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FÖN

"Ich bin ein Nestbeschmutzer"

Wienweb 2. Februar 2001

Hubert von Goisern im Interview

Nach Deinen Ethno-Alben Gombe und Inexil hast Du Dich auf Deiner neuen Platte Fön wieder mehr heimischen Klängen zugewandt. Was war eigentlich Deine Motivation für den Ausflug in die Weltmusik?

Es waren eigentlich immer Begegnungen mit Menschen, die so schön und intensiv waren, dass ich mir gedacht habe, ich brauche dafür ein kreatives Ventil. Das hat mir aber auch sonst ganz gut reingepasst. Weil dadurch, dass ich mit österreichischer Volksmusik arbeite, habe ich das Image von jemandem, dem Tradition wichtig ist. Das stimmt auch. Ich mag aber nur nicht, dass das uminterpretiert wird. In: Nur weil mir Tradition wichtig ist, ist mir Österreich wichtig. Und wenn ich heute so überlege, dann hat mir das total in den Kram gepasst. Zu beweisen: Der Hubert ist nicht nur einer von uns. Sondern ich fühle mich den Menschen in Tibet und Tanzania genauso verbunden wie den Leuten in Goisern. Nicht mehr und nicht weniger.

Du hast einmal den Begriff "Heimat" wie folgt definiert: "Heimat ist dort, wo man sich etwas zu kritisieren traut." Wird man da nicht leicht zum Nestbeschmutzer?

Ja, aber das ist für mich nichts Neues. Seitdem ich in Goisern 1990 ein Open Air gespielt habe, bin ich dort Nestbeschmutzer. Das hängt damit zusammen, dass der wichtigste Förderer in meiner Jugend - ein sehr guter Musiker und Arrangeur - ein Schwuler war. Der ist daran zugrunde gegangen, weil er schwul und in Goisern zuhause war. Er hat sich so verstecken müssen, dass er mit 50 Jahren daran gestorben ist. Vor lauter Stress, dass irgend jemand dahinter kommen könnte. Und wie ich darüber gesprochen habe, dass ich das schade finde, dass man nur einen Teil seiner Persönlichkeit herzeigen darf, war plötzlich Feuer am Dach. Weil ich behaupte, in Goisern hätte es jemals einen Schwulen gegeben! Da bist du dann Nestbeschmutzer. Der Mann seiner Schwester hat mir dann sogar auf der Straße zugerufen: Das würde ja heißen, dass ich mit der Schwester eines Schwulen verheiratet wäre!

Im Booklet zu Deinem neuen Album finden sich verschlüsselte Zitate eines weiteren Sohns von Bad Goisern, Jörg Haider. Warum verschlüsselt?

Weil ich ihm nicht das Forum geben wollte, dass der Blödsinn, den er von sich gibt, in meinem Booklet zum Nachlesen steht. Aber eigentlich ist es eine Geschichte, die erst im Nachhinein entstanden ist. Ich habe das Lied Kålt geschrieben, wo ich die einschmeichelnde und hypnotisierende Rhetorik von Politikern generell zum Ausdruck bringen wollte. Am besten du machst so etwas wortlos. Weil die Politiker-Rhetorik ist ja auch immer so ein aussageloses Gebrabbel, dass eigentlich nur schön klingt. Als ich dann die übrigen Texte ins Booklet geschrieben habe, habe ich überlegt: Was schreibe ich nun bei Kålt hin? Da singe ich ja keinen Text. Ich habe zunächst irgendwelche Zeichen hineingeklopft. Dann habe ich mir aber gedacht: Da kommt jetzt sicher irgendein Super-Vifzack auf die Idee, dass das eine codierte Geschichte sein könnte. Und versucht den Code zu knacken, findet aber nichts. Daraufhin habe ich mich eben entschlossen: Wer sich wirklich die Mühe machen will, der soll am Ende auch etwas dabei rauskriegen. Also habe ich wahllos Haider-Zitate genommen und codiert.

Volkstümliche Musik ist in Österreich beliebt wie nie zu vor. Was sagst Du eigentlich zu einem Phänomen wie DJ Ötzi und seinem Anton aus Tirol?

Na ja. Es gibt diesen Spruch von Karl Kraus: Wenn die kulturelle Sonne sehr niedrig steht, dann werfen auch Zwerge lange Schatten. Man kann es den Zwergen nicht vorwerfen, dass sie Zwerge sind. Das ist erstaunlich und für mich eigentlich symptomatisch und ganz logisch, dass so etwas einen großen Erfolg hat. Es gibt an regional-identer Musik ganz, ganz wenig bis hin zu nichts. So dass, wenn einmal etwas daherkommt - selbst wenn es so seicht ist wie Anton aus Tirol - sich die Leute darauf stürzen. Nicht weil es so unglaublich toll ist. Sondern einfach in Ermangelung einer Alternative.

Aber auch Hubert von Goisern will berühmt sein, oder?

Ich wollte seit frühester Kindheit Musiker werden. Ich habe mir aber dieses Ziel lange nicht zu verfolgen gewagt bzw. nicht dürfen, weil die Familie grundsätzlich dagegen war. Erst mit 27 Jahren habe ich mir gesagt: Jetzt bin ich in einem Alter, wo ich mir nicht mehr reinreden lassen brauche. Und in dem Moment, wo ich mich dazu entschlossen haben, war es für mich klar, dass ich kein anonymer Musiker sein möchte. Sondern ich will, dass sie die Leute auch hören. Ich habe einmal eine Vision gehabt. Ganz komisch, weil ich damals weit weg von Salzburg war. In der Vision gehe ich durch die Getreidegasse, und die Leute drehen sich nach mir um. Ich habe nicht gewusst, wie ich es anstellen soll, dass ich das erreiche.

Volksmusik, Global Beats und auf der neuen Platte Anleihen beim Jazz. Was kann man von Dir als nächstes erwarten? Gibt es vielleicht ein Elektro-Album?

Die nächste CD ist fertig. Sie kommt im März und beinhaltet nur Volkslieder. Die übernächste habe ich eigentlich im Kopf. Und da möchte ich mich wieder einmal mit dem Computer spielen. Vor zwölf Jahren habe ich schon mit dem Atari gearbeitet und das reizt mich jetzt wieder.

Musikalischer Querdenker

Maxima Jänner/Februar 2001 | Text: Alexander Aigner | Foto: © Maxima

Hubert von Goisern kehrt mit dem Album "Fön" trotz funkiger Gitarre, Reggae-Rhythmen und jazzigem Ambiente seinen volkstümlichen Wurzeln und auf die Bühne zurück. Ein zweites "Hiatamadl" gibt es dennoch nicht.

Hubert von GoisernHeast as nit? Wia die Zeit vergeht? Unglaubliche acht Jahre ist es her, dass Hiatamadl in den Schihütten unserer, dieser Alpenrepublik auf und ab gespielt wurde. Und über sechs Jahre ist es her, dass Hubert von Goisern am Höhepunkt des Erfolges mit den Alpinkatzen von der Bühne Abschied genommen hat. Sechs Jahre, in denen er nach Afrika, Tibet und Indien gereist ist, in denen die Filmmusik zu Schlafes Bruder, für den TV-Zweiteiler Fernsehsaga sowie für den Kinderfilm Ein Sack voller Lügen entstanden ist und in denen die beiden schwer verdaulichen CDs In Exil und Gombe die Abkehr von der Musik der Alpinkatzen mehr als deutlich gemacht hat. Stunden, Tage, Wochen und Monate, die Hubert von Goisern genossen hat, weil er endlich auch "Zeit für die Family" gehabt hat, wie er sagt.

"Wir hätten noch ein, zwei Jahre da oben am Zenit stehen können und den Rahm abschöpfen, aber für mich hatte sich die Spannung gelegt. Ich wollte was Neues machen, abschließen, aufhören, mich zurückziehen und Sachen in mich aufnehmen. Wenn man jahrelang nur auf Output ist, braucht man irgendwann Regenerationszeit", erklärt er sein damaliges Handeln.

Hubert von Goisern, der als Hubert Achleitner in Bad Goisern geboren wurde, haftet das Image des Schwierigen an, des kauzigen, aber guten Menschen vom Berg, der sich im urbanen Umfeld unwohl fühlt. Kein Wunder, dass er seine Comeback - CD Fön den Journalisten im Zuge einer Bergwanderung Hüttenabend inklusive - vorstellt. Kann es also gut gehen, wenn man diese geschwänzt hat und ihn zum Interview im Wiener Büro seiner Plattenfirma treffen soll? Es kann, trotz aller Vorwarnungen von Kollegen. Hubert von Goisern entpuppt sich nämlich als angenehmer Gesprächspartner, der so manches Bonmot druckfertig liefert.

Wenn nun etwa DJ Ötzi und Konsorten die Schihütten erobert haben und dort statt nach dem Hiatamadl der Ruf nach dem Anton laut wird, dann fällt ihm dazu Karl Kraus ein: "In Zeiten, wo die kulturelle Sonne sehr niedrig steht, werfen auch Zwerge lange Schatten." Ankreiden will er dem "Kollegen" den Erfolg allerdings auch nicht, denn dieser entsteht hierzulande und speziell in diesem Fall "aus einem Mangel an Alternativen".

Das führt er einerseits auf die Vernachlässigung der heimischen Musikszene sowohl von Seiten der Plattenfirmen - die "immer mehr reduziert werden zu Auslieferungslagern von Großkonzernen" - als auch von Seiten der Medien ("Hau ruhig ein auf Ö3, wannst wüst"). Andererseits mangelt es bei den Künstlern an Selbstvertrauen. "Wenn man Musik machen will, dann kann man das. Ich habe nicht das Gefühl, ich sei so ein super guter Musiker oder ein exzeptioneller Sänger, Komponist oder so irgendwas. Und ich habe trotzdem lang vorm Hiatamadl-Erfolg von Musik leben können. Man muss den Mut haben, das zu machen, was man selber ist. Scheitern tun viele, weil sie versuchen, so zu sein, wie sie glauben, sein zu müssen. Die Leute, die Erfolg haben, sind die Leute, die das machen, was sie selber sind."

"Versteht eigentlich irgendwer, wos i da sing?" Mit seinem aktuellen Album Fön kehrt Hubert von Goisern trotz manch funkiger Gitarrenläufe, Reggae-Rhythmen und jazzigem Ambiente zu seinen volkstümlichen Wurzeln zurück. Ein zweites Hiatamadl gibt es trotzdem nicht, denn als abenteuerlustiger Mensch kann er nur konzentriert arbeiten, wenn es für ihn spannend ist. "Ich probiere immer was Neues aus, schaue, ob es nicht was Unentdecktes gibt, weiße Flecken auf unserer musikalischen Landschaft."

Fön entstand mit dem Hintergedanken, Songs zu schreiben, mit denen er auf Tour gehen kann, obwohl er eigentlich lieber neues Material zuerst live erproben und dann erst aufnehmen würde. "Nur, so funktioniert es halt nicht. Kreativität (bei einer CD-Produktion, Anm.) entsteht unter dem Druck, was zu schaffen, das du dir selbst und auch die Leute - immer wieder anhören kannst. Live ist live und ist vorbei, wenn der Ton gespielt wurde. Wenn er nicht gut war, spielst du ihn halt das nächstemal besser."

Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass die Leute auch Hits hören wollen, trotzdem geht Hubert von Goisern in erster Linie mit Fön auf Tour. "Wir werden keine Zeit verschwenden, alte Nummern einzustudieren. Es wird nur wenige Ausnahmen geben. Ich möchte was aus der Afrika-CD (Gombe, Anm.) bringen und ich werde sicher Heast as nit spielen. Aber damit hat es sich mit dem alten Material, und wenn die Leute "Hiatamadl" schreien, dann kann ich ganz ehrlich sagen, wir können es nicht spielen. That's it."

Alte Erfolge aufzuwärmen, indem man diese anders arrangiert oder verfremdet, hält er für eine Möglichkeit. Trotzdem: "Ich finde meine musikalische Gegenwart viel zu spannend, als dass ich mich mit so was beschäftigen will ... Vielleicht irgendwann einmal wenn mir nichts mehr einfällt." Die Reaktion des Publikums kann er nicht einschätzen: "Mal schauen, wie die Leute reagieren. Wenn sie mich am linken Fuß erwischt, schimpfe ich wie ein Rohrspatz auf die, die immer dasselbe wollen. Man kann das Rad der Zeit nicht zurückdrehen, und ich erwarte mir auch, dass sich beim Publikum in den sechs Jahren was geändert hat, nicht nur bei mir. Ich spiele kein einziges Lied, keinen einzigen Ton, der mir nicht taugt. Wenn ich ein Konzert gehe, dann will ich das hören und erleben, was dieser Mensch zu sagen. Ich erwarte auch von meinem Publikum, daß sie interessiert sind an dem, was ich zu sagen habe. Sonst brauchen sie nicht hingehen. Dann können sie sich gleich die CD von früher auflegen."

Der Berg ruft wieder

Abendzeitung 27. Oktober 2000 | Text: Felicia Englmann

Heimat ist dort, wo man kritisieren darf: Hubert von Goisern und sein neues Album "Fön"

"Es ist nicht gelogen, was nicht auch wahr ist, und nur weil es gescheit ist, ist es nicht gut. Denn es ist die selbe Straße, die dich nach Hause führt oder fort." Erkenntnis von einem, der weit gereist ist und viel gehört hat, der die Straße in beiden Richtungen oft befahren hat: Hubert Achleitner, besser bekannt als Hubert von Goisern.

Für sein neues Album ist der 48-jährige Treibauf, der zuletzt auf den Alben InExil und Gombe tibetische und afrikanische Musike bearbeitet und diverse Filmmusiken komponiert hat, musikalisch zurückgekehrt ins Salzburger Land: Fön, knüpft mit neuer Band an die volksmusikalische Revolution der Alpinkatzen an, findet aber auch bislang unbekannte Wege in die Heimat Österreich.

Was ist Heimat für jemanden, der lange in Kanada und Südafrika gelebt hat? "Da, wo ich mich so wohl fühle, dass ich mir das Recht herausnehmen, zu kritisieren", sagt Hubert von Goisern, und formt die Worte bedächtig. Der lange Kerl mit dem braungebrannten Gesicht ist keiner, der dahinplaudert, und das Schweigen vor jeder Antwort hat etwas Beruhigendes. Kaum zu glauben, dass der gleiche Mann auf der Bühne agiert wie ein Springteufel.

Mit Kritik an Österreich hat sich von Goisern nie zurückgehalten. Seine Volksmusik-Versionen mit Schlagzeug und E-Gitarre waren Anfang der 90er ein Attentat auf ewiggestriges Seppel-Musikantentum und machten ihn mit dem Hiatamadl zum Popstar. Schon 1994 schrieb er mit Iawaramoi ein Lied gegen Austro-Engstirnigkeit und Haiders Schimpftiraden. Da müsste ihm die internationale Polit-Aufmerksamkeit eigentlich gerade recht sein.

"Das, was sich in Österreich abspielt, ist sehr wohl zu kritisieren. Es wird aber zum Problem, wenn die Kritik, die von außen kommt, die Dynamik innerhalb des Landes verändert, weil plötzlich ein Einigel-Prozess stattfindet. Im Grunde war mir das nicht ganz geheuer, wie da auf uns eingehauen wurde." Einseitigkeit ist seine Sache nicht, auch wenn er zwei Mal gegen die neue Regierung demonstriert hat: "Danach habe mir geschworen, ich gehe nie wieder auf eine öffentliche Kundgebung. Da gibt es keine differenzierte Sicht, da werden nur Parolen herausgeschrieen."

In seinen neuen Liedern findet von Goisern ebenso wohlgeformte Worte, auch wenn der Gesangston auch mal polterig scheint, wenn Da Dasige porträtiert wird, die katholischen Pfarrer der Sünde frönen oder in Kalt wieder einmal Jörg Haider die Zielscheibe ist. Im Booklet stehen verschlüsselte Haider-Zitate, die im Lied nur als diffuses Gebrammel auftauchen, denn "man findet überall diese Menschen, die sich anmaßen oder einfach aufspielen, dass sie anderen Leuten sagen, wo's langgeht." Obwohl der Schuhmachersohn Jörg und der Blaskapellenmitglied Hubert im gleichen Bad Goisern aufwuchsen, gab es nie Berührungspunkt. "Er ist um zwei Jahre älter als ich - im Kindesalter sind das Welten." Heute sind es andere Heimat-Welten: "Ex-Goiserer" heißt Bärental-Haider in Iawaramoi.

Die Naturmagie der Berge

Musikalisch ist Fön das atmosphärisch dichteste Album in von Goiserns Anthologie der modernen Volksmusik. Lebte der Alpinkatzen-Sound oft von roher Kraft, sind es hier feine Jazz-Töne mit Bass, Keyboard und Saxofon, die sich um die diatonische Ziehharmonika ("meine Hassliebe") ranken, und die Rhythmen gehen weit über den alpenländischen Fundus hinaus. Nach neuer nun allerneueste Volksmusik.

Von Goisern: "Ich hab das Gefühl, dass ich das darf, weil das ohnehin das meine ist. Damit haben sie mich ja jahrelang gequält, dass ich das jetzt auch quälen darf." Nicht brutal, sondern zauberhaft sind aber die Liebeslieder Da Diab oder Fia Di: In ihnen scheint die naturmagische Kraft der Berge aufgesogen.

Die Alpinkatzen hatte von Goisern aufgelöst, um sich dem Rummel zu gunsten der Kunst zu entsiehen. Sollten sich auf der für das Frühjahr geplanten Tour doch wieder kreischende Frauen vor der Bühne drängeln, wird's ihn nicht stören: "Das ist ein Teil des Lebens, und das ist auch schön," sagt von Goisern, und ein breites Bubengrinsen zieht Schelmenfalten in sein Gesicht. Fans sollen bitte schon sein, denn: "Volksmusik ist das, was das Volk zu dem Seinen macht."

S'Hiatamadl spuit er net

OWL am Sonntag 22. Oktober 2001

Interview mit Hubert von Goisern

Nach seinem Ausflug in die Gefilder afrikanischer und tibetanischer Musik meldet sich Alpenrocker Hubert von Goisern mit der neuen CD Fön im altbewährten Stil zurück, kombiniert Akkordeonmusik und Jodler mit diversen Stilen der Popmusik. Im Gespräch mit Thomas Albertsen berichtet er über die Hintergründe der neuen Produktion.

Warum spielst Du nicht mehr mit den Alpinkatzen sondern mit einer neuen Band?

Die Alpinkatzen waren Rocker. Sie waren nicht in der Lage, die von mir gewünschten stilistischen Erweiterungen umzusetsen. Ich wollte ja schon 1992 bei Omunduntn mit Reggae experimentieren - doch die konnten das nicht überzeugend spielen.

Aber eine Band - das sind im Idealfall doch Freunde. Schickt man die einfach so in die Wüste, pardon Berge?

Ich bin nicht bereit, meine eigene Abenteuerlust zu zügeln, um anderen Musikern ihren Konservatismus zu ermöglichen.

Du hast schon im Vorfeld der bevorstehenden Tournee klargestellt, dass Du deinen Hit Koa Hiatamadl nicht mehr spielen wirst...

... aber nicht, weil ich nicht zu meiner Vergangenheit stehe, sondern weil ich sonst etwas Neues weglassen müsste. Um Missverständnissen vorzubeugen: Ich mag meine alten Aufnahmen, ich akzeptiere auch, dass einige Lieder ein Eigenleben entwickeln und von anderen Kollegen gespielt werden.

Also noch mehr und schräger Crossover-Musik als früher?

So würde ich es gar nicht sehen. Man schaue doch mal nach Irland, wo Van Morrison mit Elementen irischer Folklore über Jahrzehnte moderne Popmusik macht. So etwas komponiert mir.

Reicht denn das Repertoire einer neuen CD, um ohne altes Liedmaterial ein ganzes Konzert zu bestreiten?

Erstens werde ich Lieder der Afrika-CD spielen, zweitens wird auf jeden Fall Heast as nit im Programm sein - und drittens: Ich werde auch bislang unveröffentliches Material, das für spätere CDs geplant ist, live ausprobieren.

Auf Fön coverst Du Janis Joplins Hit Mercedes Benz. Wolltest Du unbedingt wieder nach dem Vorbild von Georgia On My Mind, aus dem Goisern wurde, ein altes Lied ganz neu interpretieren?

Das war vor acht Jahren ein Zufallsprodukt, als ich auf dem Akkordeon klimperte und plötzlich unbewusst eben jene Melodie spielte. Aber da ich es nicht a capella auf die CD bringen wollte und die Alpinkatzen es nicht meiner Vorstellung entsprechend spielten, ist es erst jetzt veröffentlicht worden.

Auf der neuen Scheibe ist Monika Drasch vom Bairisch Diatonischen Jodelwahnsinn mit von der Partie. Wird Deine Bühnenshow kabarettische Elemente enthalten?

Monika ist eine Top-Musikerin, deren kreatives Potenzial beim Jodelwahnsinn gar nicht voll ausgeschöpft wird. Ich hätte sie wahnsinnig gerne auf der Tour dabei. Aber Kabarett mache ich nicht - denn ich lache lieber über meine eigenen Unzulänglichkeiten, als auf Kosten anderer Witze zu machen.

Hubert zaubert Vogelstimmen aus Haushaltshandschuhen

Oberösterreicherin September - November 2001 | Text: Waltraud Gamsjäger | Fotos: Stadler, Bad Ischl
Hubert von Goisern

Nach sechs Jahren Bühnenabstinenz ist Hubert von Goisern back on stage:
Mit neuer Band und neuen Liedern begeistert er sein Publikum

Mit Songs seiner CDs Fön und Trad versetzt Hubert in Österreich, der Schweiz und ganz Deutschland erneut seine Fans in Euphorie. Ein bisschen Blues, ein wenig Jazz, Volksmusik aus vielen Ländern - sie sind anders als früher, die neuen Lieder von Hubert.

Ein Höhepunkt der Tournee war das Open Air am 22.6.2001 im Kaiserpark Bad Ischl, bei dem auch die Hohtraxlecker Sprungschanzenmusi mit von der Partie war.

Fantastisch, wie Hubert und seine Band simplen Haushaltshandschuhen Vogelgezwitscher entlocken, aus Kübeln Wasser plätschern lassen. So entsteht durch den Einsatz modernster Bühnentechnik und verschiedenster Musikinstrumente eine außergewöhnliche, sehens- und hörenswerte Mixtur.

Herausragend ist sein Charisma und seine Authentizität! Trotz der hohen Ansprüche, die Hubert an sich stellt, hat er sich eine gewisse Einfachheit bewahrt und das macht ihn nicht nur zum besonderen Musiker, sondern zu einem ganz besonderen Menschen.

"Sicher ist, dass ich mein Leben bis zu meinem letzen Schnaufer der Musik verschreibe"

Agnes Grasberg und Hubert von Goisern

Welche Ausbildung hast du und wie bist du zur Musik gekommen?

Schon als Kind wollte ich Musiker werden, meinem Vater zuliebe habe ich aber vorerst einen "ordentlichen" Beruf erlernt (Chemielaborant), eine musikalische Ausbildung habe ich nicht, aber mein Musiklehrer hat mir während meiner Schulzeit viel beigebracht. Ich bin ein Autodidakt mit einem guten musikalischen Gespür. Meine Liebe zur Musik bringt mich immer wieder jenseits aller Grenzen.

Welche Beziehung hast du zu den Besuchern deiner Konzerte beziehungsweise deinen Fans?

Natürlich spüre ich jede Stimmung, manchmal gelingt es mir, Spannungen in zusätzliche Energie umzusetzen. In jedem Fall aber prägt die jeweilige Stimmung mein Konzert.

HvG und WolfHaben Heimkonzerte für dich eine besondere Bedeutung?

Obwohl ich immer wieder gerne in meiner Heimat Konzerte gebe, sind sie doch für mich aufregender als Auftritte vor unbekannten Gesichtern. Ich sehe viele bekannte, mir vertraute Gesichter und es ist ein seltsames Gefühl, vor meinen Freunden und Bekannten auf der Bühne zu stehen. In Deutschland ist es für mich einfacher als in Österreich, in der Steiermark anders als in Bad Ischl. Jedes Konzert entwickelt sich anders, das fasziniert mich und zeigt mir, wie durch die Gefühle meines Publikums jedes Konzert zu einem einzigartigen Erlebnis wird.

An welcher Stelle steht bei dir deine Familie?

Meine Frau und meine beiden Kinder - Laura (7 Jahre) und Niko (13 Jahre) - sind für mich das Wichtigste. Bin ich auf Tournee, gibt es für mich nur meine Musik, mir bleibt weder Zeit noch Kraft für Familie oder sonst was. Ohne Musik wäre ich sehr unglücklich, meine Frau weiß das und unterstützt mich deshalb voll und ganz. Mit meinen Kindern unterhalte ich mich via E-Mail, das kann ich zu jeder Tages- und Nachtzeit tun und es macht uns allen Spaß.

Immer wieder zieht es dich ins Ausland - was nimmst du für dich von diesen Besuchen mit?

Egal, wo du bist, überall kann es schön sein oder nicht schön, es geht dir gut oder ganz schlecht, du bist geborgen oder einsam, das alles ist, so glaube ich, nicht von einem Land abhängig, sondern von der inneren Einstellung. Die verschiedenen Kulturen und Gesellschaften und der Blick von außen verleihen mir eine tieferes Gefühl für mein direktes Umfeld, geben mir mehr Verständnis.

Agnes und HvGIn einem deiner ersten Interviews hast du dich selbst als asketisch bezeichnet, bist du das heute, nach deinen grandiosen Erfolgen, auch noch?

Zwei Wochen im Jahr gönne ich meinem Körper, aber auch meinem Geist eine Ruhepause. Ich trinke während dieser Zeit nur Wasser und Tee.

Auf deiner Tournee begleitet dich ein Koch - wie ernährst du dich?

Ich esse eigentlich alles, was mir schmeckt. Suppen, viel Gemüse, Salat, wenig Fleisch, meine Ernährung ist ausgewogen und gesund, mein Koch ist super!

Welche Pläne hast du nach deiner Tournee?

14 Tage abtauchen, dann arbeite ich in meinen Studio in Salzburg an der nächsten CD...

Wo siehst du dich in zehn Jahren?

Keine Ahnung. So langfristig plane ich mein Leben nicht. Mich weiterentwickeln, gelassener werden, Wunschträume, die mir in den nächsten Jahren hoffentlich in Erfüllung gehen. In drei Jahren mache ich vielleicht wieder eine längere Reise.

Hubert von Goisern

Neue Töne aus Bad Goisern

Passauer Neue Presse 30. Oktober 2000 | Text: Stephan Handel

Für sechs Jahre war es still um ihn - jetzt kehrt Hubert von Goisern zurück: nächste Woche kommt sein neues Album auf den Markt. "Das Beste, was ich je gemacht habe," sagt er von sich selbst. Es ist aber auf jeden Fall total etwas Anderes, als man von ihm vorher hörte.

Streicher nur und eine kleine Wolke vom Synthesizer - sonst nichts. Und darüber diese Stimme wie an einem Abend, an dem die Anstrengung des Tages abfällt, jener Zeitpunkt, zu dem sich Zärtlichkeit ins Müde mischt. Wahrscheinlich würde ein Kaminfeuer brennen, das Licht wäre leise. Und da hinein diese Musik: Warm, wunderschön, ruhig, voll stiller Energie. Der Gesang sagt's ohne Worte - ein Jodler, der ein Schlaflied wäre, wenn er nicht viel zu schön wäre zum Wegdösen.

Hubert von Goisern sieht an diesem Nachmittag in einer Münchner Altbauwohnung schon ein bisschen so aus, als könnte er ein kleines Schläfchen gebrauchen: Das sechste Interview heute, zwei kommen noch, und abends das Meeting mit den Leuten von der Plattenfirma. Zwei Tage lang läuft schon, was "Promo-Tour" heißt in der Sprache der Marketing-Menschen: Die immer gleichen Fragen beantworten, nett sein und gut gelaunt, damit sich das Ding auch verkaufen wird.

Das Ding heißt Fön und ist eine kleine Sensation. Nach sechs Jahren ist Hubert von Goisern wieder ins Studio gegangen und hat eine Platte aufgenommen - Hubert von Goisern, der Hiatamadl-Hubert, der von den Alpinkatzen, der als einer der ersten österreichische Volksmusik mit Rock und Pop zusammenbrachte, der die Steirische elektrifizierte und dem Landler das Grooven beibrachte. Sechs Jahre dauerte die Pause, nun ist er wieder da. Und muss gleich die PR-Tretmühle über sich ergehen lassen. Jetzt hockt er in Socken am Tisch, trinkt einen Apfelsaft und schaut nur noch eins aus: müde.

Ist dann aber doch gleich wieder wach, als es um seine Musik gehen soll. "Weißt Du", sagt er, "zwischen den Noten muss Platz bleiben für die Phantasie. Wenn ich alles aussprechen würde, dann wär's langweilig. Ich erzähle meine Geschichten außen rum, und das Zentrum bleibt frei für den Zuhörer." Wie dieser rätselhafte Satz im Lied Die Strass'n: "All's was g'scheit is', is ned guad." Zu verstehen ist der Satz nicht - aber er scheint auch wahr zu sein. "Ach", sagt Hubert von Goisern, "das erklär' ich Dir jetzt nicht."

Hat er öfter bleiben lassen - etwas zu erklären. Kaum jemand verstand, warum er vor sechs Jahren das Projekt Alpinkatzen beendete, auf dem Höhepunkt des Erfolgs, als die Leute sich rissen nach Platten und Konzertkarten. Er versuchte das damals mit Müdigkeit zu begründen, ausgebrannt sei er nach Jahren zwischen Bühne und Studio. Heute redet er offener darüber, und dass er auf seine neue Platte unglaublich stolz ist, das sagt ebenfalls etwas aus über die Unzufriedenheit, die seinerzeit in sein Leben gekrochen war.

Sie speiste sich aus zwei Quellen: Zum einen die Erwartungen des Publikums, die halt immer nur das Hiatamadl hören wollten, die in ihm den Naturburschen aus den Alpen sahen, nie das, wie er sich eigentlich sah: Als Musiker, als Künstler. "Die Kunst ist nie das Leben selbst", sagt er. "Sie überhöht die Realität. Aber ich bin mir nicht sicher, was größer ist: Die Kunst oder das Leben."

Jedenfalls spürte Hubert Achleitner, wie er bürgerlich heißt, dass es ein Leben nach der letzten Zugabe geben musste - und eine Musik hinter dem letzten Ton. Deshalb hat er sechs Jahre gewartet, hat zwischendurch zwei Alben mit tibetanischen und mit afrikanischen Musikern gemacht, hat Filmmusik geschrieben und als Schauspieler gearbeitet, hat einen Film gedreht über die Schimpansen- Forscherin Jane Goodall. Und hat jetzt Musik geschrieben, die meilenweit weg ist vom gelegentlich doch recht raunzigen Gekrache früherer Jahre.

Dieser Jodler eben in Spat, dem Schlaflied: Die Melodie hat viel mehr mit Love-Story-Romantik zu tun als mit alpinen Dreiklangs-Brechungen, und Hubert von Goisern erzählt begeistert, er habe dabei seine persönlichen Grenzen gesprengt. Und auch auf seinem Instrument hat er ganz neue Farben gefunden: Die Steirische, die Ziach ist ja sowieso ein komisches Instrument, weil sie beim Zusammendrücken andere Töne erzeugt als beim Auseinanderziehen. Hubert von Goisern sagt nun, er spiele nur mehr "auf Zug". Dadurch erhalte er eine mixolydische Skala - eine Kirchentonart, aber man muss das nicht unbedingt wissen, um zu hören: So etwas ist auf einer Steirischen noch nie gespielt worden.

Auch der zweite Grund seiner früheren Unzufriedenheit ist jetzt erledigt: "Ich hab' jetzt auch die Musiker, die's verstehen", sagt er, nicht mehr - aber das deutet schon an, dass die restlichen Alpinkatzen ihrem Frontmann nicht mehr folgen wollten oder konnten in neue musikalische Welten. Welten, in denen ihm zum Beispiel beim Herumspielen auf der Ziach ein Melodiefetzen unterkam. "Das ist doch irgendein Landler", hat er gedacht, aber nicht ist ihm eingefallen, wie das Ding geheißen hat. Erst ein paar Tage später: Mercedes Benz war's von Janis Joplin, jetzt ist's drauf auf der Platte mit einem herrlich selbstironischen Mundart-Text. Und in den Zwischenspielen zwischen den Strophen brummt die Ziach natürlich: einen Landler.

So etwas zu erzählen, das gefällt ihm, da ist die Müdigkeit fast verschwunden aus Gesicht und Stimme. Auf die Bühne, sagt er, ist er wieder richtig heiß - Anfang März geht's los, das erste Konzert steigt in Linz, im Brucknersaal. Auch das ein Indiz für den neuen Hubert von Goisern: In einem Saal für klassische Konzerte tritt er auf, freut sich drauf, weil "die Akustik so toll ist und man wirklich jeden Ton hört". Das erwartet er auch von seinem Publikum: Es soll ihn und seine Musik ernstnehmen, soll zuhören und verstehen - nicht so wie bei einem der letzten Auftritte mit den Alpinkatzen, in der Schweiz war's: Da hatte der Veranstalter in Erwartung offenbar infernalischen Lärms Ohrstöpsel an die Zuhörer verteilt; mit der Folge, dass sie sich anschreien mussten, wenn sie etwas sagen wollten. Im Zuschauerraum war's lauter als auf der Bühne. Als ein paar Bitten Huberts, doch leiser zu sein, nichts fruchteten, hat er das Konzert abgebrochen. "Das muss ich mir nicht antun", sagt er heute noch.

Freilich kann auch einer, der ein Künstler ist und als solcher verstanden werden will, nicht an der Politik vorbei - vor allem, wenn er aus Österreich kommt. Und natürlich findet sich auch auf Fön ein Lied, dass sich Jörg Haider wahrscheinlich lieber nicht zum Einschlafen anhört: "Mir is kalt und mir wird kälter", geht der Text, der mehr sagt über das Klima in den Alpen als Solidaritätsadressen und Unterschriftenlisten. Aber darüber so richtig reden mag Hubert von Goisern nicht - das scheint weit weg zu sein.

Der Apfelsaft ist leer, drei verbrannte Lucky Strike liegen im Aschenbecher, aus den versprochenen 30 Minuten Interview ist doch mehr als eine Stunde geworden. Draußen sitzt die nächste Kollegin, und Hubert von Goisern trägt nun neben der Müdigkeit ein bisschen Verzweiflung um die Augen. Was eigentlich, wenn das Publikum den neuen Sound nicht mag? "Ich fänd's schade, weil es das beste ist, was ich je gemacht hab'. Andererseits hätt' ich dann wieder mehr Zeit für andere Sachen." So oder so: Ein Schlaflied zum Einnicken wird Hubert von Goisern in nächster Zeit nicht brauchen. Nicht einmal, wenn es so schön ist wie sein eigenes, gejodelt.

So weiß mag ich gar nicht sein

BerlinOnline 24. März 2001 | Text: Jörg Schindler

Sechs Jahre ist Hubert von Goisern nicht aufgetreten, nun singt er wieder - in der Passionskirche

Sechs lange Jahre war er weg von der Bühne, hat mit Exil-Tibetern gejammt und in Tansania Schimpansen beobachtet, hat vor der Kamera gestanden und dahinter Filmmusik komponiert. Daheim im Salzkammergut hat er seine Zeit an der Werkbank und auf Dreitausendern verbracht, und irgendwann entstanden neue Melodien in seinem Kopf. Jetzt ist er wieder da. Allerdings nicht mehr genau so wie früher: "Wos g'wesen is, des wor amol."

Keyboard und Kuhglocken

Hubert von Goisern hat noch nie getan, was andere von ihm erwarteten. Nicht als Jugendlicher, als er wegen seiner langen Haare aus der örtlichen Blaskapelle flog. Nicht nach seiner Ausbildung zum Chemielaboranten, als er beschloss, auf Weltreise zu gehen. Und schon gar nicht sieben Jahre später, als er nach Österreich heimkehrte, um mal eben die alpine Volksmusik zu revolutionieren.

1992 veröffentlichte Hubert Achleitner aus Bad Goisern mit seinen Alpinkatzen das Album Aufgeig'n statt niederschiaß'n - es war ein musikalisches Sakrileg, ein Angriff auf seinen Lieblingsfeind Karl Moik, eine Kampfansage an alle Ewiggestrigen, die Volksmusik wie "Ausländer raus" buchstabieren. Jahrhundertealtes Liedgut zu entstauben und weiterzuentwickeln, das tat Hubert von Goisern auf unerhörte Weise: Mit Keyboard und Kuhglocken, mit E-Gitarre und steirischer Ziehharmonika hangelte er sich vom Almblues zum Jodel-Rock. Die Neue Volksmusik ward geboren - und auf Goiserns Bugwelle schaukelten sich etliche weitere Bands wie die Hundsbuam oder der Bairisch Diatonische Jodelwahnsinn nach oben.

Keiner aber war so erfolgreich wie Hubert von Goisern. Der introvertierte Österreicher füllte riesige Konzerthallen, selbst Hamburger und Berliner - dem Bazitum eigentlich traditionell abgeneigt - lernten begierig den Ländler. Bis nach New York arbeitete sich die Combo mit ihrem "yodelling punk from Austria" durch. Und als fünf Goldene CDs eingesackt waren, als es also den Anschein hatte, der Weg zum Superstar sei nicht mehr weit - da machte von Goisern Schluss. "Um wieder nach Stille zu suchen."

Zwei Jahre wollte er der Bühne fernbleiben, mehr als sechs sind es geworden. Nicht, dass er inzwischen untätig gewesen wäre. Mehrere Platten hat er zwischenzeitlich veröffentlicht - darunter die Filmmusik zu Schlafes Bruder, die Afrika-Hommage Gombe und das Tibet-Projekt In Exil. Dem Rampenlicht aber blieb er fern; er wollte sich erst wieder zeigen, wenn er "vollkommen Neues" zu bieten hat. Mit den Platten Fön und Trad ist es nun soweit.

Mit Trad hat sich der mittlerweile 48-Jährige einen Traum erfüllt: ein Album, auf dem er die traditionelle Volksmusik, die er seit Jahren verfremdet, einmal in ihrer ganzen Ursprünglichkeit interpretiert, als das Fundament, auf dem er seinen Erfolg gründete. Er habe lange damit gezögert, erzählt Hubert von Goisern im Gespräch - aus Angst, man könnte denken, "jetzt fällt ihm nix mehr ein". Deswegen habe er gewartet - bis Fön fertig war: zwölf Songs, in denen er vor allem dem Soul huldigt.

Gejodelter Soul

Natürlich ist sich Goisern auch auf dieser Platte treu geblieben. Die Ziehharmonika und Blechbläser sind wieder dabei, auch gejodelt wird nicht zu knapp. Und dennoch wirkt Fön abgeklärter, entspannter, nutzt er seine Stimme viel häufiger als lautmalendes Instrument. Ein wehmütiger Mollton durchzieht die Stücke, die stärker als früher miteinander verzahnt sind. Auch die großartige Coverversion von Janis Joplins Mercedes Benz fügt sich nahtlos ins Gesamtkonzept. Rockige Gassenhauer wie Koa Hiatamadl sucht man allerdings vergebens. Rock, sagt von Goisern, sei nun mal weiße Musik - "und so weiß mag ich gar nicht sein".