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GRENZENLOS TOUR 2003

Hubert von Goisern & Mohamed Mounir: Live in Wien - 20. Juni 2003

17. Januar 2004| Fotos: © Alex Krause

Globetrotter im Dienste des Friedens

Rhein Main Presse 2. Juli 2003 | Text: Alfred Balz

Der steirische Polit-Barde Hubert von Goisern und Mohamed Mounir beim Zeltfestival in Mainz

Der Querdenker Hubert von Goisern lässt sich nicht auf den Naturburschen und singenden Alpenrebell reduzieren. Nein, der Musiknomade hat sich zu einem Weltenbummler im Zeichen der Völkerverständigung entwickelt. Im Frühjahr 2002 reiste er auf Einladung des Goethe-Instituts in Kairo mit Band durch Afrika, wo er in den Slums von Dakar und mit Mohamed Mounir auch im oberägyptischen Assiut spielte.

Die "Chemie" zwischen dem exkommunizierten steirischen Katholiken und dem friedliebenden Moslem Mounir stimmt. Zwei Besonderheiten hatte der Mainzer Zeltfestival-Auftritt, der pünktlich begann, zum Schrecken des Veranstalters aber nicht rechtzeitig endete: Mit über drei Stunden Spielzeit ohne Pause war es des längste Festival-Konzert aller Zeiten und, abgesehen vom Wader-Wecker-Auftritt, auch das politischste seit langem.

Den Anfang machte der Nubier Mounir mit seiner zwölfköpfigen Soul-Band. Geboren im gefluteten Assuan, lebte er lange als Mitglied der Ethno-Jazz-Kapelle Embryo in München, bevor es ihn wieder in seine Heimat Ägypten verschlug. Auch wenn Bass, Synthesizer und Schlagzeug einen gefälligen Groove erzeugen, bleiben die arabisch-afrikanischen Wurzeln dank Flöte und Trommeln erkennbar. Dazu kommt der leidenschaftliche Gesang, in dem sich religiös geprägte Texte aus der Sufi-Tradition mit dem Bekenntnis zu Nächstenliebe und sozialer Gerechtigkeit verbinden.

Nach einer Stunde mischt sich Hubert von Goisern auf der diatonischen steirischen Ziehharmonika mit Dur-Akkordeon in die nubische Moll-Pentatonik - und das Publikum tobt. Nach einer weiteren Viertelstunde überlässt Mounir den sieben "Goisernern" und ihrem abenteurlichen Mix aus Ländlern und Polkas die Bühne, verbunden mit Jodelwahnsinn und allen erdenklichen Rhythmen und Stilen der Popmusik. Dass die Blues-, Soul-, Funk-, Reggae-, Samba- und Karibikklänge nicht beliebig daherkommen, liegt einmal an der flexiblen Begleitband, die subtil auf Geige, Rockgitarre und zwei Dutzend Schellen, Trommeln, Windspielen und Kuhglocken höchst eigenwillig musiziert. Zum anderen ist es das unkonventionelle Akkordeonspiel von Goiserns, das der biederen steirischen Volksmusik den Blues beibringt oder aber auf einem arabischen Teppich entschwindet. Auch wenn das Echo der Berge fehlte, wurden von Goiserns Jodelschläge weit über den Volkspark hinausgetragen. Das Finale fasste die zentralen Botschaften dieses Konzerts mit seinem Plädoyer für mehr soziale Gerechtigkeit, für Gewaltfreiheit und Verantwortlichkeit gegenüber der Schöpfung auf ergreifende Weise zusammen.

Hubert von Goisern & Mohamed Mounir: Live in Rudolstadt - 5. Juli 2003

19. August 2003 Fotos: © Michael Pohl | www.micpo.de

Magie und Mystik der Musik

LE-Nightflight Juli 2003 | Text: Olaf Schulze

Drei Tage bewegte Europas größtes Folkfestival eine verträumte Saalestadt.

Faszination Folk. 60.000 Menschen drängeln sich durch ein kleines Thüringer Kaff. Das Wetter legt eine Hitzepause ein, was für die Musiker von der nördlichen Hemisphäre sehr angenehm ist. Die Südländer erwärmen sich mit heißen Rhythmen.

Er habe schon viel von Rudolstadt und dieser einzigartigen Atmosphäre gehört, sagte Hubert von Goisern, einer der ausgewiesenen Stars des eben zu Ende gegangenen Festivals der kreativen Folkmusik. Noch dazu sagte er es in bestem Hochdeutsch, was für den Erfinder des Alpenrock eher selten ist. Aber vorstellen habe er es sich nicht können, bis zu diesem 5. Juli, an dem im nächtlichen Heinepark Tausende Zuschauer begeistert seinen Worten und der wunderbaren Musik lauschten.

Finale beim Gaffenberg Festival

1. August 2003 | Foto: © Suzy Crowle
Hubert von Goisern und Mohamed Mounir

Hubert von Goisern & Mohamed Mounir: Live in Wien - 20. Juni 2003

31. Juli 2003 | Fotos: © Eugen Zymner | www.zymner.de

Alpenglühen über grauem Beton

Stuttgarter Zeitung 28. Juni 2003 | Text: Michael Werner

Das Konzert von Hubert von Goisern und Mohamed Mounir auf der Freilichtbühne Killesberg

Wenn Hubert von Goisern "a wengerl mehr katholisch" wäre, dann, so singt er, "war des all"s ganz leicht". Den Grund kennt er auch: "I gangat oanfach jeden Sunntag in die Kirchen und hätt die Sünden "beicht." Natürlich flunkert der Mann aus Bad Goisern im schönen Salzkammergut, der im richtigen Leben Hubert Achleitner heißt. Er geht ja nicht in die Kirche, ist längst ausgetreten.

Am Ende seines Konzerts auf der Freilichtbühne am Killesberg flunkert Hubert von Goisern noch einmal. Er bittet erneut Mohamed Mounir und dessen Band auf die Bühne und erklärt, die Musiker aus Ägypten hätten es "auf sich genommen, ihren Kulturkreis zu verlassen" - auf sich genommen.

Das Verlassen des eigenen Kulturkreises ist bis heute eine der Freuden des Hubert von Goisern geblieben. Musikalische Mitbringsel aus Tibet und Schwarzafrika künden davon. Im vergangenen Jahr konzertierte er dann mit Alpenländischem in Ägypten, mit Mohamed Mounir, der dort ein Popstar ist.

Hier zu Lande ist Mounir kein Star, aber er singt vor zweitausend Goisern-Fans Orientalisches. Manche der Goisern-Fans tragen derweil Lederhosen, wie sie Wirte im Salzkammergut während der Saison tragen. Grenzenlos heißt die gemeinsame Gegeneinladungstournee, und Mounir hat etwas zu sagen, wenn er singt. Beugt sich vor, reckt die Hand, ballt die Faust. Es scheint ihm wichtig zu sein, dass man ihn versteht. Aber man versteht ihn nicht, ohne Arabisch. Grenzenlos ist schwer, ist vielleicht geflunkert.

Oder doch nicht? Jedenfalls passt die Ziehharmonika von Hubert von Goisern, der sich nach einer Stunde zu Mounir auf die Bühne gesellt, gut zum ägyptischen Pop - zwei Lieder lang. Dann geht Mounir, und Hubert von Goisern absolviert ein richtig gutes, richtig rockiges Konzert. Es ist, als prassle Regen aus der Karibik, aus Afrika direkt in die Sturzbäche hinein, die das Dachsteinmassiv so erfrischend machen. Das reißt mit. Wer eine Lederhose trägt, kann sich zu einer getragenen Jodelballade wie Spat das Alpenglühen einreden, wer keine hat, findet seine Wahrheit doch zumindest im Lied Schad. Da heißt es: "Es is schad um d" Zeit, wann ma allweil streit." Und Mounir sagt, als er zum Schluss wiederkommt, die gemeinsame Botschaft der beiden Sänger laute einfach "Love and Peace".

Hubert von Goisern ist jetzt ergriffen, so berührt vielleicht, wie man werden kann, wenn man der Geige lauscht, die mit seiner Ziehharmonika musikalisch Händchen hält. Er preist den Islam und die Gelassenheit der Ägypter. Dann singt man zum Finale Arabisches in Alpenländisches hinein und umgekehrt. Ja, man überwindet Grenzen. Und völlig ausschließen kann man's nicht, dass die Welt eine schönere wär, wenn ein jeder sich ein Alpenglühen hineinflunkerte in den grauen Himmel über grauem Beton.

Hubert von Goisern & Mohamed Mounir: Live in München - 22. Juni 2003

22. Juli 2003 | Fotos: © Elli Christl

Alpenglühen im Ringlokschuppen

Westdeutsche Allgemeine 4. Juli 2003 | Text: Margitta Ulbricht

Hubert von Goisern und Mohamed Mounier spielten Musik, die keine Grenzen kennt

"In der Hoffnung, dass alles besser wird..." singend wie symbolisch reichen sich der österreichische Alpinrocker und der Popstar aus Ägypten die Hände. Da war es schon kurz vor zwölf.

Den ansatzweise leichten Jodler von Mohamed Mounir trieb Hubert von Goisern vollkehlig und formvollendet auf wahre Höhen. Zum musikalischen Gipfeltreffen hatten die beiden befreundeten Kulturbotschafter aus Österreich und Afrika in den Ringlokschuppen geladen - und rund 700 kamen. Das angekündigte Freiluftkonzert war wegen der drohenden Regenwolken nach drinnen verlegt worden. Und dort brach das Alpenglühen im doppelten Sinne aus. Schweißtreibend wie in Afrika war das Klima - trotz geöffneter Türen.

Wenn Hubert von Goisern bei seinen schnellen Rocksongs, langsamen Balladen, angereichert mit Klängen aus aller Welt, sein Akkordeon immer heftiger malträtierte, dann war kurzzeitig Tanzboden-Beben auf die bayrische Art angesagt. Da fehlten nur noch die wippenden Gamsbärte auf den Hüten. So wie in Bad Goisern, der Geburtsstadt von Hubert Achleitner. "Hubert, wo ist Goisern?", rief einer im Publikum. "Wo des is, willst mi provoziern?" fragte der zurück, "Goisern is überall", griff zur Mundharmonika und schob nach: "Bevor wir das erste Mal in Mülheim warn, hab' i das au net gewusst." Er holte tief Luft. Und die Töne, die holt von Goisern aus dem tiefsten Bauch und vom höchsten Berg.

Eindeutig auszumachen waren die Goisern-Fans, Männer im karierten Hemd. Hand in Hand bahnten sich ausländische Familien den Weg durchs Gedränge. Eine Frau mit Kopftuch und Jeans-Jacke hatte einen Teddy unter dem Arm - wohl ein Geschenk für Mounir, der in seiner Heimat nicht nur gefeierter Popstar, sondern als mutiger Mann bekannt ist. "Es gibt verschiedene Glauben auf der Welt. Wichtig ist, dass sich die Menschen zur Wahrheit und zum Frieden bekennen", lautet sein Credo. In der Islamisten-Hochburg Assiut hatten die beiden im vergangenen Jahr ein Konzert gegeben. Nun sind die Weltmusiker gemeinsam auf Europa-Tournee unterwegs. Im Schuppen haben sie ihr Publikum vereint - selten genug, dass sich deutsche und ausländische Fans im Gleichklang zur Musik wiegen.

Jodel-Arien auf orientalischen Rock

Heilbronner Stimme 8. Juli 2003 | Text: Claudia Ihlefeld

Hubert von Goisern und Mohamed MounirHier ist es viel besser als "dahoam" in Goisern, wo die 200-Prozentigen genau wissen, wie man einen Ländler zu spielen hat. Was den hemmungslosen Stilmixer und Grenzgänger Hubert - alias Achleitner - von Goisern wenig schert.

Diesmal fängt die ehemalige Alpinkatze nicht nur mit neuer, junger Band, erotischem Hüftkreisen und ekstatisch wummernden Bässen die Seelen ein. Gemeinsam mit Mohamed Mounir, dem Bob Dylan vom Nil, wird zum Abschluss des Gaffenberg Festivals am Sonntagabend im Audi Zelt ein Dialog der Kulturen aus 1001 Nacht zelebriert. Grenzenlos heißt ihre gemeinsame Tournee, die nun nach drei Wochen in Heilbronn zu Ende geht.

Globalisierung deutet von Goisern musikalisch, der vermeintlichen Enge der Täler zum Trotz hat sich der 51-Jährige ewige Bub Neugier und Toleranz auf die Fahnen geschrieben. Der wandelnde Beweis also, dass Volksmusik Weltmusik sein kann und Tradition ziemlich sexy.

Rock, Blues, Jazz und Funk mischt der Volxmusiker und erweitert nach ausgiebigen Reisen durch Westafrika und Ägypten seine virtuosen Jodel-Arien um afrikanische und arabische Rhythmen. Ein hoch musikalischer, prickelnder Flickerlteppich. Steirisches Knopfakkordeon und Mundharmonika jagt Hubert von Goisern durch die Klangwelten anderer Kulturen.

Ein Sound zum Niederknien: Worldmusic und Österreich, das ist kein Widerspruch. "Hörst es net, wia die Zeit vergeht", rockjodelt der Mann aus dem Salzkammergut nach zwei Jahren wieder auf dem Berg vor rund 2000 andächtig lauschenden Fans, nachdem Mohamed Mounir und Band bereits eine Steilvorlage hingelegt haben. In seiner ägyptischen Heimat wird Mounir als Popstar verehrt für den ohrwurmigen Mix aus arabisch-afrikanisch-westlichen und psychedelischen Rhythmen. Eine Collage aus orientalischem Lebensgefühl und westlicher Pop-Atmosphäre mit traditionellen Instrumenten wie Duff oder Darabuka sowie Drums, E-Gitarre und Jazztrompete.

Im März vergangenen Jahres sind der stolze Nubier und der selbstbewusste Österreicher erstmals gemeinsam aufgetreten, auf Vermittlung des Goethe-Instituts im oberägyptischen Assiut, das als Hochburg des fundamentalistischen Terrorismus gilt. Im schwäbischen Schweinsbergwald war gestern vorerst Schluss mit ihrer experimentellen musikalischen Tour d'Horizon und die Nacht längst hereingebrochen, als Hubert und Mohamed sichtlich gerührt zum großen Finale blasen. Die Gefühle aller Bandmitglieder und die Begeisterung der Gaffenberg-Pilgerer? Grenzenlos.

Hubert von Goisern & Mohamed Mounir: Live in Stuttgart - 26. Juni 2003

11. Juli 2003 | Fotos: © Elli Christl