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ALPINKATZEN

D' Musi aus Bad Goisern in Münster

Quelle unbekannt 1994 | Text: Hans von der Gathen

Im Salzkammergut da kamma gut jodelverrockt sein!

Münster. Den Schlagarm des Drummers schmückte zwar noch ein Verband, ansonsten aber ging es beim nachgeholten Konzert des österreichischen Jodel-Rockers Hubert von Goisern und seiner putzmunteren Alpinkatzen in Münsters Jovel direkt zur Sache. Heißa, die Rock-Musi kommt!

Um es gleich klarzustellen: Mit irgendwelchen zottigen' angeblich "Lustigen Musikanten" hat der quirlige Hubert aus Bad Goisern nichts am Tirolerhut. Statt krachlederner Tümelei bot das Sechserpack aus dem Salzkammergut kraftvolle Rocksongs und Jodler mit Texten im breitesten Heimatdialekt. Die Volksmusik aus dem Ghetto der Edelweiß-Schunkler und tumben Herzbuben herauszuholen und zeitgemäß weiterzuentwickeln - diese löbliche Aufgabe ist dem sympathischen Hubert von Goisern eine Herzensangelegenheit.

Dafür schwitzte und schuftete er am Akkordeon wie ein Berserker, mit gleich zwei Drummern im Rücken, und präsentiert den verdutzten Zuhörern im Jovel seine Version des Küahmelchers, eines traditionellen Jodlers beim Almauftrieb. Holdi-oudi- - er jauchzte und jodelte, daß es eine wahre Freude sein muß in Goisern als Kuh auf die Welt zu kommen.

Aber auch im lauschigen Hochgebirge gibt's schon lange keine heile' Alpia-Welt mehr: Im Kokain-Blues erzählen die Alpinkatzen vom Schnee, der nicht nur morgens hauchdünn auf den Feldern liegt. Die Mischung aus gefühlvollen, nachdenklichen Balladen und fetzigem Jodlerrock kam an - schon vor der Pause schwenkten etliche der knapp tausend Nordlichter im Jovel die Feuerzeuge im wohligen Kuschelsound.

Dann legte Sabine Kapfinger los, Huberts stimmgewaltige Sängerin. Die Zwanzigjährige, die seit ihrer Friseusen-Lehre nur noch singen will, jubilierte in den höchsten Jodlertönen - völlig losgelöst und mit soviel Energie, daß bei den Kühen auf der Alm die Milch wohl schon im Euter zur Butter wird. Das wirkte nie aufgesetzt - allen Alpinkatzen sah man den Spaß, der ihnen ihre Art der Volksmusik macht, einfach an. Die Österreicher sind halt lockerer drauf als die Deutschen, meinte Frontbub Hubert. Das ließ sich das Publikum nicht zweimal sagen und erklatschte sich zum Abschluß dieses tollen Heimatabends der anderen Art gleich dreimal Zugaben. Begoisterung auf der ganzen Linie.

Für die fünf Musiker auf der Bühne und ihre phantastische Sängerin war der Auftritt in Münster zugleich Abschluß einer dreijährigen Tournee. jetzt hommas! Da durften sich Band und Begleitteam am Ende in den Armen liegen - der sichtlich gerührte Hubert von Goisern, Musiker mit Herz und Seele, schämte sich seiner Tränen nicht.

Starkstrom Volksmusiker

Allgäuer Zeitung 5. Juli 1994 | Text: Markus Noichl

Hubert von Goisern und die Alpinkatzen auf der Burghalde

Hubert von Goisern"Es gehe darum, Rechten, Traditionalisten und Kulturverwesern zu überlassen", sagt Hubert von Goisern. Recht hat er. Afrikanern, Indios und Iren zujubeln, aber über Heimisches die Nase rümpfen das verrät den "Weltbürger" und Intellektuellen, der im stillen auch gern seinen Dialekt hätte, selbst gern wüßte, wo er hingehört und auf andere neidisch ist, die damit noch keine Probleme haben.

3000 Menschen drängelten sich auf der Burghalde, als Goisern und seine Alpinkatzen dort Station machten. Versuche, alpenländische Musik in die Moderne herüberzuhieven' gab es ja schon viele. Schüchterne, sensible, witzige, absurde. Offensichtlich ist nun die Zeit reif für die Entscheidungsschlacht: für einen standfesten Gebirgler, der seine Harmonika auspackt, einstöpselt und die RockMonster andröhnt, daß ihnen die Ohren wegfliegen.

Wenn Hubert von Goisern den satten Baß seiner Steirischen herausfordernd röhren läßt, dann schlagen sie zurück. Gellend jault die E-Gitarre unter der Hand von Rainhard Stranzinger, Wolfgang Maier prügelt die Trommeln, und Stefan Engels Keyboards wummern bedrohlich aus dem Hintergrund. Dann tanzen auf der Burghalde-Bühne, in riesigen Bergstiefeln, vom Starkstrom besoffen, die Dinosaurier.

Ob das denn unbedingt sein müsse, werde er von Puristen immer wieder gefragt, erzählt Goisern. "Na, sein muaß ned, oba's taugt uns", pflegt er dann zu antworten. Ist ja auch okay. Manchem braven Zupfer täte, sozusagen zur Selbstfindung, so eine Orgie auch ganz gut.

Musikalisch überzeugend waren allerdings andere Sachen. Zum Beispiel Der Küahmelcher, ein archaischer Jodler aus dem Salzkammergut, den Goisern mit der 20jährigen Sabine Kapfinger hinlegt. Das Publikum ist angehalten, den Grundton zu summen. Das Keyboard sorgt, kaum hörbar, für Weite.

Das packt einen wie der Gesang sardischer Hirten oder tibetanischer Mönche. Merkwürdig: die ältesten Sachen, schon fast im mystischen Dunkel versunken, sind auch die modernsten, universalen: Lassen sich ins Heute herüberholen als lagerten sie nicht in der Vergangenheit, sondern seien klammheimlich in die Zukunft herübergewandert und warteten dort bereits, wiedergefunden zu werden.

Darüber hinaus entpuppte sich Hubert von Goisern als veritabler Songschreiber, wärmte das Herz mit Balladen wie Weit, weit weg, erzählte von Gedanken, die während einer Tournee nach Hause schweifen "wia da Wind über die Schneeberg drüber waht". Und gestand, daß auch ihn manchmal plötzlich überfällt, was andere Georgia on my mind nennen, er aber "Goisern, Goisern, i steh auf di und dein oanfachs, abgnudelts jodleiti".

Dazwischen unterhält er das Publikum mit Geschichten, wie er denen in Texas beibringen wollte, was ein "Wuiderer" ist. Oder wie er mit 16 sein erstes Strafmandat bekommen habe, wegen unerlaubten Stromgitarrenspielens, weil Goisern nämlich eigentlich Bad Goisern heißt und ein Kurort ist, in dem es ruhig sein muß. Was die Halunken aber nicht daran gehindert hat, ein Loch in die "ewige Wand" hineinzusprengen, damit die Gäste gradaus durchlaufen können.

Und dann gibt es noch einen HochgeschwindigkeitsJodler und einen Rap, der so schnell ist, daß man ihn nicht versteht. Einen KokainBlues, man weiß nicht ob autobiographischen oder satirischen Charakters ("nach am Priserl is mir jede recht"). Und natürlich, ganz zum Schluß, den aktuellen Hit Hiatamadl, frenetisch umjubelt. Goisern reißt die Quetsche hoch, wirft den Kopf in den Nacken, springt, elastisch federnd, auf eine höhergelegene BühnenTerrasse.

"Die Berge sind sein Vergnügen. Dort holt er sich schöpferische Kraft und neue Ideen für sich und seine Alpinkatzen", erfährt man im TourneeHeft. Kein Zweifel: Der Mann will nach oben. "Am meisten bedank i mi bei eich, wei ohne eich zahlt sie's net aus", verabschiedet sich Goisern von den dankbaren Zuhörern.

Juchuhuhaheiiii

Profil Südtirol 8. November 1993 | Text: Nina Schröder

AlpenRap und HardrockJodler: Hubert von Goisern und die Alpinkatzen in Meran.

Wissen Sie, was "Boschen" ist? Jedenfalls nicht Klatschen. Es sieht zwar genauso aus. Es hört sich auch genauso an, aber es funktioniert anders. Denn es funktioniert nach Regeln. Die erste Regel ist: "Boschen" dürfen nur Männer. Die zweite: "G'boscht" wird nur im Rhythmus.

Menschen ohne Rhythmus gibt es nicht. Nur solche, die ihn erst ab der vierten Strophe spüren. "Wichtig ist: Wennst es erst ab der vierten Strophe g'spürst, fangst a erst ab der vierten Strophe an z'boschen." Originalton Hubert von Goisern. Das Meraner Publikum fängt gleich schon einmal an, ganz ordinär zu klatschen, weil es gern ein bißchen hart angepackt wird und seiner Begeisterung ohne österreichische Sitten Ausdruck verleihen will.

Daß es dann musikalisch derart hart angepackt wird, haben sich viele nicht erwartet, die nur die Hits wie Hiatamadl oder Heast as nit kennen. Goisern schiebt den Jodelfreunden Punkrock unter, der Rockjugend den Landler. Die deutschen Touristen werden ihrer Nationalhymne enteignet, weil "das insre olte Kaiserhymne vom Josef Haydn ist, und weil der Wurm drin is, spieln mir ja so laut, damit er aussi kommt". Und die "alpine Sabine" (Sabine Kapfinger) jodelt mit einem Gesichtsausdruck, als würde Janis Joplin nach der dritten Packung Zigaretten ein Tremolo versuchen. Ihre Fans (zumeist männlich) belegen den vorderen linken Block.

Daß die Meraner nicht anständig juchzen können, wird ihnen von Goisern nicht verziehen. Ja, wenn wir in Deutschland wären, aber wir sind in Südtirol: "Ihr habts ja österreichisches Blut. Deswegen wird dreimal geprobt wie bei den Fischerchören." Und in jedem Lied ein Jodler - oder zumindest ein Juchzer.

Hubert von Goisem 40 Jahre, geboren in Bad Goisern (wie auch Jörg Haider), amtsfähiger Name: Hubert Sullivan, geschieden, ein Kind und ein zweites im Anmarsch, Lieblingsinstrumente: Akkordeon, Seitenpfeife und BeefHorn, die erste Platte unter seinem Namen in Österreich so langsam siebenfach vergoldet (175.000) ist derjenige, der den Jodler salonfähig und den Landler discoreif machte.

Diese ausgefallene Mischung, die in Meran klingt, als hätte es nie einen Zweifel an ihrer Spielbarkeit gegeben, beschert ihm dort einen brechend vollen Saal und ein Publikum zwischen 5 und 55. Ein Junge auf dem Weg zum Jugendlichen trägt Wollmütze mit Quaste. Wenn er in Harlem aufgewachsen wäre, würde er Modetrends für Teenies setzen. Ein Mädchen, nur unwesentlich älter, ist zweifach bezopft wie Gretel. Goisern er selbst ganz in weiß mit Hosenträgern wie Johnboy von den Waltons macht bereits Mode. Dazwischen Künstler wie Matthias Schönweger und Politiker.

Sie alle interessiert die bahnbrechend freche Mixtur, auf die Goisern nach Reisen rund um die Welt kam, bei denen er sich mit exotischer Volksmusik auseinandersetzte. Mit den Alpinkatzen begann der ehemalige Goiserer Blaskapellenmusikant, die musikalischen Wurzeln des Alpenländischen zu entdecken, die er jetzt mit seltener Authentizität rehabilitiert. Daß er alles mit viel Selbstironie durchsetzt und auch politisch engagiert ist, macht ihn zum Liebling auch der Intellektuellen.

Das mit der Politik haben die wahlkämpfenden Freiheitlichen an ihrem Standl vorm Ausgang nicht mitgekriegt: Sie werben unverdrossen, auch wenn sich Goisern im Saal unter Applaus von Fremdenhaß und seinem prominenten freiheitlichen MitGoiserer distanziert hat.

Von Schneemännern und Goaßbeitl-Bauernbuam

Augsburger Allgemeine 16. September 1994 | Text: Lilo Murr | Foto: Wolfgang Diekamp

Drei Stunden mit Hubert von Goisern und den Alpinkatzen

Sabine Kapfinger und Hubert von GoisernIm Mai war er zum letzten Mal in der Fuggerstadt, dazwischen gastierte er in Paris, im texanischen Austin sowie in New York. Die Rede ist von Hubert von Goisern und den Original Alpinkatzen, die auch die ansonsten eher zurückhaltenden Augsburger beim Auftritt in der Kongreßhalle zu wahren Mitklatschorgien verleiten.

"Hubert, Hubert", schallt es schon kurz nach 20 Uhr im Chor durch die Kongreßhalle, doch noch ist die Bühne dunkel, und die Musik kommt vom Band. Das Geschehen läuft zu diesem Zeitpunkt noch hinter den Kulissen. Ein Feuerwehrmann besteht auf einer Durchsage, daß das Hochhalten von Feuerzeugen streng verboten ist. Da weder der Tourleiter noch der örtliche Veranstalter dazu zu bewegen sind, greift der Uniformierte selbst zum Mikrophon, ohne zu ahnen, daß er nur im Foyer an der Sektbar und der Garderobe zu hören ist.

Ein genussvoller Abend

Etwas verspätet flammen dann Scheinwerfer auf, Hubert von Goisern schlendert mit Ziehharmonika auf die Bühne, die ersten Akkorde ertönen, ebenso die bis zum Ende des Abends dauernden Mitklatschversuche. Ein dreistündiges Konzert beginnt, das die Anhänger der österreichischen Band sichtlich genießen.

Fetziges wie der Wildschütz Räp oder Goaßbeitl Bauernbuam wechselt mit Schmusestücken wie Weit, weit weg. Dem "Schneemann" nähern sich die Österreicher in einem witzigen Kokain-Blues. Bei diesem Stück erweist Hubert von Goisern einem sehr wichtigen Künstler die angemessene Reverenz. Denn ohne den Garmischer Arzt und Musiker Dr. Georg Ringsgwandl gäbe es kaum den Erfolg, der Formationen der neuen Volksmusik derzeit beschert wird.

Auf der einen Seite steht die Ablehnung alter Werte und Musiktraditionen, auf der anderen die Sehnsucht nach festen Begriffen. Sicherlich ein Grund, der die Fan-Gemeinde dieser Gruppen so anwachsen lässt. So berührt natürlich die Sehnsucht des Hubert von Goisern in Wieder hoam nach Heimat und Familie; und was es heißt, mal 0munduntn zu sein, kennt ebenfalls jeder.

Eingängige Melodien

Zumal - musikalisch gesehen - das Quintett eine Mischung bietet, die noch immer selten erreicht wird. Im Gegensatz zu Bands wie Attwenger lieben die Alpinkatzen Harmonien und eingängige Melodien, die sie anschließend ebenso lustvoll in einem harten Rap zerfetzen.

Übrigens dürfte es für lange Zeit das letzte Mal sein, daß man zu einem Konzert von Hubert von Goisern gehen konnte, denn der Österreicher zieht sich aus dem Musikgeschäft Ende Oktober zurück. Beim Plausch in der Garderobe erklärt er diesen Schritt: "Das ist ein fremdbestimmtes Leben, das möchte ich nicht mehr."

Zu Ende geht das Konzert mit einem wunderschönen und innigen A-cappella-Stück über Zeit und Liebe. Besser kann man sich eigentlich nicht verabschieden.

Hubert von Goisern und die Alpinkatzen - 1994

18. September 2003 | Fotos: © Toni Glaser

Sag zum Abschied leise Servus

Musikexpress 12 / 1994 | Text: Matthias F. Mangold

Hubert von GoisernDer Mann hat Mut. Auf dem Gipfel des Ruhms nimmt der Neuerer der Volksmusik seinen Hut, um sich fortan dem Film zu widmen. Augenblicke eines langen Abschieds.

Im Eingangsbereich der Stuttgarter Liederhalle schauen zwei jugendliche Besucherinnen ziemlich verdattert aus der Wäsche. "Bist Du sicher, daß wir hier auch im richtigen Konzert gelandet sind?" fragt die eine angesichts der vielen Leute im besten Alter, die, in fesche Krachlederne und Designer-Jankerl gekleidet, gleich zielstrebig zur Sektbar eilen.

Nein, sie sind garantiert nicht in Karl Moiks Musikantenstadel gelandet. Es hat alles seine Richtigkeit. Denn: Ein wesentliches Merkmal der Musik des Hubert von Goiserns ist nun mal, daß sie Menschen unterschiedlichsten Alters und Geschmacks anzieht.

Und ausgerechnet jetzt, auf dem Höhepunkt seiner vielen Jahren hart und zäh erspielten Popularität in Deutschland, entschließt sich die Galionsfigur der neuen Volksmusik zum Rückzug aus dem Musikgeschäft?

"Weißt du," sagt Hubert, "ich habe alles erreicht, habe vor Tausenden von Menschen gespielt, unvergeßliche Augenblicke erlebt, jetzt brauche ich einfach eine neue Herausforderung. Ich hasse das Gefühl, auf der Stelle zu treten."

Hubert von Goisern

Von solchen Plänen hat das Publikum, an diesem Abend wenigstens, noch keine Ahnung. Kaum steht Hubert von Goisern auf der Bühne und schnallt sich sein geliebtes Akkordeon vor den Bauch, johlt und juchzt es schon zünftig aus allen Ecken der Halle. Ein paar Töne, aus den Fallen der Ziehharmonika gequetscht lassen sogleich den Verdacht aufkommen, Hubert wolle mit einer Jodeleinlage die Herzen der ondulierten Damen im Saal höher schlagen lassen. Doch schon Sekunden später fährt seine Band, die Alpinkatzen dazwischen. Stefan Engel hämmert auf seinem Keyboard elektronische Bass-Achtel und Gitarrist Reinhard Stranzinger macht mit einem fetzigen Solo auf seiner Stratocaster und Duckwalks la Chuck Berry sofort klar, daß er weit mehr kann, als nur den Alibi-Klampfer zu Tuba und Alphorn zu mimen.

Hubert von Goisern selbst bleibt derweil merkwürdig statisch. Mit rot unterlaufenen Augen schleicht er sich durch den Auftakt, schwer angeschlagen durch eine starke Erkältung. In Höchstform ist er nicht, das spürt jeder, der ihn schon einmal live erlebt hat. Sonst eine sprudelnde Plaudertasche von Geschichten aus dem folkloristischen Umfeld beschränkt er sich heute auf Standards, ist dabei in den wenigen Ausführungen zwischen den Titeln nicht so jovial wie gewohnt, sondern eher nachdenklich, ja fast schon philosophisch. So scheint die an anderen Tagen furchtbar witzige, weil äußerst persiflierende Einleitung zum Kuahmelcher über die Entwicklung von Almauftrieb und Turbokühen mit Brüsseler Megaeutern lind die auf der Einsamkeit der Viehhirten basierende Etymologie des Jodelns, denn auch einer an einen privaten Zuhörerkreis gerichtet zu sein.

Hubert von Goisern ist beileibe nicht der einzige, der mit seinem Handicap hadert. Eine Woche zuvor hatte Schlagzeuger Wolfgang Maier nämlich in eine Glasscherbe gegriffen und dabei die Sehne eines Daumens gekappt. "Da er aber auf sein geliebtes Schlagzeug partout nicht verzichten wollte, spielt der Wolfi eben nur mit einer Hand!" erklärt Hubert den Fans. Um für alle Fälle gewappnet zu sein, hatte man mit Evert van der Waal flugs einen zweiten Drummer engagiert, der ihn auf dem zweiten Drumset unterstützt und mit dazu beiträgt, daß die beiden, nach nur zwei Probetagen, bereits einen erstaunlich homogenen Drive trommeln.

Hubert von Goisern und Reinhard StranzingerWenn Hubert als Einstieg zu Spinni den Stones-Klassiker I Can't Get No Satisfaction einfließen läßt, schnalzen nicht nur Freunde der rollenden Steine mit der Zunge. "Jetzt spü' ma amoi arie dieser Traditionals oder auch Volksweisen", kokettiert er mit betont amerikanischem Akzent. Die oftmals heimatlichen Melodien münden immer wieder in krachenden Rock oder forcierten Blues - so auch die deutsche Nationalhymne, die von Alpine Sabine in lupenreinem Mezzosopran gesungen, in eine gar wilde Alpenpolka ausufert.

"Ich habe heute mehr mit geschlossenen als offenen Augen gespielt", erzählt er später. "Ich mußte mit meiner Kraft haushalten, um das Programm überhaupt durchstehen zu können." Vielleicht hat ihm dabei die Erinnerung in humoreske Einlagen geholfen, an die herzhaften Lacher, die er immer darin erntete, wenn er die Show mittels kurzer Ansprachen auflockerte.

"San Goiserer do?" fragt er ins dunkle Rund der Halle. "Na, wann Goiserner do war'n, tat'n dia nia wos sog'n!" kennt er seine Dörfler aus dem Salzkammergut nur zu gut und liefert statt dein Anekdoten aus der Historie des kleinen Kurorts, wo sich die Einwohner krank stellen und bewußt langsam gehen, "nur damit sich all die Kranken und Siechen, die in dieses Heilbad kommen gleich besser fühlen."

Und erneut dominiert einer dieser Grooves, der wie eine Kreuzung aus Pink Floyd und Frankie Goes To Hollywood klingt und sich durch den volkstümlichen Refrain furcht. Plötzlich zuckt ein grelles Licht auf - die Show ist zu Ende. Binnen Sekunden sind nicht mehr nur die beiden so notorisch wie ekstatisch seit einer geschlagenen Stunde ausgelassen hüpfenden, jugendlichen Besucherinnen aus Reihe Sieben gefordert, sondern der ganze Saal, der mit geballter Stimme seine Zugabe einfordet und auch bekommt.

Hubert von GoisernFinale Furioso: Endlich rücken Hubert und die Alpinkatzen heraus mit den "Dicken Wadeln", auf die natürlich jeder gewartet hat und deren Refrain von einem tausendstimmigen Chor mitgesungen wird, ohne daß sich auf der Bühne auch nur eine Lippe bewegt.

Die abschließende Verneigung vorm Publikum ist kaum vorbei, da läßt er sich noch einmal umstimmen und schiebt ein sentimentales Hearst es, wia die Zeit vergeht hinterher, sozusagen die letzte musikalische Träne an diese Stadt, bevor sie morgen wieder in einer anderen vergossen wird.

Doch ist das wirklich die allerletzte Träne? Während die Masse der Zuschauer schon in Richtung Parkplatz marschiert, formiert sich das alpine Orchester auf der Bühne, im Halbkreis um ein einzelnes Mikro und intoniert das endgültige Lullabye.

Was kommt nach der Musik? "Ich weiß nicht", gesteht Hubert aus Goisern, "ich brauche vor allem Ruhe, um über die Dinge nachzudenken, die mir persönlich wichtig sind, denn während der langen Jahre unaufhörlichen Tourens verschieben sich doch die Wertigkeiten."

Natürlich wird er die Bühne vermissen, den unmittelbaren Kontakt zum Publikum und auch die Magie des Augenblicks. Doch der Hubert ist nun mal ein Unsteter, ein Wanderer, ein Reisender, den nichts und niemand aufhalten kann. "Es gibt schon noch ein paar Alpengipfel, die ich noch nicht erklommen habe, und speziell das Genre Film reizt mich sehr."

Heuer hat er die männliche Hauptrolle gespielt in Die Hölleisengretel, ein Film nach dem Buch von Oskar Maria Graf. Außerdem arbeitet er zur Zeit in einem Drehbuch. Ist der Abschied von der Musik unwiderruflich endgültig? "Ach, wer weiß, vielleicht juckt es mich ja mal derart, daß ich gar nicht anders kann als mich wieder auf die Musik zu stürzen. Aber augenblicklich steht mir der Sinn nach etwas Neuem."

Sabine Kapfinger und Hubert von Goisern

Hubert von Goisern - Live in 1994

11. März 2003 | Fotos: © Toni Glaser

Jodeln - Ruf Der Wildnis im Alpine-Stil

The Stars und Stripes 28. Oktober 1994 | Text: Jon Connor

Mit beiden Händen auf ihren Hüften, löste Sabine Kapfinger langsam eine wortlose Botschaft aus, fremd zu jeder Sprache, doch den meisten Leuten der Welt bekannt. Sabines Stimme kommt jetzt dazu und juchzt zum Summen des Synthesizers. Dann wechselt sie um und fügt Wörter hinzu, während sie sich dem beschleunigenden Tempo der Ziehharmonika anpasst. Zusammen mit dem gemeinsamen Mitklatschen von 3.300 Leute in der Offenbach (Deutschland) Stadthalle, füllten Kapfinger und Mitmusiker die Halle mit den Klängen der neuen österreichisch-deutschen Volksmusik.

Das Zusammenspiel zwischen Instrumental-Musik, dem Mitklatschen und der Stimmung, war Jodeln eine vor langer Zeit populäre Form von Liedern beim Alpinen Bergvolk. Jetzt wird diese mit einer neuen Popularität durch Hubert von Goisern und den Alpinkatzen, sowie anderen österreichischen oder deutschen Bands wie die Zillertaler Schürzenjäger, wieder mit Leben erfüllt. Es ist eine vielfältige Kombination aus Rock, Pop, Blues, Reggae, Soul, Funk und Volksmusik, deren Sound Hubert von Goisern, Schlagzeuger Wolfgang Maier, Gitarrist Reinhard Stranzinger und Keyboardist Stefan Engel kreierten, der vielen gefällt.

Zum Leidwesen seiner Fans kündigen der österreichische von Goisern und seine Band eine Ende ihrer Karriere als Alpinkatzen an. Nach dem Konzert bestätigte von Goisern: die Gruppe wird am Montag ihr letztes Konzert in München, Deutschland, spielen. Er wird "den Tisch leeren" und beginnen, Filme und neue Musik zu machen, wie von Goisern sagte. Zurückblickend auf die Zeit, als er 1986 die Gruppe gründete, sagte der 41-jährige von Goisern: es war es war "sehr, sehr schwer", Radio-Sendezeit zu bekommen und auch Tour-Promoters davon zu überzeugen, Neue-Volksmusik-Konzerte zu veranstalten.

Doch endlich führten die Alpinkatzen-Alben, zusammen mit ausgedehnten Tourneen, zu gleich verbreiteter Popularität bei Deutschen sowie Österreichern. Vor Ostern dieses Jahres spielte die Band sogar bei einigen Terminen in USA - in Austin, Texas und ein Termin in New York City.

Die Idee war, Volksmusik mit seinem Jodeln und Ziehharmonika-Klänge zu verbinden, dann sie mit zeitgenössischeren Tönen wie E-Gitarren und Keyboards zu mischen, erklärte der Bandleader.

"Wir machen Musik, die in unserer Landschaft geboren ist," sagte er. "Jodeln ist nur ein Teil unserer musikalischen Sprache." Und, betonte Goisern, Jodeln ist nicht nur von den Leuten in den Alpen gemacht, sondern auch in Nordskandinavien, der Arktis-Kreis und Zentralafrika zu hören.

Von Goiserns Texte, alle in Deutsch gesungen, sprechen beide - die guten und schlechten - Aspekte des Lebens an. Politiker werden zum Beispiel für Kritik manchmal in seinen Liedtexten erwähnt. "Sie sind nicht kreativ ... sie sind Veranstalter,"so von Goisern. "Sie wollten es nie in einer kritischen Weise. Ich bin kritisch mit meiner Tradition."

Bei einigen der ruhigen Lieder benutzten Fans ihre Feuerzeuge und Wunderkerzen, um ihre Begeisterung zu zeigen. Bei den schnellen Nummern bekamen die Alpinkatzen donnernden Applaus, so, als ob die Menge um eine Zugabe bittet.

Die fünfköpfige Gruppe - von einem zweiten Schlagzeuger vorübergehend unterstützt, weil Maier einen Gipsverband auf seinem rechten Hand/Handgelenk hatte - gab ein 1,5 Stunden- Konzert mit zwei Zugaben, unterbrochen durch eine Pause, ohne die Begeisterung des Publikums zu verlieren. Angesichts der Altersunterschiede, die von Jugendlichen bis zu ältere Großeltern reichten, ist das ungewöhnlich.

"Nicht alle Tage sind gute Tage. Heute war ein schlechter Tag für mich," sagte von Goisern, der mit der Grippe kämpfte. Es ist bedrückend, hinfügte er, wenn "ich auf der Bühne zurückhaltend sein muß, um den Abend zu überstehen." Der Gedanke, ein Konzert abzusagen, ist undenkbar, sagte er. "Ich kann es nicht machen. Ich habe es einmal gemacht, als ich starke Magenschmerzen hatte.

Daß er sich so krank fühlte hätte niemand geahnt, als er sein großartiges Musizieren durch das Spielen der akustischen- und Slide-Gitarre, Ziehharmonika, Mundharmonika und Horn, sowie beim Jodeln und Singen darbot. Ein Höhepunkt war eine Begleitung, die nur aus Kuhglocken bestand.

Interessanterweise sagt Goisern, daß Geige und Cello die einzige Instrumente sind, die er nicht spielen kann. Und, als er gefragt ist, wieviele er spielen kann, antwortete er, "ich zählte sie nie."

HvG und die Alpinkatzen: Live in '93/'94

9. Februar 2003 | Fotos: © Toni Glaser

Die "Power aus den Bergen"

Mangfallbote 26th April 1994 | Text: Karl Königbauer | Photo: Jacobi

Das Phänomenon Hubert von Goisern: "Laßt's de Jucheza ausse"

Eine "Fetzenkiste und Rumpelkammer" sei diese sogenannte Kultur, bei der professionelle Folklore-Rock- und Pop-Musikanten barfuß, unrasiert und in verschlampter Kleidung auftreten. Was Trachtengauvorstand Max Reitner letzte Woche noch scharf gegeißelt hatte, stand jetzt im wahrsten Sinn des Wortes "leibhaftig" vor dem Publikum in der zweimal ausverkauften Rosenheimer Stadthalle: Hubert von Goisern, unrasiert, und seine Alpinkatzen "Alpine Sabine", barfuß, Gitarrist Reinhard Stranzinger, mit Joppe und Feder am Trachtenhut über der abgerissenen Jeans, Keyboarder Stefan Engel mit langen Haaren und Hut und Schlagzeuger Wolfgang Maier mit Zöpfchen.

Aber nicht nur daran hätte der Brauchtums-Funktionär wenig Gefallen gehabt, auch über das Publikum hätte er sich wohl gewundert: Von fünf bis 75 Jahren, mit Jeans oder Dirndl, und die älteren Fans klatschten am lautesten und stürmten bei den Zugaben heraus aus den Stuhlreihen an die Bühne. Sicher hätte sich Reitner auch gewundert über das, was aus den Lautsprechern schallte: Zum Anfang eine Polka, die sich zu einem harten Rock steigerte, ein vierstimmiges, gefühlvoll vorgetragenes Volkslied zum Abschied und dazwischen eine Mischung aus Rock, Blues und Volksmusik aus Oberösterreich – nebeneinander, gleichzeitig oder ineinander übergehend und das alles in perfekter Harmonie.

Omunduntn heißt die Tournee des mittlerweile sagenumwobenen Goiserers, der auszog, um mit diatonischer Ziach und den Klängen seiner Heimat Rock zu machen und mittlerweile einen Erfolg einfährt, der ihm selber schon fast unheimlich wird. Kaum mehr daheim bei seiner Familie sei er, bedauerte er, und ließ sich trotz bereits absolvierter 20 Konzerte in fast täglicher Folge – Rosenheim lag in der Mitte der Tournee – wieder mitreißen vom Publikum, das er zuvor mitgerissen hat.

Schon beim ersten Song wurde mitgeklatscht, und das ging das ganze Konzert so, obwohl Goisern sich die Erfolgsstücke für die Zugaben aufsparte. Aber auch die neuen Songs haben's in sich, die "Power, die vor allem aus den Bergen haben", wie er zu sagen pflegt, Energie, die er zwar in erster Linie in die Musik, mehr und mehr aber auch in die Texte steckt. Einen Anti-Drogen Kokain-Blues gibt es da, und gar einen politischen Song, den seine Plattenfirma lieber nicht gehabt hätte, so von Goisern. Von verlogenen Politikern und Journalisten ist da die Rede und vom Krieg im ehemaligen Jugoslawien: "Ob Serb oder Krawat, um an jeden is schad."

Vielleicht will er ja ein wenig dem Image des erfolgreichen, weil arg angepaßten Alpen-Rockers gegensteuern, das ihm die Konkurrenz gerne anhängt – zu unrecht, so zeigte seine fast überbordene Kreativität. Es ist wirklich die "Power", die einfach nicht zu bremsen ist und die "ois van da Musi her kimmt", wie die Gruppe im Abschiedslied sang. Da ist es dann eigentlich egal, von welcher Musik: Der Ausseer Schottische wird zum Hardrock mit kreischender Gitarre, Haydns Nationalhymne eine Persiflage auf Nationales ("Gott erhalte, Gott beschütze, unsern Franz, Schubert, Klammer, Bekkenbauer, Gott beschütz den Vogerltanz…") und ein Jodler beweist seine Verwandschaft zum Blues.

Auch aus dem Publikum kamen nach anfänglichem Zögern immer mehr kraftvolle Juchizer zum Alpinkatzen-Rock: "Laßt'ses ausse – an Jucheza muaß ma richtig auslassn" gab Hubert von Goisern die Anleitung und Sabine das perfekte Beispiel. Am Ende kommt ganz schlicht "De Zeit hod Bestand, wo mia san beinand."

Tatsächlich, da blieb beim Publikum etwas über den Moment hinaus, wurde spürbar, was Musik mit tiefer heimischer Wurzel heute sein kann – sicher mehr jedenfalls, als wenn bei einem Heimatabend die Original Unterkrainer zeigen, was man in Oberkrain sicher so nicht und in Bayern gleich noch gar nie gespielt und gesungen hat, rasiert oder unrasiert. Schade, daß Herr Reitner das nicht erleben konnte.