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FÖN

Sonntagsinterview: Hubert von Goisern ist wieder auf Tournee

Neue Vorarlberger Tageszeitung 18. März 2001 | Text: Chantal Dorn

Im Gepäck: Bis auf das Lied "Heast as ned" lauter neue Songs
"Ehrliche Musik ist, wenn ich auch selbst dahinter stehe"

Hubert Achleitner alias Hubert von Goisern macht nach sechsjähriger Pause wieder von sich reden. Die NEUE sprach mit ihm über Alpinkatzen, Hiatamadl und sein aktuelles Projekt.

Haben Sie das Gefühl, dass die Leute Sie noch immer gerne auf das Hiatamadl reduzieren?

In den letzten 15 Konzerten, die wir gespielt haben, bin ich nur zweimal darauf angesprochen worden. Das zeigt doch auch, dass die Leute an dem interessiert sind, was ich gerade mache und nicht an dem, was ich gemacht habe.

Sie experimentieren gerne. Ihr Auftritt mit den Alpinkatzen in Amerika ist ein Beispiel dafür. War das damals wirklich ein musikalisches Experiment oder wollten Sie dort tatsächlich mit ihren Mundartliedern den Durchbruch schaffen?

Mir war schon klar, dass wir im kommerziellen Sinn keine Chance hatten, Fuß zu fassen. Dafür gibt es dort viel zu viele Künstler, die das wollen. Es ging mir eher um den Nachweis, die inneralpine, musikalische Tradition auch nach Amerika zu bringen und um die Frage, ob man damit in so einem multikulturellen Land punkten kann. Dass es ein Publikum für diese Art von Musik gibt, stand fest.

Und was ließ diesen Schluss bei Ihnen zu?

Schauen Sie, wir haben doch oft das Gefühl, dass unsere Tradition (in diesem Falle die Musik) im eigenen Land nichts wert ist. Kommt sie beispielsweise aus Afrika, ist es ein Welthit. Alles verschiebt sich. Und deshalb war mir klar, dass unsere Traditionsmusik auch über dem großen Teich eine Klientel hat.

Nach den Alpinkatzen, also 1994, verkündeten Sie, nicht mehr auftreten zu wollen. Warum? Sie waren doch mit dieser Musik sehr erfolgreich.

Das ist es ja gerade. Ich wollte einfach nicht mehr auf das Alpinkatzen und Hiatamadl-Image reduziert werden. Was mich immer geärgert hat, war, dass die Presse geschrieben hat: Der Hubert von Goisern hört auf. Ich habe aber nur gesagt, dass ich mit den Alpinkatzen nicht mehr auf die Bühne gehen werde und eine zweijährige Schaffenspause einlege. Dass daraus sechs wurden, konnte ich nicht vorher sehen.

Sie haben die Filmmusik zu Joseph Vilsmaiers Schlafes Bruder komponiert und standen selbst in Jo Baiers Fim Die Hölleisengretl vor der Kamera. War das für Sie nur ein Ausflug ins andere Fach?

Das Filmemachen nicht. Insgesamt habe ich ja fünf Filme vertont. Aber das Schauspielern war schon sowas wie ein Ausflug. Man könnte auch sagen, dass ich einmal ausprobieren wollte, ob ich das überhaupt kann.

Und, konnten Sie es Ihrer Meinung nach?

In dem Streifen musste ich einen Fiesling spielen. Und nachdem diese Rolle absolut nicht meinem Naturell entsprach, war es für mich auch dementsprechend schwierig. Aber im Nachhinein würde ich sagen, dass es für das erste Mal nicht schlecht war. Aber es würde mich schon wieder reizen, vor der Kamera zu stehen, dann allerdings in einer fröhlichen Rolle. Da müsste ich mich auch nicht so verstellen.

Wenn man Ihre Biografie liest, kommt man nicht umhin, Sie als Querdenker zu bezeichnen. In ihrem Heimatort Bad Goisern zumindest waren Sie wegen Ihres Revoluzzertums nicht einmal in der örtlichen Blasmusikkapelle willkommen. Tun Sie immer genau das Gegenteil von dem was andere tun oder von Ihnen erwarten?

Es ging mir damals genauso wenig ums Gegenteil wie heute. Es ist vielmehr das Erforschen von "weißen Flecken". Damit meine ich, dass es mich sehr wohl interessiert, warum Leute etwas machen oder irgendwo hin gehen. Aber das Eigentliche ist: Was passiert danach? Vielleicht hängt diese Neugierde, diese Entdeckungslust von meiner Kreativität ab. Es gibt doch nichts Faszinierenderes als ein Tabu. Da ist ein Spannungsfeld und ohne das könnte ich auch nicht komponieren oder singen.

Nachdem Sie 1996 die Exiltibeterin Tsetsen kennengelernt hatten, setzten Sie sich zwei Jahre lang mit der Kultur Tibets auseinander. Und Sie lernten sogar den Dalai Lama kennen. Inwieweit hat Sie diese Begegnung mit einer anderen Kultur, einer anderen Religion beeinflusst?

Es war für mich eher eine Bestätigung von dem was ich schon wusste. Also, dass man sich innerhalb des eigenen Tellerrandes bewegt. Dort haben die Menschen etwas, von dem wir immer träumen: Sie führen tatsächlich ein glückliches Leben. Beeindruckt hat mich vor allem die Gewaltlosigkeit. Bei uns herrscht doch ein riesiges Aggressionspotential. Das ist dort nicht so.

Dann haben Sie bei Ihrer schöpferischen Arbeit also nur Spaß und Freude gehabt?

Nein, ganz sicher nicht. Wissen Sie, es ist schon ein großer Unterschied, ob Sie Gast sind oder arbeiten. Als Gast sind Sie immer König und da wird man sich auch immer bemühen, freundlich zu bleiben. Wenn man so wie ich zum Arbeiten hier ist, dann treten auch Konflikte auf. Zwei Kulturen prallen aufeinander. Da geht es schon ab und zu ans Eingemachte. Da gibt man auch nicht gleich nach. Das ist doch wie bei uns. Jeder vertritt seine Meinung und irgendwo versucht man sich zusammen zu raufen. Bildlich gesprochen natürlich. Aber man lässt sich darauf ein.

Entstanden sind daraus die beiden CDs Gombe und In Exil, die Sie im Österreichischen Parlament präsentierten. Und konnten Sie damit die gewünschte Aufmerksamkeit erreichen?

Diese Präsentation fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Soweit ich mich noch erinnern kann, war da außer zwei Journalisten niemand. Und im Zusammenhang mit Tibet stört mich, dass sich unsere Regierung weigert zu sehen, was in Tibet passiert. Nur weil sie sich von den Chinesen Wirtschaftsaufträge erwartet. Das ist doch das gleiche mit Afrika. Afrika kennen wir nur von Krankheiten, Elend und Not. Aber die Regierung kauft Rohstoffe für ein Butterbrot.Was mich ganz einfach auch heute nervt, ist diese Nabelschau der Politiker.

Auf Ihrem neuesten Werk das sich Trad nennt, sind nur ihre Lieblingsvolkslieder drauf. Ohne Hackbrett, ohne Harfe und Sie singen auch wieder nur Mundart. Wäre Hubert von Goisern in Englisch nicht einmal eine Herausforderung?

Ich glaube nicht. Es ist auch nicht Hubert von Goisern wenn er Hochdeutsch singt. Das wäre viel zu pathetisch. Da kommt die Botschaft einfach nicht so rüber.

Heißt das, dass Sie noch ehrliche Musik machen?

Was ist denn bitteschön ehrliche Musik? Auf mich bezogen, ich kenne halt keine andere. Und bei der Musik von anderen muss ich sagen, wenn ich diejenige Person, die das singt nicht mit dem was sie singt, identifizieren kann, geht mir die Musik auch ins linke Ohr rein und im rechten Ohr wieder raus. Dann ist sie für mich nicht ehrlich.

Glauben Sie der Zeit mit Ihrer Musik voraus zu sein?

Das kann ich wirklich nicht sagen. Vor Jahren wollte ich einmal Zukunftsmusik machen. Da habe ich auch viel experimentiert. Aber irgendwann wusste ich, Hubert, Du bist im Hier und Jetzt. Also mache ich Musik für Hier und Jetzt. Ich habe auch nicht das Bedürfnis mich irgendwelchen nächsten Generationen mitzuteilen. Meine Musik ist Tradition. Und Tradition ist so etwas wie eine Quelle. Daraus entsteht der Fluss und schließlich das Meer. Wenn meine Musik als kleiner Teil dazu beitragen kann, in einem Fluss zu münden, dann ist das doch irrsinnig schön. Aber darüber mache ich mir jetzt keine Gedanken.

"Fönsturm" weht aus den Alpen

Kurier 1. März 2001

Hubert von Goisern spielt in Amstetten Songs aus seinem neuen Album

Für die Fans hat die Groß- wetterlage lange Zeit schlecht ausgesehen: Hubert von Goisern brachte sechs Jahre keine Eigenkompositionen heraus. Doch nun weht ein frischer Wind: Der Musiker geht mit seinem aktuellen Album Fön auf Tournee. Er kehrt mit einer komplett neuen Band auf die Bühne zurück. In Amstetten tritt er am 4. März auf.

Kein Hiatamadl, kein Weit, weit weg: In der Johann-Pölz-Halle wie bei den anderen Gigs wird er nur die neuen Songs spielen. "Die Zeit der Alpinkatzen ist einfach vorbei und jetzt steht ein neuer Hubert auf der Bühne", ist vom Sänger zu hören.

Der "Fönsturm" aus den Alpen bringt verschiedenste Musikrichtungen nach Niederösterreich. Goisern ließ Latino Stile, Reggae, Jazz, Rock und Klassik in die steirische Volksmusik einfließen. Er schaut noch immer, ob Dinge, die nicht zusammenpassen, vielleicht doch zusammenpassen. Doch der Volx-Rock gehört der Vergangenheit an.

Die Lieder sind subtiler geworden - genauso wie die Texte . Sie erzählen von Liebe, Verlusten und Lebensfreude. Die Kombination kommt bei den Zuhörern an. Im Jänner fand in Salzburg die Goldverleihung statt - für 25.000 Stück verkaufte Alben.

Es war ein langer Prozess, bis die Musik entstanden ist. Goisern nahm sich Zeit für die Familie, Zeit sich zu "erden". "Es waren sechs kurzweilige Jahre und einiges davon wurde auch zur Musik", sagt Goisern. Er arbeitete etwa mit tibetischen Musikern zusammen. "Seitdem hatte ich den Wunsch etwas Eigenes zu komponieren."

NEUBEGINN Gesagt, getan. Die Ansätze zu Fön waren da. Drawig, Katholisch, wo Goisern seine Sehnsucht nach dem Ritual persifliert oder Weh toan tuat's auf jeden Fall entstanden. All dies spielt er mit Arnulf Lindner (Bass), Bernd Bechtloff (Schlagwerk), Burkhart Frauenlob (Tasteninstrumente), Helmut Punzenberger (Gitarre) und Agnes Grasberger (Violine).

Hubert lässt das Jodeln nicht

Weltbild Februar 2001 | Text: Peter Hummel | Fotos: Aldo Acquadro

Der österreichische Komponist, Texter und Sänger Hubert von Goisern kehrt auf die Bühne zurück. Und er wird die Szene der Neuen Volksmusik wieder einmal auf den Kopf stellen.

Hubert von GoisernBongo, der Hund, muss Musik mögen, denn seine Kuscheldecke liegt im akustischen Schnittpunkt von unzähligen Instrumenten. In einem Studio in Salzburg, kein Türschild. Mittendrin ein Schlagzeug, Gitarren, Klaviere, mindestens drei steirische Ziehharmonikas. Hubert von Goisern, Bongos Herrchen, telefoniert. "Seit die neue CD auf dem Markt ist, steht das Telefon nicht mehr still", sagt er, "es is da Woohnsinn."

Hubert von Goisern, der eigentlich Hubert Achleitner heißt, ist in Bad Goisern im Dachsteingebiet geboren und einer, der mit seinem Sound schon Anfang der 90er die gesamte Volksmusikszene auf den Kopf gestellt hat. Sein Hit Hirtenmadl war 1994 mindestens genauso populär wie heute der Anton aus Tirol. Danach hat Hubert von Goisern sechs Jahre Paus gemacht, die er für Reisen nach Tibet und Afrika nutzte. "Weil ich mich von dem alten Hubert befreien musste", sagt er. Jetzt kehrt er mit dem Programm Fön auf die Bühne zurück und die Fachwelt ist sich einig: "Goisern wird wieder die Nummer eins der neuen Volksmusik."

Die im November erschienene CD wird demnächst mit Platin ausgezeichnet und die Tournee im März und April war fast überall nach wenigen Tagen ausverkauft.

Wenn Hubert von Goisern auf seiner steirischen Ziehharmonika spielt, legt sich Bongo auf den Rücken und will gekrault werden. Erst danach erlaubt er ein Gespräch.

Werden Sie von den Leuten auf der Straße denn noch erkannt?

Ja, da gibt es immer noch welche, die all ihren Mut zusammennehmen und fragen "Sie Sie es wirklich?".

Oder sagen die: "Ah, das ist ja der, der..."

... Hubert von Goisern heißt.

Geben Sie es zu, die Leute sagen, "Das ist doch der, der das Hirtenmadl gesungen hat.

Hoffentlich nicht. Ich kanns nicht mehr hören. Echt nicht.

Hören Sie sich Ihre Lieder von früher nicht mehr an?

Ich höre mir meine eigenen Sachen überhaupt nie mehr an, sobald ich sie abgeschlossen habe.

Und wenn ein Lied im Radio läuft?

Dann höre ich nur ein paar Takte. Viel schlimmer ist es, wenn ich bei Leuten eingeladen bin und die dann meinen, sie müssten mir einen Gefallen tun und meine CD auflegen.

Sie spielen also, wenn Sie demnächst auf Tournee gehen, keine alten Hits?

Sicherlich nicht.

Die Musik auf Fön ist ganz anders als alles, was Sie bisher gemacht haben. Für mich auch gewöhnungsbedürftiger. Sind Sie nicht ziemlich gemein gegenüber den Fans, wenn Sie ihnen die alten Hits verweigern?

Sie unterschätzen das Publikum. Sie glauben, wie viele Radiomoderatoren, dass die Leute einen sehr kleinen gemeinsamen Nenner haben und nur wegen meiner alten Sachen aufs Konzert kommen. Das stimmt überhaupt nicht.

Trotzdem: Was machen Sie, wenn die Fans während eines Konzerts nach dem "Hirtenmadl" rufen?

Dann werde ich sagen, dass ich es nicht spielen kann.

Nicht können oder nicht wollen?

Beides. Vor allem aber kann ichs nicht mehr. Ich müsste sogar den kompletten Text wieder neu lernen.

Früher wurden Sie als "Alpin-Rocker" bezeichnet. Was sind Sie jetzt? Ein Alpin-Liedermacher? Ein Alpin-Poet?

Ich werde meine Musik nicht unter einen Sammelbegriff stellen. Ich bin der Hubert, und ich mach meine Musik. Ich bin heute übrigens mehr der Hubert, als ich vor zehn Jahren war, weil ich heute viel persönlichere Musik mache und mich von niemandem beeinflussen lasse.

Ist der Begriff "Volksmusik" für Sie positiv oder negativ besetzt?

Positiv besetzt. Ein Begriff, der eine regionale Farbe zum Ausdruck bringt. Musik, die keinen regionalen Bezug mehr hat, ist etwas sehr hirnig Konstruiertes. Eine schöne Melodie berührt uns, weil sie an etwas anschließt, was uns vertraut ist.

Sie widersprechen mir nicht, wenn ich sage, dass Sie ein Volksmusiker sind?

Ganz im Gegenteil: Das ist für mich eine Auszeichnung. Denn Volksmusiker kann man nur sein, wenn das, was man macht, vom Volk angenommen wird.

Marianne und Michael sind auch Volksmusiker und werden vom Volk angenommen. Aber die Musik von Fön hat doch nichts im Musikantenstadl verloren.

Im Musikantenstadl wird ja auch volkstümliche Musik gespielt, was ein großer Unterschied ist und was dem Schlager viel näher kommt als der Volkmusik. Das ist nicht mein Ding.

Haben Sie was gegen Leite, die Heimatmelodie schauen?

Nein, um Gottes Willen, sollen sie. Ich finde nur schade, dass diese Art von Musik bei den Sendern ein solches Forum hat. Nicht mal ganz normale Popmusik hat heute im Fernsehen so viel Platz wie all diese Schlager-Shows.

Gibt es in Goisern einen Plattenladen?

Es hat lange keinen gegeben, jetzt hat wieder einer aufgemacht.

Und dort wird sicher Ihre CD verkauft.

Ich war lange nicht dort, aber ich nehme an, dass diese Scheibe einen bedeutenden Teil des Umsatzes ausmacht.

Hubert von GoisernBad Goisern hat Ihnen sicher einiges an Popularität zu verdanken. Als was gelten Sie dort? Als Star? Als Spinner?

Ich habe dort lange Zeit eher als Spinner gegolten. Erst mit dem großen Erfolg hat sich der Begriff nicht mehr gehalten. Heute haben sie mich ganz gern.

Welcher Ort ist Ihr Zuhause?

Zu Hause fühle ich mich je nach Befindlichkeit. Ich kann mich in meinem Studio sehr zu Hause fühlen, in meinem kleinen Haus in Goisern, in Salzburg, wo ich seit zehn Jahren lebe.

Ist Zuhause etwas anderes als Heimat?

Heimat ist für mich ein Begriff, der in erster Linie etwas mit Herkunft zu tun hat, mit Vertrautheit. Viele Leute bezeichnen einen Ort als ihre Heimat, der ihnen zwar vertraut ist, an dem sie sich aber nicht wohl fühlen. Für mich ist Heimat ein Gefühl, das von innen heraus kommt und nicht von außen einströmt. Ich war sieben Jahre im Ausland und hatte dort immer auch das Gefühl, zu Hause zu sein.

Auch in Afrika?

Eher in Kanada, weil man da mit seinem europäischen Aussehen auch als Kanadier durchgehen kann. In Afrika wird es schwierig, weil man als Österreicher kein Afrikaner werden kann.

Hatten Sie jemals Heimweh?

Es gibt eine Sehnsucht, die auftauchen kann: die Sehnsucht nach Bergen. In Toronto gab es weit und breit keinen Berg, auf dem man klettern konnte, um sich alles mal von oben anzuschauen.

Der CN-Tower dort ist 553 Meter hoch.

Toll, aber kein Ersatz. Selbst wenn man nicht den Aufzug nimmt, sondern Treppen steigt.

Wie haben Sie den Leuten im Ausland Goisern beschrieben?

Ein kleines Dorf, in dem viel musiziert wird, wo es viele nette Leute gibt und wo es, wie überall, auch einige Deppen gibt.

Jörg Haider kommt auch aus Goisern. Haben Sie sich jemals getroffen?

Nicht wissentlich. Der ist mit 18 weggegangen, damals war ich 15.

Hätten Sie Lust auf ein Treffen?

Auf der Liste der Menschen, mit denen ich mich gerne mal treffen würde, steht er ziemlich weit unten. Mir haben Leute gesagt, die sich mit ihm unterhalten haben, dass er einem immer das Gefühl gibt, dein Freund zu sein. Er ist ein Chamäleon. Er wird das sagen, was er glaubt, du möchtest es hören. Im nächsten Moment, in dem er mit einem anderen redet, wird er genau das Gegenteil sagen, weil sein Gegenüber andere Ansichten hat.

Sind Sie gerne Österreicher?

Ich bins, egal ob gern oder nicht. Die Verleugnung seiner eigenen Tradition und Herkunft hat so wenig Sinn wie sie aufs Podest zu heben und zu sagen, "Schaut, was wir geschafft haben".

Man sagt, dass es Ihre Frau war, die Sie zurück auf die Bühne geschubst hat. Sind Sie zu Hause ein Grantler geworden, der nichts mehr mit sich anzufangen wusste?

Ein Grund, warum ich damals aufgehört habe, war der, dass es bei uns kein Familienleben mehr gab. Ich war während meiner besten Zeit einen Monat im Jahr daheim. Jetzt fand meine Frau, dass alles wieder gut ist und ich raus muss.

Kann es sein, dass Sie ruhiger geworden sind in den letzten Jahren?

Darüber kann ich nur lachen. Ich habe nur gelernt, Ruhe zu zeigen.

Kritischer?

Und toleranter.

Ehrgezeiger?

Nein, mutiger. Und reifer? Und gläubiger? Und älter? Warum fragen Sie nicht, ob ich besser geworden bin?

Besser geworden?

Ja.

Ungewöhnlicher Ort, außergewöhnliche Musik

OÖN 16. September 2000 | Text: Reinhold Gruber

Hubert von Goisern präsentierte sein neues Album "Fön" im Schatten des Sonnblick

Das Gewöhnliche war nie die Sache des Hubert von Goisern. Österreichs Pionier der ungewöhnlichen Mischung von Volks- und Rockmusik liebt es außergewöhnlich. So präsentierte er diese Woche seine neue, am 6. November erscheinende CD Fön im Schatten des Sonnblick, auf 2200 Meter Seehöhe inmitten der atemberaubenden Bergwelt. Die OÖN waren beim Fest und beim Gipfelsturm mit Hubert von Goisern dabei.

Dort, wo einst nach Tauerngold geschürft wurde und wo heute noch Ruinen stumme Zeugen des einst regen Treibens sind, stehen oberhalb der Neubauhütte zwei Boxentürme. Der ungläubige Blick vorbeigehender Wanderer wird noch stärker, als sich vor den Boxen Menschen ins Gelände setzen, die nur eines im Sinn haben: Musik zu hören.

Gekommen sind sie, weil Hubert von Goisern auf den Berg gerufen hat, um die Fertigstellung seines neuen Albums zu feiern. Für die Mühen des schweißtreibenden Aufstiegs werden alle damit belohnt, etwas zu hören, was vorher außer den an der Produktion Beteiligten nur sechs Menschen gehört haben: Fön, das neue Album, "uraufgeführt" in einer Umgebung, die die musikalische Qualität der Musik noch deutlich hebt.

Fön ist geprägt von einer musikalischen Brillanz, die sich in feinsinnigen Arrangements und perfekter Inszenierung widerspiegelt. Hubert jodelt, covert Joplin (Mercedes Benz), spielt mit karibischer Rhythmik, um im Gegenzug sehr nachdenklich über Geschehenes zu philosophieren, Zustände zu beschreiben. Er ist authentisch, ungekünstelt, ehrlich, angreifbar.

Warum Fön? "Warum wird ein Lied so und nicht anders?", antwortet Hubert von Goisern im abendlichen OÖN-Gespräch in der Neubauhütte mit einer Gegenfrage, um dann doch konkreter zu werden. "Gewisse Sachen kommen einfach daher. In dem Moment, wo ich um irgendetwas ringe, kommen Ideen, um dieses Gefühl aufzulösen, das ich habe und der Fön war es dann." Und weiter: "Fön ist für mich ein Zustand, der sehr intensiv und der künstlerischen Arbeit der Kreativen nicht unähnlich ist. Es ist ein ziemlicher Druck da. Es ist eine große Klarheit. Die Sachen wirken viel näher, als sie in Wirklichkeit sind. Und es ist eigentlich ein schöner Zustand, nur aushalten musst du ihn. Man muss gut drauf sein, denn wenn du schon angeschlagen bist, dann kriegst du Schädelweh oder du kannst dich überhaupt niederlegen, weil der Kreislauf nicht mehr hält. So ähnlich ist das Gefühl, wenn du Lieder schreibst. Das ist manchmal ganz klar und nah und du denkst dir, super, genau so muss es sein. Aber dann gehst du einen ewig langen Weg und wenn du das gewusst hättest, hättest du es ganz anders gemacht. Aber diese Zustände schätze ich eigentlich schon sehr."

Lust auf die Bühne

Dass sechs Jahre zwischen dem Ende der Alpinkatzen und dem neuen Album liegen, hat damit zu tun, dass Hubert von Goisern in der Zeit dazwischen so viele spannende Menschen begegnet sind. Doch nach seiner Filmmusik zu Schlafes Bruder, der CD mit den Leoganger Kindern und Weltmusik-Alben über Tibet und Afrika verspürte er im vergangenen Jahr wieder Lust auf das Liederschreiben "ohne Rücksicht auf Traditionen" und auch die Lust, wieder auf die Bühne zu gehen. Das wird im März des nächsten Jahres passieren, wenn Hubert mit seiner Band eine Tournee plant.

Zuvor hat er nicht mehr viel Zeit, Kraft zu tanken, wie beim Aufstieg zum 3102 Meter hohen Sonnblick am Tag nach der CD-Feier. "Jetzt müssen wir viel proben", sagt er. Und ab November wird er noch mehr zu Fön sagen müssen. Denn auf dem Berg waren nur die Freunde und die, die an ihn glauben.

Gratwanderung

Live in Concert März 2001 | Text: A.E. | Foto: © Virgin Musik

Bongo und HubertSechs Jahre ist es her, dass es Hubert von Goisern mit seinen Alpinkatzen auf der Bühne krachen ließ. Damals stand der Hüne aus dem österreichischen Bad Goisern auf der Höhe seines Ruhms. Kein Wunder also, dass die Öffentlichkeit den Abschied vom König des Alpenrock mit Erstaunen und Bedauern zur Kenntnis nahm. Und um so spannender jetzt sein Comeback. Wer erwartet hat, dass der Neuerer der Volksmusik da weitermacht, wo er aufhörte, kennt ihn schlecht. "Ich wollte weg von diesem Rock. Lange Zeit hat es mir Spaß gemacht, immer alles mit Kraft und Schweiß rauszubrüllen und gnadenlos nach vorne zu spielen. Aber jetzt wollte ich unbedingt feiner arbeiten." Die bühnenfreien Jahre mit Ausflügen in die Filmmusik (Schlafes Bruder) und musikalisch fruchtbaren Aufenthalten in Tibet und Afrika (je eine CD), hinterließen ihre Spuren. Des Musikers neue Töne klingen subtiler. Auf seinem Album Fön (veröffentlicht im November) sind Soul-, Reggae- und Jazzelemente zu finden, und auf der neuen CD Trad (Veröffentlichung im März) verarbeitet der Sänger und Komponist auf individuelle Weise seine alpenländischen Traditionen. Seine Musiker lernte Hubert von Goisern bei den zwischenzeitlichen Projekten kennen. "Wir freuen uns schon total darauf, auf die Bühne zu gehen und uns richtig auszuspielen. Im Studio machst du ja eine unglaublich konzentrierte Arbeit, wo du vieles ausprobierst, bis du schon wieder zum Nächsten übergehst."

Die Texte auf Fön zeugen von der Gratwanderung des Liebenden zwischen Sehsucht nach Sinnlichkeit und Geborgenheit auf der anderen Seite. "Die sechs Jahre haben mich sehr sensibilisiert", sagt der Autor und Sänger. "Einer der Gründe aufzuhören war, dass ich mir schon recht unsensibel vorgekommen bin, und dass ich gemerkt habe, wie ichden Boden unter den Füßen verliere. Wenn dir jeden Tag der rote Teppich ausgerollt wird und die Leute die zujubeln, bevor du einen Ton gespielst hast, kommst du dir schon eigenartig vor." Der artige Sorgen braucht er sich vorerst nicht zu machen. Zwar sind die Lorbeeren noch nicht völlig vertrocknet, aber die Gunst des Publikums muss er sich wohl doch wieder neu verdienen.

Rock mit alpinem Hintergrund

Nordbayerische Zeitung 14. Dezember 2000 | Text: Philipp Roser

Hubert von Goisern bevorzugt auf "Fön" den Dialekt

Vor fünf Jahren hatte Hubert von Goisern seine Alpinkatzen aufgelöst, und sich auf Filmmusiken konzentriert. Er unternahm Reisen nach Tibet und Afrika, die er danach musikalisch aufarbeitete. "In dieser Zeit sind vier CDs entstanden!" sagt der Österreicher, der fränkische Vorfahren hat.

"Ich bin einer, der gern schaut, was passiert, wenn man eine Kurve fährt, sobald man das richtige Tempo drauf hat - ich habe nicht nur am Abschussfahren Spaß, sondern an Schwüngen im Tiefschnee und unverspurten Gelände."

Fön hat der Alpinrocker mit der Ziehharmonika sein neues Album betitelt. Darauf besinnt er sich einerseits auf die Einflüsse, mit denen ihn einst Eric Clapton, Van Morrison, Sting, George Benson oder die Beatles versorgten; andererseits transportiert er die in die Gegenwart, wobei er seinen alpinen Kulturhintergrund einfließen lässt und so ganz eigene Stimmungen und gehaltvolle Songs kreiert.

Dabei singt Goisern noch stärker Dialekt als früher. "Ich wollte die Melodien und Texte so schreiben, daß sie sangbarer werden. Ich habe gemerkt, als ich mir meine alten Sachen mit Abstand angehört habe, daß ich es noch nicht geschafft hatte, die Texte so zu gestalten, daß ich die Melodiebögen auskosten kann." Das sei eine der vordringlichsten Aufgaben gewesen, die er sich gestellt habe. "Dazu brauche ich die passenden Texte und die Vokale an den richtigen Stellen. Das ist auch der Grund, warum ich noch mehr als bisher in der Mundart getextet habe, weil das Hochdeutsche für mich zu viele Konsonanten hat. Mir kommt es immer sehr pathetisch vor, wenn ich Hochdeutsch singe."

"Die persönlichste Musik, die ich je gemacht habe"

AZ 24. Oktober 2000

Volks-Rocker Hubert von Goisern kommt in die Stadt

(kbl). Eigentlich heißt er Hubert Achleitner, seinen Fans eher bekannt unter dem Namen "Hubert von Goisern". Mit dem Hiatamadl ließ der Musiker aus dem Salzkammergut einst Konzerthallen beben; mit fetzigen Alpenjodlern und rockiger Volksmusik sorgte er für Stimmung. Nach sechsjähriger Bühnenpause kommt er nun nach Augsburg.

Blauer Himmel, Oktobersonne, Menschentreiben - auf dem Rathausplatz fühlt sich Hubert Achleitner sichtlich wohl. Entspannt streckt der Vollblut-Musiker die Beine aus und bestellt genüsslich eine Portion "Weißwürscht, aber mit viel Senf bitte". Erholung zwischendurch, das muss sein. Denn derzeit hat von Goisern allerhand um die Ohren: Sein neues Album Fön erscheint ab 6. November im Handel, im Frühjahr kommenden Jahres geht er auf Tournee durch Deutschland, Österreich sowie die Schweiz.

Und Augsburg steht auch auf dem Tourplan des so genannten "Volks-Rockers". Am 4. April 2001 wird er in der Kongresshalle mit einem etwa dreistündigen Programm das Publikum begeistern. Dann gibt es unter anderem auch Musik aus seiner neuen CD zu hören.

Hubert von Goisern freut sich auf die Fuggerstadt, in der er nicht zum ersten Mal auf der Bühne steht, denn "ich habe nicht das Gefühl, dass die Augsburger ein zurückhaltendes Publikum sind".

Was er ihnen bieten möchte? "Die persönlichste Musik, die ich je gemacht habe." So empfindet er seine neue CD Fön. Doch sollen die Zuhörer auch Raum für eigene Empfindungen haben. "Eine Komposition ist wie ein Haus. Wenn es so voll ist, dass man es nur von außen betrachten kann, dann hat es sein Ziel verfehlt."

Filmmusik und Reisen

Seit 1994 stand Hubert von Goisern nicht mehr auf der Bühne. Statt dessen schrieb er Filmmusik, lernte Tansania und Tibet kennen. Auch für seine Familie nutzte er die Auszeit. Jetzt hat ihn seine Frau wieder auf die Bühne geschubst, wie er augenzwinkernd erzählt. Kein Problem für ihn, denn schon heute ist für ihn klar: "Ich freue mich auf Augsburg."

"Der Dialekt ist eine direktere Form des Ausdrucks"

Hubert von Goisern spielt heute mit seiner Band im Hegelsaal

Seine im Goiserner Dialekt vorgetragenen Lieder sind alles andere als Mainstream und kommen nur selten im Radio. Trotzdem hat es Hubert von Goisern geschafft, sich zusammen mit seinen Alpinkatzen eine treue Fangemeinde zu erspielen. Nach sechsjähriger Bühnenabstinenz geht der 47-jähriger Österreicher aus Bad Goisern mit seinem vor kurzem erschienen vierten Album Fön erstmals wieder auf Tournee. Heute tritt er um 20 Uhr in Stuttgart auf. Die Veranstaltung ist ausverkauft, doch für den 4. Oktober wurde ein Zusatzkonzert anberaumt. Unser Mitarbeiter Marko Schacher sprach mit HvG. Er traf den sympathischen Almrocker während seiner Promotionreise.

Herr von Goisern, Ihre neue CD Fön klingt sehr relaxt...

Ich hatte noch nie eine Produktion, die so harmonisch abgelaufen ist. Das kommt wahscheinlich durch beim Hören. Es gab niemanden, der mir vorgeschrieben hat, zu einem bestimmten Zeitpunkt fertig zu sein. Es war mein ganz persönlicher Wunsch, mal wieder ein Programm zu schreiben, mit dem ich auf Tour gehen kann.

Sie schreiben Ihre Texte in Hochdeutsch und übersetzen sie anschließend in Ihren Dialekt - wie kommt das?

Ich wusste diesmal wirklich nicht, in welcher Sprache ich singen werde. Bei einer Nummer gab es eine englische Arbeitsfassung. Ich habe dann aber gemerkt: Naa, ich lebe hier in einem deutschsprachigen Kulturkreis und mache Musik für die Leute, unter denen ich lebe. Wenn man Texte zu Papier bringt, schreibt man automatisch in Hochdeutsch. Es gibt ja keine fixe Form, wie man Dialekt schreibt.

Warum singen Sie in Dialekt?

Die hochdeutsche Sprache hat hauptsächlich Konsonanten, und die sind als Transportmittel für einen Ton ungeeignet. Wer rhythmisch singt, kann da einiges retten. Um den Ton auszukosten, braucht man aber Vokale, und die sind im Dialekt wesentlich stärker vertreten. Zudem ist der Dialekt eine direktere Form des Ausdrucks. Hochdeutsch klingt für mich immer pathetisch.

Trotzdem gibt es Künstler wie Xavier Naidoo oder Die Fantastisch Vier ....

Ich mag Die Fantastisch Vier - ihre Musik und Texte sind eine der ganz wichtigen textlichen Innovationen im deutschsprachigen Raum. Das ist aber rhythmisch betonter Sprechgesang, da funktioniert Hochdeutsch ganz gut. Auch Udo Lindenberg oder Herbert Grönemeyer können diese Sprache singen. Die haben aber ihren eigenen Tick, zu singen - das ist schon gar kein wirkliches Hochdeutsch mehr.

Hat Ihre Plattenfirma nie vorgeschlagen, ins Hochdeutsche zu wechseln?

Es stimmt schon, dass es der Dialekt manchen Leuten, die nicht aus diesem Sprachgebiet kommen, etwas schwer macht. Andererseits habe ich Anfang der 90er in Paris, Dänemark, Texas und New York gespielt, und die Musik hat immer funktioniert. Musik ist eine Sprache, die nonverbal funktioniert. Wenn man tatsächlich wissen will, was die Texte bedeuten, bekommt man das raus. Im CD-Booklet gibt es Übersetzungshilfen. Viele Wörter werden einfach nur anders ausgesprochen und betont. Irgendwann tunen sich die Ohren ein.

Vor dieser Tournee standen Sie sechs Jahren lang nicht mehr auf der Bühne. Waren Sie vor dem ersten Konzert aufgeregt?

Die ersten Jahre bin ich vor jedem Auftritt richtig krank geworden - das war nicht nur ein sprichwörtliches Lampenfieber, sondern ein messbares. Mit der Zeit hab ich aber gemerkt, dass nichts wirklich Schlimmes passieren kann, außer dass man sich blamiert. Diesmal war ich sehr nervös, aber die Vorfreude ist größer als die Angst, dass etwas schief gehen könnte.

Ihre nächsten Pläne?

Ich hab' jetzt schon mit der Produktion der nächsten CD begonnen. Ich würde mir wünschen, dass ich auch mal wieder ein spannendes Angebot als Schauspieler bekomme. Für einen richtig guten Film würde ich auch ein Jahr auf die Musik verzichten. Zusammen mit einem Freund habe ich ein Drehbuch geschrieben über die Reise eines Menschen zu seinen Wurzeln, das ich gerne umsetzen würde. Doch bei solchen Geschichten ist man von vielen Faktoren abhängig.

"Ich halte nichts vom Pop-Einheitsgrau"

AZ 20. November 2000 | Text: Andreas Radlmaier

Sechs Jahre, also einen halbe Ewigkeit im Show-Geschäft, war er auf keiner Bühne mehr gestanden, hat seine Alpinkatzen in den Vorruhestand geschickt, Platten mit tibetischen und afrikanischen Musikern aufgenommen und Soundtracks für Schlafes Bruder und den Kinderfilm Ein Sack voller Lügen. Jetzt ist Hubert von Goisern, der Runderneuerer der Volksmusik, wieder da. Fön (Virgin) heißt das "sehr persönliche" und sehr gute Album, das sich sämtliche künstlerische Freiheiten schon bei der Rechtschreibung des Titels nimmt. Gemeint ist nämlich keinesfalls der Haartrockner. Im Frühjahr geht der Mann mit der Ziehharmonika aus Bad Goisern am Fuße des Dachsteingletschers wieder auf Tournee. Auch nach Franken - wo Nürnbergs SPD-Hoffnung i.R., Renate Schmidt, Ehrenmitglied im Fan-Club ist. Wir sprachen mit Hubert Achleitner, wie er bürgerlich heißt, in Nürnberg.

Die Alpinkatzen schnurrten doch so schön. Warum haben Sie die Bremse gezogen?

Das Worte Bremse gefällt mir nicht so. Gut, ich bin gerne einer, der bei gutem Tempo schaut, was passiert, wenn man eine Kurve macht.

Um die Kurvenlage zu testen?

Ja, genau. Ich bin keiner, um im Bild zu bleiben, der nur am Schussfahren seinen Spaß hat...

Sondern Schwünge liebt...

Und das Abenteuer.

Also Tiefschnee.

Unverspurtes Gelände, ja.

Welche Spuren haben die Alpinkatzen hinterlassen?

Mit dem Abstand, den ich gewonnen habe, habe ich meine Schwächen kennengelernt. Dass ich es noch nicht geschafft hatte, die Texte so zu gestalten, dass ich die Melodiebögen auskosten kann. Das war eine der vordringlichsten Aufgaben, die ich mir selber gestellt habe. Dazu brauch' ich die richtigen Vokale an den richtigen Stellen. Das ist auch der Grund, weshalb ich noch mehr als bisher in Mundart getextet hab'. Im Hochdeutschen schwingt immer das Pathos mit.

Ist das verstärkte Bekenntnis zum Dialekt auch eine Trotzreaktion gegen den allgemeinen Trend?

Wenn man schon eine Fremdsprache singen muss, um Gehör zu finden, dann kann man auch ohne weiteres den Dialekt dazu hernehmen.

Liegt da auch der Reiz daran, die Exotik in der Nachbarschaft zu finden?

Ich arbeite mit tibetischen und afrikanischen Musikern zusammen, vertone tibetische Texte und Kisuaheli-Texte. Da bekommt man schon das Gefühl, dass man auch zu seiner eigenen Exotik stehen kann. Ich halte nichts von dem Allerwelts-Einheitsgrau, das wir in der Popmusik zu hören bekommen.

Die Haider-Zitate in Kalt sind ja noch unverständlicher.

Eine gute Komposition ist wie ein Haus, in das man eintritt als Zuhörer. Die einem es auch ermöglicht, in die einem es auch ermöglicht, in die eigene Räume des Unterbewusststeins, der Empfindungen und Gefühle hineinzugehen. Bei Kalt war der Rechtsruck in Österreich und dieses Kälterwerden des Klimas der Auslöser. Und es war mir klar, dass ich nicht wirklich Worte hernehmen wollte, sondern eine Form finden wollte, die die Worthülsen dieser demagogischen Politiker als sirenenhaften Gesang darstellen. Und darum sing' ich da auch keine konkreten Texte. Da fand ich es spannender, wahllos Zitate von Jörg Haider zu nehmen und zu codieren.

Deutlich ist der andere Umgang mit Rhythmik. Erstaunlich, dass Reggae mit Alpenland kompatibel ist.

Das war für mich schon immer ganz klar, dass das so ist. Im Grunde ist es nur die Kehrseite unserer rhythmischen Auffassung. Statt glatt verkehrt verkehrt glatt. Die Version von Mercedes Benz etwa wollte ich schon vor sieben, acht Jahren aufnehmen. Das ging nicht. Die Musiker ham dös ned spuin kenna vom Feeling her. Es wurde immer rockig. Das hat mich fertig gemacht. Jetzt habe ich mir Musiker gesucht, die das umsetzen konnten.

Es ist ja auch eine späte Liebe zum Jazz dabei.

Das liegt an der Gemeinsamkeit, die Jazz, Blues und Volksmusik haben. Alle drei Musikgattungen haben eine starke Komponente der Improvisation. Das war für mich auch etwas, was ich machen wollte. Ich wollte das diatonische Gerüst, das die Ziehharmonika einfach vorgibt, sprengen. Das klingt dann, obwohl's dassoibe ist, jazzig.

Von ihnen stammt der Ausdruck, dass ihre "Musik Blut für die urbane Dekandenz" (sic) sei.

Das ist aus einem Liedtext.

Klingt schwer nach Mission.

Das war weniger eine Mission als eine Vision. Das war zu einer Zeit, wo Volksmusik, wie ich die interpretiert habe, auch ein absolutes Tabu war. Im Grunde ist es passiert. Ich glaube, dass das Umland, die Provinz, die Städte nährt. Nicht nur nahrungstechnisch, auch musikalisch. Spannend ist: wenn ich in Goisern bin, folld mia nix ein. Das ist das uninspirierendste Umfeld, das ich mich vorstellen kann. Da fühle ich mich wohl und kann Kraft schöpfen, haben aber nie das Bedürfnis, dem etwas hinzuzufügen. Während man in einem urbanen Umfeld die Bruchpunkte formuliert.

Bei "Fön" oder besser Föhn denkt man an hohen Himmel oder Kopfschmerz.

Föhn ist ein Extremzustand. Viele Leute leiden darunter. Aber Föhn beschreibt einen kreativen Prozess. Schönwetter, aber ein ziemlicher Druck, dem man auch standhalten muss. Das ist wie Komponieren.