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S'NIX TOUR 2008-09

Goisern sorgt für drei Stunden Hochspannung am Stück

Schwäbische Zeitung 18. Oktober 2008 | Text: Cornelia Addicks

Tuttlingen - Drei Stunden Hochspannung am Stück: Hubert von Goisern hat auf seiner s'nix-Tournee am Donnerstag in der Stadthalle gastiert. Die 1200 Fans hatten auch weite Anreisen nicht gescheut, um eines der 18 Konzerte zu erleben, die der Alpenrock-Pionier in Deutschland gibt.

"Des ischa!", tuschelt eine Frau ihrer Nebensteherin begeistert zu, als der 55-jährige Weltmusiker ein paar Minuten nach acht auf die Bühne kommt. Mit ungewohnt "zivilem" Haarschnitt, schlicht in Hemd, Hose und Turnschuhen. Und mit einer Novak-Diatonischen, von der er einmal schrieb, sie sei das "Maß aller Dinge in Sachen Ziehharmonikas".

Zu den Klängen der "Alm" tanzt der Goiserer selbstvergessen über die Bühne, dreht dem Publikum den Rücken zu. Gleich darauf behauptet er lautstark: "Es gibt koa deitsches Wort für Showtime!" Im Text von Showtime, dem ersten Stück auf der CD, zählt der Liedermacher zwar neben "Tibetern, Schiiten und Niloten" auch Berliner und Friesen auf. Hat er die Schwaben vergessen? Oder ist ihm da bloß kein Reim eingefallen? Egal, seine launigen Bemerkungen über die junge Donau draußen vor der Halle wiegen dieses Versäumnis auf.

Und dann der ersehnte Jodler

Als stürmischer Liebhaber verspricht er ein Feuerwerk in der Nacht: "I wü di mit Haut und Haar, jetzt oder nie!". Das sorgt für Gänsehaut. Ausgesprochen rockig schallt sein I wü leben! durch die Halle. Erst nach vierzig Minuten, nach dem Weltuntergang, stößt Herr Achleitner, wie der Star mit bürgerlichem Namen heißt, den ersten ersehnten Jodler aus. Nach dem langsamen Trompetensolo bei Kohler seufzt ein Zuhörer hingerissen: "Des könnt' er von mir aus den ganzen Abend spielen."

Selbst gestandene Männer bekommen bei dem herzzerreißenden Du bist so weit, weit weg von mir feuchte Augen. Und nur die stabilen Absperrgitter im Saal verhindern, dass seine weiblichen Fans die Aufforderung "Kimm her zu mir!" befolgen.

Das Programm mischt gekonnt Neues, wie das aufmunternde Regen, entstanden während der spektakulären Konzert-Schiffsreise bis zum Schwarzen Meer, mit dem altbekannten Wildschützen oder dem selbstzufriedenen I bi å. Nur das Hiatamadl hat Hubert von Goisern wohl endgültig in die Berge verbannt. Er greift mal zum Kazoo, mal zum archaischen Kuhhorn, beweist sich aber auch als versierter Harp-Spieler.

Drei hübsche Ladinerinnen

Gleich drei hübsche Ladinerinnen sind mit auf Tournee: Die Geigerin Marlene Schuen und ihre Schwester Elisabeth, deren klassisch geschulter Sopran für Beifall sorgt, sowie Maria Moling mit den vielfältigen Perkussionsgeräten. Die "Manner" der Band sind alle Österreicher: Keyboarder David Lackner, Schlagzeuger Alex Pohn und Bassist Helmut Schartlmüller. Mit dem erst 25-jährigen Linzer Gitarristen Severin Trogbacher liefert sich "Platzhirsch" Hubert von Goisern, die Quetschn vorm Bauch, eine Art Revierkampf. Spannend. Als wahrer Österapper beweist er sich mit der Behauptung "wannssowarwarmascheebläd". Ein 1200-kehliger Chor begleitet ihn bei der allerletzten Zugabe auf seinem "Weg durchs Tal". Er ist zufrieden und lobt lächelnd: "Schee!"

Hubert von Goisern: Live in Aalen - 15. Oktober 2008

18. Oktober 2008 | Fotos: © Elli Christl

Das war was! Aber hallo!

Gmünder Tagespost 16. Oktober 2008 | Text: Jens Eber | Foto: Peter Hageneder

Hubert von Goisern und seine erweiterten "Alpinkatzen" machen in der Greuthalle Musik für die Welt

Hubert von Goisern & Helmut Schartlmüller

Nach fast drei Stunden Musik hielt die Zuhörer nichts mehr auf den Sitzen: sie sprangen auf und bejubelten Hubert von Goisern und seine Band. S'Nix heißt die Tour, die den Österreicher am Mittwoch in die nahezu vollbesetzte Greuthalle in Aalen führte. Jetzt muss man kontern: "Das war was!"

Der Auftakt gab gleich die Marschroute vor: Hubert von Goisern latschte gemütlich auf die Bühne, schnallte sich die Ziehharmonika um und spielte eine Weise, die alsbald einen um sich greifenden Mitklatschreflex auslöste. Mitten hinein in die Solide Alm, so der Titel, krachte die Band, die für die nächste halbe Stunde nicht mehr von hartem Rock abließ. Mit Showtime servierte Hubert von Goisern gleich an zweiter Stelle ein Stück seiner aktuellen CD S'Nix.

Die Showtime überlässt der 55-Jährige dabei lieber anderen: am rechten Bühnenrand tobte sich der großartige Gitarrist Severin Trogbacher aus, links das Südtiroler Blickfang-Trio, die Sängerin Maria Moling (auch Percussion) und die singenden und geigenden Schwestern Elisabeth und Marlene Schuen. Während Keyboarder David Lackner nur bei leiseren Passagen voll zur Geltung kam, beeindruckten Schlagzeuger Alex Pohn und Bassist Helmut Schartlmüller über fast drei Stunden hinweg mit unbestechlichem Groove.

Mit dieser großartigen Mannschaft war Hubert von Goisern die vergangenen zwei Jahre zwischen dem Schwarzen Meer und der Nordsee auf einem zur Konzertbühne umgebauten Schiff unterwegs, von dem aus jede Anlegestelle beschallt wurde. Kein Wunder, dass das achtköpfige Ensemble sich auf dieser Anschluss-Tour wie blind versteht. Die Erfahrungen der Schiffsreise führten von Goisern am Mittwoch zu einer etwas anderen Europa-Rede, die von der Überwindung des Fremdelns handelte. Ansonsten beschränkte sich der Österreicher nach einem freundlichen "Griaßt's Euch!" zumeist auf ein "Dankscheen". Als Hubert von Goisern Anfang der Neunzigerjahre mit seinen Alpinkatzen und den "Hiatamadln" die Charts stürmte, bekam er bald das Prädikat des Alpenrockers angehängt. Dabei sind die Verwendung von Ziehharmonika und Jodlern zwar Markenzeichen, aber doch nur zwei Stilelemente von vielen.

Nach dem kraftvollen Rock-Auftakt ließ die Band das Konzert für Stunden quasi schweben, spielte sich in einen Rausch aus Reggae, Funk, Blues und allem, was die Musikwelt an Mitreißendem bietet. Ein bestechend klarer Klang ließ dabei noch das kleinste Pling einer Triangel durch. Man mochte sich weder satthören noch -sehen an der Spielfreude dieser Band, die sich sogar bei den am Bühnenrand ausgelassen tanzenden Roadies fortsetzte. An der Musik Hubert von Goiserns fasziniert nicht nur die Vielfalt - Musikstile aneinander zu fügen, ist allein noch keine Kunst. Was die Musik aber einzigartig macht und das Konzert am Mittwoch zum Erlebnis werden ließ, ist die ungemeine Wärme, die noch das kernigste Stück Rock ausstrahlt, ganz zu schweigen von so ergreifenden Perlen wie Weit, weit weg oder den in getragene Schwermut eingestreuten Jodlern.

Diese Stimmung nahm das Publikum in der Greuthalle so gefangen, dass nicht einmal die, so von Goisern, "auf Wunsch des Getränkeverkäufers" eingelegte Pause die Begeisterung nachhaltig bremsen konnte.

Hubert von Goisern: Live in Berlin - 12. Oktober 2008

Deutsche Mugge 15. Oktober 2008 | Text & Foto: Dieter Meixner
Hubert von Goisern

Das Konzert von Hubert von Goisern und seiner Band sollte eigentlich am 09.10.2008 im Berliner Huxleys stattfinden, wurde aber aus gutem Grund in den Admiralspalast an der Friedrichstraße verlegt. Denn mit den Fans, die an diesen Abend Hubert von Goisern sehen wollten, hätte man das ehrwürdige Huxleys sicher drei mal füllen können.

Der Admiralspalast bot ein würdiges Ambiente für diesen Abend. Zwei Stunden vor Einlass standen sie, die die "guten Plätze" erhaschen wollten, schon vor den Toren, in Erwartung auf einen tollen Abend. Hubert von Goisern ist sehr bekannt, das merkte ich bald. Aber für alle, denen bei diesem Namen nicht sofort ein bekanntes Lied über die Lippen fliegt, ein paar Worte zu seiner Musik: Er ist unbestreitbar und untrennbar mit dem Alpenrock verbunden. Traditionelle Lieder seiner österreichischen Heimat, mit Rock und Blues vereint, paart er mit Ländler, Drumbeats, Weltmusik und Polka. In Fachkreisen wird er als der Erfinder des Begriffs Alpenrock gefeiert. Signifikant dafür ist das in seinen Liedern vorerstige klangliche Erscheinen des Akkordeons, was dann durch das Spielen der E- Gitarre ausgeglichen wird. Das geht dann sogar in Richtung Reggae, Soul und Jazz. Seine Texte sind verspielt, romantisch und trotzdem zeitweise sehr heftig und kritisch.

Seine Europatournee liegt gerade hinter ihm. Das besondere an dieser Tournee war, dass er mit einem zur Bühne umgebauten Frachtschiff auf der Donau unterwegs war. Der 55-jährige war da als Botschafter der Kulturhauptstadt Linz bis nach Ungarn und Rumänien unterwegs. Insgesamt waren es in den zwei Jahren 12 Länder denen er einen musikalischen Besuch abstattete. Eigentlich heißt Hubert ja mit bürgerlichen Namen Hubert Achleitner, aber er stammt aus Bad Goisern und somit entwickelte sich der "Künstlername". Das neuste Projekt sind Auftritte im Nightliner-Bus auf Deutschlands Straßen.

Vorab muss ich sagen, dass ich mich als Vertreter von Deutsche Mugge als geladener Gast an diesen Abend sehr wohlgefühlt habe, was an der Gastlichkeit des Hauses, der Gastronomie und natürlich dem tollen Konzert, was pünktlich um 20.00 Uhr begann, lag. Da ich genau vorn mittig vor der Bühne stand, störte mich das Gedränge im gut gefüllten Saal nicht. Die Sitzplätze auf den Emporen waren auch alle besetzt. In grell blauem Bühnenlicht betraten die 8 Musiker die Bühne mit dem Lied Solide Alm. Ich muss gestehen, dass ich wahrscheinlich der einzigste in der ersten Reihe war, der die Texte nicht mitsang (Weil ich sie leider noch nicht kannte). Was ab jetzt für eine musikalische Vielfalt, Tempo, Bühneshow sowie Lichtshow abging, das war schon Wahnsinn. Mir fallen da auf Anhieb auch gar nicht so viele Bands ein, wo das alles stimmte! Dazu ein makelloser Sound, der in allen Ecken des Saales sehr gut zu verstehen war. Ein Lob an die Techniker kann ich mir somit nicht verkneifen.

Hubert bedankt sich für den lang anhaltenen Beifall und erzählte: "Seit zwei Wochen und nach unserer Kreuzfahrttournee wieder das erste Konzert! Ja, wir waren auch in Ungarn, aber als Tourist ist das einfacher. Aber nichts für mich, man braucht einfach einen hinreichenden Auftrag! Also auch spielen. Aber das Geld!? Sie sind zwar in der EU, aber vielen fehlt das Geld. Warum das so ist, will ich jetzt nicht erläutern, aber die Deppen sind auf der ganzen Welt gleichmäßig verteilt. Also haben wir in Ungarn und Rumänien gratis gespielt, was viele gar nicht glauben wollten. Warum war das möglich? Weil Ihr in Deutschland mit eurem zahlreichen Erscheinen diese Konzerte mit sponsert". Das tolle an den Erzählungen von Hubert war, dass auf Grund der tollen Akustik sich regelrecht ein Gespräch von der Bühne und den Fans davor entwickelte.

Dann ging es Schlag auf Schlag und ohne Pause mit Titeln wie Showtime, Wildschütz Räp und Neuer Tag weiter. Die Bühne und die Fans bebten, und die vielen barfüßigen Musiker waren ständig auf der ganzen Bühne unterwegs. Ich glaube nur Helmut am Bass und Hubert selbst hatten Schuhe an.

Hubert brachte wieder die Lacher auf seine Seite als er zwischen den Titel'n erklärte: "Ich komme aus dem Salzkammergut... wir sind Österreich. Die Damen nicht, deshalb sind sie auch langsamer. Nicht dass sie gemütlich wären, sie sind eben langsam... denn wenn man schnell spielt muss man ja auch mehr Lieder können!"

Eine tolle Einlage war für mich auch, das der Cheftechniker (der die Instrumente ständig umräumte, die Gitarren stimmte usw.) immer wieder mal auf der Bühne auftauchte und bei den Titeln mittanzte, und so selbst zu einer gestaltenden Figur des Abends wurde. Als Hubert Regen anstimmte, sang der Saal ganz leise mit, denn es war ein sehr melodischer und poetischer Song. Die Doppelgeige von Marlene und Elisabeth kam da sehr gut zum Einsatz. Aber es ging ja noch stärker in die Gefühle und zugleich in den harten Rock, denn diese Verbindung ging bei fast keinem Titel verloren. Weit weit weg (mein persönlicher Abendfavorit) im Duett mit Maria, da lief einem der Schauer über den Rücken. Hinterher fragte ich mich: Was für Instrumente hat Hubert eigentlich alles gespielt? E-Gitarre, Gitarre, Mundharmonika, Trompete, Alphorn und und... Er ist obendrein auch noch ein Multiinstrumentalist.

Der Abend rückte in die Stunde und er schien trotzdem nicht zu Ende zu gehen, Zugaben.... Zugaben..... und zum letzten Mal kam Hubert ganz allein mit seiner Gitarre auf die Bühne und sang um 21.56 Uhr sein Lied Wenn i durchgeh ... der Hammer! Drei Stunden Hubert von Goisern... ohne Pause! Am Sonntag stimmte alles, es war für mich ein Genuss. Das Konzert war mein persönlicher Höhepunkt dieses Jahr. Man traf zwar nicht wie sonst seine bekannten Leute, aber ich lernte viele neue bekannte Gesichter aus Musik und Schauspiel kennen, und so wurde der Abend auch hinterher noch sehr angenehm. Jetzt heißt es die persönlichen Einladungen des Abends für Deutsche-Mugge zu sortieren und einzuordnen.

Ich kann nur eine Empfehlung aussprechen: Sollte Hubert von Goisern bei Euch mit seinem Nightliner-Bus halten, steigt ein und fahrt mit! Ihr werdet es nicht bereuen. Danke an Hubert, Maria, Elisabeth, Marlene, David, Alex, Helmut und Severin. Ihr seit tolle Gastgeber gewesen und tolle Musiker erst recht. Wir sehen uns wieder - Bis bald...

Jodeln, rocken, Polka tanzen

Volksfreund 15. Oktober 2008 | Text: Anke Emmerling

Jodler und Rap, Polka und Soul, Folklore und Rock, zusammengeschnitten zu einer einzigartigen Melange, die in keine Schublade passt, sich am ehesten mit "österreichische Weltmusik" zusammenfassen lässt - damit begeisterten Hubert von Goisern und seine exzellente Band gut 800 Zuhörer in der Arena Trier.

"Wannst alles ganz langsam spüist, brachst net so viel Liader". Glücklicherweise ist diese Äußerung des hemdsärmeligen Mannes auf der Bühne nur ein Witz über die musikalische Mentalität seiner Landsleute aus dem österreichischen "inneren" Salzkammergut. Für ihn, den Hubert, der sich nach seinem Herkunftsort "von Goisern" nennt, gilt das nicht. Knapp drei Stunden nonstop serviert der 55-Jährige Musik, in der seine Musikinstrumente Akkordeon, Trompete, Mundharmonika und Gitarre genauso wechseln wie Stile und Stimmungen.

"Hausmannskost" vom Feinsten

Im Programm zur neuen CD S'nix sind fetzige Titel wie der mit dem fast ekstatischen Bekenntnis "Ich will läben!" mit subtilen Balladen, zum Beispiel dem kammermusikalisch angehauchten Regen oder Weit weit weg, das nicht nur von einem wunderbaren Rockgitarrensolo, sondern auch vom Gesang der Zuschauer begleitet wird. Das Gesamtkunstwerk, das da über die Bühne geht, gleicht einem Menü, dessen Gänge Appetit auf immer mehr machen. Das liegt am ausgeprägten Gefühl des kreativen Kochs für raffinierte Würze, die einzelne Aromen herausschmecken lässt, statt sie zu fadem Einheitsbrei zu verkochen. Fundament des Ganzen ist "Hausmannskost", denn Goisern schöpft aus seinen Wurzeln, traditioneller alpenländischer Musik mit Schuhplattlerrhythmen und Jodlern.

Sobald er sich das Akkordeon umschnallt, um solche Töne anzustimmen, ist ihm vor allem der Applaus derer sicher, die zum Teil in Dirndl oder Trachtenjäckchen gekommen sind. Doch das Konzert ist kein Musikantenstadl, von Goisern bettet die oft verkitschte Volksmusik in einen neuen Kontext ein. Da trifft Jodler auf Rap, Polka auf Soul, das fließen afrikanische, osteuropäische oder schottische Rhythmen ein, und es wird zeitweise richtig fetzig rockig. So kühn die Kombinationen, so ausgeprägt der Eindruck: "Das passt schon".

Denn hier werden Äußerungen verschiedener Kulturen nicht nur respektiert, sondern vor allem gleichwertig nebeneinander gestellt. Von Goisern zeigt sich als weltgewandter Grenzgänger, und das nicht von ungefähr. Als junger Mann entfloh er der Enge Österreichs nach Südafrika, später lebte er in Kanada, bereiste unter anderem Tibet und war zuletzt als musikalischer Botschafter der Kulturhauptstadt Linz zwei Jahre auf einem Schiff vom Schwarzen Meer bis zur Nordsee unterwegs. Davon erzählt er beim Konzert, davon zeugen die Rettungsringe auf der Bühne und vor allem seine von ständigem Weiterziehen geprägte Musik, die auch durch die erstklassige Band von Goiserns zum Erlebnis wird.

Drei junge Frauen, Maria Moling, Elisabeth und Marlene Schuen, steuern außer optischen Reizen schöne klare und tragende Stimmen, subtile Percussionsakzente und stimmungsvolle Geigenklänge bei. Severin Trogbacher zeigt sich auf E- wie Akustik-Gitarre als vielseitiger begnadeter Gitarrist. Helmut Schartlmüller (Bass) und Alex Pohn (Schlagzeug) erweisen sich als Meister mitreißender Rhythmen, David Lackner am Keyboard als Experte für Atmosphäre. Die brodelt am Ende des Ausnahmekonzerts, das mit Standing Ovations gefeiert wird. Doch dann wird's noch einmal ruhig, von Goisern verabschiedet sich mit einem Lied voller Hüttenzaubercharme, "die Zeit hat Bestand, wo wir sind beeinand", und damit einem letzten Bekenntnis dazu, dass er bei aller Weltläufigkeit seine Wurzeln nicht vergessen hat.

Alpenrock mit Funk, Reggae und Jodlern

Berliner Morgenpost 14. Oktober 2008 | Text: Peter E. Müller | Foto: © Pop-Eye

Hubert von Goisern & BandIn den vergangenen zwei Jahren habe er fast nur unter freiem Himmel gespielt, sagt der Musiker Hubert von Goisern. Mit einem zur Bühne umgebauten Schiff ist er, sozusagen als musikalischer Botschafter der Kulturhauptstadt Linz 2009, über die Donau bis ans Schwarze Meer geschippert, hat an immer wieder neuen Orten angelegt und ist mit seiner Band und einheimischen Musikern aufgetreten. Bis auf den Rhein haben sie es geschafft, im kommenden Jahr soll die musikalische Reise in Linz enden. Nun aber hat er - das neue Album S'Nix im Gepäck - eine Tour durch Hallen und Konzertsäle eingeschoben und war jetzt mit seiner Band im Admiralspalast zu erleben.

Hubert von Goisern hat es wie kein anderer verstanden, die Volksmusik seiner Heimat dem Rock zu öffnen. Und weil er früher, als er mit seinen Alpinkatzen für Furore sorgte, verstärkt die steirische Ziehharmonika einsetzte, hat man ihm bald das Prädikat Alpenrock verpasst. Dabei ist das, was der 55-Jährige da erschaffen hat, Weltmusik im besten Sinne. Er nimmt Landler, Gstanzl, Jodler und Polkas und treibt sie an mit rauem Rock und Funk, Blues und Reggae, Afro-Rhythmen und Balkan-Beats. Es hätte einfach zu lange gedauert, mit dem Schiff über die vielen Kanäle und Schleusen bis nach Berlin zu kommen, meint er. Und zeigt sich nun bei einem nahezu dreistündigen Konzert vor rund 800 Besucher im Admiralspalast von seiner betont rockigen Seite.

Es beginnt freilich nahezu wie gewohnt. Mit seinem diatonischen Akkordeon betritt Hubert von Goisern, der eigentlich Hubert Achleitner heißt und aus Bad Goisern im Salzkammergut stammt, zum volkmusikalischen Auftakt ganz allein die Bühne. Aus jener 7500-Seelen-Gemeinde übrigens, die sich gerade schwer tut mit einer möglichen posthumen Ehrenbürgerschaft für seinen anderen berühmten Sohn, den gerade tödlich verunglückten Rechtspopulisten Jörg Haider. Schon bald schälen sich aus dem Bühnendunkelblau die Mitmusiker heraus und es wird klar, dass es heute Abend lautstark zur Sache geht. Zur Ziehharmonika gesellen sich Keyboards und E-Gitarre, Bass und Schlagzeug und mit "Es gibt kein deutsches Wort für Showtime", dem Opener der neuen CD, brettert die Band mit ungeheuerem Tempo los, "He des kann do' no' vü lauter werd'n" lautet die Parole. Und das wird es auch.

Drei Sängerinnen, die Geige spielenden Schwestern Elisabeth und Marlene Schuen und die an diversen Perkussionsinstrumenten firme Maria Moling komplettieren die spiellaunige junge Truppe, die Jodler und Juchzer dem Rock'n'Roll einverleibt, die sich einer mitunter geradezu psychedelischen Rockmusik hingibt und die sich keinen Deut schert um stilistische Grenzen. Das Knopfakkordeon ist längst verschwunden. Es kracht und groovt, es wird gerappt und vielstimmig gejodelt und dazwischen plaudert Hubert von Goisern immer wieder mit seinem Publikum, erzählt von seiner Flussfahrt, von der Angst, die die Menschen im Osten vor der EU haben oder auch von der besonderen Langsamkeit seiner Landsleute im Herzen Österreichs, in Bad Aussee. Schnell hat er das Publikum bei diesem musikalischen Fest auf seiner Seite.

Schwelgen im Alpenblues

Leipziger Volkszeitung 13. Oktober 2008 | Text: Markus Wittpenn

Hubert von Goisern begeistert im ausverkauften Haus Auensee

Das Repertoire gefiel ihm nicht. Und dem Kapellmeister gefielen seine langen Haare nicht: Der junge Hubert Achleitner - später Hubert von Goisern - war bei seinem ersten musikalischen Engagement nicht unbedingt an der richtigen Stelle. Und schlimmer noch: als er die örtliche Blasmusikkapelle nach diversen Auseinandersetzungen verließ, musste er seine Trompete wieder abgegeben.

Ein paar Jahrzehnte später begeistert er Menschen in aller Welt mit seiner Musik. Das (bestuhlte) Haus Auensee ist nahezu ausverkauft, das Publikum von Anfang an begeistert. Von Goisern vermischt in seiner Musik Einflüsse aus Rock und alpiner Volksmusik mit Elementen aus Jazz, Soul, Funk und der traditionellen Musik Burkina Fasos. Er gilt als Erfinder des Genres Alpenrock, hat seinen Stil aber in den letzten Jahren immer mehr in Richtung Weltmusik geöffnet.

Im Haus Auensee wechselt er immer wieder die Instrumente: Trompete hat er als Jugendlicher bereits erlernt, später Gitarre, und - durch Einwirkung seines Großvaters - das diatonische Akkordeon. Das Jodeln lernte er von "Alpinkatze" Sabine Kapfinger.

Im Hintergrund eine Begleitband aus ebenfalls hochkarätigen Musikern, die geigenden Damen beherrschen ebenfalls das Jodeln und machen von dieser Fähigkeit freudig Gebrauch. Rockige Stücke wechseln sich ab mit balladesken Songs und Instrumental-Stücken mit Jodel-Einlagen. Gerade die entfalten eine eigene Kraft, enthalten viele spannende musikalische Elemente, sphärische Klangmalereien und vieles mehr. Der "Alpenrock" verleiht dem Thema Volksmusik so eine beinahe subversive Kraft, die man dem Genre eigentlich nicht zutrauen würde.

Neben zahlreichen Stücken vom neuen Album S'Nix spielt von Goisern auch etliche ältere Stücke. Heast as nit von seinem 1992er Durchbruchs-Album Aufgeigen statt niederschiassen zum Beispiel (2006 untersagte er der FPÖ den Gebrauch des Stückes für ihre Veranstaltungen), Weit weit weg oder Hiatamadl. Hubert von Goisern macht den Alpenblues fühlbar, Melancholie und Traurigkeit, die keiner Worte bedarf, sondern nur seiner Musik.

Die wird nicht nur in Leipzig mit Standing Ovations bedacht: 2003 spielte er unter anderem in Sarajevo und auf den Kapverdischen Inseln. Musik zu den Kapverden zu bringen, ist ungefähr so, als nähme man Sand mit in die Wüste. Trotzdem spielte von Goisern vor 90 000 Zuschauern. Musik als universelle Sprache, die in Eigenheit und Wahrung von Traditionen ihre Wurzeln hat, aber erst durch Öffnung und Austausch Blüten treibt. Ein großartiges, eindringliches Konzerterlebnis.

Weiter, immer weiter

HNA online 9. Oktober 2008 | Text: Ullrich Riedler | Foto: Schachtschneider

Hubert von Goisern macht auf seiner musikalischen Reise in Kassel Station

Hubert von Goisern und Severin Trogbacher

Kassel. Akkordeon, Mundharmonika, Gitarre, Trompete. Der Mann wechselt die Instrumente wie die Musikrichtungen. Er mixt zusammen, was scheinbar nicht zusammengehört. Doch dass am Ende jeder das Gefühl hat, des passt scho. Der Mann heißt Hubert und kommt aus Goisern. Das liegt in Oberösterreich. Da, wo Grenzgänge und Grenzüberschreitungen lebensnotwendig sind, wenn man sehen will, was hinter den Bergen noch kommt. Den Horizont sehen, den Blick und das musikalische Spektrum erweitern gehören zusammen für den 55-Jährigen, der am Mittwoch in der vollbesetzten Kasseler Stadthalle sein Publikum für drei Stunden begeisterte.

Der 55-jährige Alpenrocker, hemdsärmlig und schlaksig wie ein großer Junge, zog den bunt gemischten Anhang mit in seine Welt der Stimmungs- und Stilwechsel, eine Melange aus diesmal mehr Rock als Alpen, mal Polka, Ethno-Pop oder Anklänge an osteuropäische Folklore. Doch hier ist's kein fader Eintopf mit zerkochten Zutaten, sondern eine kräftige Mischung, die alles herausschmecken lässt und intensive Aromen entwickelt.

Zwei Jahre schipperte der Mann mit der weltläufigen Hintergründigkeit auf einem Dampfer, war am Schwarzen Meer und reiste mit seinem klingenden Bühnenschiff über Donau und Rhein bis nach Rotterdam. Und das ganz langsam, wie er betont, so langsam, dass er mit den Leuten am Flussufer sprechen konnte. Rettungsring und Schiffstrickleiter auf der Bühne erinnern an diese Begegnungsreise, die vom Festmachen und Weiterziehen geprägt war, so wia des Läaba, sagt er. Und seine Musik natürlich.

S'nix heißt das neue Album und ist von dieser Reise geprägt, vorwärtsdrängend, eher kantig als kuschelig. Ein wenig anstrengend ist's live schon, wegen der Lautstärke, die Erinnerungen an waschechte Rockkonzerte aufkommen lässt und so manche subtile Kostbarkeit auch der exzellenten Band im Dröhnen untergehen lässt. Siagst as, Die Liab oder Regen: Wia das Wasser is, so bin i, i treib und treib nur so dahin.

Zwischendurch sein wunderschönes Liebeslied Weit weit weg, als waschechte Rockballade mit weinenden E-Gitarren, zum Dahinschmelzen schön. Doch dafür lässt der Hubert keine Zeit, es muss weitergeh'n, buchstäblich pausenlos. Zwar weiß das Gesamtkunstwerk von Goisern nicht, wohin die Reise geht. Aber er weiß, wo seine Wurzeln sind, das macht ihn stark. Dangschäi, Hubert.