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FÖN

Von der Volksmusik in eine neue Welt

OÖN 6. November 2000 | Text: Reinhold Gruber | Foto: OÖN

Neuerscheinung: Ab heute hat das Warten auf "Fön" von Hubert von Goisern ein Ende

Sechs Jahre nach dem Ende der Alpinkatzen und einer von vielschichtigen Produktionen geprägten Phase ist Hubert von Goisern wieder zurück im breitenwirksamen Musikgeschäft. Fön (Virgin) heißt das heiß ersehnte Album, das ab heute im Handel ist.

"Fön ist für mich ein Zustand, der sehr intensiv und der künstlerischen Arbeit der Kreativen nicht unähnlich ist. Es ist ein ziemlicher Druck da. Es ist eine große Klarheit. Die Sachen wirken viel näher, als sie in Wirklichkeit sind. Und es ist eigentlich ein schöner Zustand, nur aushalten musst du ihn. Man muss gut drauf sein, denn wenn du schon angeschlagen bist, dann kriegst du Schädelweh oder du kannst dich überhaupt niederlegen, weil der Kreislauf nicht mehr hält. So ähnlich ist das Gefühl, wenn du Lieder schreibst", beschreibt Hubert von Goisern im OÖN-Gespräch die Titelfindung.

Das "ö" ist ganz wichtig

Aber Fön steht nicht nur für diese Naturlaune. Der Titel war ihm auch wichtig, weil ein "ö" darin vorkommen muss. Warum? "Wenn die Platte auch international veröffentlicht wird, dann sollen die Menschen sofort erkennen, dass es sich hier um keinen Amerikaner oder Engländer handelt."

Musikalisch ist "Fön" Ausdruck einer stilistischen Vielfalt. Hubert von Goisern drückt zwar noch immer mit seiner Quetschn dem einen oder anderen Song den unverwechselbaren Stempel auf. Doch die Symbiose von Volksmusik und Pop steht nicht mehr im Vordergrund.

Karibische Rhythmen fanden Eingang, Elemente aus seinen Erfahrungen mit Weltmusik sind zu hören. Damit baut er Stimmungen auf, die besondere Wirkungen haben.

Neu ist diese Einbindung etwa karibischer Folklore nicht. "Ich habe das schon vor sechs und acht Jahren immer so auf der Ziehharmonika gespielt, weil die Rhythmik ist das ärmlichste Moment in unserer Volksmusik. Es gibt schon den Walzer und auch die Steirer haben so einen Zug drauf. Aber wenn es etwas Spritziges kriegen soll, dann muss man schon Inspirationen aus anderen Kulturen nehmen", sagt Hubert von Goisern.

Mit seinen neuen Musikern sei es ihm nun gelungen, dies auch so transparent zu gestalten, dass es hörbar ist.

Die Musiker waren auch mitverantwortlich dafür, dass auf Fön eine geniale Coverversion von Mercedes Benz zu hören ist. "Ich alleine habe das auf der Ziehharmonika schon vor Jahren mit einem Reggae-Touch gespielt. Aber es hat keiner dazu spielen können, dass es einfach gepasst hätte. So gesehen ist es der älteste Song auf dem Album, nicht nur, weil er von der Janis Joplin ist." Der Text zu Mercedes Benz stammt zur Hälfte auch schon aus früheren Tagen, wurde aber erst für Fön komplettiert.

Dies ist die heitere Seite des Albums, das ansonsten sehr ruhig, sehr nachdenklich, sehr melancholisch wirkt. Am Beginn des neuen Albums stehen mit Drawig, Da Dasige und Katholisch Lieder, die für ihn selbst am ehesten an die früheren Tage anknüpfen, um dann den Hörer in eine andere, in eine neue Welt zu führen.

"Kalt" in diesem Land

In der neuen Welt ist textlich viel Platz für Lieder über das Leben und das Lieben, über Enttäuschungen und Hoffnungen, über Verlogenheit und auch über eine Stimmung in einem Land. Kalt zielt schnell erkennbar darauf ab, dass sich politisch in diesem Land viel verändert hat. Darin sind Originalzitate von Jörg Haider als codierte Achtzeiler im Booklet abgedruckt, während Hubert ein "vollkommenes Gebrammel" singt. Das hatte seinen Grund: Er vergönne es ihm nicht, dass sein Name da drinsteht. Und außerdem sei es lustiger, wenn es codiert ist.

Bleibt abschließend nur die Selbstdefinition von Hubert von Goisern: "Fön ist wieder ein Sammelsurium aus Lebensgefühlen. So bin ich auch, und eigentlich geht es jedem von uns so, dass die Tage verschieden sind."

Der Rockjodler steht wieder unter Strom

Südwest-Presse 3. November 2000 | Text: Udo Eberl

PORTRÄT / Hubert von Goiserns Comeback mit dem Album "Fön"

Mit seinen Original Alpinkatzen füllte Hubert von Goisern nach einem bemerkenswerten Sturm des Pop-Gipfels die größten Hallen. Seine musikalischen Expeditionen führten den Musiker nach Tibet und Afrika. Mit seinem Album Fön kehrt er jetzt wieder zu seinen volksmusikalischen Wurzeln zurück.

Seinen Weg ist er immer gegangen, der Goiserer, der sein Glück als junger Mann auch fern der heimischen Berge in Südafrika oder Kanada versuchte. Da passt es ganz gut ins Bild, dass Hubert von Goisern Die Original Alpinkatzen genau zu dem Zeitpunkt aufgab, als sie zum kommerziellen Selbstläufer geworden waren. Ziemlich genau vor sechs Jahren spielte die Band das Hiatamadl oder Heast as nit live zum letzten Mal. "Es musste so sein," stellte der Musiker, der dem Landler den Rock verpasst hatte, damals lapidar fest.

Um seine Familie und Freunde wollte er sich nach vielen aufreibenden Tourneen, die sogar in die USA geführt hatten, endlich kümmern. Doch richtig zur Ruhe kam der Kreativling, der sich neben der Musik fürs Mode machen, das Malen, das Fotografieren und Filmen begeistern kann, niemals. Er schrieb die Musik für den Film Schlafes Bruder und andere Streifen, produzierte mit Wia die Zeit Vergeht... das Live-Vermächtnis der Alpinkatzen und nahm sich Zeit für ausgedehnte Reisen.

In Indien traf er den Dalai Lama in dessen Exil, stellte wenig später tibetische Musik in einen neuen popmusikalischen Kontext. Im afrikanischen Gombe besuchte er seine Freundin Jane Goodall, die bekannte Verhaltenforscherin, und auch auf dieser Reise wurde reichlich Material mitgeschnitten. Mit In Exil und Gombe brachte Hubert von Goisern vor zwei Jahren gleich zwei Weltmusik-Alben auf einen Streich heraus. Vermarktbarkeit kümmerte ihn nicht. Die CDs war ihm ein Bedürfnis.

Doch jetzt ist Hubert von Goisern wieder voll da, steht unter Strom. Fast zwei Monate war er für Fön auf Promotion-Tour. Ein hartes Geschäft für einen, der viele lieber in seinen Bergen wandern oder im heimischen Studio stehen würde. Zur großen Tournee in Frühjahr will er eine CD mit Original-Volksmusik seiner Heimat schon im Gepäck haben, "zeitlose Interpretationen von Liedern, die mir sehr wichtig sind" und die mit Musikantenstadl schon gar nichts gemeinsam haben. "Ich will auch zu dieser Art der Musik einen Zugang verschaffen."

Auch den Nachfolger von Fön hat er längst im Kopf, denn am Ziel ist der Hubert von Goisern noch lange nicht. "Ich habe den Anspruch gehabt, etwas vollkommen Neues etwas Anderes zu machen. Ich will auf der steirischen Ziehharmonika die Grenzen der Diatonik ausloten," sagt der Instrumenten-Allrounder, der auch das Jodeln auf ein ganz neues Niveau bringen möchte, "auf eine neue, noch zu erforschende Stufe. Das ist noch längst nicht ausgereizt."

Und da sind seine Texte - immer noch im Dialekt, obwohl viele in Hochdeutsch entstanden sind. "Aber dann singe ich und merke: Es ist unbrauchbar. Das ist zu pathetisch und lässt sich nicht singen. Hochdeutsch ist irrsinnig hart, und das taugt mir nicht zum Singen." Also Dialekt. Keine Frage.

Am Ende hänge die Qualität des Komponierens immer auch von der Tagesforms ab. Auch eine Erkenntnis der Arbeiten am Album Fön, das Hubert von Goisern als selbstbewussten Wanderer zwischen fast allen musikalischen Welten präsentiert. Mal klingt er wie ein österreichischer Sting, dann wie der jodelnde Satchmo oder der Weltmusiker aus den Bergen, der mit seinem Gesang ganz neue Türen öffnet. "Ich wollte rücksichtsloser arbeiten, mich nicht wie auf Gombe oder In Exil anderen Kulturen oder einem Filmregisseur unterordnen. Ich wollte niemanden um seine Meinung fragen müssen, ob ich etwas tun darf." Trotzdem oder gerade deshalb klingt das Album sehr rund, und von Goisern malt wunderbare Stimmungsbilder. "Ich wollte eine CD machen, die nicht eckt und kratzt, und die ich mir selbst zuhause auch auflegen würde."

Kreativer Druck

Manchmal hört sich der Hubert auf Fön sogar ganz wie der alte an. Da schimmern die gereiften Alpinkatzen durch, aber wie er glaubhaft versichert, ohne jegliches Kalkül: "Ich möchte mich ja nicht selbst karikieren. Ich war selbst erstaunt darüber, wieviel von der alten Zeit übrig geblieben ist. Ich habe nicht versucht, etwas zu vermeiden." Trotzdem hat er das Gefühl, "dass ich immer mehr in meinen eigenen Stil hineinkomme."

Und wieso heißt das Album eigentlich Fön? "Zum einen weil mir die Abschaffung der Umlaute auf den Zeiger geht. Außerdem ist Fön ein Zustand, der dem kreativen Zustand sehr nahe ist. Bei Fön ist immer Druck, sehr schönes Wetter, und bei uns in den Bergen heißt es auch, dass alles sehr nahe ist. Im kreativen Prozess ist es auch so, du tappst im Dunkeln, suchst nach der Idee und wenn der Druck groß genug ist, hast du das Gefühl, das mach ich jetzt. Es scheint so nah zu sein, aber der Weg dorthin ist dann doch viel weiter als man meint."

Hubert von Goisern: Koa Hiatamadl mehr

Kurier 24. Oktober 2000 | Text: Guido Tartarotti

Hubert von Goisern will nicht im Dialekt sprechen. Er spricht natürlich im Dialekt, in seinem Dialekt, der nach viel Salzkammergut, etwas weniger Salzburg-Stadt, ein ganz klein wenig Wien und nach Welt (der großen, weiten) klingt. Aber er will sich nicht im Dialekt sprechen lesen. Es wirke seltsam, wenn der Interviewer Hochdeutsch spricht und der Interviewte Dialekt. Außerdem: "Dialekt schreiben muss man können."

Sprachfärbungen definieren Heimat, farblose Sprache definiert Heimatlosigkeit. Goisern fühlt sich "in Goisern wohl, in Salzburg ... überall, wo ich lebe." Goisern, der schon in Goisern, Salzburg, Wien, Kanada, Afrika oder Tibet lebte, definiert Heimat so: "Wo ich mich daheim fühle, da habe ich das Recht zu kritisieren." Auf dem neuen Album findet sich Kalt, eine Auseinandersetzung mit der Dialektik des anderen großen Sohnes von Bad Goisern, der später zum Kärntner konvertierte. Die Strophen bestehen aus sinnlosem Gebrabbel. "Es sind nicht einmal mehr Worthülsen, völlig austauschbar." Auf Haider, den anderen Goiserer angesprochen zu werden, daran hat er sich gewöhnt: "Das Grundbedürfnis der Menschen ist ein unpolitisches. Ich gehe lieber auf die Berg' oder lese ein Buch. Wenn ich mich aber damit befassen muss, dann sehe ich es als Chance."

Als Künstler interessieren Goisern die "Bruchlinien": Etwa zwischen urban und ländlich. Arbeiten kann er nur in der Stadt. "In der Natur, da ist die Ordnung perfekt. Dem will ich nichts hinzufügen. Wenn ich nur einen Stein aufhebe und wo anders hinlege ... In der Stadt ist ohnehin alles manmade, von Menschenhand gemacht, da habe ich kein schlechtes Gewissen." Das widerspricht völlig dem Image als Gipfel-Jodler. "Tausende würden Hab und Gut darauf verwetten, dass ich in Lederhosen auftrete. Ich trage nie Lederhosen."

Sein neues Album zitiert wieder Musik aus aller Welt - darunter auch Volksmusik aus Österreich und Popmusik aus Amerika. "Ich schaue, ob Dinge, die nicht zusammenpassen, vielleicht doch zusammenpassen." Aber die Energie brodelt unter der Oberfläche, der Volx-Rock von Hiatamadl ist passé. "Ich habe das Projekt Alpinkatzen auch deshalb beendet, weil mir das Glatt-Verkehrte zu wenig war. Ich wollte subtiler werden."

Subtiler wurden auch die Texte. Dabei hasst er das Texten. "Die Musik hat so viel Platz für die Phantasie, und dann muss ich es einengen, das ist ... ahhhhh! Ich glaube aber, ich habe Texte gefunden, die löchrig genug sind für die Phantasie." Ein solcher Text ist Katholisch, in dem er seine eigene Sehnsucht nach dem Ritual persifliert. "Religion ist aus buddhistischer Sicht ein Fahrzeug, das uns zu Gott bringt. Bei der katholischen Kirche ist das Fahrzeug zu Gott geworden. Aber ich bin sicher ein Mystiker."

Am Ende des Interviews können die Batterien des Aufnahmegeräts die Spannung nicht mehr halten. Auf Band gelangen nur noch Gesprächsfetzen. Hubert von Goisern sagt uns daher zum Abschluss ungefähr folgendes: "Oder Philosophen oder weil's tradiert ist weil ich gespannt bin, wo wir Aufnahmen Stunden Programm keiner wie ich wo sich jeder einbringt eine super Band, dann hat's sechzig Zentimeter Neuschnee obeg'haut. Ich spiel' einfach gern."

"Wichtig ist, was zwischen den Zeilen steht"

Nordbayerischer Kurier 28. Oktober 2000 | Text: Sandra Mönius | Fotos: Finken

Hubert von Goisern ist nach sechs Jahren wieder da: Neue CD und Tournee - Schauspieler und Opernfan

HvGZahlreiche Fernsehauftritte, die Platte Aufgeigen statt niederschiassen mit Gold- und Platinstatus, eine ausverkaufte Europa-Tournee und Erfolg mit österreichischer Volksmusik in den USA - die wenigsten Musiker würden ein Projekt dann beenden, wenn es am erfolgreichsten ist. Hubert von Goisern und die Alpinkatzen haben vor sechs Jahren an eben diesem Punkt aufgehört. Jetzt lässt der Volksmusiker wieder von sich hören: Mit seiner neuen CD Fön und einer Tournee, die ihn am 5. April auch nach Bayreuth ins Zentrum führt. Der KURIER hat mit ihm über die sechs vergangenen Jahre, über seine CD, über Inspiration und Schauspiel gesprochen.

Sie waren lange von der Bildfläche verschwunden. Was haben Sie gemacht?

Ich war viel unterwegs, in Afrika, Tibet, Nordindien und Trinidad. Und ich war viel zu Hause und im Studio. Es war nicht so geplant, die Reisen sind mir widerfahren. Eines Tages, im Winter 94/95, stand die Verhaltensforscherin Jane Goodall vor meiner Haustür. Ein Freund von mir hat uns vorgestellt. Ich habe sie dann in Afrika besucht. Sie ist so interessant, dass ich ein Porträt über sie fürs Fernsehen gemacht habe. Auch die Reise nach Tibet war ein glücklicher Zufall. Durch die Moderation der Österreich-Tournee einer tibetischen Tanz- und Musikgruppe bin ich in die Musik reingerutscht. In Tibet habe ich mir dann selbst ein Bild der Situation gemacht. Die Tibeter singen von einem Leben, das es nicht mehr gibt. Deswegen habe ich ihnen vorgeschlagen, eine Produktion zu machen und ihre Kultur in einen zeitgenössischen Bezug zu stellen. Das ist geschehen, und ich bin wirklich sehr stolz auf dieses Projekt.

Wie stark ist Ihre aktuelle CD von dieser Zeit beeinflusst?

Diese Erlebnisse haben in den beiden CDs Inexil und Gombe ihr Ventil gefunden. Während dieser Jahre habe ich Musiker kennen gelernt, die jetzt auf der CD dabei sind und die mir geholfen haben, diesen Sound zu finden. Auf den ersten Blick gibt es keinen Zusammenhang. Doch die beiden Produktionen haben mich so beeinflusst, dass ich nach vier Jahren mit den verschiedenen Leuten wieder mal auf meine eigenen Empfindungen eingehen wollte. Es ist Zeit, wieder auf die Bühne zu gehen.

Welche Bedeutung hat für Sie der Text im Vergleich zur Musik?

Ich fühle mich in erster Linie als Musiker. Musik ist die Sprache, die am wichtigsten ist. Musik berührt den Hörer tiefer. Der Text gibt eine zusätzliche Dimension, wenn er gut ist. Wenn nicht, engt er die Möglichkeiten der Interpretation ein. Je besser der Text ist, desto mehr Löcher sind drinnen, denn wichtig ist, was zwischen den Zeilen steht. Da wo Platz ist für die Fantasie. Ich brauche den Text, weil ich gerne singe. Auf der neuen CD gibt es viele Passagen, wo nur gejodelt wird, und Passagen mit Lauten und Spielen mit der Stimme.

HvGSie spielen viele Instrumente. Welches am liebsten?

Das kommt darauf an. Ein Klavier ist immer harmonisch. Man macht die Töne nicht selbst, sondern spielt sie nur lauter oder leiser. Das ist bei Gitarre und Trompete schon ganz anders. Ich komponiere immer mehr auf dem Klavier, mag aber auch Synthesizer. Zum Ausprobieren verschiedener Sounds arbeite ich am Computer.

Was inspiriert Sie?

Alles außer der Natur. Die Natur gibt mir Kraft, aber keine Inspiration. Mich inspiriert sehr oft etwas, was mir nicht gefällt und wo ich das Gefühl habe, das muss man besser machen.

Sie waren in Jo Baiers Film Die Hölleisengretl neben Martina Gedeck zu sehen. Welchen Platz nimmt Schauspielen in Ihrem Leben ein?

Es interessiert mich total. Der Film hat mir großen Spaß gemacht. Doch die Rollen, die mir seitdem angeboten wurden, haben mir nicht gefallen, das ging so in Richtung Bergdoktor. In Die Hölleisengretl habe ich eine Rolle gespielt, die mir total gegen den Strich ging, und ich habe den Test bestanden. Für Joseph Vilsmaiers Schlafes Bruder habe ich die Filmmusik gemacht.

Stehen Sie gerne auf der Bühne?

Ich war gerne auf der Bühne und freue mich total auf die Tournee. Ich fürchte mich aber auch und habe vor jedem Auftritt extremes Lampenfieber. In den ersten Jahren war ich vor jedem Auftritt krank, bis ich gemerkt habe, dass nicht wirklich etwas Schlimmes passieren kann. Die Vorfreude ist größer als die Angst, sich zu blamieren.

Waren Sie schon mal in Bayreuth?

Ja. Wir sind 93 oder 94 in Bayreuth aufgetreten. Ich würde gerne auch mal zu den Festspielen nach Bayreuth kommen. Ich bin nämlich ein Opernfan und gehe sehr gerne in die Wiener Oper. Die Aufführungen dort sind mir lieber als der ganze Festival-Hype, bei dem 80 Prozent des Publikums nicht interessiert, was auf der Bühne passiert, sondern die dort sind, weil es schick ist.

Z'ruck auf'n Gipfel!

Concerto 5/00 | Bericht: Manfred Ergott | Interview: Herbert Höpfl | Fotos: Herbert Höpfl / Concerto
Hubert von Goisern und Band

Anfang November werden die CD-Regale Österreichs mit der neuen Hubert von Goisern-CD bestückt. Ziemlich genau sechs Jahre vorher hat er sich nach höchst erfolgreichen Jahren von seinem Publikum überraschend verabschiedet, um Ruhe zu finden und Kraft für neue Projekte zu sammeln. Kein Wunder also, daß die Erwartungshaltung seitens Publikum und Presse nun dementsprechend hoch ist.

Hubert Achleitner alias von Goisern und sein neues Werk werden also mehr als viele andere Produktionen einer kritischen Anhörung unterzogen werden. Ob Fön - so der Titel des neuen Opus - gleich der namensgebenden klimatischen Erscheinung nur warme Luft verbreitet oder ob hier tatsächlich bahnbrechendes Musizieren auf der silbernen Scheibe verewigt wurde - Fragen, die jeder für sich beantworten muß. Also hören wir mal hinein ... Drawig - eine treibende Kontrabaßlinie betimmt die Groove (exzellent gezupft von Arnulf Lindner), ist das tatsächlich die neue Goisern-CD? Klingt eher nach HipHop, Funk - da setzt die Steirische (die diatonische Ziehharmonika) ein, kurz darauf unverkennbar die Stimme von Hubert von Goisern - rappenderweise, jedoch im Bad Goiserner Dialekt. Dazwischen blitzen Hammondorgel und funky Gitarrenriffs auf.

Drawig (eilig) hetzt man der ersten Hookline entgegen, die da auch schon sehr flott daherkommt. Der erste Punkt geht an Hubert von Goisern, er hat den Sprung ins neue Jahrtausend geschafft und seine Ohren für die Musik der Jetztzeit weit offen gelassen. Gleichzeitig passen Text und musikalische Umsetzung perfekt zusammen, mit Vollgas schlittert der Zuhörer in die volksmusikalische Weltanschauung des Hubert Achleitner. Wesentlich gemütlicher beginnt die zweite Nummer mit einem Wechselbaß auf der Ziehharmonika und einem Vierzeiler aus dem Salzkammergut. Doch da kommt schon wieder der Arnulf Lindner mit einer Baßlinie daher, die in die Beine fährt, Burkhard Frauenlob gesellt sich mit einer Salsa-ähnlichen Pianobegleitung dazu, irgend jemand ist der Hammond auf den Schwanz gestiegen, sie heult auf, und schon wird's wieder groovig. Unbeeindruckt von der instrumentalen Stilvielfalt, singt der Hubert seine Gstanzln über einen Rhythmus, der seinen Vorfahren wohl eher nicht geläufig war. "Versteht eigentlich irgendwer, wås i då sing ..." - klar, den Refrain von Da Dåsige. Doch beim ersten Mal Anhören verstehe ich nicht, warum da plötzlich Steeldrums zu hören sind. Ungeachtet dessen gibt sich Huberts Talent für ins Ohr gehende Melodielinien auch zehn Jahre nach seinen ersten großen Erfolgen wieder zu erkennen.

Hubert von GoisernEin relaxter Reggae wird angestimmt. "I wollt, i war a wengerl mehr katholisch ..." , singt er im Refrain. Kein Wunsch nach mehr Glaubenstiefe, sondern viel mehr ein mit der Scheinmoral unserer Gesellschaft ins Gericht gehendes kritisches Lied. Musikalisch eher unspektakulär, ist das Interessanteste an der Nummer die Verknüpfung des kritischen Textes mit dem verspielten Konglomerat aus Reggae und Jodler. Konsequent wird das Tempo von Nummer zu Nummer runtergeschraubt. Da Diab entpuppt sich als harmloses Liebesliedchen - harmonisch, ausgewogen, plätschernd.Noch ein Titel mit sehr entspannten Jamaika-Grooves - ähnlich unspektakulär wie sein Vorgänger, ebenfalls ein Liebeslied: die Nummer fünf - Ång'låcht. Spåt hingegen ist der erste Höhepunkt, auf den konsequent hingearbeitet wurde. Das Tempo wurde nicht nur einfach noch weiter gedrosselt, sondern in die Pause geschickt. Hubert von Goisern setzt zu einem Jodler an, der seine Rhythmik nur durch die Atemfrequenz des Sängers erhält. Bis jetzt hatte ich ein gespaltenes Verhältnis zu dieser Produktion, doch in der ersten Minute des sechsten Titels ist es gelungen, die Zeitlosigkeit dieses Singstils zu untermauern - und die Nähe des andächtigen Jodlers zu anderen archaischen Gesangsformen, die ohne Rhythmus und Begleitung auskommen, ins rechte Licht zu rücken. Der zweite Punkt geht an Hubert von Goisern. Das Titellied Fön ist perfekt plaziert - nach dem absoluten Ruhepol nun ein Blues, der nach einem einfühlsam intonierten Vokalteil mit einer bestechend schönen Flügelhorn-Improvisation aufwarten kann. Wir blättern zur Musikerliste und suchen den Namen des Solisten. Die Überraschung ist perfekt, als sich herausstellt, daß Hubert von Goisern höchstpersönlich seinen Fön ins Blech schickt und gleich zu einer zweiten Impro-Runde ansetzt, um sich mit Gitarrist Helmut Punzenberger in instrumentale Plauderein zu verstricken.

Gabriel lernt jodeln

Die ersten Takte der Nummer Acht erwecken Erinnerungen an alte U2-Platten, leiten den politischen Teil der Produktion ein. "Mir is kalt und wird immer kälter" läßt keine Zweifel über Huberts Haltung zur momentanen politischen Situation in unserem Land offen, ohne den Beelzebub beim Namen zu nennen. Der zehnjährige Sohn des Schreibers dieser Zeilen hat das Lied spontan zu seinem derzeitigen Lieblingslied erklärt, soviel zum Thema "ins Ohr gehende Refrains". Wir bleiben bei Brit-Pop-Rock beeinflußten Nummern. Die Stråss'n könnte eigentlich auch eine Komposition von Peter Gabriel sein, nur den Jodler im Mittelteil hätte man ihm nicht abgenommen. Das ist eben der Vorteil, wenn man seine Roots im Alpenländischen hat. Mit Weh toan tuat's auf jeden Fall nähert sich Hubert noch einmal sehr vorsichtig dem Blues, baut das Lied sehr spannend auf, um es schließlich in eine ausgelassene Vokal- und Althorn-Improvisation (richtig getippt: wieder bläst er selbst!) ausufern zu lassen. "Geh Herrgott, hiazt kauf ma an Mercedes Benz ..." - wer da jetzt an die viel zu früh verstorbene Rockröhre denkt, hat vollkommen recht. Titel Elf ist die einzige Fremdkomposition dieser CD und gleichzeitig ein alpenländisch angehauchtes Janis Joplin-Zitat, das für Puristen aus der Hippie-Ära wahrscheinlich an Leichenschändung grenzt. Für mich ist es schlicht eine amüsante Cover-Version eines Klassikers, die durch ihre Abgehobenheit besticht. Fia di ist ein sehr schöner Schlußpunkt für diese Produktion und lebt von der ungewöhnlichen Gesangslinie. Der ständige Wechsel zwischen Kopf- und Bruststimme ist eigentlich das Hauptmerkmal des Jodlers. Hier wird dieses Stilmittel in die Melodie einer Ballade eingebaut, was diese aus dem Durchschnitt heraushebt. Zugegeben, ich war sehr skeptisch. Ein erstes flüchtiges Hineinhören in diese CD hat mich auch nicht überzeugt. Doch je öfter ich diese Produktion höre, umso mehr gelange ich zu dem Schluß: Gut, daß der Hubert von Goisern sich damals vor sechs Jahren verabschiedet hat, und sehr gut, daß er jetzt wieder da ist.

Goisern im Gespräch

Nachdem es eine neue CD zu promoten gibt, trifft man Hubert von Goisern zur Zeit auch wieder in der Bundeshauptstadt an. Am 22. September stellte er sich Herbert Höpfl zum Interview ...

Du bist im November 1994 das letzte Mal mit den Alpinkatzen aufgetreten und hast gesagt, du möchtest eine Ruhe haben. Was hat dich bewogen, wieder etwas neues zu produzieren?

Ich habe damals allen gesagt, ich möchte das Projekt beenden und daß ich mir vorstellen kann, in zwei Jahren wieder etwas in dieser Richtung zu machen. Aus den zwei Jahren sind mitterweile sechs geworden, aber es haben sich in der Zwischenzeit soviele spannende Sachen ergeben, daß es eben solange gedauert hat. Ich wollte ganz einfach wieder den direkten Kontakt zum Publikum haben.

Hat es dir damals gerreicht?

Ich war damals erschöpft. Wenn ich weitergemacht hätte, wäre es eine Art Wiederholung gewesen, ich hätte sicher noch ein paar Platten im selben Stil machen können, doch das wären Variationen zum selben Thema gewesen. Und das wollte ich nicht. Ich brauche einfach das Abenteuer, wo ich selbst wieder Neues ausprobieren kann. Und das wäre in der damaligen Form nicht möglich gewesen, weil die Dynamik einer Gruppe, die so etwas erlebt hat und die so einen Erfolg gehabt hat, dann irgendwann doch wieder das weitermachen will, was so erfolgreich war. Die Experimentierfreudigkeit bleibt dann auf der Strecke. Darum wollte ich etwas Gras darüber wachsen lassen.

Hat dich das Hiatamadl aufgrund des damaligen überraschenden Erfolges nicht kreativ etwas behindert?

Das war nicht der Fall bis zum Zeitpunkt der Erwartungshaltung des Publikums. Das Hiatamadl war ja nur eines von vielen Liedern, die ich damals geschrieben habe, es wurde halt von den Radios rauf und runter gespielt. Ab dem Jahr 1992, als wir dann vor größerem Publikum spielten, kam es live oft nach zwei bis drei Songs zur großen Verblüffung bei den Zuschauern, weil es nicht die nächsten zwei Stunden Hiatamadl-like weiterging. Es war ein intensiver Prozeß und eine Auseinandersetzung mit dem Publikum, ich habe manchmal eine Viertelstunde nur mit dem Publikum gesprochen und ihnen klargemacht, was in den nächsten zwei Stunden auf sie zukommt, und wenn es ihnen nicht paßt, dann könnten sie ruhig gehen und sich das Geld an der Kassa zurückgeben lassen. Und es sind auch Leute gegangen - aber da war ich einfach kompromißlos. Und die geblieben sind, die haben es dann nachvollzogen.

Versuchst du, an diese Zeit anzuknüpfen?

Überhaupt nicht. Mann kann sich zwar vorher allerlei vornehmen, aber ich bin nicht so ein Typ, der sich zum Instrument setzt und gleich die Noten runterschreibt. Diese Dinge entstehen, das einzige was man als Komponist machen kann, ist, sich in den Zustand der Bereitschaft zu begeben, wo man aufnahmefähig für das ist, was einen berührt oder sich so um einen tut. Es ist nie so, daß ich mich hinsetze und ein Lied wie eines von Peter Gabriel oder wie das Hiatamadl macht. Im Nachhinein, in der Reflexion, taucht dann natürlich auf, daß das eine Lied von dem oder das inspiriert wurde. Ich bin dann selber erstaunt, wenn so eine Nummer wie Katholisch zum Beispiel in Entferntesten an den alten Zeiten anschließt, und denke mir, aha, da ist noch etwas von vergangenen Zeiten da. Das Ganze hängt natürlich auch mit dem Instrumentarium zusammen, eine Ziehharmonika ist eine Ziehharmonika und eine Diatonische ist eine Diatonische und du mußt dich eigentlich anstrengen, daß du von dem wegkommst, was aus dem Instrument ja von selber rauskommt. Dasselbe ist mit dem Singen. Wenn man das Jodeln ausbaut und ausreizt und versucht, neue Wege zu entdecken, dann wird es immer noch von Leuten mit unserer alpenländischen Tradition assoziiert.

Im Lied Die Strassn heißt es: "Wer si no nie g'fürcht hat wird si niemals a was traun" - wovor hat Hubert von Goisern Angst?

Wooh, da fällt mir spontan nur dieser gallische Spruch ein, daß mir der Himmel auf den Kopf fällt (lacht!). Ich habe vor nichts Konkretem Angst, aber Angst ist mir natürlich was Vertrautes. Angst habe ich, wenn meine Kinder nicht zur rechten Zeit zu Hause sind oder wenn ich auf einen Berg mit hohem Schwierigkeitsgrad klettere. Ich kann nur Heinrich Harrer zitieren, der auf die Frage eines kleines Kindes, ob er Angst habe, geantwortet hat: "Sicher sehr oft, aber wer keine Angst hat, der kann auch nicht mutig sein". Das ist mir zu diesem CD-Titel so hängengeblieben, ich hatte einen hochdeutschen Text, der aber zu pathetisch war.

Die neue CD überzeugt durch teilweise sehr gelungene Instrumentierungen und exzellente Umsetzungen einzelner Musiker. Nach welchen Gesichtspunkten hat du die Musiker für die CD ausgewählt?

Die Kompositionen sind fertig gewesen, und ich hatte so einen nebulosen Sound im Ohr gehabt und nach dem habe ich die Musiker ausgewählt. Ich will aber nicht mit Musikern spielen, die perfekt in allen Richtungen sind. Ich suche Leute aus, die genauso sind, wie ich sie haben will. In den sechs Jahren war ich viel im Studio und habe etliche gute Musiker kennengelernt, so zum Beispiel Pianist Burkhard Frauenlob. Es muß natürlich auch menschlich passen, es müssen nicht nur alle mit mir können, sondern die Musiker müssen sich auch untereinander verstehen. Mit dem Bernd Bechtloff am Schlagzeug habe ich auch schon in Tibet zusammengespielt, bei den Bassisten habe ich ein paar ausprobiert und bin dann beim Arnulf Lindner hängengeblieben.

Musikalisch zeichnet sich die neue CD durch eine enorme Vielfalt stilistischer Einflüssen aus, sie wirkt aber zeitweise inhomogen. Ist stilistische Eigenständigkeit eine Frage der musikalischen Reife?

Ich bin ein Sammelsurium von Eindrücken und bin auch schon viel herumgekommen. Und wenn man sich überlegt, was man so einen ganzen Tag an Eindrücken erlebt, so ist das auch alles andere als homogen. Das einzig Homogene ist man selbst. Und so ist es bei allen meinen CDs. Aber daß es da einen engen thematischen Bogen oder ein Programm, geschweige denn ein Konzept - oder Konzeptalbum gibt, ist nicht der Fall - das ist nicht meins. Das Konzept bin ich! (schmunzelnd). Was übrigens einem Konzeptalbum noch am nächsten kommt, war meine Afrika-CD.

Wie haben sich deine Produktionen Gombe und Inexil auf die Vorbereitungen für diese CD ausgewirkt?

Es war eine Erfahrung und eine Bereicherung für mich, und wenn ich sie nicht gemacht hätte, dann hätte ich diese Geschichten sicher in meine neue CD eingebracht. Ich habe aber nach den beiden CD-Produktionen den ganz großen Wunsch gehabt, wieder etwas Eigenes zu machen. Wo ich niemanden fragen muß und wo ich auf niemanden Rücksicht nehmen muß. Denn bei der Tibet-und Afrika-CD mußte man immer zurückhalten, daß man niemanden verletzt bzw. ausbeutet, daß man nicht als Kolonialherr auftritt, nur weil man die Mittel hat, eine CD zu produzieren. Das setzt ein behutsames Vorgehen voraus, auf die thematische Vorgabe muß man sich eben einlassen. Das ist eben anders, als wenn man seine eigene Produktion macht. Da muß ich niemanden fragen, da bin ich das einzige Korrektiv. Ich kann dann sagen: "Mir gefällt's und mir is' wurscht, was ihr dazu sagt. Ich mach' das so, wie ich will". Also insofern war die Vorerfahrung wichtig für die jetzige CD.

Hubert von GoisernMan hat den Eindruck, daß der Jodler das eigentliche Metier des Hubert von Goisern ist. Ist der Jodler in Verbindung mit Blues-Elementen deine musikalische Heimat?

...hmm (nachdenklich)... ich glaube, das ist unsere musikalische Heimat.

Was meinst du mit "uns"? Österreich?

Ja, es wird in Wien gedudelt, es wird in Tirol, in Kärnten, Salzburg gejodelt, aber es ist einfach das, was da ist. Eine musikalische Tradition. Und nachdem ich da zu Hause bin, ist es für mich wichtig, mich mit diesem Faktum auseinanderzusetzen, ob in einer kritischen oder in einer kreativen Form. Die traditionellen Formen des Jodelns gibt's en gros auf CDs, es ist nicht notwendig, in diese Richtung zu arbeiten. Für mich ist der kreative und spielerische Umgang damit viel interessanter. Man saugt das nicht aus den Fingern, sondern natürlich aus der Tradition, vermischt mit meinen vielen Reiseeindrücken - oder was ich mir so auf CD auflege.

Wie stehst du zur Kategorisierung "Neue Volksmusik", die eigentlich nicht zuletzt auch durch dich entstanden ist?

Ausdrücke kann man immer so oder so auslegen. Wenn man ein neues Wort erfindet, wie in diesem Falle "Neue Volksmusik", dann definiert im Prinzip der Erfinder die Bedeutung dieses Wortkonglomerats. Wenn also der Erfinder sagt, Broadlahn, Attwenger, Hubert von Goisern definieren wir als "Neue Volksmusik", ok. Was soll ich darauf sagen? Wenn ich sage, nein, das ist es nicht, dann setze ich voraus, daß ich weiß, was "Neue Volksmusik" ist. Ich bin sicher in dieser Kategorie drinnen, aber diese Kategorie machen die Menschen der schreibenden Zunft, und die sind nicht die Meinen. Ich glaube aber, daß die Volksmusik zu dieser Zeit eine Renaissance gehabt hat. Durch die erwähnten Gruppen und durch mein Musizieren. Es war aber auch eine Art Renaissance der tradierten Volksmusik, denn ich habe mit etlichen Leuten der Volksmusikforschung gesprochen, darunter gab es klarerweise auch Feinde meiner Musik, die haben bestätigt, daß die Kinder wieder Interesse gezeigt haben, ein Volkslied zu singen oder daß sie das Jodeln etwas Lässiges finden oder daß sie die steirische-diatonische Ziehharmonika als ein klasses Instrument betrachteten. Da hat es schon einen Boom gegeben. Abgesehen von Broadlahn, Attwenger, Hubert von Goisern und vielleicht noch ein paar wenigen anderen, die ich gar nicht kenne, ist keine Welle ausgelöst worden. Es ist nicht so, daß es derartig viele Leute befruchtet hat und die sich jetzt trauen, musikalische Traditionen mit der Gegenwart zu vermengen. Eigentlich ist da nichts weiter passiert. Es scheint so, daß sich aber wieder etwas tut, Broadlahn ist ja nie zu Tode getragen worden, auch wenn sie schon einige Tode gestorben sind, es gibt sie noch. Von Attwenger habe ich gehört, daß sie auch wieder etwas machen. Vielleicht ist es wieder ein Anstoß für andere, wenn ich jetzt wieder etwas mache.

Bist du ein politischer Mensch?

Ja, schon. Ich glaube, daß es wichtig ist, sich mit der Politik auseinanderzusetzen. Im Grunde genommen bedeutet Politik einfach: Umgang mit den anderen. Wir leben nicht alleine auf einer Insel, wir brauchen einander. Selbst bei den Schimpansen, die ich mit Jane Godall in Afrika beobachten konnte, sieht man, daß sie einander brauchen. Wenn ich sage, es interessiert mich nicht, was da abläuft, dann passiert genau das, was bis jetzt war, nämlich Desinteresse. Die Politikverdrossenheit hat eigentlich zu dem geführt, wo wir jetzt sind. Die Regierungsparteien, die jetzt abgewählt wurden, haben es leicht gehabt, weil ihnen kaum wer auf die Finger geschaut hat. Daher die logische Konsequenz. Und ich mache gar nicht so sehr den Menschen, die die FPÖ gewählt haben, den Vorwurf. Den Vorwurf mache ich jenen 20%, die gar nicht wählen gegangen sind. Denn dann würde es heute anders ausschauen. Da ich ein optimistischer Mensch bin, kann ich nur hoffen, daß der jetzige Zustand ein heilsamer Schock sein wird, denn das politische Interesse ist im letzten halben Jahr rapide angestiegen. Und da kann man nur hoffen, daß es das politische Demagogentum nicht mehr so leicht wie früher hat.