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BRENNA TUATS TOUR 2012

Kuhglocken auf silbernem Tablett

Augsburger Allgemeine 16. April 2012 | Text: Peter Michael Bluhm | Foto: Andreas Brücken

Nur einer hat es geschafft, Volksmusik so radikal zu entrümpeln, ja in ihr eine neue mythische Dimension zu entdecken: Hubert von Goisern. Der Liedermacher gab ein Konzert in Ulm.

HvGAlpenrocker Hubert von Goisern zeigte sich in der Ratiopharm-Arena im Kreis seines Trios als ein Liedermacher und Multiinstrumentalist von Weltformat. 3000 Fans zeigten sich begeistert von den zartbitteren Balladen und fetzigem Rock des Oberösterreichers.

Neu-Ulm. Paganini hat nur ein Instrument bis zum Wahnsinn beherrscht, der österreichische Tausendsassa glänzt live als ein Multiinstrumentalist, der staunen lässt: Das Akkordeon, mit dem er berühmt wurde, beherrscht er ebenso blind wie die E- und Akustik-Gitarre, der Assistent im Hintergrund der Bühne hat alle Hände voll zu tun, um das vielfältige Instrumentarium dem Künstler zu reichen: Auf einem Tablett golden glänzende Kuhglocken, als huldige man dem König von Österreich, das kleine E-Piano, die Lap-Steel-Gitarre, Klarinette, Maultrommel und Mundharmonika, nur die asiatische Nasenflöte, die er auch beherrscht, ließ Hubert von Goisern zu Hause. Das mag jetzt nach musikalischem Zirkus klingen, doch mit diesem Arsenal zaubert Goisern zu seinen Liedern wunderschöne Musik in allen Facetten, von fetzigem Rock bis hin zu zartbitteren Balladen.

Entwederundoder heißt das neue Album, mit dem Goisern derzeit durch Europa tourt. Enthäutete Musik nennt er seine neuen Lieder, die zum Nachdenken anregen, wenn man den Dialekt versteht. So wurde der antikapitalistische Protestsong Brenna tuats guat auf Anhieb zum österreichischen Chartstürmer. Dieses Lied ("jeder woass, dass a Geld nit auf da wiesen wachst und essen kann ma's a nit, aber brenna tat's guat) schickt sich an, auch die deutschen Herzen zu erobern und wird in den Radiostationen derzeit rauf und runter gespielt

Für Songs wie diese braucht der jugendlich wirkende Künstler kein Orchester, sondern nicht mehr und nicht weniger als drei blutjunge Oberösterreicher. Den Schlagzeuger Alexander Pohn, der aussieht wie ein junger Beatle, Helmut Schartmüller am Bass (so muss der junge Ötzi ausgesehen haben) und der sensationelle Gitarrist Severin Trogbacher, der die Frisur eines Zen-Priester trägt und ein Temperament an seinem Instrument entwickelt wie einst Jimi Hendrix: Volkstümliche Draufgängermusik, dass der Boden wackelt, einfühlsamen Blues, groovigen Jazz, harten Rock und spirituelle Klänge, die den Komponisten bei seinen Aufenthalten in Indien, Tibet und Afrika inspiriert haben.

Das Publikum goutierte die neuen Stücke dieses vielseitigen und bescheidenen Liedermachers, der erst mit 30 Jahren Profi wurde, und sang bei Songs wie Indianer gleich mit: "Sie hab'n Pfeil, sie hab'n Bogen – sie hab'n riesige Hoden". Der als Alpenrocker apostrophierte Hubert von Goisern beginnt seinen faszinierenden Liederabend mit einem Abgesang auf den Winter und bringt erst kurz vor Schluss seinen aktuellen Hit Brenna tuats guat. Vorher versetzte der geniale Liedermacher seine Fans mit Ohrwürmern wie Weit, weit weg in einen seligen Zustand und glänzte zwischen den Songs als witziger Erzähler mit Geschichten aus seinem musikalischen Leben über die dunklen Seiten der Klarinette, seinen Geburtsort Goisern mit 7000 Einwohnern und sieben Blaskapellen und vielem mehr.

Die zwei Konzertstunden vergingen wie im Flug und nach drei Zugaben endete dieses Konzert beinahe feierlich mit einem A-cappella-Abgang: "Es is wias is".

Der lässige Perfektionist

Passauer Neue Presse | Text: Mirja-Leena Klein | Foto: Robert Geisler/www.rogerimages.de

3500 Fans bejubeln Hubert von Goisern in Passau

Hubert von GoisernHubert von Goisern live, das bedeutet nicht am ruhigen Gewässer sitzen, sondern am tosenden Wildbach, der einen jederzeit mitreißen kann. Natürlich ist ein erleichtertes Seufzen vieler der 3500 Besucher in der Passauer Dreiländerhalle am Freitagabend hörbar, als er sein Heast as ned und Weit, weit weg anstimmt. Aber seine Klassiker passen nicht mehr zu ihm, wohler fühlt sich der 59-Jährige bei seinen neuen Texten und Melodien, die am stärksten sind, wenn sie die Einfachheit besingen. Ein hingeschmetterter Schrei nach "Heidi", der sehnsuchtsvolle Walzer "mit an Viertel mehr", den er nicht vergessen kann, als sie ihn hörten unter einem Baum, der "grad hat blüaht" und das nüchterne "Lebwohl", das als einziges Wort reichen muss, obwohl "die Briaf, die i dir gschrieben hab, lieg'n noch da bei mir."

Sein großer Erfolgshit ist trotzdem immer schon da, wo Hubert von Goisern hinkommt. "Sing's Hiatamadl, Hubert!" Grölende Rufe, die der Musiker souverän überhört und zu einem seiner neuen Stücke ansetzt, die roher Rock sein können genauso wie sie eigensinnigen Tiefgang haben. Kurzzeitig fürchtet man, Hubert von Goisern könnte gereizt reagieren auf die Zwischenrufe, aber der singt die Befürchtungen einfach weg.

Hubert Achleitner, wie er bürgerlich heißt, feiert heuer seinen 60. Geburtstag und einige seiner Fans sind mit ihm älter geworden. Doch der Österreicher hat es geschafft, auch ganz junges Publikum an sich zu binden, und das mag nicht nur an seinem frischen Nummer-Eins-Hit Brenna tuats guat liegen, sondern daran, dass Hubert von Goisern nie stehengeblieben ist. "I bin auf und davon, i muass weiter, i muass weg!" besingt der Liedermacher seinen beständigen Aufbruch. Keiner hat den Boden der Volksmusik so zuverlässig durchpflügt, um Neues entstehen zu lassen, wie er. Drei junge Burschen − seine Band an Schlagzeug, Gitarre und Bass − lassen Hubert von Goisern wie deren Vater wirken. Sie spiegeln gut den Alters-Unterschied im Publikum an diesem Abend wider. Ein vierstimmiger Jodler zeigt, was die Jungen vom Meister gelernt haben. Schnell schwenkt das Quartett von Polka auf Ska-Rhythmus um, mühelos folgt auf den Juchitzer Jazz.

So virtuos Hubert von Goisern mit Zieharmonika, Mundharmonika, Glocken, Gitarre und Klavier umgeht, so lässig erzählt er von seiner jugendlichen Abneigung gegen die Klarinette, die er im Gegensatz zur geliebten Trompete nach unten halten musste: "Für die Maulwürfe spielen, das war mir zu unmännlich − in der Pubertät". Heute achte er die Klarinette, lieben könne er sie nicht, aber die Instrumente seien doch alle eine große Familie. Eine, in der er daheim ist. Man darf sich von der Lässigkeit nicht täuschen lassen: In seiner Musikalität ist Hubert von Goisern Perfektionist. Trotzdem ist der Künstler dort oben auf der Bühne für die Zuhörer nahbar, gerade weil er seinen Dialekt zu feiern versteht. Knorrige Echtheit und das in sich Versunkensein vor tausenden Menschen ist das Markenzeichen von Hubert von Goisern und seiner kraftvollen Auftritte. Weil sein "Dank schee" nach jedem Applaus so ehrlich klingt, rufen es ihm die Menschen am Ende des Abends zurück.

Hubert von Goisern: Live in Innsbruck - 12. April 2012

14. April 2012 | Fotos: © Elli Christl

Kuhglocken schmiegen sich an E-Gitarre

Tiroler Tageszeitung 14. April 2012 | Text: Alexandra Plank | Foto: TT / Julia Hammerle

Hubert von Goisern gab am Donnerstag in der Olympiahalle mit seinem Akkordeon richtig Gas.
Aber auch die leisen Töne klangen nach.

Innsbruck – Der Mann ist nicht zu fassen und das in mehrfacher Hinsicht. Die Musik von Hubert von Goisern lässt sich genauso wenig in eine bestimmte Schublade stecken wie er selbst. Bringt der Oberösterreicher nun Weltmusik, neue Volksmusik oder Alpenrock zu Gehör? Das ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass Hubert von Goisern am Donnerstag mit seinem Sound, einer Verbindung von traditioneller Volksmusik mit modernen Elementen, die Konzertbesucher fest im Griff hatte. Mit einem langen musikalischen Intro eröffnet er den Abend, das Stück entpuppt sich als oberösterreichische Landeshymne. "Durih's Tal bin i glaffn, Afn Hechl bin ih glegn, Und dein Sunn hat mi trückert, Wann mih gnetzt hat dein Regn", singt Hubert von Goisern. Er präsentiert sich an diesem Abend zugleich heimatverbunden und weltoffen. Seine Tourneen und musikalischen Reisen führten ihn quer durch Europa, die USA, in den arabischen Raum, nach Tibet und wiederholte Male nach Afrika. Chauvinismus ist seine Sache nicht. "Es gibt kein Volk, das nur lässig ist", erklärt er. Buhrufe und Pfiffe kontert er lachend: "Das ist lustig, diese Auflehnung gibt es nur in Bayern und Tirol. Nirgendwo sonst haben die Leute das Gefühl, sie seien perfekt." Die Leute, das sind alle Altersstufen, von den Jugendlichen bis hin zu den Senioren, Letztere wappnen sich mit Ohrenstöpseln gegen die Lautstärke.

Mit launigen Erzählungen leitet Hubert von Goisern seine Lieder ein. Zu Beginn gibt es Kostproben aus seinem neuen Album EntwederundOder, das mit Gold und Platin ausgezeichnet wurde. Ins Rennen um den Amadeus Award, den österreichischen Musikpreis, geht Hubert von Goisern gleich mit drei Nominierungen. Was seinen derzeitigen Superhit über die Bankenkrise betrifft, lässt er das Publikum aber bis zum Schluss schmoren. Brenna tuats guat war fünf Wochen lang auf Platz 1 in den österreichischen Charts zu finden. Doch man vermisst den Gassenhauer keine Sekunde.

Hubert von Goisern, das ist Musikalität pur. Er beherrscht nicht nur sein Leibinstrument das Akkordeon, sondern liefert auch ein Zwischenspiel mit Kuhglocken, spielt virtuos Gitarre und Maultrommel und greift sogar zur Klarinette. Ein Instrument, das er erst spät für sich entdeckt hat, wie er erzählt. In seiner Heimatgemeinde Goisern gebe es 7000 Einwohner und sieben Musikkapellen. Da sei es nicht weiter schlimm gewesen, dass er aus einer hinausflog, weil er frech war. Eine andere nahm ihn auf und wollte ihn zum Klarinettenspielen überreden, was ihm aber nicht taugte. Eine Wiedergutmachung nennt er das darauffolgende Lied. Der Musiker, mit einer hervorragenden Band, wechselt zwischen rockigem, erdigen Sound und feinfühligen, poetischen Liedern. Das Publikum geht mit, bis auf einen Hinterbänkler, der schreit: "Hubert, gib Gas!" Dabei sind es gerade die ruhigen Nummern, die die Zuhörer in ihren Bann ziehen. War das Publikum zu Beginn eher abwartend, lässt es sich von Weit, weit weg tragen, vielstimmig ertönt der Refrain und die Feuerzeuge – ja, es gibt noch Menschen, die sich die Finger verbrennen – flammen auf.

Dann brodelt es in der Olympiahalle, als Brenna tuats guat instrumental eingeleitet wird. Dem Publikum gefällt's, es will gar nicht mehr heimgehen und fordert drei Zugaben ein. Mit Heast as net sowie einem vierstimmigen Jodler verabschiedet sich der Oberösterreicher dann mit einem "Danke für den schönen Abend". Das kann man nur zurückgeben.

Hubert von Goisern

Hubert von Goisern begeisterte in der ausverkauften Olympiahalle

Tiroler Tageszeitung 13. April 2012

Am Donnerstag rockte Hubert von Goisern die Innsbrucker Olympiahalle.

Innsbruck – Sein neues Album EntwederundOder wurde mit Gold und Platin ausgezeichnet, am Donnerstag rockte Hubert von Goisern die Innsbrucker Olympiahalle.

Spielerisch verbindet der Musiker traditionelle Volksmusik mit modernen Elementen und fremden Instrumenten. Hubert von Goisern blieb seinem Publikum bei seinem Innsbruck-Konzert nichts schuldig.

Langsame Lieder und Nummern, bei denen der Schlagzeuger zum Hochleistungssportler wurde, wechselten einander ab. Kein Wunder, dass die Zuhörer ihren "Hubert" gar nicht mehr von der Bühne lassen wollten.

Er ließ sich nicht lange bitten und gab drei Zugaben. Mit Hearst as net und einem vierstimmigen Jodler klang der Abend aus.

Dieser Musiker kann Berge versetzen

Der Westen 19. März 2012 | Text: Margitta Ulbricht | Foto: Sascha Fromm
Hubert von Goisern

Mülheim. "Servus Mülheim!" ruft Hubert von Goisern in die Menschenmenge und entfaltet das Akkordeon auf ganzer Länge. Der Ringlokschuppen ist ausverkauft.

Rund 900 Leute sind gekommen, um den Alpinrocker, der auf die 60 zugeht, zu erleben. Es ist zumeist die Generation 50 plusplus, die da so ausgelassen abtanzt: Damen mit Lockenfrisur und ergraute Herren im Karohemd lassen es krachen, auch ohne Krachlederne und Dirndl.

Wenn einer Berge versetzen kann, dann Hubert von Goisern mit seiner Musik. Auf seiner Entwederundoder Tour holt der Musiker aus Oberösterreich die Klänge der Alpen an die Ruhr, wo ihm eine Welle der Sympathie entgegen schwappt. Und nicht erst mit dem aktuellen Hit Brenna tuats guat (Brennen tut's gut) lodert die Hütte. Den Refrain des kritischen Liedes über die Bankenkrise singt das Publikum mit: "Jeder weiß, dass das Geld nicht auf der Wiese wächst, und essen kann man es auch nicht – aber brennen tut's gut."

Die Stimmung im Saal brennt für eine Musik mit eigener Note, reizvoll gepaart mit fetzigem Rock, Jazz, Blues und Jodlern bis zu treibenden Ska-Rhythmen samt Kuhglocke, aber auch zärtliche, leise Lieder voller Poesie und Melancholie. Davon lässt sich das Publikum Weit, weit weg tragen und singt sogar den Refrain vornweg. Es sind Lieder über das Leben und seine Vergänglichkeit, denen der Wanderer zwischen den Welten durch Erfahrungen und Heimatgefühle eine Melodie verleiht. Sie transportieren Botschaften wie mehr Mitgefühl für ein Miteinander in Europa.

Und gelungenes Miteinander zeigt "HvG", der selbst u.a. Akkordeon, Gitarre, Maultrommel und Klarinette spielt, auch auf der Bühne mit seiner jungen, schlagkräftigen Band. Von opulenter Orchester-Instrumentierung ist die Besetzung mit Schlagzeug, Bass und Gitarre kleiner geworden. Mit gehäuteten Liedern kehrte der gebürtige Goiserer, der eigentlich Hubert Achleitner heißt, von der Weltmusik an seine Wurzeln zurück. Dabei ist er authentisch geblieben, macht sein eigenes Ding. Wie eh und je erhebt er seine Stimme für ein tolerantes Miteinander.

Verständigungsprobleme gibt's allenfalls wegen des Dialektes. Aber wie heißt es symbolisch in einem Lied: "I muas eh nit alles verstehn, aber a wengal, das wär schon schön."

Hubert von Goisern: Live in Bremen - 16. März 2012

19. März 2012 | Fotos: © Sarah Marchant

Hubert von Goisern sorgte für Frühlingsgefühle im Bielefelder Ringlokschuppen

Neue Westfälische 15. März 2012 | Text: Melanie Gieselmann | Foto: Reimar Ott

Die Stimmung tanzt Walzer

Bielefeld. "Wenn d'sun wieder kimmt und da Schnee wegga rinnt und dein Schuach dann im Gatsch drin' versinkt, ja dann schwimmst so dahin", besingt der Alpinrocker Hubert von Goisern das Ende des Winters und den Lauf der Dinge an sich und sorgt auf seiner Brenna tuats-Tour mit buntem Folkloremix und viel musikalischem Geschick für Frühlingsgefühle im gut besuchten Ringlokschuppen.

Nach der üppig instrumentalisierten Donau-Tournee und seinem epischen letzten Album S'Nix, besinnt sich Hubert von Goisern nun mit der aktuellen Platte Entweder und Oder auf eine radikal reduzierte musikalische Essenz, die der mittlerweile fast 60-Jährige im Notfall auch allein mit seiner Gitarre präsentieren könnte.

Doch auch mit Schlagzeug (Alexander Pohn), Bass (Helmut Schartlmüller) und Gitarre (Severin Trogbacher) kommen die Songs im luftigen Gewand daher und sorgen für heimelige Konzertatmosphäre.

Weit weg der Alpen mangelt es mitunter an Verständlichkeit. Die Texte im oberösterreichischen Dialekt lassen Lücken, die die Vorstellungskraft des Zuhörers herausfordern. Macht aber nichts, von Goisern meint: jeder solle einfach das hereininterpretieren, was er möchte. Wichtig sei vor allem der Sound, der sich aus unterschiedlichsten Musikstilen zusammensetzt.

Neben volkstümlichem Schlagern finden sich Elemente von Blues, Jazz und Rock sowie Klänge von weit her, zu denen ihn seine Aufenthalte in Indien, Tibet und Afrika inspiriert haben. Hubert von Goisern ist ein instrumentalisches Multitalent: Live spielt er Akkordeon, E-, Akustik- und Lap-Steel-Gitarre, E-Piano, Maultrommel und Mundharmonika, nach-und nebeneinander. Nichts kommt vom Band.

Inbrünstig mitgesungen

Der Sänger aus dem Salzkammergut überzeugt auch mit der Zusammenstellung der Titel. Neben den neuen Stücken Es is wias is, Heidi halt mi und Indianer finden vor allem die älteren Hits breiten Zuspruch. Bei Weit weit weg singen die Goiserschen Anhänger inbrünstig mit und klingen dabei wie ein gestandener Männerchor. Flotte Tanzrhythmen wechseln sich mit ruhigen Balladen ab, halsbrecherischen Drehungen und schunkelnden Pausen: Die Stimmung tanzt Walzer.

Zwischen den einzelnen Songs plaudert der gestandene Musiker aus dem Nähkästchen, erzählt kleine Geschichten zur Entstehung der Songs, persönliche Anekdoten aus 25 Jahren Musikgeschäft und Lustiges aus der Heimat. Hubert von Goisern ist authentisch, lebhaft und leidenschaftlich. Die Zuschauer bedanken sich mit viel Applaus, und weil sie nach 140 Minuten Konzert und einigen Zugaben noch immer nicht genug haben, stimmt das Quartett noch eine A-cappella-Nummer an. "Es is wias is": guat.

Alpenkitsch aus den Ohren geputzt

Der Tagesspiegel 14. März 2012 | Text: Gunda Bartels

Weltenwanderer Hubert von Goisern sang und spielte im Admiralspalast
Auch Flachlandtiroler kreischten für den Musiker aus Österreich

Die Sehnsucht nach den Alpen wohnt doch tiefer in den Herzen hiesiger Flachlandtiroler, als man das gemeinhin so glaubt. Anders sind die vielen Menschen nicht zu verstehen, die am Montagabend vor dem Admiralspalast in einer langen Schlange auf Einlass zum Konzert von Hubert von Goisern warteten. Die in den Trachtenjankern sind offensichtlich Österreicher in der Berliner Diaspora, die ihren zuletzt 2008 hier aufspielenden Landsmann hören wollen.

Aber die anderen, vielfach mit Allwetterweste und Karohemd bekleidet, müssen Salzkammergut-Fans sein, die regelmäßig in Bad Goisern am Hallstätter See Wanderurlaub machen und das nahe gelegene Dachstein-Massiv erklimmen.

Trotz ihrer grauen Haarschöpfe strömen die kernigen Gestalten flink in den Saal und fangen, als das Saallicht erlischt, gleich mit dem Kreischen und Juchzen an. Hubert von Goisern, dem man seine inzwischen auch schon 60 Jahre als Weltenwanderer nicht die Bohne anmerkt, ist ihr Vorbild.

Vor einigen Monaten hat der Weltmusiker und Soundexperimentierer von Goisern, der vor 25 Jahren mit der Band Alpinkatzen den Alpenrock erfunden und die Neue Volksmusik mit geschaffen hat, sein neues Album Entwederundoder rausgebracht. Ebenso wie seine Single Brenna tuats guat läuft es auch in Deutschland gut. In Österreich ist es sofort vergoldet worden, der Sänger und Songschreiber ist schließlich nationales Kulturgut, allerdings eins von der sperrigen Sorte.

Das musste schon der Chef der Blaskapelle in Bad Goisern einsehen, der seinen jungen Trompeter Hubert, der damals noch mit Nachnamen Achleitner hieß, aus der Kapelle warf, weil er sich nicht die langen Haare abschneiden wollte. "Waren halt autoritäre Zeiten damals", ruft Hubert von Goisern in den Saal, als er die Geschichte erzählt. Eng ist's in Goisern und weit ist die Welt, wenn man wie er mal in Afrika und mal in Tibet gelebt hat. Und seiner zwischen hüpfenden Ländlern, Blues, Rock, Jazz und Jodel umherreisenden Musik ist deutlich anzuhören, dass nur wirklich nach Hause zurückkehrt, wer vorher weggegangen ist.

Es ist ein krachender Abend unterm glitzernden Drachenbanner, das sowohl Bad Goiserns als auch des Musikers Wappentier ist. Seine Band aus drei oberösterreichischen Hipstern, die alle halb so alt sind wie ihr Chef, geht an Schlagzeug, Bass und E-Gitarre präzise und hingebungsvoll zu Werke. Und alles, was an Instrumenten fehlt, spielt der erstaunliche Hubert von Goisern: Akkordeon, Klarinette, Maultrommel, Akustik- und Lap-Steel-Gitarre, E-Piano, Kuhglocken. Ein Bühnenfaktotum, das später auch eine Art Holzmichel tanzt, reicht sie ihm extra an.

Das größte Wunder aber geschieht, als die Wandervögel in Allwetterweste und Karohemd, die vorher schon beherzt mitgeschunkelt haben, in flüssigem Ösi-Dialekt den Von-Goisern-Klassiker Weit weit weg mitsingen. Die Berge sind zwar nicht zu sehen, aber trotzdem ganz ganz nah. Schluss mit dem falschen Heimweh – beim Finale putzt die Band mit irrwitzigen Ländlern auf Speed allen Kitsch aus den Ohren. Draußen auf der Friedrichstraße klirrt das noch kräftig nach.

Der König des Alpenrock in Köln

Laut 13. März 2012| Foto: © Peter Wafzig
Hubert von Goisern

Mehr Fotos unter www.laut.de

Märzenswärme

Hannoversche Allgemeine 13. März 2012 | Text: Karin Vera Schmidt | Foto: © Hagemann

Hubert von Goisern bringt das gut gefüllte hannoversche Capitol zum Singen, Tanzen und Jodeln

Hubert von GoisernVordergründig ist es viel Humtahumta, aber dahinter steckt ein findiger Kopf. 59 Jahre ist Hubert von Goisern schon, und immer noch zieht der Jodelrocker die Massen an. Auch im Norden. 1300 Menschen füllten jetzt das Capitol Hannover. Dem Österreicher aus dem kleinen Ort Goisern gelingt ein merkwürdiger Spagat. Mit seinem jüngsten Hit Brenna tuats guat schaffte er es auf Platz 1 der österreichischen Charts und sogar in die deutschen Singlecharts. Und er landete auf diese Weise ganz sicher in den Lautsprechern an den Schirmbars in vielen Skigebieten, wo Schunkeln nie aufgehört hat, schick zu sein.

Es lohnt sich jedoch genauer hinzuhören. Von Goiserns Texte sind von feiner Natur, mal Liebeslied, mal Gesellschafts- und mal Politikkritik, poetisch verbrämt, leider im Capitol kaum zu verstehen wegen des Dialekts und schwieriger akustischer Verhältnisse. Welch ein Glück, dass viele im Publikum die Refrains ihrer Lieblingslieder auswendig kennen und sich nicht lange bitten lassen, das zu demonstrieren.

Auch wenn der multiinstrumentale Österreicher nicht musiziert oder singt, hört man ihm gern zu (und versteht ihn dann sogar). Es gibt so viel zu erzählen über seine erste Blaskapelle und den Rausschmiss, weil er schon damals die Klappe nicht halten konnte. Gern schwadroniert er über all die Heiligen und was die Menschen sich von ihnen erhoffen – von St. Clemens bis zu St. Michael. Über die Marotten der "Überobertransösterreicher" und der Hannoveraner, die sich nicht darüber einigen können, ob der Fluss, der auch während des Konzerts am Capitol vorbeiwabert, nun die Ihme oder die Leine sei. Wobei das Capitol ja doch eher am Ihme- als am Leine-Zentrum liegt.

Hubert von Goisern lässt sich von Song zu Song ein anderes Instrument reichen. Allen voran das Akkordeon, die Gitarre, das Keyboard, mal die Mundharmonika und auch mal die Klarinette. Letztere setzt er gern für geschmeidig-jazzige und bluesige Klänge ein. Schön ist es, wie er Hoagy Carmichaels gutes altes Georgia on my mind ins Goisernsche umdichtet. Ein Heimatlied von einem, der auszog in die Welt und doch der österreichischen Volksmusik ernsthaft treu geblieben ist.

Ein junges Trio unterstützt ihn dabei, Alexander Pohn am Schlagzeug, Helmut Schartmüller am Bass und Severin Trogbacher, der seinen Gitarren eingängige Solomelodien abringt und bei Bedarf auch ordentlich abrockt. Auf dem Programm stehen Goisern-Songs von früher und vieles vom neuen Album Entwederundoder. Nit lang her, Weit weit weg, Lebwohl, Neama Bäng und vieles mehr – neben etlichen Hymnen auch Volksmusik, die unvermeidlich Schützenzeltassoziationen weckt und doch von Herzen kommt. Am Schluss gibt es nach einigen Zugaben noch einen A-cappella-Jodler zu viert.

Einen "herzerwärmenden Abend" nennt Hubert von Goisern sein Gastspiel. Passt scho.

Hubert, wie er singt und jodelt

Der Westen 12. März 2012 | Text: Susanne Schramm | Foto: Brill
Hubert von Goisern

Köln. Brenna tuats gut ("Brennen tut's gut"). Und um 21.53 Uhr brennt's im E-Werk ganz besonders heiß. In dem Moment, in dem die vier Videosäulen auf der Bühne rot glühende Flammen zeigen, wissen die im Publikum, mit was ihnen der Goisern-Hubert nun heimleuchtet.

Mit dem hitzigsten Stück seiner aktuellen, Anfang September 2011 veröffentlichten CD Entwederundoder. Single und Album sind für den "Amadeus Austrian Music Award", Österreichs größten Musikpreis, nominiert, ebenso wie auch der Künstler selbst in der Kategorie Rock/Pop. Der Goiserer, der im November 60 wird, ist auch im fortgeschrittenen Alter ein echter Dauerbrenner. Seit 1986, als er mit Wolfgang Staribacher die Original Alpinkatzen gründete und mit der Band, sechs Jahre später, nach Trennung von Staribacher, ganz groß raus kam.

Seine musikalische Mischung aus heimatlicher Folklore und Weltmusik sichert ihm ein buntes Publikum, so auch am Samstagabend im rappelvollen E-Werk, das bereits seit Wochen ausverkauft war. Seite an Seite stehen da Frauen mit Dreadlocks und Turban neben Polohemdträgern, schick gemachte Freundinnen neben Familien im Jeans-Outfit, die Typen im Öko-Look neben denen, die ihre altersstarren Lederwesten wahrscheinlich auch im Bett nicht ausziehen. Mit kleiner Besetzung – Alex Pohn (Schlagzeug), Helmut Schartmüller (Bass) und Severin Trogbacher (Gitarre) – und zündenden Stücken von Entwederundoder ist Hubert von Goisern im E-Werk ganz groß. Ein galoppierender Kuhglocken-Ska beschwört den Indianer, in Es Is Wias Is tut der Frontmann mit viel Gefühl Buße an der einst so geschmähten Klarinette und bei Heidi Halt Mi gibt's fürwahr kein Halten mehr. Entwederundoder wartet mit Folk, Blues und Reggae auf, klingt mal nach Walzer und mal nach Jazz und geht mächtig in die Beine.

Fans reisen ihm nach

Dass die Stimmung aber immer dann besonders hoch kocht, wenn auch ältere Stücke wie Goisern oder Iawaramoi zu ihrem Recht kommen, ist mit Sicherheit kein Zufall. Im Publikum sind viele treue Fans, zum Teil sogar extra aus der Steiermark, aus Kärnten und aus Wien angereist. Wenn er nicht gerade singt, jodelt und scattet, Ziehharmonika, Maultrommel oder Mundharmonika spielt, plaudert der inzwischen wieder ganz kurz geschorene Ex-Alpinkater über bereits absolvierte Auftritte, sein Verhältnis zu Glücksspiel, Religion und Sprache und über seinen Fehlstart als Jung-Trompeter in einer Bad Goiserer Blaskapelle. Auch das würde man gerne im Wortlaut wiedergeben, jedoch hier hapert's leider drastisch an der oberösterreichischen Orthografie.

Hubert von Goisern und Band begeistern im Stadtgarten

Thüringer Allgemeine 14. Februar 2012 | Text: Frauke Adrians | Foto: Sascha Fromm
Hubert von Goisern

Hubert von Goisern und seine Band setzten mit Alpenrock und Alpenreggae den Erfurter Stadtgarten in Brand.

Erfurt. "Wo is'n da der Stadl, wo de Hüttn de brennt?" Keine Frage: eindeutig in Erfurt. Hubert von Goisern setzte am Sonntagabend mit seiner Dreimannband und einem Arsenal hochexplosiver Zieh-, Blas- und Zupfinstrumente den Stadtgarten in Brand. Vor ausverkaufter Scheune zündete er ein Feuerwerk aus neuen Songs und globalösterreichischem Liedgut und entfachte Begeisterung: Brenna tuats guat.

Typisch Hubert von Goisern, möchte man meinen - nur, dass sich dieses Multiinstrumentaltalent jeder Typisierung verweigert. Wenn es stimmt, dass der Mann den Alpenrock erfunden hat, dann gehen auch der Alpenblues, der Alpenjazz, der Alpenreggae auf sein Konto. Ganz zu schweigen vom Alpentexmex mit Kuhglockensolo, zu erleben in der bösen Charakterstudie Indianer; das kann, zumal in dieser Geschwindigkeit, wirklich nur einer.

Keine Stilrichtung, die Hubert von Goisern und seine oberösterreichischen Komplizen nicht beherrschen, kaum ein Instrument zwischen Maultrommel und Keyboard, das der Bandchef, getreu dem Tournee-Motto Entwederundoder, nicht spielt. Selbst die Klarinette, "lange Zeit mein Feindbild", ist für einen schmiegsamen Bar-Jazz gut. Zum Blues I versteh di nit passt ein Lap Steel, "dafür gibt's kein deutsches Wort", betont von Goisern trotzig und lässt die stahlige Minigitarre so dreckig klingen wie Mick Jaggers beste Bluesharp-Soli. Und wenn sich Goiserns Knopfakkordeon in Heidi halt mi ein Duell mit Severin Trogbachers Leadgitarre liefert, kräftig unterfüttert von Helmut Schartlmüllers Bass, dann gibt es am Ende nur Sieger.

Zwischendurch und drüberweg ergeht sich Hubert von Goisern in Betrachtungen über die Vor- und Nachteile des Unsichtbarseins, den Nutzwert von Heiligen und das Wesen des Überoberösterreichers. So gemächlich sein Erzähltempo, so entfesselt sein Crescendo, wenn er per Mundharmonika eine steirische Polka auf Touren bringt: "Wir spielen das doppelt so schnell wie die Steirer... können!" Janis Joplins Mercedes Benz fährt als Reggae vor, spätestens bei Brenna tuats guat tanzt der halbe Stadtgarten mit; Drummer Alexander Pohn liefert das Solo dazu.

Ein wunderbarer Abend zwischen Alpenballaden, Alpengitarrenpop und Alpenfunk. Wer ihn verpasst hat, merke sich den 5. August vor: Dann spielt Hubert von Goisern in Creuzburg.

Hier ist die Musik der Berge

Dresdner Neueste Nachrichten 13. Februar 2012 | Text: Stephan Wiegand | Foto: Dietrich Flechtner
Hubert von Goisern

Hubert von Goisern zeigt, wo er herkommt

Melancholisch, schwermütig und introvertiert holte Hubert von Goisern sein Publikum im Alten Schlachthof am Freitag ab und nahm es mit auf einen kleinen Ausflug in die Berge - dorthin, wo oben auf den Gipfeln das Herz in Freiheit schlagen soll und die Idylle alle Sorgen in den Hintergrund treten lässt, wo Heimatverbundenheit und Volkstümelei allzu oft Stilblüten treiben und schmerzhaft den stimmgewaltigen Dolch wetzen, bevor er lustvoll ins Fleisch der Stadlgegner gerammt wird. Doch all diejenigen, die sich nicht vorstellen können, auch nur einen Moment traditioneller Alpenmusik zu schenken, die könnte Hubert Achleitner aus Bad Goisern spielerisch zu Volksmusikfans umpolen. Denn der Oberösterreicher ist der tatsächliche Held der Volksmusik, der seit Ende der 80er Jahre traditionelle Alpenmusik entstaubt, neu auflegt oder puristische Klangbilder freilegt.

Er kann dabei gar nicht leugnen, dass es schwer ist, dieser Musik unverkrampft das Herz zu schenken. Seine eigenen sozialen Wurzeln in der örtlichen Blaskapelle führen ihm das selbst immer wieder vor Augen und lassen ihn besonders engagiert in die Tasten seines Akkordeons greifen. Hubert von Goisern war Weit, weit weg und hat sich wieder eingelebt und freigespielt. Konventionen sind für ihn nicht unbedingt ein Dogma, dem es sich zu ergeben gilt, er verbindet Tradition und weltläufige Ideen zu einer eigenen Volksmusik, kein Alpenrockkitsch, keine peinlichen Lederhosenklatscher, dafür verbreitet er etwas Lebensfreude und ist einer der fortschrittlichsten Kulturbotschafter, den Österreich in den letzten Jahren auf den Rest der Welt losgelassen hat, ohne auch nur von staatstragender Seite zu ahnen, welche Welle der Begeisterung damit ausgelöst werden kann.

So jodelt, singt und erzählt er sich in die Herzen von Jazzfreunden, Weltmusikfans und Alpinisten, transportiert immer einen vitalen Eindruck des einfachen Lebens und der einfallsreichen Musik. Achleitner verpackt Alltagserfahrungen und Begegnungen längst nicht nur in Musik, er erzählt, plaudert über Gott und die Welt, hinterfragt Heiligenfiguren und die Instrumentenvielfalt, erklärt dem Publikum, weshalb er ein gespaltenes Verhältnis zur Klarinette hat, um sie kurz darauf doch in den Mund zu stecken, die Klappen öffnet und die Luftsäule zum Schwingen bringt, anders und interessanter, als das mit einer schnöden blankgeputzten Trompete möglich gewesen wäre, melodiös, ohne scharfe Rhythmen. Doch Es is wias is - wer als Jugendlicher in Oberösterreich die Klarinette im Heimatmusikverein überreicht bekam, galt ganz offenkundig nicht als sonderlich cool, weil eben die Achtungssignale von den Jungs mit der Trompete kamen, heute ein Vorteil, damals eine schreckliche Bürde, die es zu tragen galt.

Mit fast 60 Jahren ist Hubert von Goisern sehr cool, steht vermutlich als einziger Blasmusiker aus Bad Goisern noch vor zwei, dreitausend Fans und kann das umsetzen, wovon jeder Hinterbänkler ein Leben lang träumt. Er kann sich ausdrücken, unterhalten und Ideen vorstellen, die mal ganz leise sind und dann auch mit Hearst as nit überschrieben sein müssen, um nicht der Gefahr ausgesetzt sein zu müssen, falsch verstanden zu werden. Demgegenüber stellte Goisern im zweiten Teil des Konzerts mehr Schwung im Sinne von Brenna tuat's guat. Wer bis dahin den Sprachbarrieren trotzte und streckenweise allein der Musik vertraute, weil er nix verstand, der wurde ab diesem Moment belohnt mit einem Grundkurs in Frohsinn.

Übrigens, am 23.11.2012 wird es wieder im Alten Schlachthof einen Aufbaukurs geben mit Hubert von Goisern und dem entsprechenden internationalen Engagement.

Zwischen Weltmusik und Tradition

Landshuter Zeitung 10. Februar 2012 | Text: sg

Eskara stand Kopf: "Alpenrocker" Hubert von Goisern zu Gast

Essenbach. Dafür liebt ihn sein Publikum: Hubert von Goisern mit Akkordeon oder Steirischen, mit Maultrommel, Mundharmonika, Gitarre, Keyboard oder auch Klarinette. Dazu rockige Bässe und Gitarrenriffs und verfremdete Volksmusik, gemischt mit der Musik aus aller Welt.

"'s Hiatamadl is ausgwandert", meint der Musiker, als ihn die Fans auffordern, dieses Stück zu bringen. Doch sein bekannter Stil ist wieder da, bis aufs "Gerippe" reduziert, nur von E-Gitarre, Bass und Schlagzeug begleitet, lebt er seine Lieder leidenschaftlich, wild und manchmal versonnen-zärtlich. Dabei wird er von seinen drei jungen Musikern einerseits kongenial begleitet, andererseits lässt er ihnen immer wieder Raum, zu improvisieren, ihre große Musikalität auszuspielen. 

Auf seiner Brenna tuats-Tour, auf der er hauptsächlich die Lieder aus dem neuen Album entwederundoder vorstellt, liest man viele tiefsinnige und kritische Texte, die während des Live-Konzerts eine geringere Rolle spielen, als sie es wirklich verdienten.

Live nimmt Hubert von Goisern sein Publikum mit auf seine musikalische Reise, hier zählen Rhythmus, Musik, Atmosphäre und dazwischen kurze Geschichten, mit denen er die einzelnen Stücke verbindet. Und das Publikum dankt es seinem Hubert, die Halle brodelt, es wird mitgetanzt, mitgeklatscht und mitgesungen. Doch gerade der so erfolgreiche Titel Brenna tuats guat, für den er im neuen Jahr Platin verliehen bekam, darf als harsche Kritik an der Gesellschaft und ihrem Umgang mit Wahrheit und Geld verstanden werden. Macht nix, es lässt sich einfach gut abtanzen drauf.

Nach langem Applaus gibt es als Zugabe Weit, weit weg und Heast es net. Dass seine Musiker auch gut singen können, bewiesen sie bei der allerletzten Zugabe, einem vierstimmigen Jodler à cappella, mit dem sich Hubert von Goisern und seine Band endgültig an diesem Abend verabschiedeten. Die 2500 Zuhörer hatten ein beglückendes Konzert zum Zuhören, Mitfühlen und Mitgrooven erlebt.

Benz mit Heiligenschein

Echo Online 9. Februar 2012  | Text: Stephan Görisch

Alpin-Rock - Hubert von Goisern vor voll besetzter Jahrhunderthalle in Frankfurt

Mit gemessenen, wuchtigen Tönen stapft ein Burschenquartett durch einen Landler – behäbig, breitbeinig, wie mit Bettschwere auf dem Heimweg vom Schützenfest. Dabei ist die Band voll elektrifiziert, klingt aber dennoch, wann immer sie will, nach originärer alpenländischer Volksmusik. Die Bassgitarre verstärkt die überbetonten Kellerbässe der Ziehharmonika abgrundtief und mächtig, dass es sich wie ein Alphorn anhört, die E-Gitarre zirpt wie eine Zither, das Schlagzeug-Getöse könnte von der Trommlergruppe einer Marschkapelle stammen.

Den Gesang kann das Publikum aus dem Rhein-Main-Gebiet eigentlich nur verstehen, wenn man sich "eingelesen" hat, wie der Sänger nach dem Begrüßungsstück kommentiert – klar, seine Fans kennen jeden seiner mitunter kantigen ober-österreichischen Zungenschläge auswendig.

So liebt man den Achleitner Hubert, der sich – seinem Heimatort Bad Goisern zu Ehren – von Goisern nennt, und dabei in Kauf nimmt, dass man das als Anmaßung eines Adelstitels missverstehen könnte. Missverständnisse verfolgen ihn ohnehin, erklärt der glänzende Entertainer verschmitzt: Wenn er etwa – frei nach Ray Charles – Georgia On My Mind um-zwoagelt zu "Goisern – oh Goisern" , so singe er keineswegs sich selbst ein Ständchen, wie eine Briefschreiberin ihm unterstellt habe. Andere Menschen hätten ihn der Eitelkeit bezichtigt, weil er bei Auftritten auf verschiedenen Akkordeons spiele – mal ein rotes, mal ein weißes.

Darum habe er das grüne diesmal gar nicht erst ausgepackt, spöttelt er – und erklärt, dass er eben nicht ein (chromatisches, also mehr-tonartfähiges) Akkordeon spiele, sondern diatonische Ziehharmonika, und dass es mit diesem für unterschiedliche Tonarten eben unterschiedliche Instrumente brauche. Ohne Zweifel gibt er auch gerne den Multi-Instrumentalisten, liefert Soli auf Lap-Steel und Gitarre – obwohl er einen vorzüglichen Leadgitarristen dabei hat, der es mit jedem Folk- und Hardrocker aufnehmen kann, dazu Mundharmonika, Maultrommel und Glockenspiel, Klarinette und Keyboard. Zu jedem Instrument hat er eine Anekdote parat, und er vertritt damit auch eine jeweils passende Stilart zwischen Blues und Folk, Rock und Reggae. Und eine spezielle Stimmung: Das geht von Bitterkeit und Melancholie über verlorene Zeit und verlorene Liebe ("Du bist so weit, weit weg von mir") bis hin zu krachledernem Galgenhumor. Der klingt stets tief menschlich ("ob Serb oder Kroat, um an jödn is' schod ..."). Auch Huberts Oratorien darf, ja muss man ernst nehmen, selbst wenn er seine deutsche Version von "Mercedes Benz" weit über die Janis-Joplin-Vorlage hinaus an den Rand der Blasphemie bringt, nach "an schienen Daimler" auch das Ewige Leben und dazu noch einen Heiligenschein erbettelt: "Herr, Di kost' er doch eh nix".

Mit ohrenbetäubenden Lärmattacken und zuckenden Stroboskopgewittern inszeniert die Band das Granteln des Himmlischen Vaters. Und Hubert wird gleich wieder todernst, sinniert über das Verrinnen der Zeit und den tieferen Sinn des Lebens. Damit nun, so spielt er auf den strengen Frost in Hessen an, keiner nach dem Konzert ein Tränen-Glatteis vor der Hall'n anrichte, lässt die vorzüglich eingespielte Band im finalen Konzertdrittel wieder den Alpen-Rock auf furiose Weise krachen. Schottische und Landler jagen einander, Mehrstimmen-Jodler und minutenlang aberwitzig schnell dahinflirrende Gitarrenläufe wechseln ab.

Zu einer letzten Zugabe versammeln sich die vier Oberösterreicher zu einem mehrstimmigen Jodel-Hymnus – wie das ganze Konzert in perfekter Harmonie, mit viel Wärme und einem gewaltigen Schuss sympathischer Selbstironie.