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LINZ EUROPA TOUR 2007-2009

Du spürst die Zeit nicht

Salzburger Nachrichten 25. November 2006

Hubert von Goisern will eine Band zusammenstellen und komponieren. Dafür ist keine Zeit. Noch sind Organisationsfragen für sein Projekt "Linz-Tour 2007/2009" zu klären. Er hat Stress, "aber einen angenehmen, weil's ausschaut, als würd's was werden".

Statt das gemütliche Leben eines erfolgreichen Musikers zu führen, brechen Sie immer wieder zu Expeditionen auf, deren Ausgang reichlich ungewiss ist. Was treibt Sie hinaus?

Es ist Abenteuerlust, die sich im konkreten Fall der Linz-Tour paart mit der Idee, Südosteuropa und seine Menschen kennen zu lernen. Das ist eine Gegend, von der ich kaum eine Ahnung habe.

Wie kamen Sie auf diese Idee?

Die Idee entstand beim Fischen ...

Beim Fischen? Muss man sich da nicht stark konzentrieren, damit man was fängt.

Ja eh. Aber wenn nix beißt, hat man viel Zeit. Da fließen dann die Gedanken.

Dieser Gedankenfluss ergibt dann als Idee eine dreijährige Tour auf der Donau?

Eigentlich ist es eine Idee für den Tanganjika-See in Ostafrika, um den viele Völker leben, die sich - sagen wir's vorsichtig - nicht besonders gut verstehen. Da war ich vor zehn Jahren und dachte damals, es wäre klass, mit einem Schiff alle Länder anzufahren. An Bord sollten Musikgruppen jedes Landes sein und wir würden Konzerte geben. In Afrika ist das aber noch viel komplizierter, als hier so was zu machen. Im Vorjahr beim Fischen auf der Donau kam dann die Idee, ein solches Projekt in Europa zu verwirklichen.

Auf der Donau müssen Sie etwa hundert Mal die Strecke zurücklegen, die der Dachstein, ein Hausberg in Bad Goisern, hoch ist. Den Dachstein finden sie "schön und herausfordernd". Warum muss es denn ein völlig neues Terrain sein?

Na ja, ich muss ja nirgends hin. Ich hab nur immer wieder das Gefühl: Das möcht ich aber jetzt schon noch machen, weil das kann ich nicht so einschätzen, was da ist. Das Unbekannte ist ja bereichernder als das Bekannte. Und wenn ich so was angehe, überleg ich vorher nicht lange, ob es anstrengend wird oder welche Widerstände es geben kann.

Das ist aber ein halbwegs naiver Gedanke bei einem solchen Großprojekt.

Eh. Und dann denk ich auch: Ja brauch ich das alles? Daheim ist ein Superwetter. Ich könnt auf einem Gipfel stehen. Stattdessen tu ich Depp da herum. Man ist nie frei von Hader und Selbstzweifel.

Warum tut man sich's trotzdem an?

Wenn alles verkohlt ist, bleibt von den Reisen manchmal ein größerer, manchmal ein kleinerer Diamant, der funkelt und glitzert. Ich erinnere mich dann mehr an die Menschen als an das, was wir genau getan haben. Das Wissen, dass da und dort auf der Welt Leute sitzen, die mir gut gesinnt sind, das reicht, um sich gut zu fühlen.

Keine Enttäuschungen?

Ich neige dazu, die Sachen im Nachhinein zu verklären. Aber freilich gibt es Enttäuschungen, weil man ja immer voller Hoffnungen und Erwartungen aufbricht.

Wie unterscheiden sich die Leute am Wasser von denen in den Bergen?

Es gibt viele Ähnlichkeiten. Beide Landschaften bergen durchaus Gefahren, auch wenn man die der Schönheit wegen oft nicht wahrnehmen will. Auf Reisen hab ich festgestellt, dass es bei den Leuten, die unmittelbar mit den Gefahren der Natur leben müssen, eine große Ernsthaftigkeit und Gelassenheit gibt und eine Haltung, die sagt: Wie's is, so is.

Womit wir wieder beim Zufall und der Unvorhersehbarkeit des Fischens wären.

Ich find, das ist eine Schule des Lebens. Jeder lernt dauernd und muss Konsequenzen daraus ziehen. Im urbanen Umfeld ist da sicher ein anderes Lebensgefühl als im ländlichen Bereich. Ich habe das Glück, dass ich einen Mix zusammengebracht habe. So entsteht vielleicht der Antrieb dauernd zu fühlen, dass da noch was ist, wo man hinwill.

Gibt es einen Unterschied, ob sie professionell als Musiker reisen oder als Privatperson?

Wenn ich allein unterwegs bin, kann ich mit allen Widrigkeiten leichter umgehen. Da kann man sich leicht anpassen.

Lässt sich so ein "leichtes Anpassen" bei einer Planung, wie es die Linz-Tour oder andere Ihrer Konzertreisen verlangten, durchhalten?

Nicht immer. Ich will schon, dass alles funktioniert, dass wir gute Plätze haben, an denen wir auftreten können, dass eben die Rahmenbedingungen stimmen.

Die Bewegung auf dem Wasser ist jedenfalls bequemer als die beim Bergsteigen.

Vor allem wenn man flussabwärts fährt. Keiner muss sich anstrengen. Du hast das Gefühl, du stehst und die Welt zieht an dir vorbei. Du spürst die Zeit nicht. Das ist etwas, das mich ungeheuer fasziniert.

Sie haben dabei aber schon auch eigene Spuren hinterlassen oder?

Sicher könnte ich es mir einfach machen und die Regionen nur so bereisen, durchwandern oder mich in ein Kanu setzen. Aber es ist schon so wie ein Geschenk, dass ich mit der Musik Menschen erreiche, die ich mit Wörtern nie erreichen kann.

Das heißt, dass man so ein Projekt - wie das Fischen - nicht ganz auf gut Glück macht?

Genau. Ich bin beim Fischen ja auch erfolgsorientiert. Aber ich hab zu oft nix gefangen, als dass ich immer noch denken würde: Das muss jetzt klappen, es muss was beißen. Ich weiß längst: Es muss auch nicht, Und trotzdem war es dann ein schöner Tag.

Aber viele Dinge können ja auch bei bester Organisation nicht geplant werden.

Das halt ich auch für spannend und wichtig. Ich glaube, wenn man bei allen Sachen, die man anpackt, immer genau wüsste, was auf einen zukommt, dann wäre viel nicht so, wie es ist auf unserer Welt.

Linz 09: Musik wird zur gemeinsamen Sprache

Radio FRO 30. Oktober 2006 | Text: Nicole Erl

Ein Bericht über die Linz Europa Tour, bei der der oö. Musiker Hubert von Goisern entlang der Donau auf einem umgebauten Schiff Konzerte gibt und auch Musiker vor Ort einlädt mit ihm auf zu treten. Bei dem Projekt im Rahmen der europäischen Kulturhauptstadt Linz 09, geht die Route sowohl nach Ost- wie auch Westeuropa.

Zu Wort kommen: Vzbgm. Erich Watzl, Linz09 Intendant Martin Heller und Hubert von Goisern.

Radio FRO-Bericht (als Stream oder Download erhältlich)

Die Arche des Hubert von Goisern

OÖN 31. Oktober 2006

Mit einem zur Bühne umgebauten Schiff bricht Hubert von Goisern im Sommer 2007 zu einer kulturellen Donau-Expedition zwischen Schwarzem Meer und Nordsee auf. Die "Linz Europa Tour"
ist ein Projekt für die Kulturhauptstadt 2009.

Wann entstand die Idee?

1996, als ich in Ostafrika am Tanganjika-See war, der 1000 Kilometer lang und 70 Kilometer breit ist. An dem leben viele Völker, und zumindest deren Politiker sind einander nicht grün. Ich dachte mir, es wäre super, von jedem Volk eine Musikgruppe an Bord eines Schiffes zu nehmen, in den Häfen zu spielen, damit die Leute einander kennenlernen. Ich bin noch immer dran, aber politisch ist das noch komplizierter, als so etwas in Europa zu machen. Vor einem Jahr entstand dann die Idee, dieses Vorhaben auf der Donau zu realisieren.

Was bedeutet Ihnen das Element Wasser?

Ich steh auf Wasser. Es trägt. Ich mag es auch als Schnee, als Eis, nur wenn es zu viel ist, ist es nicht so gut.

Was erwarten Sie sich vom Projekt?

Das ist eine ganz egoistische Haltung: Ich will Südosteuropa, die Gegend, die Menschen, die Musik, ihr Essen kennenlernen, mein Verständnis dafür erarbeiten. Es geht um das Erweitern des Freundeskreises.

Sie wollen drei Monate nicht von Bord gehen?

Es ist so klass, auf einem Schiff zu sein. Es ist wie ein schwimmendes Dorf. Du bist immer daheim und trotzdem jeden Tag woanders. Es ist ein anderes Lebensgefühl, und die Leute, die entlang der Donau wohnen, sind anders als jene, die 30, 40 Kilometer davon weg sind.

Was reizt an der südosteuropäischen Kultur?

Dass sie mir fremd ist. Und trotzdem spüre und weiß ich, dass es dort unglaubliche Musiker gibt, die eine fast beängstigende Virtuosität haben.

Sie wollen Grenzen sprengen?

Abbauen. Die Grenzen sind eh nur im Kopf. Wenn man in die Landschaft schaut, sieht man ja nicht, dass da was aus ist und da was anfängt. Ich mag einen Beitrag leisten, dass man sich näherkommt und die Ängste abbaut, die nur aus einer Unwissenheit kommen.

Sehen Sie sich als Botschafter Oberösterreichs?

Ich fühle mich so. Ich will, dass jeder die Chance kriegt, sich über die Musik ein Bild von uns zu machen.

Pressekonferenz - 30. Oktober 2006

30. Oktober 2006 | Foto: © Linz09
Martin Heller und Hubert von Goisern

Linz ist 2009 Kulturhauptstadt Europas. Die Energien und Möglichkeiten dieser großen Chance und Aufgabe verbinden sich nun bereits im Vorfeld mit dem außergewöhnlichen Vorhaben des oberösterreichischen Musikers Hubert von Goisern - der Linz Europa Tour. Von Linz aus wird Hubert von Goisern im Frühjahr 2007 seine Reise antreten: zunächst in den europäischen Osten, danach in den Westen, um schlussendlich, mit reichlicher Ernte, zurück zu kehren nach Linz.

Linz 2009 ist stolz und neugierig auf die Zusammenarbeit mit Hubert von Goisern, Intendant Martin Heller charakterisiert ihn als "authentische, reiche Künstlerpersönlichkeit jenseits von Klischees." Und: "Von Anfang an war bei allen Beteiligten rund um dieses Projekt eine unglaublich vitale Energie zu spüren, und das Gefühl einer Notwendigkeit - beste Voraussetzung für eine erfolgreiche und sich gegenseitig stimulierende Kooperation." (Linz09.at)