünger als der Star, reagiert erstmal abwartend. Wer weiß, was sich Goisern jetzt wieder ausgedacht hat. Auch andere Stücke der neuen CD, die die erste Hälfte des Konzerts prägen, erweisen sich live als eher sperriger Dialekt-Bluesrock. Das spricht nicht alle gleich an.

Aber Goisern betört sein Publikum trotzdem. Allein mit seinen Ansagen. Da spricht er über Indianer, christliche Heilige und die Klarinette, deren Charme sich ihm erst mit 40 Jahren erschloss. Goisern kann über alles plaudern, so charmant und selbstironisch, da würde man wohl selbst für einen Abend voller Überleitungen gern einiges Geld bezahlen.

Im zweiten Teil des Konzerts werden die Ansagen weniger und die Hits häufiger. Goisern, Merzedes-Benz und Buama stehts zam im Kroas. Die kleine Band-Besetzung funktioniert prächtig, schafft einen klaren transparenten Sound. Und Goisern wechselt ständig die Instrumente, von der Ziehharmonika zu verschiedenen Gitarren, von der Maultrommel über die Mundharmonika zum Keyboard und natürlich dann auch zur Klarinette.

Nach rund 90 Minuten spielt er ein neues Stück, Lebwohl – und niemand hätte sich beschwert, wenn das Konzert jetzt zu Ende gewesen wäre. Aber als Abschiedsstück habe sich die Ballade über ein lakonisches Beziehungsende nicht bewährt, erklärt Goisern, so traurig wolle er die Fans nicht nach Hause gehen lassen.

Also geht's noch mal richtig los, jetzt mit krachig arrangierter steierischer Volksmusik. Und Roadie Hannes darf als tanzender Animateur auch mal auf die Bühne. Goisern hat jetzt die Ziehharmonika umgeschnallt, Bass und Schlagzeug spielen komplizierte jazzige Sachen dazu.

Dann der Hit Brennen tuat's gut, ein Stück über Geld, seine erste Chart-Nummer Eins – in Österreich. Weitere Zugaben, darunter Weit weit weg und Heast es net aus der Zeit mit den Alpinkatzen in den 90er-Jahren, als er bekannt wurde. Da wird es im Zirkuszelt immer heißer, das Publikum wird immer seliger, singt mit und hängt Goisern an den Lippen. Ein gelungener Abend.

Hubert von Goisern im Zirkuszelt: A capella, Alpenrock, authentisch

Fudder 19. Juli 2012 | Text: Alex Ochs | Foto: Jule Markwald
Hubert von Goisern

Mehr Fotos unter www.fudder.de

Hubert von Goisern kam ein bisschen zu spät zu seinem eigenen Konzert auf dem ZMF - Stau! Doch dann gab's zweieinhalb Stunden multi-instrumentalen Ganzkörpereinsatz. Wie's war:

Kurz vor acht im ausverkauften Zirkuszelt: Viele um mich herum – die meisten – sind im Alter des Musikers, also zwischen 50 und 65. Mich bedrängt die Frage: Bei wie vielen Bands ist das Publikum eigentlich im gleichen Alter wie die Musiker? Und warum? Gemeinsame Vergangenheit? Zusammen alt geworden? Gewohnheit? Egal. Zurück zum Abendprogramm.

Sonst reicht die Bandbreite im Publikum vom tätowierten, bärbeißigen Stiernacken über die brav-aparte Mittdreißigerin bis hin zum Papa mit Schulkind. Vorab Gebrumme wie im Bienenstock. Drei rote Stehlampen sorgen ein wenig für Wohnzimmeratmosphäre. Hinten prangt der doppelzüngige Drache, das Emblem von Goisern (der Heimatstadt) und von von Goisern selbst, zugleich Garant für die im Hit versteckte Message: Brenna tuat's guat.

Der Funke lodert schon, bevor es losgeht: Klatschen und Hubert!-Rufe fliegen durchs Zelt. Die Enttäuschung ist groß, als kurz nach acht Alex Heisler die Bühne entert. Unter Buhrufen. Der Festivalgründer vertröstet das Publikum: Stau. Am Brenna staut's guat, fällt mir dazu ein. Unter Gejohle ziehen kurz darauf die vier Musiker plus Backliner Hannes ein.

Akkordeonklänge. Hubert von Goisern legt den Ausdruck und die Bewegung ganz ins Akkordeon, kommt erst mal ohne Gesang aus. Begleitet wird er von den fantastischen Musikern Severin Trogbacher an der Gitarre, Helmut Schartlmüller am Bass und Alex Pohn am Schlagzeug. Unprätentiös im schwarzen Hemd und grauer Hose, stapft der Oberösterreicher über die Bühnenbretter. Barfuß. Authentisch.

Seine bissigen Texte und bitteren Botschaften kommen im verführerischen Gewand seines Heimatidioms daher (ein bisschen der Beckenbauer-Effekt). Zum Beispiel, wenn es um die Abrechnung mit Politikern geht in Indianer, wie der 59-Jährige erklärt: "Die Indianer sind ja au überall, strategisch gut verteilt über den Erdball. Früher worn's langhaarig und schweigsam. Heute reden's viel und hom a Glatzn." Überhaupt nimmt sich der sympathische Frontmann viel Zeit für sein Publikum, garniert seine Songs mit Anekdoten und entpuppt sich dabei als stimmungsvoller Erzähler.

Musikalisch beackert Hubert von Goisern die ganze Palette vom Akkordeon über Akustik-, Lapsteel- und E-Gitarre bis hin zur Klarinette und streut mal ein Kuhglockensolo ein, steuert mal eine Beatboxeinlage und Rap-Elemente bei oder bringt auch mal einen kräftigen Jodler. Der brillante Severin Trogbacher kitzelt ein erdiges Bluessolo aus seinem Instrument und entlockt ihm an anderer Stelle handgemachte Dub-Effekte, und zwar im Janis-Joplin-Cover von Mercedes Benz, das schön tiefergelegt und minimalistisch im Reggae-Stil daherkommt. Genauso gelungen: Goiserns Georgia, das bei ihm eben Goisern heißt. Ganz der Heimat verpflichtet.

Der Abend steuert auf den erwartbaren Höhepunkt zu: Brenna tuat's guat, des Alpenrockers Hymne zur Wirtschaftskrise. Schon bei den ersten Klängen macht sich kollektives Grinsen breit. Nach zweieinhalb Stunden vollem Programm und den Publikumslieblingen Weit, weit weg und Heast as nit im Zugabenblock verabschiedet sich das Quartett mit einer kurzen Acapella-Einlage. Das Grinsen bleibt den Zuschauern noch lange ins Gesicht getackert.

Hubert von Goisern: Live in Spielberg - 14. Juli 2012

17. Juli 2012 | Fotos: © Philip Platzer

Hubert von Goisern "brennt" in Spielberg

Kleine Zeitung 16. Juli 2012 | Text: Clemens Ticar | Foto: Jürgen Fuchs

Es gibt Musiker, die ändern sich nicht. Wenn es 23 Jahre dauert, bis ein Lied zur Nummer eins wird, ist das eben so. Fantastisch authentisch.

Hubert von Goisern ist keiner, der große Shows veranstaltet. So einer war er nie, so wird er auch nicht mehr werden. Ehrliche Handwerkskunst gibt es zu hören und sehen, wenn er die Bühne betritt, in die Saiten greift oder auf die Knöpfe haut. Nicht mehr und nicht weniger. Personifizierte Authentizität seit 1988.

Mit dreißig Minuten Verspätung kommt der Oberösterreicher in Spielberg auf die Bühne, spielt den ersten Akkord und hat das Publikum gefangen. "Es hat kein Volk nur edle Menschen hervorgebracht. Nicht einmal die Goiserer", kündigt er, wohl mit bewusst gesetztem politischen Seitenhieb, I kenn oan an. Und gerade als er da von einer singt, die sagt, Regentropfen zählen zu müssen, fallen auch schon die ersten vom Himmel. Als ob Hubert von Goisern es verschrien hätte. Kitsch pur. Man ist kurz geneigt, sich seine Balladen zu wünschen, das Feuerzeug gegen Himmel zu strecken. Den Gefallen tut der Vollblutmusiker auf der Brenna tuat's-Tour aber nicht. Er rockt weiter. Und entschuldigt sich beinahe, als er dann später doch zwei Balladen spielt. Es sei ihm verziehen ...

Mit den großartigen Helmut Schartlmüller (Bass), Alexander Pohn (Schlagzeug) und Severin Trogbacher (Gitarre), allesamt Oberösterreicher "wie man an den Gesangseinlagen erkennen kann", verlässt er nach etwas mehr als einer Stunde die Bühne. Die Lieder vom aktuellen Album EntwederUndOder waren gespielt. Hubert von Goisern wäre aber nicht Hubert von Goisern, wenn er nicht auch die alten Hadern spielen würde. Koa Hiatamadl mit Tempo wie selten zuvor, Weit, weit weg mit Feuerzeugmeer im Himmel und Heast as nit als krönenden Abschluss. Dass es da beinahe zu regnen aufhörte, war dann fast schon wieder zu kitschig.

Hubert von Goisern & Band

Hubert von Goisern: Live in Salzburg - 12.-13. Juli 2012

15. Juli 2012 | Fotos: © Elli Christl

Authentisch, wild und melancholisch

Augsburger Allgemeine 11. Juli 2012 | Text: Renate Baumiller-Guggenberger | Foto: Siegfried Kerpf

Hubert von Goisern trifft mit seinem Programm "Brenna tuats" die richtigen Töne.
Am Roten Tor wird er zum musikalischen Naturereignis – ganz ohne das "Hiatamadl".

Severin Trogbacher und Die heilige Rita als vielseitig wirksame Schutzpatronin, die das "Unmögliche möglich macht", ist die erklärte Lieblingsheilige von Hubert von Goisern. Doch er muss auch einen heißen Draht zum Augsburger Freilichtbühnen-Wettergott haben! Bei allerfeinsten Open-Air-Konditionen entflammte der oberösterreichische Liedermacher und Multi-Instrumentalist mit seiner Brenna tuats-Tour die weit über 2000 Konzertbesucher, die gut gelaunt zum (ausverkauften) zweiten großen Sommer-Musikevent (nach Haindling am Vortag) strömten.

Nicht wenige hatten sich ins alpine Trachtenoutfit geworfen, doch auch die zivil Gekleideten solidarisierten sich vom ersten Ton der Ziehharmonika an mit dem lässig-charismatischen Hubert von Goisern, der auf große Show-Attitüden verzichtete und sich trotz trocken-humoriger Verschmitztheit seiner Zwischen- und Songtexte einmal mehr als rundum ernst zu nehmende Musikerpersönlichkeit präsentierte.

Mit jung besetzter Top-Band erobert er die Pop-Charts

Gemeinsam mit der jung besetzten Top-Band – Bassist Helmut Schartlmüller, Schlagzeuger Alex Pohn und der fabelhafte Gitarrist Severin Trogbacher – bewies der kreative Musiker, der im November 60 Jahre jung wird, warum Lieder wie Brenna tuats guat Pop-Charts erobern. Das Konzert machte aber ebenso deutlich, warum sich Goisern, der seine Lebenserfahrungen göttlich österreichisch auf den philosophietauglichen Punkt bringt, so vehement gegen die Einordnung in überstrapazierte Genre-Schubladen wie Alpenrock oder Weltmusik wehrt.

Seine jetzt gespielte Musik öffnet Räume und ist voller klanglich raffinierter Schattierungen, nutzt geschickt Einflüsse aus Rock, Blues, Pop, Jazz und ehrlicher Volksmusik. Sie scheint bei aller Goisern-Eigenart doch massentauglich und trifft im Takt und im rhythmisierenden Kern dank knackig formulierter Botschaften die Anliegen der Menschen und beflügelt im besten Fall deren Phantasie.

Authentisch und ehrlich, wild und laut oder innig und voller zarter Melancholie, stimmstark und gefühlvoll überzeugten die neuen Nummern aus dem aktuellen Album ENTWEDERundODER, wie der Reggaewalzer Heidi ebenso wie Bekannteres. Man genoss die Stücke, die voller Groove direkt in die Beine gehen ebenso wie die feinsinnigen, melancholischen Balladen, die dank poetischer Inhalte direkt den Weg ins Herz finden.

Aber just bei der berührenden Ballade Lebwohl wurde die Konzentration massiv gestört: Goisern unterbrach abrupt und war ab da mit Fug und Recht sichtlich genervt ob der Unverfrorenheit der schamlos laut geführten Diskussion in Bühnennähe! Schade um diese "magic moments", die dann aber im Zugaben-Block nachgereicht wurden. So bleibt dahingestellt, welche Erinnerungen der Weltenbummler Hubert von Goisern von der Augsburger Freilichtbühne mitnimmt. Für das vor den Stuhlreihen tanzende und auf den Stühlen mitgehende und begeisterte Publikum dürfte der Abend als faszinierendes und lange nachhallendes musikalisches Naturereignis unvergesslich bleiben, auch ganz ohne das Hiatamadl!

Hubert von Goisern: Live in Augsburg - 9. Juli 2012

13. Juli 2012 | Fotos: © Elli Christl

Ein Heimspiel vor dem Dom

Salzburger Nachrichten 12. Juli 2012 | Text: Clemens Panagl | Foto: SN/Kolarik

Drei Konzerte in Serie spielt Hubert von Goisern auf der Bühne des "Jedermann" vor dem Dom.
Daheim gut angekommen ist er bereits am Mittwoch.

Hubert von Goisern und Helmut SchartlmüllerFür Jedermann-Besucher war das Verhalten bei Schlechtwetter bisher noch immer klar geregelt: Wenn es vor der "Mammon"-Szene zu regnen anfängt, wird ins Große Festspielhaus gewandert. Und wenn sich der Regen bis nach dem Auftritt des Geld-Dämons Zeit lässt, wird die Vorstellung beendet.

Rockhörer nehmen das Wetter seit jeher gelassener hin. Bei plötzlich einsetzendem Regen gilt: Regenjacke anziehen - und weiter zuhören. Auch am gestrigen Mittwoch, beim ersten von drei Konzerten, die Hubert von Goisern mit seiner Band auf der Jedermann-Bühne spielte, kam dieses Open-Air-Gesetz zur Anwendung. Darum machte es auch nichts, dass Hubert von Goisern das Publikum fast zeitgleich mit den ersten dicken Tropfen begrüßte: "Seavas, Salzburg ... !"

Findige Fans in den ersten Reihen dichteten den immer noch aktuellen Hit Brenna tuats guat einfach kurzerhand um: "Regnen tuats guat". Der Song aus dem Album Entwederundoder (2011) hat ebenfalls manches mit dem Mammon und der Geldkrise zu tun, die täglich die Schlagzeilen beherrscht.

Weil sich ein Gesamtwerk aber nicht auf einen Hit reduzieren lässt, ließ sich der Goiserer damit bis zum Schluss Zeit und spielte sich mit seiner exzellent groovenden Band (Gitarrist Severin Trogbacher, Bassist Helmut Schartlmüller, Drummer Alex Pohn) durch ältere sowie viele aktuelle Songs (Indianer, Heidi, Es is wias is), in denen es immer wieder zu einer kraftvollen Verschmelzung von Led-Zeppelin-Gitarren und Maultrommel, von Heimatsound und Weltklang kommt. Dazu passt auch das wehmütige Georgia On My Mind, das Hubert von Goisern in Goisern, I steh auf Di umgedichtet hat. Mit Klarinette, Lapsteel-Gitare und Mundharmonika sowie am Klavier zeigte er beim Heimspiel in Salzburg auch musikantisch Vielseitigkeit.

Kurz vor 22 Uhr und ein paar Regenschauer später ging es dann mit einem Ausseer schottisch und einem Schleunigen zielsicher in Richtung Hit: Brenna tuats guat läutete den Zugabenblock ein. Und mancher fühlte sich bei einer Textzeile vielleicht wieder an den Jedermann erinnert: "War'n ma Christ, hätt ma g'wisst, wo da Teufel baut in Mist."

Hubert von Goisern: Live in München - 8. Juli 2012

12. Juli 2012 | Fotos: © Elli Christl