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LINZ EUROPA TOUR 2007-2009

Hubert von Goisern: Live in Passau - 1. Juli 2007

13. Juli 2007 | Fotos: © Elli Christl

Der fast perfekte Abend

Passauer Neue Presse 2. Juli 2007 | Text: Raimund Meisenberger | Foto: Geisler

Hubert von Goisern auf dem Passauer Rathausplatz am Samstag und Sonntag von Tausenden bejubelt - Mitreißend: Claudia Koreck

Hubert von GoisernSo in etwa könnte er aussehen, der perfekte Moment. Zwei nicht mehr ganz junge Hände im Publikum suchen sich, halten sich fest umklammert. Der Klang der Steirischen windet sich ins Herz hinein. "Hörst as ned? Wia die Zeit vergeht", haucht Hubert von Goisern in der Zugabe mehr, als dass er singt.

Mit seinem mächtigen Bühnenschiff hat er zwei Tage lang am Passauer Rathausplatz angelegt, jedes Mal kommen mehrere Tausend Menschen, um ihn zu hören. Zaungäste drängen sich an den gesperrten Straßen. Der Duft von gebrannten Mandeln streift vorüber, oben auf dem Hügel ruht die Veste Oberhaus - von Scheinwerfern und Vollmond beleuchtet. Mehr Romantik geht schon fast nicht mehr.

Schwer mit Worten zu beschreiben, welche Wirkung dieser Mensch hat, wenn er mit den tiefen, umschatteten Augen auf die Bühne tritt, immer diese ungeheuerliche Strenge um die Mundwinkel. Fast fühlt man sich geehrt, wenn so eine ernste Person doch einmal lächelt.

Ein Erneuerer der Volksmusik, ein Naturbursch mit kurzem Draht zum Weltgeist, ein alpenländisches Sexsymbol - es gibt viele Sichtweisen auf den Musiker aus Bad Goisern am äußersten Rand von Oberösterreich. Goisern gehört zu den Künstlern, die so vielseitig und unberechenbar gearbeitet haben, dass sie inzwischen mindestens drei Fanblöcke herangezogen haben: Die einen lieben den Alpenrocker, der virtuos mit allen Mitteln der Moderne auf der Klaviatur der Tradition spielt, die nächsten schätzen mehr den Weltmusiker, der auf seinen Reisen neue Klangwelten entdeckt, wieder andere hören am liebsten den Volksmusiker, der mit seinen Trad-Platten traditionelle Volksmusik in ergreifender Interpretation neu aufgelegt hat. Für seine Linz-Europa-Tour, auf der er als Botschafter für die Kulturhauptstadt Europas 2009 bis nach Rotterdam und ans Schwarze Meer fahren will, hat er sich für die opulente Version, für den kraftvollen Entertainer in sich entschieden.

Mit dem Gefühl der Volksmusik und mit der Wucht des Rock wird hier auf die Polka gerappt, stacheln sich Ziach und verzerrte E-Gitarre an, zettelt die Geige ein Hochgeschwindigkeitsduell an. Ein Juchizer durchschneidet die prügelnden Trommelwirbel, der "Schottische" wird zum Mundharmonika-Punk, "Landlerisch tanzen" hat hier aber auch gar nix mit einem beschaulichen Dorffest zu tun - eher mit dem schweißdurchtränkten Funk eines James Brown. Und dann immer wieder herzzerreißende Jodler im Synthesizer-Bett - ein wenig Easy-Listening für die Erholung zwischendurch. So breit wie seine instrumentalen Fähigkeiten an Steirischer, Gitarre, Flügelhorn und Mundharmonika ist auch Goiserns Gesang: Er braucht sein herbes Timbre nur etwas aufzurauen und schon ist er im Blues. Er lässt die Stimme sachte vibrieren und wird zum Romantiker, er lässt sein Falsett schwirren und wird mystisch, den Jodler steigert er zum Hymnus. Schon viele sind gescheitert, die im Hip-Hop-Fach wildern und dabei mit ihrer Jugendlichkeit punkten wollten. Goisern Sprechgesang klingt, als wäre er althergebrachtes Volksgut.

Eine staunenswerte Vorstellung, was er und seine äußerst starke Band mit Schlagzeug, Bass, Gitarre, Keyboards, Percussion und drei Backgroundsängerinnen abliefern.

Einer der emotionalsten Momente des Abends: Nach geschätzten 14 Jahren singt Goisern wieder einmal den Klassiker aus alten Tagen Weit weit weg - als Duettpartnerin wird die 21-jährige Traunsteinerin Claudia Koreck bejubelt, die mit ihrer Band ein mitreißendes Konzert im Vorprogramm gespielt hatte.

Zwar ist der Song für Goisern-Verhältnisse vergleichsweise rührselig, vor allem wenn dazu kreisend Möwen und ein Sonnenuntergang auf die Videoleinwände geworfen werden. Wen diese Überdosis nicht stört, darf in purem Glück baden. Sensiblere Gemüter im Publikum beklagen sich leise, ob denn das alles gar so üppig sein muss: der Backgroundchor, die Geigen, die permanente Video-Untermalung mit Edelweiß, Geigen, Blümchen und psychedelischen Mustern. Wenn man nur lange genug hinsieht, saugt die perfekte Inszenierung im Stile eines überdimensionalen Musikvideos plötzlich die Wirklichkeit auf.

Nur einmal kommt der Künstler auf Europa zu sprechen: Man merkt sofort, wenn man in Bayern ist, sagt er. Wegen der großen Polizeidichte. "Seids ihr so wilde Hund?", fragt er. "Oder hat denen noch keiner gsagt, dass hier keine EU-Außengrenze mehr ist?" Dicker Applaus.

Perfekte Momente sind scheu und fliehen, wenn man sie bewusst zu schaffen versucht. Stattdessen bleibt einfach ein packendes Konzert. Die Tausende auf dem Rathausplatz zögern keine Sekunde, um sich von ihren Plätzen zu erheben.

Hubert von Goisern: Live in Passau - 30. Juni 2007

11. Juli 2007 | Fotos: © Elli Christl

Lässig woas!

Cityoffers Regensburg Juli 2007 | Text: SB

Ja, es war "lässig", wie Hubert von Goisern alias Hubert Achleitner das Doppel-Konzert-Ereignis am 29. Juni selbst beurteilte. Aber nicht nur das - Hubert von Goisern und Haindling, den der musikalische Weltbürger beim Regensburg-Stop seiner Linz-Europa-Tour im Osthafen mit an Bord seiner schwimmenden Bühne genommen hatte, begeisterten das Publikum mit einer Show der besonderen Art.

Und das trotz eines "stürmischen" Eröffnungskonzertes beim Donauinselfest in Wien, bei dem diverse Teile des Bühnenschiffes zu Bruch gingen und dem Wasser zum Opfer fielen, sowie eines etwas schwächlichen Schubschiffes, das auf dem Weg nach Regensburg kurzerhand ausgetauscht werden musste.

Nachdem der charmante Österreicher mit dem etwas verwitterten - aber nicht weniger attraktiven - Äußeren die zahlreich angereisten und ungeduldig wartenden Fans begrüßt hatte, eröffnete Haindling das Konzert mit einer Nummer, deren Klänge aus diversen Hörnern etwas an die Geräuschkulisse einer Bergalm erinnerten. War das Publikum von diesem unerwarteten Hörerlebnis anfangs zwar leicht irritiert, dauerte es doch nicht lange, bis der bayerische Musik-Kosmopolit die Menge ganz auf seiner Seite hatte. Dazu wesentlich beigetragen haben natürlich auch die Haindling-Klassiker wie Paula, I hob di lang scho nimma g'sehn, Du Depp, Spinn i oder In der Umlaufbahn. So gingen die eineinhalb Stunden auch viel zu schnell vorbei und mit der Zugabe von Irgendwie und sowieso setzte Haindling seiner Show noch das I-Tüpfelchen auf.

Die Fans waren danach restlos hingerissen und eigentlich optimal auf das nachfolgende Konzert mit Hubert von Goisern vorbereitet, den man während der Haindling-Darbietung nur für eine kurze gemeinsame Nummer - die mit tosendem Applaus honoriert wurde - auf der Bühne zu sehen bekam. Die lange Umbaupause, die fast eine Stunde dauerte, schlug dem Publikum dann aber doch etwas aufs Gemüt und so hatte der "Gastgeber" einen nicht allzu leichten Start.

Mit seinen jazzigen und funky angehauchten Liedern und Instrumentalstücken zeigte er schließlich deutlich seine musikalische Vielseitigkeit, die er seit dem berühmten und weit hinter ihm liegenden Hiatamadl mehr als einmal erfolgreich unter Beweis gestellt hat. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase ließen sich die Fans dann auch endlich wieder mitreißen und wollten zum Ende der offiziell genehmigten Spielzeit - um 23.00 Uhr - nicht mehr aufhören zu klatschen. Die Zugabe ließ sich Hubert von Goisern dann auch nicht nehmen und beglückte nach der kurzen Ansage "Den Strom könnens uns ja ned abdrehn, weil den hama eh selber mit!" das Publikum mit einer wunderschönen Version seines Klassikers Heast as ned. Mit einem ultimativ coolen "Pfiat Eich. Lässig woas mit Eich!" entließ Hubert von Goisern schließlich das zufriedene und glückliche Regensburger Publikum.

Weniger glücklich waren die Konzertbesucher allerdings beim Anblick der bereitgestellten Shuttlebusse, die zwischen Osthafen und Donauarena pendeln sollten. Zum Ende des Konzerts stand davon nämlich nur ein einziger vor dem Open-air-Gelände, was einen erbitterten Kampf um die wenigen Plätze auslöste. Hätte das Konzert zwischen Wurstkuchel und Jahninsel stattfinden können, so wie Hubert von Goisern es sich gewünscht hatte, wäre zumindest dieses Problem nicht aufgetaucht. Der konnte sich auch während des Konzerts einen Seitenhieb in Richtung der Stadtverwaltung nicht verkneifen, die das Ende der Spielzeit "da heraußen, wo eh nur Fuchs und Hase unterwegs san" auf 23.00 Uhr festgelegt hatte. Bleibt abzuwarten, welche Hürden sich Hubert von Goisern auf seiner Schiffstournee in Richtung des Schwarzmeerdeltas noch in den Weg stellen - überwinden wird er sie auf jeden Fall, für seine Musik und für sein Publikum.

Hubert von Goisern und Haindling in Regensburg

Hubert von Goisern und Haindling

Anspielen gegen die Erbsünde

Süddeutsche Zeitung 2. Juli 2007 | Text & Foto: Rolf Thym

Hubert von Goiserns Plädoyer für eine freie Donau

Hubert von Goisern5000 Menschen warteten an diesem Freitagabend im Regensburger Osthafen in freudiger Erwartung auf ihn. Noch aber saß Hubert Achleitner, den Blicken seiner Fans entzogen, hinter einer Wand aus Schlafcontainern auf einem Ledersofa an Deck eines Schubschiffverbands, der ihm bis ins Jahr 2009 schwimmende Wohnstatt, Übungsraum, Studio und Bühne sein wird. Um ihn herum, alles unter freiem Himmel: Eine Badewanne nebst Satellitenschüssel, Kunstrasen, eine Topfpalme, ein langer hölzerner Esstisch, eine hübsche Kantinenküche und ein mächtiges Stück Fels. Das sind die Accessoires des sicherlich verrücktesten Unternehmens im ohnehin bewegten Leben des 54 Jahre alten österreichischen Volks- und Rockmusikers, den alle Welt als Hubert von Goisern kennt.

Mit einer Crew von 25 Musikern, Technikern und Schiffsleuten will er die großen Flüsse Europas bereisen und, wo immer möglich, anlegen, die riesige Hubbühne hochfahren und gemeinsam mit Gastkünstlern Konzerte geben. Der Völkerverständigung soll die Tour dienen, aber auch der Stadt Linz, die 2009 Kulturhauptstadt Europas sein wird und das Goisern-Projekt kräftig unterstützt. In Wien ist die musikalische Flussbereisung, kaum dass sie begonnen hatte, in einem schweren Regensturm nur knapp dem jähen Ende entgangen. Die Passage nach Regensburg hat das Schiff aber ohne jegliches Problem geschafft.

Gegenüber von Lagerhallen und einer Futtermittelmischanlage, aus der säuerlicher Silagegeruch aufstieg, war der Musikdampfer festgemacht. Leuchtende Videowände schickten die Botschaft in die Nacht, dass die Donau - der in Niederbayern eine neues, schifffahrtsgerechtes Stauwehr droht - unbedingt ein freier Fluss bleiben müsse. Der Bund Naturschutz und der Landesbund für Vogelschutz haben eine "internationale Unterschriftenaktion" für die Rettung der Donau begonnen - mit Goiserns Unterstützung, behaupten die beiden Verbände. Der Musiker findet das Vorhaben zwar sehr gut, weil für ihn eine weitere Zerstörung des Flusses einer "Erbsünde" gleichkäme.

Letztlich war es aber doch ein schöner Abend im Osthafen: Erst räumte Hans Jürgen Buchner (Haindling) ab, dann gab Goisern mit seiner neuen Band bis spät in die Nacht mal wieder furiose Beweise dafür ab, dass es sich zu schnellen Rockriffs, fröhlichen Arrangements aus der Karibik und selbst zu einer Hatz aus jazzigen Synkopen wunderbar jodeln lässt. Es folgten zwei weitere Konzerte am Samstag und Sonntag in Passau, dort mit der Claudia-Koreck-Band.

"Heast as net, wia die Zeit vageht"

Mittelbayerische Zeitung 3. Juli 2007 | Text: Beate Lutz-Maß | Foto: altrofoto.de

Schee war's: Hubert von Goisern & Haindling open Air in Regensburg

Hubert von Goisern in RegensburgREGENSBURG. Sie haben Wurzeln und sie haben Flügel, und die Verknüpfung von beidem macht ihre Musik aus - Hubert Achleitner alias Hubert von Goisern und Hans Jürgen Buchner alias Haindling. Der oberösterreichische Weltmusiker machte mit seiner schwimmenden Konzertbühne Station im Osthafen und nahm den niederbayerischen Weltmusiker mit an Bord zu einem dialektal-musikalischen Open-Air-Doppelereignis der Extraklasse.

"Strom hamma selba dabei!"

Mochte auch hin und wieder im zweiten Teil des Konzerts ein Lautsprecher ausfallen: Am Ende, schon nach der polizeilich verordneten musikalischen Sperrstunde, stand der Goiserer doch am längeren Hebel: "Den Strom kennans uns net obdraahn - den hamma selba dabei!" Und so kamen die Zuhörer noch in den Genuss eines "Klassikers" - "Heast as net, wia die Zeit vageht". Da gingen sie dann an, die Feuerzeuge. Hubert-von-Goisern-Fans schwelgen und schmachten.

Nach dem Auftaktkonzert in Wien am 24. Juni und dem zweiten in Melk am 26. war der Auftritt in Regensburg der Dritte der Linz Europa Tour, die Hubert von Goisern und seine neue Band per Schiff auf der schönen, früher blauen und bei uns so ordentlich kanalisierten Donau bis an die Schwarzmeerküste führen wird, durch neun Länder, und von dort wieder zurück, mit Konzert-Stationen runter wie rauf, 22 an der Zahl. Bei den meisten holt sich Hubert von Goisern Musiker der jeweiligen Gegend an Bord seines umgebauten Frachters. Und in Osijek, Vukovar, Belgrad, Novi Sad und wie die Veranstaltungsorte alle heißen, kosten die Konzerte noch nicht mal was. Wie schön. Es geht um mehr als um Kommerz. Eine musikalische Begegnungsreise soll es sein.

Und für seine Begegnung in Regensburg hat sich Hubert von Goisern grad den Rechten ausgesucht. Sein niederbayerisches Pendant gewissermaßen. Dass beide ihren Heimatort (wer weiß schon, dass Hans Jürgen Buchner eigentlich in Bernau bei Berlin geboren ist? Hören tut man's nicht...) zum Künstlernamen oder zu dessen Bestandteil gemacht haben, ist mehr als ein Zufall, schon eher Programm. Bei aller ironischen Distanz zum bornierten Bayerntum respektive Österreichertum leugnet keiner der beiden Musiker seine Herkunft. Liebe ist da, manchmal auch Zorn, gewiss, und immer ein gehöriges Stück Experimentierfreudigkeit, Kreativität, die sich aus allen möglichen Quellen speist. Hubert von Goisern - der Begründer des "Alpenrock", der jodelnde Volkstümelei-Kritiker. Haindling und die Alphorn-Urwald-Klänge, der Afrika-Bayer. Zwei musikalische Abenteuerer mit einer festen Basis.

15 Jahre ist es her, dass Hubert von Goisern und die Alpinkatzen mit Koa Hiatamadl die Hitparaden stürmten. Hubert von Goisern wird im Bierzelt gespielt - daran erinnert er sich gar nicht gern. Deshalb waren auch die "Hiatamadl"-Rufe der Regensburger Zuhörer völlig vergebens. Dieses Stück gibt's niemals wieder live, sagt der Hubert. Schad, sagt der Fan. Aber dafür gab's ja andere schöne Sachen - Om und unt zum Beispiel oder den Juchitzer, den Maria Craffonara fast genauso gut hinbekam wie anno dazumal Sabine Kapfinger, die den Hubert dereinst das Jodeln lehrte.

"Lässig woas mit eich"

25 Jahre hinwiederum ist es her, dass Buchners erste Langspielplatte mit dem schlichten Titel Haindling auf den Markt und zum Erfolg kam. Deshalb ist die Band derzeit auch auf Jubiläumstournee. Im Osthafen kam schon fast nostalgische Stimmung auf: "Paula, oh Paula, mia fanga jed'n Dog vo vorn o..." Wer möchte da nicht mitträllern. Bis in die Anfänge ging's zurück: Du Depp, I hob di lang scho nimma g'seng (da hat er sogar ein Stückerl Text vergessen...). Ach ja, schee war's. Oder, wie Hubert von Goisern zum Abschied bemerkte: "Lässig woas mit eich."

Hubert von Goisern: Live in Regensburg - 29. Juni 2007

3. Juli 2007 | Fotos: © Elli Christl

Poesie pur für 3000 Gäste von Hubert Goisern

Passauer Neue Presse 2. Juli 2007 | Text: Christine Pierach | Fotos: Robert Geisler

Claudia Koreck und Hubert von GoisernFabelhaft hat der Rathausplatz sein Debüt als Konzertarena am Samstag mit Hubert von Goisern gegeben. 2500 Zuhörer, dazu 500 Zaungäste am Römerplatz, in Milch- und Schrottgasse schwelgten in alpiner Weltmusik.

Und wieder hat Eulenspiegel Till Hofmann gegen Bedenken der Stadt, der Anwohner und der Altstadtwirte ein Bravourstück abgeliefert. Der gebürtige Passauer weiß, was er an dieser Stadt hat und umgekehrt: "Ich möchte die Poesie ihrer Plätze bespielen. Das ist jeden Aufwand wert. Das bleibt. Das nimmst du mit für immer." Und es war Poesie pur: Bei der Premiere blickten die Musiker über 3000 Menschen hinweg auf die sommernächtliche Rathauszeile. Die Besucher bezauberte der Georgsberg samt angestrahltem Oberhaus über dem Bühnenschiff, flankiert von zwei Videowänden. Polizei, 20 Profi-Ordner und 13 Sanitäter fanden es einstimmig "einen angenehmen Dienst" in der überschaubaren Arena mit den guten An- und Abfahrtswegen. Nachmittags freilich sorgte der Wegfall eben dieser Alltagsrolle des Rathausplatzes als Verkehrs-Drehscheibe für chaotische Momente und hitzige Dispute mit ganz sturen Autofahrern. Die Freudenhain-Abiturfeier im Rathaussaal verschärfte die Lage noch. Stoisch bauten die Helfer ab 15 Uhr den Ratskeller-Biergarten um verwunderte Gäste herum ab und stellten mehr als 1900 Klappstühle auf. Wirt Kurt Strigler - Familie und Personal hatten Freikarten für beide unfreiwillig freien Abende - schaute sich die Szenerie vom Logenplatz Wohnzimmerfenster ergeben an: "Ich mag Kultur und unterstütze sie. Am Rathausplatz aber ist oft genug Hochwasser. Das reicht als Spektakel. Wenn wir Sintflut hätten, könnte das Goisern-Schiff am Domplatz ankern. Da soll sich Kultur abspielen, finde ich."

Scharfrichter-Nachbar Walter Landshuter zieht den Hut vor Till Hofmann: "Eine großartige Idee! Ich finde es toll, dass die Stadt sich nach 20 Jahren chronischer Bedenken zur Genehmigung durchgerungen hat." Konform geht Stadträtin Erika Träger: "Wir sollten Passaus schöne Plätze wirklich mehr nutzen. Ich habe Respekt vor Till, dass er so kreative Ideen hat und sie auch durchsetzt." Landshuters Kritik: "Nicht gut ist, dass die Altstadt-Wirte nicht einbezogen sind, allen voran der vom Ratskeller."

Wie auf Stichwort schlenderte da Till Hofmann vorbei, schlug vor, der Scharfrichter solle bis zur Absperrung Tische ins Freie stellen. Gesagt, getan. Jodlerwirt und Goisern-Fan Sepp Eichinger war in der pulsierenden Schrottgasse in seinem Element. Er findet es "hervorragend, wenn Leben hereinkommt in die Altstadt, wenn sich was rührt". Wie schon in der Kunstnacht zuvor schenkte er Prosecco aus. Bewirtet und nicht, harrten rund um die Konzertzäune bis 23 Uhr etwa 500 Zaungäste gut gelaunt bis zum letzten Zugabejodler aus.

Hubert von Goisern

Hubert von Goiserns völkerverbindende Donau-Tour ankert in Regensburg

Mittelbayerische Zeitung 30. Juni 2007 | Foto: altrofoto.de

HvG & HaindlingMit einem Konzert vor mehr als 3000 Zuhörern im Regensburger Osthafen hat Hubert von Goisern auf seiner völkerverbindenden Schiffstour entlang der Donau erstmals in Deutschland geankert. Nach dem Auftritt der bayerischen Gruppe Haindling spielten die Musiker um den Österreicher von Goisern am Freitagabend ihre Mischung aus modernem Rock mit traditionellen und klassischen Elementen, die sie in den kommenden Monaten noch in zehn weiteren mittel- und osteuropäischen Ländern am Ufer des Flusses vortragen wollen.

Von Goisern ist dabei als Botschafter der europäischen Kulturhauptstadt Linz 2009 unterwegs. Der Regensburger Auftritt wurde auch für eine Unterschriftenaktion gegen den Donauausbau genutzt. Mit seiner rund 20-köpfigen Band und Crew fährt der Musiker den Sommer über mit einem Schiffsverband auf dem Fluss, neben ihrem Wohnschiff hat die Truppe ein Schiff mit einer riesigen Bühne samt Licht- und Tontechnik dabei. Auf dieser schwimmenden Bühne will von Goisern jeweils mit lokalen Bands Konzerte geben. In Bayern waren noch zwei weitere Konzerte in Passau mit der Claudia-Koreck-Band (30. Juni und 1. Juli) geplant. Dann geht es Richtung Südosteuropa, bis in die Ukraine.

Hubert von Goisern: Live in Melk - 26. Juni 2007

29. Juni 2007 | Fotos: © Elli Christl

Aufgeigen donauabwärts

Süddeutsche Zeitung 28. Juni 2007

"Die Möglichkeit des Scheiterns ist groß" - was Hubert von Goisern an seiner europäischen Flusstour reizt

Es ist sein bisher größtes Projekt: Zwei Jahre lang will Hubert von Goisern mit Begleitern auf der Donau unterwegs sein. Als Botschafter für die Kulturhauptstadt Linz (2009) spielt er allein in diesem Sommer 25 Best-of-Konzerte mit musikalischen Gästen an Bord. Im Vordergrund steht die Begegnung, und so trifft der Österreicher, Jahrgang 1952, im Hafen von Regensburg auf Haindling (29.6., Telefon 21 83 91 82), in Passau auf Claudia Koreck (30.6., 1.7.). Bernhard Blöchl sprach vorab mit ihm.

Drei Schiffe, Hunderte Kilometer, viele Ideen. Was treibt Sie an?

Natürlich könnte ich mein Leben bequemer gestalten, indem ich eine traditionelle Tour spiele. Aber ob das schöner ist? Ich glaube, dass das Leben für mich dann einen Sinn ergibt, wenn ich Erfahrungen sammle. Ich bin ein neugieriger und abenteuerlustiger Mensch. Mit fortschreitendem Alter kann man sich an größere Dinge heranwagen. Dieses Projekt ist deshalb so spannend, weil die Möglichkeit des Scheiterns groß ist. Es gibt sehr viel, worauf wir keinen Einfluss haben. Man muss schon an ein Wunder glauben. Das Projekt ist so etwas wie eine Prüfung für das Selbstvertrauen.

Auf die Idee sollen Sie beim Fischen an der Donau gekommen sein ...

Ja, aber die Uridee entstand in Afrika. Ich wollte und möchte noch immer eine ähnliche Tour entlang des Ufers des Tanganjikasees machen. Diese Vision gibt es seit zehn Jahren. Aber das ist um einiges komplizierter.

Sie meinen, die Linz-Europa-Tour ist zu verstehen als eine Art Vorstufe?

Ja, obwohl es dort ganz anders funktionieren muss. Indem man aber zeigt, dass so etwas überhaupt möglich ist, ist es schon als Vorstufe zu verstehen. Hier bin ich mehr oder weniger zuhause. In Afrika braucht man eine afrikanische Integrationsfigur, die das trägt. Es wäre das falsche Signal, wenn da wieder ein Europäer kommt, so à la Geldof: Wir helfen euch, wir machen das jetzt für euch! Ich bin ganz stark für Selbsthilfe.

Hier geht es um den europäischen Diskurs und um die kulturelle Osterweiterung. Welche Rolle spielt die Musik?

Die zentrale Rolle. Denn die Sprache, in der die Menschen an Bord kommunizieren, wird die Musik sein. Musik ist eine Sprache, in der man nicht lügen kann. Man kann sich musikalisch nichts vormachen. Es wird immer ganz klar, wie jemand ist, wenn er anfängt zu singen und zu spielen. Musik ist etwas, in das sich sehr viele Menschen einklinken können. Die Musik ist ein Kristallisationspunkt für ein großes Gefühl des Miteinanders.

Hubert von Goisern: Live in Melk - 26. Juni 2007

28. Juni 2007 | Fotos: © Presseservice Donauarena

Der ganz andere Musikdampfer

Abendzeitung 27. Juni 2007 | Text: Arno Frank Eser

Hubert von Goisern tourt mit dem Schiff die Donau rauf und runter

Die schöne blaue Donau ist heute überhaupt nicht schön. Und blau war sie sowieso noch nie. Auf ihren Wellen bilden sich gefährliche Wirbel und weisse Gischtkrönchen. Nein, nicht schon wieder! Erst letzten Abend hatte es Hubert von Goisern und seiner Mannschaft die ganzen Bühnenaufbauten auf ihrem Schiff durcheinandergewirbelt - und heute soll das Eröffnungskonzert für die grosse Linz Europa Tour 2007 - 2009 auf dem Wiener Inselfest sein!

"Endlich geht's los", freut sich Hubert von Goisern. "Wenn wir gewusst hätten, wie komplex und vielfältig all die Probleme sind, hätten wir das Projekt vielleicht gar nicht erst angefangen. Es ist schon gut so, dass man nicht immer alles weiss." Das Projekt: in den nächsten beiden Jahren ist Goisern mit Band per Flussschiff auf Tour durch halb Europa.

Wenn der König des Alpenrock von Problemen spricht, dann meint er nicht nur die Widrigkeiten des Wetters, sondern viele kleine und grosse Stolpersteine wie Logistik, Behördengenehmigungen, Nautisches und auch Soundtechnik. "Und dennoch: Man kann nicht alles durchplanen. Es gibt vieles, was wir auf uns zukommen lassen müssen. Ob wir wollen oder nicht." Dass allerdings schon beim Eröffnungskonzert Improvisationskunst gefragt war, konnte keiner ahnen. Doch die Fans dankten es auch beim um zwei Tage verschobenen Wiener Debüt mit "Zugabe, Zugabe"-Rufen.

Die Linz Europa Tour 2007 - 2009 führt heuer durch Osteuropa bis ans Schwarze Meer, nächstes Jahr nach Norden bis Rotterdam; und im Jahr 2009 gipfelt das Ganze im Hafenfestival in Linz, das dann Europas Kulturhauptstadt sein wird. Alle Künstlerinnen und Künstler, denen Hubert von Goisern auf seinem Abenteuer entlang der Ströme Europas begegnet, sollen dann kommen.

Der Schiffsverband um die "MS Wallsee" besteht aus einem Schubschiff, zwei Aufenthalts- und Wohnschiffen und führt eine Barge mit schwimmender Bühne mit sich, von der aus Musik gemacht wird. Jeweils mit lokalen Musikern, die mit der Goisern-Band auftreten. An etwa 50 Hafenorten wird der Tross festmachen. Jetzt geht es erst einmal von Österreich nach Deutschland, dann nach Ungarn, Kroatien, Serbien, Bulgarien, Rumänien, durch die Slowakei und die Ukraine.

Der Münchner Hage Hein, seit langen Jahren Goiserns Freund und Manager, wird schon am Tag nach dem Ablegen nervös: "Das Ding fährt doch viel zu langsam, ich muss unbedingt mit dem Kapitän sprechen, sonst schaffen wir den Zeitplan nicht!"

Insgesamt 25 Leute sind permanent an Bord, inclusive Crew, plus Gäste. Und alle haben sie Hunger, mehrmals am Tag. Eine Herausforderung für Küchenchef Holger Alt, der auf kleinstem Raum zaubern will. "Am Anfang hatte ich ja noch die Illusion, ich könnte über die Märkte bummeln und regional kochen. Aber das wird wohl zu knapp. Dennoch versuche ich immer, auch etwas Lokalkolorit in die Speisekarte einzubauen." Aus Holgers Kassettenrekorder tönt Hans Albers mit Seemannsliedern.

Kaum, dass man in Wallsee, dem selbsternannten "Florida des Mostviertels", abgelegt hat, machen schon die ersten Flüsterparolen die Runde: "Hat auch jeder genug Anti-Mückenmittel dabei? Die Viecher fressen einen auf, je weiter östlich wir kommen!" Die Mücken, auf österreichisch: die Gelsen, werden zu fliegenden Schreckgespenstern über unserem schwimmenden Dorf. Bis endlich Petra Hinterberger, zuständig für elektronische Bildverarbeitung, dem Ganzen einen Schlusspunkt setzt: "Ja, ja, ich weiss schon, Gelsen so gross wie Vögel und hungrig wie Vampire! Das werden wir dann schon sehen …!"

Schon am ersten Abend wird an Bord fleissig musiziert. Die Sängerinnen Marlene Schuen, Maria Moling und Maria Craffonara, allesamt Mitglieder der neu zusammengestellten Goisern-Band, verblüffen mit rumänischen Volksliedern. Und lachen sich schier schlapp, als sich eins der Sofas immer wieder auseinanderschiebt. "Deswegen hab' ich sie ja mitgenommen", sagt der Chef aus Bad Goisern, "weil sie so lustig sind!"

Das Schiff mit dem Open-Air-Gemeinschaftsraum ist liebevoll gestaltet, vom grünen Kunstrasen bis hin zu bunten Kübelpflanzen, alles sehr detailverliebt und geschmackvoll. "Da hat der Hubert selbst Hand angelegt", weiss Manager Hage Hein.

Klar, dass es sich in so einer Umgebung gut aushalten lässt. Gleich nach dem ersten Frühstück probt der Hubert mit seinen Vokalistinnen und seinem Kumpel Willi Resetarits, früher unter dem Namen "Ostbahn-Kurti" eine Wiener Szene-Grösse. Willi ist stolz, dass er bei diesem Projekt mitmachen darf, und der Schmäh geht ihm nicht aus: "Ich würde jetzt gern etwas ganz Bedeutungsvolles sagen. Aber mir fehlen einfach die Worte."

Allen an Bord ist klar, dass es um mehr geht als um einen Pfadfinderausflug. Die neuen EU-Länder sollen erkundet werden; und man will Spuren hinterlassen, nicht nur musikalische. Ins Zentrum rücken, so Goisern, sollen "die Menschen am Ufer und ihre Wünsche, Hoffnungen und Probleme."

Hage Hein bringt es auf den Punkt: "Dieses Projekt ist grösser als alle Beteiligten!" Und damit meint er nicht die vier Millionen Euro Gesamtetat für das Unternehmen, sondern den Geist dahinter.

Doch schnell holt ihn wieder der Schiffsalltag ein: "Was? Wirklich nur fünf Trinkwasser-Auffüllstationen bis zum Schwarzen Meer?" Tourmanager Jonas Steckel schlägt vor: "Sofort an alle den Appell raus, dass Duschen Luxus ist, und dass es ein morgendliches Bad in der Donau auch tut!"

Und was gibt es sonst für Spielregeln an Bord? "Den Dreck, den man macht, selber wegräumen. Mehr kann ich dir nicht sagen", erklärt Jonas, "denn für uns ist ja auch alles neu. Wir müssen also auch alles erst erarbeiten. Am Ende der Reise sind wir schlauer!"

Was aber schon von Anfang an klar ist: Wir müssen Müll trennen! Roter Sack, gelber Sack, blauer Sack. Denn schliesslich schmeisst man ja nicht gleich seine guten Vorsätze in Sachen Umwelt über Bord! Wir doch nicht!

Das bunt bemalte und beschriftete Schiff erregt Aufsehen. Überall am Ufer stehen Menschen und winken. Das Projekt hat sich herumgesprochen. Und einem Fan gelingt es, uns von einer Brücke runter eine grosse Kiste frischer Frühstückssemmeln abzuseilen.

Fröhliche Spannung kommt auf, als die ersten Gastmusiker an Bord kommen, die Ethnorock-Gruppe Zdob și Zdub aus Moldavien. Manager Igor Buzurniuk hat sich einen heftigen Sonnenbrand auf dem bunt tätowierten Rücken eingefangen und man hilft mit Cremes und guten Worten, so gut man kann. Ansonsten wird fröhlich parliert, englisch, deutsch, italienisch, mit Händen und Füssen. Es geht schon irgendwie. Man muss nur wollen. Igor ist hin und weg: "Sehr schön! Grosse Idee!" Auch er weiss natürlich, dass jede Idee nur so gut ist wie ihre Umsetzung. Hage Hein: "Es bleibt spannend bis zum Schluss!" So manche Schiffsreise ist am Lagerkoller unter der Besatzung gescheitert.

Hubert von Goisern hat sich von dem unwetterbedingten verzögerten Auftaktkonzert an der Wiener Donauinsel nicht beeindrucken lassen. Er freut sich auf alles Kommende: "Ich hoffe, dass wir alle wieder gesund zurückkehren und viele spannende Geschichten zu erzählen haben." Und als er zwischendurch die telefonische Nachricht bekommt, dass sein Sohn Niko das Abitur bestanden hat, ist er richtig happy.