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TRAD II TOUR 2004

Subversiver Alpenzauber

Fuldaer Zeitung 30. August 2004 | Text: Bernd Götte | Fotos: © Ralph Leupolt

Der Weltmusiker Hubert von Goisern trat vor 1100 Zuhörern im Fuldaer Schlosshof auf

Fulda. Alpenzauber legte sich am Sonntagabend über den Schlosshof in Fulda. Mit Hubert von Goisern endete die Reihe von Konzerten im heimeligen Barockhof, der sich als Konzertort bestens bewährt hat.

Rund 1100 Besucher waren gekommen, um den österreichischen Weltmusiker und seine bestens eingestellte Mannschaft zu hören und zu sehen. Goisern hat sich nach Ausflügen in andere Kulturkreise mit seinem Programm Trad II wieder der Musik seiner Heimat zugewandt, und dies, wie die Abkürzung Trad schon nahe legt, in traditioneller Manier. Wobei sich von Goisern nicht scheute, die Tradition zu verformen und weiterzuentwickeln. Mit E-Gitarren und Schlagzeug wurde ein Rhythmusteppich ausgelegt, der sich so gar nicht nach grüner Alm anhörte, für Ziehharmonika, Geige und Zither aber eine ideale Unterlage bildete. Da mündet ein einsamer Almjodler in rockige Klangkaskaden, um sich dann im melancholischen Trompetenspiel aufzulösen. Überhaupt Jodeln: Hubert von Goisern, teils unterstützt von seiner Geigerin Monika Drasch gaben buchstäblich atemberaubende Proben dieser althergebrachten Sangeskunst zu Gehör. Denn wer unter Anleitung des Meisters sich selbst mal an einem Jodler versuchte, durfte schnell gemerkt haben, wie viel Puste man für so ein vokales Kunststück mitbringen muss.

Zwischendurch fand Goisern auch tröstende Worte für jene, welche mit dem österreichischen Dialekt nicht so viel anfangen konnten. "I woaß es is schwer verständlich. Aber es is allwei no deutsch", sagte er und entschuldigte sich auch gleich, dass die Texte seiner Darbietungen zwar traditionell, aber trotzdem weitgehend sinnfrei seien. Und das war nicht die einzige Subversivität, die sich der Österreicher leistete. So ließ er bei einem an sich zärtlichen Alpengesang asiatische Klänge und einen Hauch von Jazz einfließen und das Jodeln wirkte plötzlich wie ein archaischer Schamanengesang. Und in diesem speziellen Fall hatte die Verfremdung auch einen Sinn: Bei dem betreffenden Stück handelte es nämlich um das Lieblingslied von Adolf Hitler, und Goisern und seine Mannen haben deswegen eine Version gewählt, die dem Diktator höchstwahrscheinlich nicht gefallen hätte.

Aber auch der Alpenrock-Fraktion zollten die Musiker ihren Tribut: Auf das Hiatamadl, den wohl populärsten Hit von Hubert von Goisern (bürgerlich Hubert Achleitner), mussten die Fans allerdings bis zur Zugabe warten. Insgesamt schlug die Waagschale aber stärker zugunsten der Tradition aus, der Weltmusiker Hubert von Goisern besann sich auf seine Heimat und fand dort Schönes. Seine oft sehnsuchtsvollen Jodler luden förmlich zum Kuscheln ein, und irgendwie war es dann auch nicht mehr so kalt im Schlosshof.

Echte Volksmusik = Exorzismus

Badische Zeitung 30. August 2004 | Text: Christian Rath | Foto: Michael Bamberger

Jazzgipfel Freiburg: Der österreichische Sänger Hubert von Goisern betätigt sich
mit seinen Volksliedern als "Anti-Moik"

Hubert von GoisernHubert von Goisern ist der "Anti-Moik" der Volksmusik. Einer der die Volkslieder vor ihren konventionellen Liebhabern retten will. Sein Konzert auf dem Freiburger Augustinerplatz - im Rahmen des Jazzgipfels - bezeichnete er deshalb als "Exorzismus". Zwei Stunden lang präsentierte von Goisern ausschließlich österreichische Volkslieder, Jodler und Instrumentalstücke.

Es war natürlich kein Jazzkonzert, aber eben auch kein volkstümlicher Schlager. Oft klang Hubert von Goisern wie einer, der in die USA ausgewandert ist und nach zwanzig Jahren die alten Alpenlieder zwar immer noch singt, aber sie klingen jetzt meist nach Blues und nach den großen Sümpfen. Gitarrist Max Lässer griff denn auch oft zur Slide-Gitarre und von Goisern tauschte mehrfach seine Zieh- gegen eine Mundharmonika.

Hubert von Goisern war Anfang der 90er-Jahre mit seinen Alpinkatzen bekannt geworden. Er machte Alpenrock in österreichisch-steirischer Mundart. Er war das Flaggschiff der Neuen Volksmusik. Dann löste er die Band auf und ging auf Reisen. Dabei entstanden zwei Weltmusik-CDs mit Musik aus Afrika und Tibet. Erst seit vier Jahren singt von Goisern wieder auf Deutsch. Zwei der vier CDs - Trad und Trad II - widmen sich dabei ganz der Volksmusik.

Und die intensive Auseinandersetzung hat sich gelohnt. So gut, so stimmig und vor allem so stilsicher, wie er sich in Freiburg präsentierte, war Hubert von Goisern noch nie. Er verzichtete diesmal auf die meist aufgesetzt wirkenden afrikanischen Einlagen und auf altmodischen Keyboard- und E-Gitarren-Bombast.

Der Schlüssel zum Erfolg ist wohl von Goiserns neue Band, aus der neben Gitarrist Max Lässer und Percussionist Bernd Bechtloff vor allem Geigerin Monika Drasch herausragte. Denn sie hat auch eine Stimme, die selbst im Background noch Eindruck machte. Ihr rhythmisch äußerst vertracktes Jodelduell mit von Goisern war einer der Höhepunkte des Abends.

Im Mittelpunkt des Konzerts stand aber stets Hubert von Goisern, der sang und jodelte und mehrere Instrumente spielte, und so charmant plaudern kann - selbst wenn er gelegentlich ein höflichbemühtes Hochdeutsch versuchte. Die meisten Stücke waren melancholischer Natur, etwa das Nachtlied Abend spat. Als das Publikum ergriffen den letzten Tönen nachlauschte, sagte von Goisern allerdings trocken: "Das war dem Hitler sein Lieblingslied". Irritiertes Schweigen. Doch von Goisern hat eine einfache Erklärung, warum er das Stück trotzdem singt: "Das Lied kann ja nichts dafür".

Zum ersten Mal beim Jazzgipfel wurde auf dem Augustinerplatz Eintritt verlangt - und mit 30 Euro nicht zu knapp. Dennoch kamen rund tausend Zuhörer, die sich nach dem über zweistündigen Konzert sehr zufrieden zeigten und noch vier Zugaben erhielten, sogar den alten, lange nicht mehr gespielten Hit Hiatamadl - aber der ist ja auch ein Volkslied.

"Rosa-lilla Gamserln" jodeln mit dem "Jaga"

Der Neue Tag 10. August 2004 | Text: Clemens Hösamer

Hubert von Goisern und Band begeistern 2500 Zuschauer im Schwandorfer Stadtpark - Wieder daheim

Schwandorf. "Meine Ziehharmonika klingt wie die Sonnenstrahlen zu Mittag". Hubert von Goisern meint das negativ. Er und seine Band hatten zu Beginn des Open-Airs im Schwandorfer Stadtpark am Sonntagabend auch kleine technische Probleme zu bewältigen. Dann allerdings waren knapp 2500 Zuschauer begeistert von dem 52-Jährigen, der zu seinen musikalischen Wurzeln zurückgekehrt ist.

Trad II heißt die Tour von Hubert Achleitner aus Bad Goisern. Mit Tradition hat sie viel zu tun - im besten Sinne. Da gibt es als Einstieg einen klassischen Jodler, und Max Lässer zupft dazu die Steelguitar, als gehöre das Instrument schon immer zum alpenländischen Repertoire. Da werden die uralten Gstanzln wie "Wer des braune Bier ned mog" mit Reggae-Rhythmen hinterlegt, und Goiserns Diatonische treibt meisterhaft an. Um zwischendrin - passend zum lauen Sommerabend mal eben ein "Aloha" einzustreuen.

Keksdose als Schlagzeug

Wenn er Eiszapfen brennt, bei denen keiner merkt, dass es keine Wachskerzen sind, sind wieder alte, recht zweideutige Gstanzl zu hören, zu denen Bernd Bechtloff aus seiner umfangreichen Schlagzeug- und Percussion-Ausstattung eine simple Keksdose aussucht und einen groovigen Blues unter die Melodien legt. Monika Drasch - vielen noch bekannt als Frontfrau des Bayerisch Diatonischen Jodelwahnsinns - spielt Maultrommel dazu. "Versteht's eh ois, oda?", streut Goisern ein. Und gibt gleich eine Lösungsmöglichkeit für alle, die das Salzburger Idiom nicht verstehen: Wer aus dem Text aussteigt, soll sich zur Melodie eine eigene Geschichte ausdenken. Bei Halt, oda I schiaß de zam kann das schon nötig werden. Die Schwoagrin kommt sehr ruhig daher, als englischer Walzer, gefolgt von einem rockigen Jodler. Arnulf Lindner (Kontra- und E-Bass) lässt sein Instrument knurren, Hubert von Goisern jodelt und spielt Trompete, Max Lässer schlägt die Mandoline und Monika Drasch übernimmt diesmal die Diatonische.

Der Spottjodler auf den Goiserer Jaga lädt zum Mitsingen ein, und Goisern rät: "Mund aufmacha, jodeln is g'sund." Wenn die Sennerin dann auf den jungen Burschen wartet, dann wird das bei Goisern nicht kitschig. Abend spat wird mit asiatischen Klängen hinterlegt. Fröhlich wird's wieder bei De Gamserln schwarz und braun, die am Schluss "rosa-lilla" werden, und der Instrumenten-Roadie darf eine verzerrte Zwölfsaitige jaulen lassen, dass es nur so kracht.

Hiatamadl als Zugabe

Nach einer Pause legt Goisern noch mal richtig los: Hedidi wird zu einem Speed-Jodler mit Monika Drasch, und ruhige Nummern geben dem Abend den Touch einer Serenade. Schöne, getragene Weisen, die ins Ohr gehen, die eben zu unserem musikalischen Erbe gehören. Auch wenn sie Goisern verfremdet, er raubt ihnen nicht die Seele. Als Zugabe das Hiatamadl, beileibe nicht mehr so hart wie früher. Zum Abschluss noch zwei sanfte, wunderschön-melancholische Jodler. Um viele musikalische Erfahrungen reicher nach seinen Touren in den Himalaya und nach Afrika ist Hubert von Goisern wieder daheim, bei seinen Wurzeln, in seiner Landschaft. Ein sehr schöner Sommerabend, verdienter, stehender Applaus.

Hubert von Goisern: Live in Schwandorf - 8. August 2004

16. August 2004 | Fotos: © Elli Christl

Ein Volksmusikfest im Stadtpark

Donau Online 9. August 2004 | Text: Thomas Göttinger | Foto: uh

Mehr als 2200 Besucher erlebten am Sonntagabend Hubert von Goisern

Hubert von GoisernSCHWANDORF. Am Abend in der Stubn? Nein, am Abend im Stadtpark! Mehr als 2200 Besucher haben dort am Sonntag mit Hubert von Goisern und seiner Band ein Volksmusikfest der etwas anderen Art gefeiert. Trad II ist die aktuelle Tour des Österreichers überschrieben. Trad steht für das englische Traditional, was so viel wie Volkslied oder Volksweise bedeutet. Von Goisern spricht sogar von Weisheit des Volkes und macht das dann zum Programm.

Verstehts eh ois, konstatiert Hubert Achleitner von der Bühne herab und erntet damit beim Publikum keinen Widerspruch. Offenbar ist die Sprachbarriere zwischen Salzkammergut und der Oberpfalz, Bad Goisern und Schwandorf nicht so groß, dass an diesem Abend die interkulturelle Kommunikation scheitern könnte. Jedenfalls kann sich der Mann, dessen Künstlername so etwas wie eine Hommage an den Ort ist, aus dem er stammt, langwierige Übersetzungen ebenso sparen wie Unter- bzw. Übertitel auf der riesigen Bühne im Stadtpark. Nur ab und an bedarf es einer Erklärung, um die Feinheiten der alpenländischen Kultur dem Oberpfälzer näher zu bringen. A Schwoagerin is so was ähnlichs wia a Sennerin, oba niat ganz, sagt Achleitner/von Goisern dann beispielsweise und macht mit dem nächsten Atemzug sofort, was er einfach am besten kann Musik nämlich. Die ist nichts für Puristen, nichts für jene selbst ernannten, oberlehrerhaften Volksmusiksachwalter, die beständig vom Chiem Pauli oder von Wastl Fanderl schwadronieren und damit ebenso nerven wie die Musikantenstadl-Fraktion mit ihrem verlogenen Heile-Welt-Gedudel. Nein, von Goisern macht einfach sein eigenes Ding. Mag schon sein, dass da am Anfang immer das Volksmusikalisch-Traditionelle steht, der Zwiefache, der Ländler oder was auch immer. Aber von Goisern reicht das nicht. Er geht weiter, entwickelt das Material behutsam zwar und überaus sensibel, aber eben dennoch bestimmt, ja eigenwillig fort. Seine Musik groovt, swingt mitunter, konterkariert vor allem rhythmisch immer wieder das Überlieferte. Wenn er Lust hat, dann jammt er richtiggehend mit seinen erstklassigen Mitstreitern auf der Bühne und schert sich auch sonst einen feuchten Kehricht darum, wie andere seinen Umgang mit der Tradition finden.

Keine Frage: Das Schwandorfer Publikum erlebte da am Sonntag einen sehr eigenständigen, um nicht zu sagen eigensinnigen Musikanten, der nicht nur, weil er barfuß auf der Bühne stand die Bodenhaftung behalten hat und dem Volk aufs Maul schaut, ohne ihm freilich nach demselben zu reden. Das wirkt einfach echt, authentisch, nicht aufgesetzt oder synthetisch. Wenn er etwa vom Dirndlgwand spricht, dann hat das nichts Peinliches, sondern gehört wie selbstverständlich zu ihm und seinem Universum.

Der eigentliche Star dieses Abends war freilich die auf gut Neudeutsch Location. Komisch eigentlich, dass nicht schon öfter derartige Veranstaltungen im Stadtpark über die Bühne gegangen sind. Ein Open-Air mitten in der City das ist urbanes Treiben, wie es Schwandorf nur gut tun kann.

Eine Naturgewalt: Hubert von Goisern und seine Trad-Tour-Band

Neue Rottweiler Zeitung August 2004 | Text: Gabi Hertkorn | Foto: uh

Jodelunwilligen Rottweilern auf die Sprünge geholfen

Hubert von GoisernROTTWEIL, 5. August - Ein Einsehen hatten die Ferienzaubermacher mit den tropfnassen Goisern-Fans. Eine knappe Stunde vor Konzertbeginn kam der lange angekündigte Wolkenbruch und trieb die Gäste im Neckartal ins vorzeitig geöffnete Kraftwerk. Schön sortiert in Stehplätze hinten, Stehplätze seitlich und die Privilegierten auf ihre Stühle.
Ausverkauft und rappelvoll war der Kolosssaal, viel Platz dagegen auf der großen Bühne hatten die fünf Musiker - und sie füllten ihn aus! Es ging gleich fetzig los, keine umständliche Begrüßung, die kam nach dem dritten Lied und fiel eher knapp aus. Man redet nicht, man macht Musik.
Später dann fängt von Goisern zwischen den einzelnen Liedern doch zu plaudern an. Kein unnötiges Wort, aber sehr charmant. Der geneigte Zuhörer erfährt , dass im Heimatort Bad Goisern, nach welchem der bürgerliche Hubert Achleitner sich benannt hat, schon immer viel musiziert wurde. Auf 7000 Einwohner kamen sage und schreibe sieben verschiedene Blaskapellen: "und alle untereinander verfeindet!"

Der junge Hubert hat sich die einheimische Musikszene betrachtet und vor allem gehört, was in den Probenpausen gesprochen wurde und wusste definitiv, so wollte er nicht werden. Vor allem nicht wie die, "denen der Hut schon am Kopf festgewachsen war". Und gerade als er dachte, die Volksmusik hätte sich wieder berappelt, "tritt Karl Moik auf den Plan"! Nun betreibt Hubert von Goisern nach eigenem Bekunden seine Musik quasi als Exorzismus. Unterstützt wird er dabei auf seiner Trad-Tour von Multitalent Monika Drasch, angetan mit Alternativdirndl spielt sie abwechselnd Geige, Flöte, Klarinette, Maultrommel und Dudelsack.

Streckenweise mit seinem Kontrabass verwachsen scheint Arnulf Lindner. An den Saiten begeistert Max Lässer , der sämtliche verfügbaren Saiteninstrumente bestens beherrscht. Bernd Bechtloff an Schlagzeug und Schlagwerken erstaunt durch immer neue Alternativ-Instrumente, angefangen bei der Keksdose, über die Kuhglocken bis hin zu diversen Tonkrügen.

Mitreißend versucht Hubert von Goisern zwischendurch, die Rottweiler Zuhörerschaft mit einzubeziehen: "Jodeln befreit, sowohl beim Warten auf Ämtern als auch im Stau". Er hat extra für Ungeübte einen unheiklen Jodler gefunden, der aber nur zögerlich vom Volk intoniert wird. "Es ist doch so schummrig hier drin, man sieht eure Zahnspangen nicht", versucht er es noch einmal. Ein Vertreter der hiesigen Lokalpresse hatte sich schon vom Acker gemacht, als sich Goisern einen kleinen Seitenhieb auf die schreibende Zunft nicht verkneifen konnte: "Da sitzen sie in der ersten Reihe und schreiben mit, und wenn man am nächsten Tag die Zeitung liest, denkt man, die waren auf einem ganz anderen Konzert".

Gegen Ende des Abends jodeln von Goisern und Drasch balladenmäßig und nur begleitet vom Kontrabass, spätestens hier merkt jeder, dass auch Volksmusik Gänsehaut verursachen kann. Das Publikum dankte Hubert von Goisern durch das Fordern nach zwei Zugabeblöcken für einen Abend mit vielen beeindruckenden Eindrücken.

Gstanzln am Mississippi

Landshuter Zeitung 9. August 2004 | Text: Katrin Filler

Hubert von Goisern in der Altstadt

Selten sah man derart viele Menschen in die Altstadt strömen wie am Samstag Abend. Das gibt es sonst höchstens alle vier Jahre mal. An diesem Wochenende war das anders: Eine riesige Bühne verstellte quer über die Altstadt den Weg, bis zum Narrenbrunnen war ein Areal abgegrenzt. Und die ganze Aufregung wegen eines Mannes: Hubert von Goisern. Der trat auf der großen Bühne auf und gab mitten in der Altstadt ein famoses Konzert. Zehn vor acht, und noch immer zieht sich eine Schlange vom Eingang an der Rosengasse bis beinahe zur Steckengasse. Fragwürdig, ob das Konzert auch nur halbwegs pünktlich beginnt. Aber dann geht doch alles recht schnell. Der erste Erfolg eines Konzerts, das in dieser Form zum ersten Mal stattfindet: ein richtiges Open-Air-Konzert in der Altstadt. Von diesem Auftritt mag es abhängen, ob es in der Stadt weitere derartige große Ereignisse gibt. Was die Zuschauer anbelangt, dürfte es ruhig öfter ein Konzert in der Stadt geben. Lange vor dem Termin war alle 2 500 Sitzplätze in dem abgesperrten Areal ausverkauft. Bis nach Hamburg und Berlin habe man Karten verschickt, sagte Veranstalter Christoph Jung.

Nach dem ersten Plus ein zweites: die Akustik. Sie war hervorragend. Selbst auf den hinteren Plätzen, wo man sonst nicht selten von kaum mehr auseinanderzuhaltenden Klängen geplagt wird, hörte man ein großartiges Konzert. Nachteil: Man sah Hubert von Goisern und seine Band nicht ganz so gut. Und das hätte sich schon gelohnt, allein der Spielfreude wegen, die die Musiker zeigten.

Trad II heißt das Album , das von Goisern derzeit vorstellt, der Nachfolger von Trad, von dem er ebenfalls einige Lieder vortrug. Darauf ist zu hören: Volksmusik - natürlich - und Rap, Jazz, Swing, Irisches, Japanisches. Weltmusik möchte man sagen, wäre der Begriff nicht abgegriffen und derart bezeichnete Musik nicht oft überladen und schlecht. Trad meint Traditional meint Volksweise. Hubert von Goisern verschreibt sich der Volksmusik und sämtlicher Spielarten derselben. Die Ausgangsmelodie klingt immer ähnlich, volkstümlich, doch das Arrangement überrascht. Mal wähnt man sich im Süden der USA, mal in Japan, mal in überirdischen Sphären. Jeder findet in der Musik offenbar etwas von sich wieder. Anders ist es kaum zu erklären, dass solch unterschiedliche Menschen zu dem Konzert kamen. Schön zu beobachten war, dass eine schätzungsweise 70-jährige Dame leise mitjodelte und überhaupt an Begeisterung ihrer 30 Jahre jüngeren Nachbarin in nichts nach stand. Das Publikum freute sich schlicht.

Der Künstler, der solches vermag, kam zunächst mit unbewegter Miene auf die Bühne, von Anfang an von leichtem Kunstnebel umgeben. Und so dauerte es sechs, sieben Lieder, bis das Publikum sich getraute, seiner Begeisterung Ausdruck zu verleihen. Die blieb dann aber bis zum Schluss, steigerte sich immer mehr. Unterbrochen wurde sie eigentlich nur, als von Goisern sich über Passanten beschwerte. Die standen außerhalb der Absperrung und plauderten, schließlich sahen sie wegen des Sichtschutzes rund um das Konzertgelände nichts. Das störte auch manchen Zuhörer - doch anders lässt sich ein solches Konzert in der Altstadt kaum verwirklichen.

Abgesehen von solchen kleinen Unterbrechungen war das Konzert grandios. Von Goisern, Multiinstrumentalist an Akkordeon, Mundharmonika, Trompete und Querflöte, holte für Album und Konzert ausgesuchte Musiker: Monika Drasch, früher beim Bairisch Diatonischen Jodelwahnsinn, beherrscht ebenfalls viele Instrumente, darunter ein hübscher altrosa Dudelsack. Den kann sie gleichzeitig spielen und zwischen dem Hineinblasen Jodeln. Welches sie ebenso gut beherrscht wie Hubert von Goisern, und so geben beide ein Jodelständchen, a capella. Fein.

Das Sammeln von Instrumenten scheint eine Leidenschaft aller Musiker zu sein: Gitarrist Max Lässer, einer der renommiertesten der Schweiz, sitzt inmitten von sechs- und zwölfsaitigen Gitarren, Dobro und Mandoline auf der Bühne, und er spielt, dass man sich bisweilen am Mississippi wähnt. Bassist Arnulf Lindner spielt mehrere Instrumente, und Bernd Bechtloff hat auch viele Schlagwerk- und sonstwie Geräusch erzeugende Gerätschaften dabei, mit denen er Japanisches spielt, den Wind nachahmt und rasselt und klappert. Mit derlei Instrumenten laufen die Musiker auf der Bühne umher, umeinander herum, musizieren einander zu. Und diese Spielfreude ist wiederum der Stimmung des Publikums zuträglich.

Die dann, bei der ersten Zugabe - freilich Hiatamadl -, darin gipfelt, dass endlich eine Zuschauerin nach vorne geht, ganz nah an den Bühnenrand, und mitklatscht. Da ist der Sichtschutz an den Seiten schon längst hinuntergezogen, die Passanten stehen dichtgedrängt am Zaun. Nach der zweiten Zugabe geht schnell das Licht auf der Bühne aus, Scheinwerfer erleuchten die Sitzreihen, das ausgesprochen gutgelaunte Publikum steht auf und drängt in die laue Nacht. Da kommt noch einmal Hubert auf die Bühne, setzt sich an den Rand und singt ein Lied, jodelt gemeinsam mit dem Publikum. Es wird, inmitten der Altstadt, die Nacht noch etwas lauer.

Schneidig, ganz nah und offen

OVB Online 11. August 2004 | Text: Thomas Kraus

Siebzehn Jahre ist es her, dass Hubert Achleitner, der sich nach seiner Herkunft aus dem Salzkammergut Hubert von Goisern nennt, ein erstes Konzert im Kurpark von Bad Aibling gab: 42 Zuhörer hatte er damals.

Vor zehn Jahren fand ein viel beachtetes Freiluft-Konzert in Maxlrain statt. Jetzt kehrte "der Goiserer" mit seinem neuen Programm Trad II und fünfköpfiger Band nach Aibling zurück, spielte dort vor gut 2500 Zuhörern unter freiem Himmel im Kurpark. "Trad" steht als Kürzel hinter überlieferten Volksmusikstücken ohne bekannten Komponisten. Für Hubert von Goisern bedeutet das: konsequent nur alte Volksweisen, Lieder, Jodler, und Landler zu spielen - aber eben auf seine Art. Das bedeutet für ihn als weltoffenen Menschen und Musikanten, der viele Länder aus eigener Anschauung kennt, der aber auch ganz genau weiß, wo er herkommt (und wo es ihn immer wieder hinzieht), dass sich jede Art von Scheuklappen und "eignahtn" (eingenähten) Denkweisen verbietet. Das bedeutet Aneignung ohne Ausklammern. Das bedeutet musikalisch, dass Jodler und Hip-Hop-Beats, Dobro-Gitarre, Mandoline, E-Bass, eine jazzige, gestopfte Trompete und Udu-Trommeln durchaus zusammengehen können.

Von Goisern weiß jedoch auch ganz genau, wieviel feinsinniges Gespür solche Verbindungen erfordern, und wieviel Schneid es braucht, heutzutage frei heraus zu jodeln. Letzteres versuchte er in der Kurstadt, seinen Zuhörern zu vermitteln. Sie sollten es doch einfach auch einmal probieren: "Lassts es aussa - jeda derf, der wü - es gibt eh koan, der unmusikalisch ist - und des is eh a Jodler. Also machts an Mund auf - Jodeln is wie ein Medikament." Gesundheitsreform auf Goiserisch, kein Loriotscher Jodelkurs.

Musikalisch macht von Goisern mit der Volksmusik eigentlich ohnehin nichts anderes als das, was außerhalb von deren musealer Konservierung und Institutionalisierung schon immer passiert ist - an Instrumenten wurde stets gespielt, was greifbar war, Spaß machte, gefiel, und wie es den Hörgewohnheiten entsprach.

Was er aus dem Fundus der Tradition auswählte, spricht Bände: Es sind dies oft die sprachlich verdrehten, sonderbaren Texte wie im Gesang von den Eiszapfen: "Znagst han i die ganze Nacht Eiszapfen brennt / koan Mensch hats nit kennt, dass koane Wachskerzen sind".

Er bringt schlichte, zärtliche oder wilde Texte - auf jeden Fall nichts Geschlecktes, Betuliches, Zucker-süßes. Zudem hat er ein gutes Gespür für die oft von Obrigkeiten "untergeschobene" Volksmusik, die vor Obrigkeitshörigkeit, Bigotterie und Bravheit nur so strotzt.

Das kommt bei ihm nicht vor. Sein Weg ist sein ganz eigener Steig, eine Gratwanderung, die er als versierter Bergler wie Rock'n'Roller ganz tänzerisch einfach geht. Seinem Publikum, das er in den letzten Jahrzehnten gefunden hat, kommt er durch seine Wildheit, Aufrichtigkeit Offenheit und Schneid ganz nah.

Jodler an einem milden Sommerabend

Der Neue Tag 9. August 2004 | Text: Thomas Dobler

Hubert von Goisern bringt am Sonntag seine ungewöhnliche Volksmusik vor ein großes Publikum im Stadtpark

Schwandorf. Bei diesen Liedern besteht akute Ohrwurmgefahr: Hubert von Goisern präsentierte Sonntagabend im Stadtpark seine ungewöhnliche Volksmusik und 2500 Menschen sind gekommen, den einmaligen Musiker und seine Band live zu erleben - an einem milden Abend, in einer schönen Umgebung.

Der schlanke Österreicher stellt sich auf der großen Bühne in schwarzer Hose und schlichtem weißem Hemd dar. An seinem Äußeren und in seinen Stücken findet sich nichts Volkstümliches, obwohl genau dahin der Konzertzug fährt - ins Salzkammergut mit seiner alpenländischen Landschaft und seinen deftigen Liedern, deren Worte für einen Oberpfälzer nicht immer verständlich sind. Das weiß Hubert von Goisern auch und er macht einen Scherz daraus. "Wer versteht den Text schon richtig?" fragt er gleich zu Beginn schmunzelnd seine Zuhörer und gesteht aus diesem Grund einen "großen Interpretationsspielraum" zu.

Schon um 19 Uhr, also eine Stunde vor Beginn des Auftritts, ist der Stadtpark gut gefüllt. Eine leichte Brise streicht über das sonnenbeschienene Open-Air-Areal, das zum ersten Mal einen so prominenten Künstler sieht. Auf der einen Seite die große, schwarze Bühne, auf der anderen Seite eine Ansammlung von Ständen für den kleinen Hunger und den großen Durst, und drumherum das frische Grün der Sträucher und Bäume des Parks.

Das Publikum, das in einem kaum enden wollenden Strom vom Eingang bei den Wasserrädern auf den Platz strömt, ist nicht mehr jung. Es ähnelt altersmäßig eher dem 52-jährigen Star des Abends. Hier und da taucht ein weiblicher Fan mit Gewand im Landhausstil auf, noch seltener: Männer in Krachledernen. Der Rest der großen Schar kommt sommerlich-leicht angezogen, ab und an gar recht elegant.

"Wir waren in der letzten Zeit zwei Mal auf Konzerten von Hubert von Goisern," erzählt Barbara Dimbür, die in der Gegend von Heidelberg wohnt und mit ihrem Mann Johannes zur Zeit in Schwarzhofen ein Haus renoviert. Den Abend wollten die Dimbürs nicht verpassen: "Weil mein Mann ein Fan von ihm ist." Derweil hebt Hubert von Goisern an zu einem langen Auftakt-Jodler, ganz "Trad", wie seine aktuelle CD heißt - also ganz "traditionell". Das Arrangement der Musik allerdings ist recht rockig. Und das kommt an in Schwandorf, wie der Applaus für diesen Volksmusikanten der ungewöhnlichen Art zeigt.

Hubert von Goisern: Live in Passau - 1. & 2. August 2004

9. August 2004 | Fotos: © Elli Christl