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ENTWEDERUNDODER

EntwederUndOder

Zueritipp 18. Januar 2012 | Text: Benedetto Vigne

Mehr Rock und mehr lose Zunge als auch schon:
"EntwederUndOder" heisst die neue Platte des österreichischen Weltmusikers Hubert von Goisern.

Es tut gut in diesen Tagen, in denen so leichtfertig das Schimpfwort Gauner verteilt wird und es anscheinend von halb kriminellen Bankgesellen nur so wimmelt, einem echten Schelm zu begegnen. Zum Beispiel dem gewitzten Hofnarren und Wortverdreher Hubert von Goisern. Der österreichische Liedermacher und Weltenmusikant hat neuerdings das passende Lied zum Zeitgeschehen parat: "Jeder woass, dass a Geld nit auf da Wiesen wachst, und essen kann ma s a nit - aber brenna tat s guat." Die Ziehharmonika zurrt dazu, die Trommel wirbelt, die Elektrogitarre zerrt und jault, der Sprechgesang purzelt in einen Jodel hinein, und es folgt die lakonische Frage, "wieso kemman allweil de viara de liagn, de die Wahrheit verbiegn?"

EntwederUndOder heisst von Goiserns jüngstes Album in wortspielerischer Art. Man ist durchaus etwas verwundert, dass der Weltenbummler, der seine Musikparaden auch schon mit grosser Kelle anrichtete, diesmal mit dem Reiz der wirthaustauglichen Reduktion gearbeitet hat. Manche der Stücke scheinen auf rudimentärste, roheste Americana hinuntergestutzt worden zu sein. Im Surf-Ska des Zweitsongs – einer augenzwinkernden Hommage an die Indianer – ertönt plötzlich ein fröhliches Ziegenglockenspiel. Dem zz-topschen Urbluesrock von I versteh di nit wird eine kapellenreife Heiligenlitanei angehängt. Und der Jodel ist eh fast überall gegenwärtig, selbst in den nachdenklichen Melodien nach der Mitte des Albums, etwa in der bluesigen Pianoballade Lebwohl. Eines der schönsten Lieder hat Hubert von Goisern für den Schluss aufgespart, das Lou-Reed-artige Neama bang, das mit den Zeilen aufhört: "I muass eh nit alls verstehn, aber a wengal was wär schon schön." Soll gelten, gerade auch fürs Konzert.

Entwederundoder

Neues Deutschland 31. Dezember 2011

Was BAP für die Kölner, ist Hubert von Goisern für die Österreicher. Anders gesagt, beide eint: Wir anderen verstehen - nix. Oder jedenfalls nicht so sehr viel. Wer den Dialekt aus dem Salzkammergut aber mag, ist bei Hubert von Goisern erst mal richtig. Denn die Texte sind wichtig. Und die Musik? Schwer zu sagen, was da überwiegt: Blues, Rock, Volksmusik aus den heimatlichen Alpen - die vor allem -, Balkan-Pop, Funk und Klänge von weit, weit her. Ein verwegener Mix, verwegen wie der ganze Bursche.

[...] Die Instrumentierung der neuen Platte besteht wie immer aus seiner steirischen Ziehharmonika, der er dann und wann die höchsten, schräg-fiepsigen Töne entlockt - eine Art, für die er berühmt ist, die reinsten Katzenohrfrequenzen, die durchs Ohr ins Gehirn bis in die Haarwurzeln blitzen, dass einem der Schopf zu Berge steht. Außerdem gehören Schlagzeug, Bass, Gitarre, Klavier zur vergleichsweise reduzierten Besetzung und, ja, bei von Goisern zu erwarten: Kuhglocken sowie eine Maultrommel.

So gibt sein Zerrwanst mal den gemütlichen Rheinländler. Ein andermal geht's durch indianischen Urwald mit einem Tempo und Gewummer, als werde die Handlung eines Action-Films vorwärtsgejagt. Im Gesang springt der mittlerweile 58-Jährige bei Bedarf auch mal ganz hoch ins Jodelfalsett - ein Reiz, dessentwegen man von Goisern immer wieder und nicht genug bejubeln kann. Und wo's sein muss, schreit er, ein Schreien hin zum Echo der Berge. Oder aber er setzt das sphärische Schweben ein, wie es kein anderes Instrument als das Akkordeon hervorzubringen vermag (im Instrumental Über-Unter-Ober-Österreicher) - die Bässe und die Drums immer am Rhythmusgeben, damit sich auch ja niemand verfliegt -, und bringt es zum Kontrast mit der Bassgitarre, und wer das hier liest und daher glaubt, diese Kombination läuft auf Kitsch hinaus, irrt sich.

Schlicht, von unerwarteter Einfachheit mancher Text - elf Titel bietet die Platte. "I versteh' di net, dafür bin i zu bled" - aber nein, dieser Reim klingt hier ganz und gar nicht lächerlich, der Moment der spannungsvollen Zweierbeziehung, der in diesem Lied erzählt wird, ist so am besten erfasst. "Heidi, halt mi ..., Heidi g'freu di", tja, das ist eben Anbaggern auf Alpenländisch. Liebesballaden, schön und gut, Lautes, Leises, Großes und Kleines. Selbstverständlich aber: Man hört auf Entwederundoder wieder ganz deutlich, dass Hubert von Goisern - wenngleich sonst meist zart und poetisch im Ausdruck - ein glasklarer politischer Mensch ist. Nicht umsonst als Eingang gewählt, das Lied, das den Wahnsinn der Energiegewinnung aus Mais und Weizen anprangert: "Brenna tuat's guat", das Geld nämlich. Es wächst nicht auf den Wiesen und man kann's nicht essen, aber es brennt gut, und wenn wir lange so weiter heizen, brennt der Hut."

Auch Brenna tuat's guat, aus der Platte ausgekoppelt, setzte sich ganz schnell an die Spitze der österreichischen Charts. Live zu erleben ist Hubert von Goisern ab 2012 in 100 Entwederundoder-Konzerten (am 12. März in Berlin).

Hubert von Goisern: Entwederundoder

Track 12/11 | Text: hh

Mit seinem neuen Album geht der Österreicher nach diversen, oft genug seine Fans verstörende musikalische Ausflüge zurück an seine Wurzeln als sogenannter Alpenrocker. Und hier ist er zuhause, das ist das Metier, in dem er am besten ist und wo er auch am besten rüberkommt. Begleitet von seinem Akkordeon und einem Trio bestehend aus Gitarre, Bass, Schlagzeug hat von Goisern musikalisch abgespeckt und bewahrheitet den alten Spruch: Weniger ist mehr auf eindrückliche Weise. Der Schwerpunkt lieft auf erdigem Rock und Blues mit alpinen Zutaten, wie besagte Ziehharmonika und die von ihm bekannten hintergründigen Texte, in breitestem Austria-Dialekt vorgetragen. Die Verbindung aus Rock und österreichischer Folklore funktioniert wieder bestens und verbreitet gute bis ausgelassene Stimmung. Entweder Und Oder wird alte von Goisern Fans zufriedenstellen, Abtrünnige wieder zurück ins Boot holen und sicher neue Fans dazugewinnen.

Kultur-Rückblick: Feuer und Flamme

OÖN 31. Dezember 2011 Text: Bernhard Lichtenberger | Foto: Volker Weihbold

Mit "Brenna tuats guat" hat Hubert von Goisern den Soundtrack zur Krise geschrieben und damit erstmals die Spitze der Single-Hitparade erklommen – auch, weil Ö3 über seinen Schatten gesprungen ist.

Hubert von GoisernWir sind es gewöhnt, dass Pop-Göttinnen wie weiland Madonna oder neuzeitlich Lady Gaga den Hitparaden-Olymp regieren. Wir haben uns damit abgefunden, dass Dancefloor-Seltsamkeiten wie Bring Me Edelweiß (1988) wochenlang nicht verwelken, wenn ihnen erst einmal die Chartspitze blüht. Und auch für einen lederbehosten steirischen Arschwackler wie Andreas Gabalier, der seine Schlagerart als Volks-Rock'n'Roll verkauft, hat das österreichische Hörverhalten jederzeit eine Nummer 1 übrig.

Es wunderte also nicht, dass Hubert von Goisern selbst von einem "Wunder" sprach, als sich im Herbst Brenna tuats guat in der heimischen Single-Hitparade fünf Wochen lang ganz oben einnistete – ein Erfolg, der nicht einmal dem Hiatamadl vor fast zwei Jahrzehnten beschert war.

Soundtrack zur Krise

"Hits entstehen nur, weil sie an einem bestimmten Punkt und wohl auch zu einer gewissen Zeit die Emotionen vieler anregen", hat Bernhard Flieher in seinem 2009 erschienenen Buch Weit, weit weg. Die Welt des Hubert von Goisern geschrieben. Brenna tuats guat landete punktgenau in einer Zeit, deren inflationärstes Wort "Krise" ist und in der die Systeme aus dem Ruder laufen.

Und wenn Hubert von Goisern "De Falotten soll der Teufel hol'n" singt, dann spricht er den Menschen aus der Seele, denen zwischen Rating-Agenturen, die mit dem Daumen nach oben oder unten spielen, kollabierenden Finanzordungen und einem Gefühl der Ohnmacht und Verlorenheit zum Aufschreien zumute ist.

Die Hitradio-Verweigerung

Das Lied "trifft wohl die Befindlichkeit der Menschen", mutmaßt der 59-Jährige. Und es tut das auf eine Weise, die jeder versteht: "Jeder woass, dass a / geld nit auf da wiesen wachst / und essen kann ma's a nit / aber brenna tat's guat / aber hoazen toan ma woazen / und de ruabn und den kukuruz / wann ma lang so weiter hoazen / brennt da huat".

Was man nicht weiß, macht einen nicht heiß, sagt das Sprichwort. Über mehr als ein Jahrzehnt hatte die breite Masse, die heute für Brenna tuats guat Feuer und Flamme ist, die schöpferischen Spuren des Goiserers aus den Augen verloren. Eigentlich aus den Ohren, da sich das selbsternannte, öffentlich-rechtliche Hitradio standhaft dem Liedgut des Oberösterreichers verweigert hatte, weil dieses nicht in die unsägliche Erfindung namens Formatradio passte. Und hätte sich diesmal nicht in der oberen Ö3-Etage ein offenherziger Lauscher gefunden, der sich mit der Nummer anfreundete und auf Sendung schickte, flackerte der Hit im treuen Kreis der Hubert-Aficionados vor sich hin. Das 2011-Glück des Liedermachers führt uns gleichzeitig das Unglück der Abhängigkeit von Ö3 vor Augen: Wer auf Österreichs reichweitenstärkstem Sender nicht gespielt wird, blüht bestenfalls im Verborgenen.

So ein Hit bringt auch Härten mit sich. Ist er erst einmal geboren, entkommt man ihm nicht mehr so leicht. Power-Rotation nennt sich diese Song-Wiederkehr zu jeder Tages- und Nachtzeit. Dann hören wir einen Titel so oft, bis wir ihn nicht mehr hören können – oder ihn selbst der Interpret nicht mehr singen will.

"Hiatamadl" mit Folgen

Das Hiatamadl, das 1992 Hubert von Goisern und die Alpinkatzen als Verbinder von Rock und Volksmusik auf die musikalische Landkarte zauberte, war auch so ein Fall. Es versetzte belagerte Skihütten in einen Wadel-Rausch, quoll aus jedem Lautsprecher und kletterte bis auf Platz 2 der Hitparade – mit der Folge, dass es der mit einem Mal Erfolgreiche jahrelang links liegen ließ und aus seinem Bühnenrepertoire tilgte, bis er selbst mit dem Hadern wieder im Reinen war.

Das Schicksal der Lied-Weglegung ließe sich vom Krisen-Soundtrack Brenna tuats guat spielend abwenden. Ö3 müsste die mit Gold für mehr als 15.000 verkaufte Exemplare veredelte Single lediglich durch ein frisches, eindringliches Stück ersetzen. Davon enthält das Platin-Album Entwederundoder noch jede Menge. Denn, eh schon wissen: Ein Hit entsteht erst, wenn er gespielt wird. Und dann brennt er gut.

Hubert von Goisern: Neues Video ist online!

Musicheadquarter 24. November 2011

Nur wenige Künstler können auf eine so lange und abwechslungsreiche Schaffenszeit zurückblicken wie Hubert von Goisern: mit dem Hiatamadl galt er vor über 20 Jahren als der Begründer des modernen Alpenrock. Seitdem ist er immer seine eigenen Wege gegangen, hat sich Träume verwirklicht, Filme gedreht, neue und neuartige musikalische Projekte angestoßen, immer mit sich selbst als "rotem Faden" seiner Ideen. Er spielte Konzerte in 25 Ländern, nutzte die dabei entstehenden Synergien zu Kooperationen mit Künstlern aus Afrika, Asien und Osteuropa sowie und Größen wie Konstantin Wecker, Wolfgang Niedecken und Xavier Naidoo. Legendär ist Huberts zweijährige Linz Europa Tour, die von Linz ausgehende Reise auf einem Konzertschiff ans Schwarze Meer (2007) und an die Nordsee (2008). Ein Mammutprojekt mit unglaublicher Opulenz und großartigen musikalischen Begegnungen.

Das neue Album EntwederundOder schließt den Kreis: reduziert, aber nicht entschleunigt, kommt Huberts Musik auf das Wesentliche reduziert daher und installiert sich direkt in Kopf und Bauch der Zuhörer. Die erste Single Brenna tuats guat ist ein Song mit Inhalt, vielleicht seit langem ein wahrer Protestsong, der die Emotionen der Menschen in Zeiten von Finanzkrise und globaler Unsicherheiten trifft. Damit und mit EntwederundOder ist Hubert von Goisern so weit vorne in den Charts vertreten wie nie zuvor – ohne etwas anders zu machen als bisher. Die Zeit ist reif!

Das Album EntwederundOder stand drei Wochen lang auf Platz 2 und hat jetzt auch Gold bekommen! In Deutschland hat das Album mit Platz 13 die für Hubert von Goisern bis dato höchste Chartplatzierung in diesem Land erreicht. Brenna tuats guat war fünf Wochen lang auf Platz 1 in den österreichischen Charts zu finden!
Seit 4. November gibt es die Single nicht nur mit der Studio-Aufnahme, sondern auch mit einer bisher unveröffentlichten Live-Version zu kaufen. Zudem wurde soeben das Video dazu veröffentlicht: Brenna tuats guat

Goisern gratuliert Goisern

Hubert von Goisern: "Entweder und Oder" ganz oben in den Charts!

EntwederundoderHubert von Goisern hat seiner Musik das Fell abgezogen. Nach seiner opulent instrumentierten Donautournee und seinem epischen letzten Album S'Nix erzählt er nun in bis aufs Gerippe gehäuteten neuen Liedern von den grundlegenden Zusammenhängen des Lebens. Hubert sind auf Entweder und Oder radikal reduzierte Songs gelungen, die ein Mann durchaus auch alleine zur Gitarre vortragen kann, wenn es hart auf hart kommt. Doch gemeinsam mit seiner Band, die nur noch aus Schlagzeug, Bass und Gitarre besteht, hat er in seinem Salzburger Studio zwingend treibende Musik eingespielt, die auf dem Weg zur Versöhnung waghalsige Wendungen nimmt. Nach großen Abenteuern und intensivem Auskundschaften wagt es Hubert von Goisern nun, an den Ausgangspunkt seiner Musik anzuschließen.

Als Hubert von Goisern vor einen Vierteljahrhundert die Alpinkatzen gegründet hat, bedurfte die Musik aus den Bergen einer radikalen Neuausrichtung: Der Weltreisende, der zuvor in Südafrika als Chemielaborant gearbeitet hatte, in Kanada als Skiverkäufer und in Bad Ischl im Salzbergwerk, warf ihr das Gewand zweitgemäßer Popmusik über, als die achtziger Jahre ein bisschen verloren in die neunziger schwappten. Gleichzeitig trieb er ihr die Verlogenheit aus. Später sog der unermüdliche Kulturbotschafter in seinen Produktionen traditionelle Klänge aus Afrika und Tibet auf, ehe er auf seinen beiden Trad-Alben die Musik seiner gebirgigen Heimat intensiv inhalierte. Zuletzt rief Hubert von Goisern ein klingendes Konzertschiff ins Leben, mit dem er zwei Sommer lang die Donau entlangfuhr – aufgeladen mit osteuropäischer Inspiration, bis ins ukrainische Donaudelta hinein.

"Die Donautour war für mich der Mount Everest, sodass hinterher eine Reduktion notwendig und logisch war", sagt Hubert. "Und als sich im vergangenen Jahr dann beim Schreiben herauskristalisiert hat, welch einfache, ja manchmal fast naive Lieder bei mir anklopften, war ich richtig erschrocken." Seine jungen Verbündeten vom Donauschiff, der Schlagzeuger Alexander Pohn, der Bassist Helmut Schartlmüller und der Gitarrist Severin Trogbacher, mussten den 58-jährigen Innovator der österreichischen Musikszene erst einmal davon überzeugen, zu seinen sehr direkten, geradlinigen neuen Lieder zu stehen. Mit ihrer ganzen Wucht – aber auch mit all ihrer Feinfühligkeit – schufen sie unter der Regie des Produzenten und Songwriters Hubert von Goisern den radikal entschlackten Klangkosmos eines hochkonzentrierten Sängeralbums.

Denn das ist es, was beim Hören von Entweder und Oder zunächst verblüfft: Wie klar, wie dicht, wie direkt Hubert von Goisern sein ganzes Album innerhalb von drei Tagen eingesungen hat – übrigens mit einem alten AKG-Mikrofon, das nach jeder Stunde eine längere Ruhepause zur Abkühlung benötigte. Und nicht nur der Sänger singt: Der Zuhörer singt mit – innerlich zunächst, bald aber auch laut, obwohl ihm die ganz neuen, noch unbekannten Lieder erst langsam zu Gefährten werden. Das hat nichts mit Idylle zu tun – im Gegenteil: Der unweigerliche Drang, mitzusingen, rührt schlicht daher, dass Hubert von Goisern Lieder aus purer Substanz geschaffen hat, die so vertraut und so natürlich klingen, als hätten sie immer schon existieren müssen.

Dass auf Entweder und Oder der Weg zur musikalischen Versöhnung mit dem Naheliegenden über waghalsige Kehren führt, liegt an der ungezügelten Lust, mit der sich Hubert von Goisern auf diesem Album von allen Erwartungen befreit. So ist Entweder und Oder eine spannende Gratwanderung geworden: Dem grandiosen Blick ins Tal, den Hubert von Goisern auf Entweder und Oder so lustvoll inszeniert wie zu Beginn seiner Karriere – jodelnd, schreiend und kraftvoll jene anrufend, die größer sind, als die Berge – geht ein tollkühner Aufstieg voraus. Hubert von Goiserns Ziehharmonika fungiert als solider Klettersteig bei dieser Expedition ins unerhört Vertraute.

Die Ziehharmonika umschwirrt gleich zu Beginn von Entweder und Oder eine radikal lüsterne Fantasie, die von brennendem Geld handelt – und von den Kindern des Teufels. Aber kaum, dass Brenna tuats guat verklungen ist, verscheucht ein gnadenlos treibendes Schlagzeug jegliche Sicherheit: Das Lied Indianer stellt mit gehäutetem Wüstencountry tradierte Männlichkeitsrituale infrage, während sich die kojotisch wimmernde Gitarre der sengenden Sonne beherzt entgegen wirft. Halt nit an ist sparsam instrumentierter und gerade auch deshalb so eindringlicher Songwriter-Pop, der das Unterwegssein beschwört.

Und da erschallt er wieder: der unendlich befreite und zugleich unerhört sehnsuchtsvolle Schrei des Hubert von Goisern ins Tal und in den Himmel zugleich. Dann aber Felsbrocken, die man zunächst für unüberwindbar halten mag: In I versteh di nit sorgen machtvoll verzerrte Gitarren für den logischen Soundtrack zur nicht mehr möglichen Kommunikation. Umso verblüffender der darauf folgende alpine Lustschrei: Heidi, ein Walzer eigentlich, der sich keck als Reggae im Dreivierteltakt verkleidet, zelebriert die freudvolle Verschlingung des Lebens mittels seiner naheliegendsten Überlistung.

Dem Leben selbst wendet sich Hubert von Goisern sehr ernsthaft im emblematischen Großsong des Albums zu: Es is wias is erzählt auf ganz ungeschminkte Weise vom Vorübergehenden, vom Vergänglichen, vom Wandel und dem ewigen Kreislauf des Unabänderlichen. Das ruhigste Stück von Entweder und Oder verschafft mit aufreizend schleppend vorgetragenem Barjazz Hubert von Goiserns Klarinette den Raum, die Geschichte von der ewigen Wiederkehr (aber auch, humorvoll im Lied vertäut, von der individuellen Abnutzung), ein zweites Mal wortlos zu erzählen – aber alles andere als stumm. Es is wias is steht nicht zufällig im Zentrum eines Albums, das sich sowohl musikalisch als auch textlich den elementarsten Aspekten des menschlichen Seins widmet: Der Liebe. Der melancholischen Erinnerung, die sich in Nit lang her ihren Weg bis zum grausam schönen Mundharmonikasolo bahnt, dem Abschied in der stillen Pianoballade Lebwohl, dem ewigen Missverständnis in Suach da an andern, diesem schroff instrumentierten Song mit der wild tanzenden Maultrommel. Gleich darauf, im rein instrumentalen Über-unter-ober-Österreicher entfalten sich schwindelerregende Klangserpentinen, auf denen der wieder ausgegrabenen Ziehharmonika zugleich Würgemale und zarteste Liebkosungen angedeihen. Selten zuvor hat Erkenntnis so entschlossen gegroovt wie auf diesem Album, das bezeichnenderweise mit einem Lied endet, in dem sich Es is wias is bei Sonnenschein spiegelt. Dieser Schlusspunkt, mutig Neama bang betitelt, reißt Himmel auf und bleibt dabei doch fest auf der Erde. Hier ist sie also, die Versöhnung, ja vielleicht sogar die Erlösung vom ewigen Getrenntsein auf dieser Welt. Der elf Lieder währende Weg bis zu diesem Schlusspunkt namens Neama Bang hätte genügt, um eine bewegende musikalische Wiedergeburt zu illustrieren. Aber Hubert von Goisern macht keine halben Sachen: Er nimmt uns mit bis auf den Gipfel. Er setzt Himmel und Hölle in Bewegung, damit seine Zuhörer in den Genuss kommen, dort oben jenes Glück erahnen zu dürfen, das er immer wieder herausschreit oder jodelnd ganz aus sich selbst heraus in die Welt katapultiert – lustvoll, sehnsuchtsvoll, jederzeit furchtlos und in kostbaren Momenten von Schönheit ganz berauscht. Weniger wäre dann doch nicht er.

CD-Tipp der Woche: Hubert von Goisern - "Entwederundoder"

Gute Laune TV 18. November 2011

Hubert von Goisern empfindet jedes Album als neue Herausforderung und schwört sich – wenn man seinen Ausführungen glauben darf – immer wieder aufs Neue, mit dem CD-Produzieren aufzuhören, weil er sich den Stress nicht mehr antun möchte. Aber wenn dann "alles passt", freut sich der Vollblutmusiker aus dem Salzkammergut mindestens genauso wie seine Mitstreiter und Fans. Der ganze Druck, die Anspannung und Mühe sind vergessen.

Eins steht fest: Bei Entwederundoder passt jeder Ton, Schrei und Juchzer, Hubert von Goisern ist wieder ein schönes Album gelungen.

Die Arbeit daran begann vor zirka einem Jahr, als er sich vornahm, mit seinen neuen Liedern kleine, abgeschlossene Geschichten über das Leben zu erzählen. Voraussetzung dabei sollte sein, dass er alle Songs auch allein vorführen kann, d.h. mit Klavier-, Gitarren- oder Akkordeon-Begleitung. "Reduktion auf das Wesentliche" wurde zum Motto des neuen Albums, und so besteht auch seine junge Band nur noch aus Schlagzeug, Bass und Gitarre. Musikalisch mixt der österreichische Musiker verschiedenste Stile gekonnt miteinander: Die Bandbreite reicht von Volksmusik über Ska, Pop und Blues bis hin zu Rock. Es ist für jeden Geschmack garantiert etwas dabei.

Wer's lieber fetzig mag, der wird mit Brenna tuats guat oder Suach da an andern bestens bedient. Die Balladenliebhaber können sich auf I kenn oan oder Neama bang freuen.

Dieses Album hat schon viele Hubert von Goisern-Fans überzeugt. Sie freuen sich insbesondere auf die Tournee, die ab Januar 2012 durch Deutschland, Österreich und die Schweiz gehen wird.

Entwederundoder

Boulevard Weinstrasse 46/11

Nun zu einem Album, das im September auf den Markt kam, und in Österreich bereits Goldstatus erreicht hat: Entwederundoder von Hubert von Goisern. Darauf enthalten die Single Brenna tuats guat, deren physische Veröffentlichung am [04.11.] erfolgte, und die ebenfalls auf dem Weg nach oben ist. Unterstützung erhält sie dabei von dem zugehörigen Video, das seit vergangenem Montag zu sehen ist. Hubert von Goisern ist ein Künstler, der alles was er in Angriff nimmt, auch zu einem erfolgreichen Abschluss bringt. Begonnen hat er seine Karriere als Frontmann der Gruppe Hubert von Goisern und die Alpinkatzen. Noch heute sind die Hits dieser Band, darunter Heast es ned oder Koa Hiatamadl unvergessen. Von Goisern gelang es mit seinen damaligen Kollegen traditionelle Volksmusik mit Rock, Jazz, und Blues, im österreichischen Dialekt vorgetragen, zu etwas vorher nie Gehörtem zu vermischen. Später wandte er sich als Solist, ebenfalls sehr erfolgreich, der Weltmusik zu und spielte u. a. mit afrikanischen und tibetanischen Musikern zusammen. In den letzten Jahren war er auf einem speziell dafür umgebauten Konzertschiff auf der Donau unterwegs, wo er in verschiedenen Städten anlegte und vor tausenden von Zuhörern Konzerte spielte. Mit seiner aktuellen CD kehrt er wieder an den Ausgangspunkt seiner Musik zurück, ist aber, wie Brenna tuats guat beweist, deutlich rockiger geworden. Ab Anfang nächsten Jahres begibt sich Hubert von Goisern auf große Tournee durch Deutschland, Österreich und die Schweiz. Dabei macht er am Donnerstag, 19. April um 20 Uhr, auch im Mannheimer Rosengarten Station. Der Ticketverkauf dafür läuft schon, Karten sind an allen bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich.

HUBERT VON GOISERN: Entwederundoder

Folker 6/11 | Text: Harald Justin

Hubert von Goisern dürfte abgesehen von Udo Jürgens wohl der bekannteste Musiker Österreichs sein. Schon früh hat es ihn aus dem Salzkammergut in die weite Welt gezogen. Eine musikalische Donaufahrt hat er unternommen, er war in Tibet und Afrika, gar schon, laut Albumtitel, im Exil! Nun ist er wieder zu Hause angekommen. Auf Exotismen und opulente Instrumentierungen hat er verzichtet, auf gehaltvolle, introspektive Texte nicht, ist schlicht ins Salzburger Studio gegangen, hat einige Musiker mitgenommen und ist möglicherweise bei sich selbst angekommen. Sprich: Er singt noch immer Dialekt, lässt immer noch seine lang gezogenen, typischen Schreie und Juchzer hören und spielt Akkordeon, das allerdings eher verhalten. Aber beim musikalischen Umfeld hat er sich aufs Rudimentäre beschränkt, auf Musik, mit der er sozialisiert wurde. Bei einem Mann seines Alters sind das natürlich Volksmusik, Jazz, Blues und Rock. So heult in den ersten Stücken eine E-Gitarre den Rock und Blues heraus, wird es danach beschaulich mit Klavier zur Jazzbegleitung, um am Schluss noch einmal mit Maultrommel und Vollbesetzung zur Volksmusik zurückzukommen. Eine runde Sache.

Hubert von Goisern: Entwederundoder

Musix September 2011

Meint man nach der ersten Nummer Brenna tuats guat noch Hubert von Goisern wäre wieder rein volksmusikalisch unterwegs, wird man im Verlauf des neuen Albums ENTWEDERundODER schnell eines Besseren belehrt. Natürlich greift der Hubert immer wieder zur Ziehharmonika und lässt auch den einen oder anderen Jodler vom Stapel, aber auf seiner neuen CD regiert eindeutig die Vielfalt. Von der Pulp Fiction-mäßigen Nummer mit Ska-Elementen Indianer über das Singer/Songwriter-Stück Halt nit an bis zum Bluesrocker I versteh di net lässt der Hubert seiner Kreativität freien Lauf. Dann noch etwas Barjazz, Pop und Volkstanz und fertig ist eine griabige, groovy und geniale Goisern-Scheibe.

Hubert von Goisern: Brenna tuats guat

Frankenpost 26. Oktober 2011

Hubert von Goisern im Radio? Hallo? Was ist denn da los? Der gute Mann ist fast 60 Jahre alt und Alpenrock ist eigentlich nicht unbedingt "in" - okay, Stefan Dettl hat Erfolg, aber sonst?

Vielleicht liegt's daran, dass Hubert von Goisern zum einen echt Musik machen kann. Er gilt nicht umsonst als Aushängeschild der neuen Volksmusik. Zum anderen könnte ursächlich für den Erfolg von Brenna tuats guat sein, dass der Musiker einen Nerv trifft.

Im Lied kotzt er sich über Schuldengipfel, Gier und Geld im Allgemeinen aus - in einer Zeit, in der zornige Bürger das Frankenfurter Bankenviertel mit Zeltstädte umschließen und "Occupy the Wall Street" täglich Zulauf findet, ist das nicht so abwegig.

Also, reinhören und sich mitreißen lassen.

ENTWEDERUNDODER stürmt die Austrian Charts

Antenne Salzburg 18. Oktober 2011

Neues Album von Hubert von Goisern 

[...] Nun hat von Goisern ein neues Studioalbum Entweder und oder aufgenommen und stürmt auf Anhieb in die österreichischen Albumcharts auf Platz zwei. Dessen nicht genug, schaffte es seine erste Single Brenna tuats guat dann sofort auf Platz eins der Single Charts.

Nach vielen Jahren des "unterwegs sein" – zu oft abgelegenen Orten in fernen Ländern – zeigt uns Hubert von Goisern gleich zu Beginn seiner neuen CD kraftvoll und rockig, dass es noch brennt, das Feuer. In Brenna tuats guat gibt er den verwegenen Naturburschen, der mit dem Teufel spielt. Daneben hat der Song einen merkwürdigen aktuellen politischen Bezug wenn er folgende Zeilen intoniert: "Oba hoazn damma Woazn".

Österreich will 2012 ein Benzin einführen, dem zehn Prozent Alkohol aus Getreide (kurz: Bioethanol) beigemengt sind. Dieses E10 ist in Deutschland ein Abbrenner. Die Autofahrer wollen es nicht, weil die Motorgarantien vage sind. Viel schlimmer ist, dass Agrosprit die Lebensmittelpreise treibt und dass weltweit eine Milliarde Menschen hungert. Hubert von Goisern singt: "Waun ma laung so weiterhoazn, brennt da Huat".

51 brillante Minuten mit dem Herrn Hubert

Kleine Zeitung 21. September 2011 | Text: Thomas Golser
Hubert von Goisern

Die Band reduziert auf Quartett-Größe - und wieder Melodien, in denen man versinken kann: Hubert von Goisern - Österreichs Musiker-Unikum mit dem Blick über den Tellerrand hinaus - legt mit "EntwederUndOder" ein superbes Album vor.

"Die Trennlinie zwischen einfach und einfältig ist fließend", schreibt da in seinen Notizen zum neuen Album ein gewisser Hubert Achleitner, in der Alpenrepublik und weit darüber hinaus besser als Hubert von Goisern bekannt. Seine Sorge ist aber unbegründet: Wenn einer weiß, wie man diese feine Trennlinie eben nicht überschreitet, ist es - HvG.

Zurück zur alten Form

Nach dem unterm Strich doch etwas enttäuschenden S'NIX - es fehlten einem bei dem etwas ausufernden Album und der Tour dazu irgendwie Melodien, die hängenblieben - schüttelte sich HvG ein souveränes, bestechendes Werk aus dem Ärmel. Zwölf Lieder, stilistisch vielfältig und nicht zuletzt wegen der exzellenten Band doch wie aus einem Guss. In klassischer Quartett-Besetzung (Gitarren, Bass, Schlagzeug) eingespielt, sorgt vor allem der Meister selbst mit Akkordeon, Maultrommel, Blech-und Holzgebläse für verschiedene Klangfarben. Dazu hübscher Harmoniegesang von allen Bandmitgliedern und etwas Gast-Piano auf zwei Nummern - fertig ist die feine Mischkulanz.

Die neue, angenehm vereinfachte Richtung wurde offenbar schon bei seiner "Wirtshaustour" durch Österreich eingeschlagen und erinnert sogar etwas an die legendäre Alpinkatzen-Zeit. Nachdem sich der Querdenker in den vergangenen Jahren großen Projekten wie seiner Linz-Europa-Tour entlang Donau, Rhein und Main gewidmet hatte, war es Zeit für etwas Neues, etwas - wenn man so will - Puristisches. "Ich kann nicht Volkslieder bis zum Abwinken spielen", gab HvG zu bedenken. Das alles erklärt den Sound auf EntwederUndOder: Insgesamt mehr Rock - natürlich wird der Bogen aber auch zu Jazz, Funk und Traditionellem gespannt. "Es war nach vier Jahren Opulenz, breiten Sounds und einer großen Band von meistens neun Leuten schon der Wunsch, das Pendel in die andere Richtung zu bewegen, damit es neuen Schwung bekommt", so HvG.

Brenna tuats guat ist eine Nummer, wie sie nach wie vor nur der Mann aus Bad Goisern zustande bringen kann, mit Indianer legt er so etwas wie höchst amüsanten, alpinen Surfrock vor, Halt nit an ist eine wunderschöne Liebeserklärung an die Freiheit mit Potential zum Klassiker. Etwas ruppiger wird es dann bei I versteh di nit und Suach da an andern. Die zweite Hälfte des Albums (wer sich noch erinnert: Früher gab es hübsche Langspielplatten, die man tatsächlich umdrehen musste) ist dann die ruhige mit Stücken wie I kenn oan, Nit lang her, Neama bang und dem tief berührenden Lebwohl.

Aussetzer sucht man auf dem Album vergebens. HvG ist wieder auf der Höhe seiner Schaffenskraft - ohne das zuletzt vielleicht etwas prätentiös Anmutende, wohlgemerkt. "Ich habe mich erst daran gewöhnen und mir selber Mut machen müssen, dass das jetzt so passt und ich da nicht noch herumfeile und komplexer gestalte, sondern in dieser Einfachheit, teilweise auch Naivität, bleibe", gab er seine Gedanken zu Protokoll.

Konzertbesuch empfohlen

Nicht alle Texte sind durchwegs tiefgehend wie eine Gletscherspalte, doch das scheint verschmerzbar. Die Musik des bald 60-Jährigen ist lyrisch genug, bietet wahrlich Substanz genug, um das in jeder Sekunde wettzumachen. Besonders live geht seine Musik bekanntlich sehr gut "eini" - wer zu einem Konzert in Österreich will, sollte sich allerdings rechtzeitig um Karten kümmern: Gerade einmal vier Termine sind momentan für 2012 im Tourkalender vermerkt, dafür viele Deutschland-Konzerte bis "rauf" zur Ostsee.

Gott vergelts - und haltens nit an, Herr Hubert.

Mikado - CD der Woche

hr2 12. September 2011 | Text: Markus Hürtgen

"Hubert von Goisern hat seiner Musik das Fell abgezogen", so schreibt sein Label Blankomusik über die CD-Neuerscheinung EntwederUndOder des Musiker aus dem beschaulichen Ort Bad Goisern im Salzkammergut.

Vor gut 15 Jahren ist er losgezogen, um weltweit für Furore zu sorgen, mit seiner Mischung aus alpenländischer Musiktradition und Popmusik. Das Fell abziehen, das klingt drastisch und hat sinnbildlich etwas von der Archaik, die die Bergwelt und ihre Bewohner auszeichnet.

Etwas feiner ausgedrückt könnte man auch sagen, Hubert von Goisern traut sich nach seinen letzten opulenten Werken wieder zurück zu einer kleineren Besetzung, zum Ursprung einer jeden Rockband: ein Schlagzeug, eine Gitarre und ein Bass. Die Vielfalt geht dabei jedoch nicht verloren, denn selbstverständlich greift "der Hubert" selbst zu all den Instrumenten, die er beherrscht, sei es die diatonische Ziehharmonika, die Mundharmonika, die Klarinette oder auch zu gestimmten Kuhglocken. Und natürlich singt er auch und er lässt wieder und wieder seinen geschulten Jodelgesang erklingen. Er bearbeitet an allem akribisch und mit dem Drang nach der unbedingten Perfektion.

EntwederUndOder zeigt einen Hubert von Goisern in Höchstform, der den Spaß an der Musik nicht verloren hat und sich als der Alpenrocker gibt, mit dem alles angefangen hat.

12.-17.09.11 / EntwederUndOder ist täglich in hr2 Mikado als CD der Woche zu hören, morgens zwischen 6-9 Uhr.

Der Goiserer lässt es rocken

Mainpost 12. September 2011

Sieht man von der quetschkommodigen Eröffnungsnummer (Brenna tuats guat) und zwei, drei anderen Songs ab, hat der Goiserer ein beinahe waschechtes Rock-Album gemacht. Indianer kokettiert mit Pulp-Fiction-Sound, Hålt nit ån ist purer Poprock, Lebwohl eine Pianoballade (allerdings mit gejodeltem Refrain), I versteh di nit und Suach der åndern sind knochentrockene Rocker, Nit lång her hat den Blues, erst wieder das instrumentale ÜOOÜ (Über-Unter-Ober-Österreicher) fußt in österreichischer Volksmusik. Die meisten Melodien haben Rattenfängerqualität.

Tom Waits in Lederhosen

Laut 8. September 2011 | Text: Josef Gasteiger

Wenn man seine Band auf ein Schiff packt und die Donau auf und ab segelt, erlebt man viel. Jeden Tag ein anderes Land, andere Menschen, andere musikalische Welten. Doch irgendwann ist auch die längste Jamsession vorbei und das Leben als Landratte ruft einen zurück.

Hubert von Goisern wusste, es war wieder Zeit für Veränderung. Das bedeutete zuerst die Komprimierung der großen Band auf Kernbesetzung (Gitarre, Bass, Schlagzeug). Danach verabschiedet er sich von elektronischen Klangwelten, und Gäste kamen auch keine ins Salzburger Studio.

Eigentlich klassische Vorrausetzungen für eine in sich gekehrte Platte, voller reduzierter Arrangements, quasi eine akustische Dekompression von den aufreibenden letzten Jahren. Doch dann schunkelt Brenna Tuats Guat mit einer Ziehharmonika im Offbeat dieses Bild geradewegs aus den Gedanken hinaus. Einige Powerchords darüber gelegt und schon ist man mitten drin im mitreißenden Polka-Rock, der damals in den Neunzigern das Attribut Alpenrock verdient hat.

Vielleicht führt er uns mit diesem Opener auf die falsche Fährte? Lässt uns über seine Wurzeln stolpern? Die Antwort folgt in Form von Ska mit Kuhglocken und einem 60er-Westernflair in Indianer, das den Beweis für ungebrochenen Ideenmut auch mit 58 Jahren liefert.

Auf diese Art und Weise zieht Hubert von Goisern uns immer wieder den Boden unter den Füßen weg. Abwechslung stand wie immer in dicken Lettern an der Studiowand geschrieben, wenngleich die klassische Rockband-Besetzung zumindest auf den ersten Blick im Soundgewand dominiert. Da begegnet man schleppendem Bluesrock (I Versteh Di Nid), Tom Morello-Riffs mit der Maultrommel (Suach Da An Andern) oder neu gefunden Mut zu jammernden Gitarrensoli (Halt Di An, I Versteh Di Nid).

Die volkstümliche Tradition hat er schon verarbeitet, afrikanische und östliche Einflüsse sind längst ins Blut übergegangen und müssen nicht mehr vordergründig zelebriert werden. Hingegen ist es die westliche Populärmusik und die prägende Spielart des Blues, der sich der Goiserer auf Entwederundoder vermehrt widmet.

Besonders ab Albumhälfte platziert sich ein Quartett an Songs, die nirgendwohin besser passen, als in eine verrauchte Jazz-Bar. Nach anfänglicher Freispielung von allen selbstauferlegten Vorgaben für dieses Album, ist er nun an der persönlichsten Front angelangt. Jetzt dominieren Klavierakkorde, gedämpfte Orgelfarben und sparsame Gitarren.

Dabei echot nicht nur einmal der Geist vom Tom Waits der 70er-Ära durch, sowohl musikalisch als auch textlich. Reimt HvG vorher in Indianer mutig "Pfeil und Bogen" auf "riesige Hoden", ergeht er sich in Es Is Wias Is in gefälligen, a-typischen Ski-Kommentaren. Der trockene Humor lauert meist am Ende jeder Zeile, erschließt sich erst mit der letzten Silbe.

Lyrisch schöpft er wie gewohnt aus den Vollen, bedient sich der Goisern'schen Bildsprache von Natur, Vergangenheit, Aufbruch und Existenziellem, vor allem natürlich im stark mit Balladen beladenen zweiten Teil des Albums. Da gibt die karge Instrumentierung viel Raum für den Gesang, lässt Texte über Träume, Abschied und Veränderung viel Platz zur uneingeschränkten Wahrnehmung - exemplarisch die Klavierballade Lebwohl. Dem gegenüber steht das Instrumental ÜUOÖ, das durch unheimliche Trägheit der Ziehharmonikaklänge seine hypnotisierende Wirkung entfaltet und die hervorragende Band wieder einen Schritt weiter ins Scheinwerferlicht treten lässt.

Selten passte ein Albumtitel besser zu dem künstlerischen Werk wie in diesem Fall. Es wird mehr gerockt im Hause von Goisern, gleichzeitig kehrt er auch seine Blues- und Jazzwurzeln stärker hervor, veredelt wird immer noch mit der Ziehharmonika. Das rote Tuch der gängigen Konventionen wird etwas gelockert, die Eigenständigkeit bleibt.

Wo der Teufel seine Kinder kriegt

Morgenweb 8. September 2011 | Text: jpk

Rock: Auf "Entwederundoder" vereinfacht Hubert von Goisern seinen Sound mit durchschlagender Wirkung

Den Titel Entwederundoder kann man nur radikal verstehen: Entweder geht - ganz postmodern - alles. Oder nur das einzig Wahre. Hubert von Goisern hat sich nach diversen musikalischen Exzessen für Letzteres entschieden, für eine Verkleinerung seiner Band und die drastische Vereinfachung des Sounds.

Das beste Ergebnis ist der druckvoll rockende Opener Brenna tuats guat, über den Platz, "wo der Teufel seine Kinder kriegt und alles zusammen rennt". Mit den mythisierenden poetischen Mitteln des alten Blues geißelt der Oberösterreicher hier das kriselnde Finanzsystem des Kapitalismus, eine Kritik, die in einen wahrhaft zündenden Refrain mündet: "Jeder woass, dass a Geld nit auf da Wiesen wachst, und essen kann ma's a nit, aber brenna tat's guat". Die wütenden Jodler und das peitschende, ja geradezu brennende Akkordeon fügen sich glänzend in die wuchtige Rocknummer ein - kein Wunder, letztlich stammen Blues und Rock doch zur Hälfte aus europäischer Folklore.

Die generelle Vereinfachung rückt Goisern fast zwangsläufig in die Nähe klassischer US-Songwriterkunst - vor allem bei der klassischen Pianoballade Lebwohl.

Aber sie verhindert nicht, dass der 57-Jährige ein erstaunliches breites Stil-Spektrum von Blues (I versteh Di nit) und Jazz (grandios groovig: Es is wias is) bis hin zu Songs abdeckt, die man als Austro-Pop im besten Sinne deklarieren muss (Halt nit an klingt etwa wie Wolfgang Ambros zu seinen Hochzeiten). Indianer spielt dagegen launig mit Surf- und Ska-Klischees - und Kuhglocken. Selbst die Maultrommel kommt zu Rock-Funk-Ehren (Such Da An Anderen). Weniger ist in diesem Fall also eindeutig mehr - ohne entweder und oder.

kulturWelt-Album der Woche

BR 5. September 2011 | Text: Roland Biswurm

Das ist eine zutiefst österreichische Einstellung, sagt Hubert von Goisern, Entwederundoder ist seine - er weiß es selbst nicht mehr so genau - wievielte Platte. Aber eine raue, ehrliche, zu den Wurzeln zurückreichende. Das glaubt man ihm, denn er hatte per Schiff den Gang ad fontes angetreten - auf Rhein und Donau - jetzt rockt er wieder und das "brennt guat" - wie gleich der erste Track verheißt. Also los die Leinen!

Album der Woche: Hubert von Goisern mit "Entwederundoder"

Radio 7 3. September 2011

Es ist da! Das neue Album von Hubert von Goisern Entwederundoder! Der Goiserer hat seine Band verkleinert und ist jetzt nur mehr mit Alexander Pohn (Drums), Helmut Schartlmüller (Bass) und Severin Trogbacher (Guitar) unterwegs. (Die Jungs spielen seit der Donau-Tour mit ihm) Mit dieser "Reduktion" hat sich auch das neue Album verändert. Die opulent instrumentierten Songs haben sich vereinfacht, es ist alles ein wenig "kleiner" geworden aber dafür mit umso mehr Power. Das neue Album erinnert ein wenig an die Zeit der Alpinkatze. Da wird viel gerockt oder einfach dem Blues des Lebens überlassen. Und - was den Goiserer auszeichnet - er hat immer wieder eine kräftige Portion Gesellschaftskritik mit im Gepäck - gut versteckt und so formuliert, dass die Hörer zu grübeln beginnen.

Entwederundoder ist das "Album der Woche" auf radio7.at, von Montag 5.09 bis Sonntag 11.09.2011, täglich zwischen 11 und 12, 16 und 17 sowie 20 und 21 Uhr!

Hubert von Goisern - EntwederUndOder

Sound & Image September 2011

Dem Hubert von Goisern brennt einmal mehr der Hut. Wer vermutet hat, nach seinen flussfahrerischen Mammut-Unternehmungen sei jetzt erst einmal Regeneration und Müßiggang angesagt, der irrt gewaltig. Der Mann aus der Salzburger Provinz hat wieder einmal einen ganzen Schwarm Hummeln im Hintern. Diesmal hat er zur Abwechslung mal das Lokalkolorit etwas zurückgeschraubt, wenn man einmal von der omnipräsenten Mundart, ein paar unrunden Jodlern und seiner hier recht sparsam eingesetzten Quetschkommode absieht. Meist geht es um deftigen, spartanischen Alpenrock, vermengt mit Ska- und Punk-Attitüde sowie einer Prise US-Surfsound und Blues. Da tauchen einige Brecher auf, wie man sie in ihrer stringenten Unkompliziertheit vom Goiserer in der Vergangenheit nur selten geboten bekam. Thematisch konzentriert er sich, wie schon des öfteren, auf Geschichten, die das tägliche Miteinander schreibt. Das ist zwar nix neues, aber Hubert von Goisern versteht es eins ums andere mal trefflich, solche Themen mit seiner ganz eigenen Epik elegant und packend aufzuarbeiten. Da ist zum Beispiel der Titel Heidi halt mi, den er rhythmisch in eine Mischung aus Walzer und Reggae packt. Solche listigen Kunstgriffe kann nicht jeder so locker aus dem Hocker schütteln. Und auch ein leichtfüßig dahin gechillter Bluesjazz wie Es is wias is verfehlt gewiss nicht seine Wirkung bei den Herrschaften gesetzterer Baureihe. Nach einem geschmeidigen Mittelteil geht es dann gegen Ende noch mal in die Vollen: Brettgitarre, Polterschlagzeug, alpiner Fernruf: Such da an andern. Und noch einmal wird das Ruder herumgerissen, eine herrliche Hommage an die Alpinkatzenzeit folgt unmittelbar: Über-Unter-Ober-Österreicher - süßer das Akkordeon nie klingt. Hubert als Melancholiker. So halten sich Extrovertiertes und Introvertiertes dann doch noch ganz gut die Waage. Ein durchgängiger Parforce-Ritt wäre ja dann auch etwas zu heftig gewesen.

Hit Tipp der Woche: Entwederundoder

Kronen Zeitung 31. August 2011

Hubert von Goisern ist ein Nomade. Er schipperte die Donau entlang, erkundete Tibet, musizierte mit Künstlern von überall her. Jetzt hat er das eigene Land erkundet. In Österreich entdeckte er das "Ende der Welt" in den abgelegensten Gasthäusern bei einer ungewöhnlichen Wirtshaus-Tour.

In den Gaststuben präsentierte er erstmals die Lieder seines neuen Albums EntwederUndOder – eine spannende Mischung aus Blues, Jazz, Rap und Alpenrock. Mal zum Lachen, mal voll ernster Besinnlichkeit.

Nun wandert er wieder weiter – demnächst bricht er nach Grönland auf, um mit den Inuit Workshops zu veranstalten.

Den "Krone"-Hittipp gibt es ab Freitag in jeder Libro-Filiale.

Hubert von Goisern: Entwederundoder

Teleschau 40/2011 | Text: Kati Hofacker

Zurück auf den Gipfeln des modernen Alpenrocks:
"Entwederundoder" ist eines der besten Hubert-von-Goisern-Alben.

(tsch) Nach vielen Jahren der Kooperation mit Musikern rund um den Erdball - Ägypten, Tibet, Afrika - hatte Hubert von Goisern mal wieder "Lust auf sich selbst". Er setzte sich ins stille Kämmerlein, komponierte und textete im Alleingang. Das Ergebnis: Entwederundoder - eine treibende Mischung aus Alpenrock, Rap, Blues und Jazz, aus Besinnlichkeit und Boshaftigkeit, aus Weisheit und Witz. Ein echtes Highlight, voller baldiger Hits - und mit einer Menge Wahrheit.

Zur Erinnerung: Hubert von Goisern begann vor über 20 Jahren, als Alpinkatzen die alpenländische Volksmusik im großen Stil zu revolutionieren. Und landete damit ganz oben in den Charts. Sein Alpen-Ethno mit Rockgitarre und Steirischer Knöpferlharmonika, aus Rock, Blues und Jodler traf den Zeitgeschmack sowohl der Moik-Gucker als auch -Hasser.

Gleich zu Anfang groovt sich Hubert von Goisern direkt ins Knochenmark des Tanzbeins hinein. Brenna tuats guat bietet einen brandheißen Mix aus Rap, Rock und Alpenglühn - im Wortsinne - und klingt schwer nach Hit - wenn auch nicht für Volksfeste, denn dazu ist das Lied zu böse, schnell und bitter. Das Thema: die Finanzkrise ("Jeder woaß, dass das Geld nicht auf der Wies'n wachst, und ess'n ko ma's a net aber brenna tuat's guat!").

Dann wird man gebeutelt von Krachrock (Suach Da An Åndern), schmiegt zum Ausruhen das heitere Gemüt an lustige Texte wie im Westernsong Indianer (musikalisch irgendwo zwischen Bonanza, Pulp Fiction und Die Nacht der reitenden Leichen). Goisern bietet mit Halt nit an flockig leichten Sound - wenn das Wort nicht so schlimm wäre - könnte man es Austropop nennen - mit lässigen Gitarrenlicks und rollendem Groove. I Versteh Di Nit rollt sonnenheiß im südlichsten Blues. Man hört förmlich den Mississippi rauschen und die Fußketten rasseln. Und die rauchige Klarinette und der sexy vornehme Bass beim Sixties-Bebop Es Is Wias Is entführt den Hörer in eine rot beleuchtete Kellerbar. Dann aber sind da die tragenden Lieder, Songs wie Nit Lång Her, I kenn oan, Neama Bång und Lebwohl. Sie zeigen Goisern als den Melancholiker, der nun mal ebenfalls ist, sie rühren das Herz mit nachdenklichen, traurigen Worten über Vergänglichkeit und über die vielen Facetten des Lebens.

Die Gefühlsdusche, die man hier abbekommt, ist mitreißend. Der Wechsel zwischen Lachen und Weinen, Hüpfen und Zuhören, Lachen und Weinen - zwischen lebensprallem Wadelstrumpf-Gestricktem und feinsinniger Kunst, ist so ausgewogen wie abwechslungsreich. Zweifelsfrei eines der besten Alben des Hubert von Goisern.

Bewertung: ausgezeichnet

Fast wie früher

Tips 35/2011 | Josef Alexander Winklmayr

Album des Jahres

Die Formulierung Entweder und oder ist für Hubert von Goisern ein Symbol für's Leben an sich: nur in den seltensten Fällen ist etwas nur schwarz oder nur weiß gefärbt, meist gibt's irgendeine Mixtur von beidem.

Entweder und oder könnte aber auch ein Ausdruck für die österreichische Seele sein, das neue "Jein" vielleicht. Musikalisch auf alle Fälle bekommen wir die volle Goisern-Palette geliefert, ein Dutzend Songs, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Hubert startet mit dem schnellen zeitgeistigen Song Brenna tuat's guat, er meint das Geld damit, schnell kann es sein "dann brennt da Huat". Weiters auffällig der poppige Song Halt nit an, ein Stück über's Hinausgehen in die Welt, über neue Dinge, der regt aus dem Stand zum Mitsingen an, klingt vertraut. Im 3/4-Takt gestrickt ist der Anbandelsong Heidi halt mi, eine witzige Idee. Nachdenklicher, emotionsgeladener dann der zweite Teil des Albums, das bluesig jazzige Es is wias is, ein Lied über das Wetter und die Jahreszeiten, Nit lang her über Sehnsüchte und Träume, und als Highlight der sehr traurige Song Lebwohl mit schönem Klavier und einem Gänsehautjodler, der den Schmerz nur so rausschreit. Auch ein Instrumentalstück im Goisern-Volksmusik-Pop-Mix ist auf der CD, der Über-Unter-Oberösterreicher. Nach der Wirtshaustour, bei der Hubert seinem Publikum auf Tuchfühlung nah war, ist eine Indoor-Tournee für diesen Winter geplant.

Hubert von Goisern: Entwederundoder

SONO 27. August 2011 | Text: Heiko Große

Was macht ein Pionier, wenn er sieht, dass seine Saat aufgegangen ist? Diese Frage mag sich Hubert von Goisern zuletzt immer häufiger gestellt haben. Denn sein Ansatz, echte alpine Volksmusik mit den Sounds und Grooves der Rockmusik zu mischen, ist bei Gruppen wie LaBrassBanda anscheinend auf fruchtbaren Boden gefallen. Andererseits ist von Goisern kein Typ, der zu lange grübelt, sondern einfach aufspielt. So entstand bei Entweder und Oder eine Musik heraus, die sich weiter in den Rockbereich vorwagt als bisher, wobei er ganz gemäß dem Albumtitel auch vor leisen Seiten, Blues und Jazz nicht zurückschreckt. Auch das Akkordeon ist immer in Reichweite. Ihm zur Seite stand dabei eine kleine, junge Band mit Schlagzeug, Gitarre und Bass, die den Mann aus Oberösterreich noch einmal richtig inspiriert hat – zu einem Album voller Höhenflüge (und die müssen ja nicht immer in den Alpen enden).

Guat: Hubert von Goisern

Neue Presse 26. August 2011 | Text: Matthias Halbig

CD DER WOCHE

Der Hubert von Goisern wandert gern und fährt Kanu, und immer mal bringt er ein Album heraus. Auf Entwederundoder (Capriola) tanzt der Geist der Renitenz so schwungvoll wie lange nicht mehr bei dem zuletzt in breitwandiger Weltmusik künstlerisch beschwerten Österreicher. Der Geist tanzt auch wieder in Lederhosen, das Akkordeon schubbert bei Brenna tuats guat vergnügt einen Landler, aber es gibt auch klassischen Bluesrock (I versteh di nit), atmosphärischen Barjazz (Es is wias is) und Country-Ska (Indianer), springsteeneske Folkrocker (Halt nit an) und eine Klavierballaden wie Nit lang her, schön wie Dylans Make you feel my love. Bei Suach da an anderen bockt die Hardrockgitarre und schreit "Jimi!", eine Maultrommel springt umher wie Funky Rumpelstilz. Die Lieder handeln von Selbstbefreiung und Fernweh, von staubiger Liebe und Neubeginn. Und wenn der Hubert dann jodelt, wird einem die Brust ganz hollereidulljöh. Mehr davon!

★★★★★

Entwederundoder

Münchner Merkur 27. August 2011 | Text: leic

Hubert von Goisern ist der große musikalische Verwandler, der versierte Grenzgänger (und Grenzensprenger) zwischen Rock-, Volks- und Weltmusik. Nach dem Breitwand-Sound, den er auf S'Nix zelebrierte, legt er jetzt ein extrem reduziertes, ruhiges und zurückgenommenes Album vor. Die zwölf Songs leugnen zwar nicht, dass Country und Blues bei ihrer Komposition Pate standen. Dennoch lassen all Lieder diese Genres hinter sich. Denn Goisern verwebt geschickt und spielt lustvoll mit Melodien und Gesang: Da beginnt I versteh di nit als staubtrockene Blues-Nummer, um in einer saftigen Heiligen-Anrufung zu enden. Auf keinen Fall verpassen!

Bewertung: Hervorragend 5/5

Alles dran, noch mehr drin

Süddeutsche Zeitung 25. August 2011 | Text: fok

Ein kleines Wunder: Hubert von Goiserns neues Album "EntwederUndOder"

Eigentlich gilt Hubert von Goisern als der große Sounderfinder, oder, bedenkt man seinen Einstieg ins erfolgreiche Musikgeschäft mit dem vor zehn Jahren erschienenen Album Aufgeigen statt Niederschiassen zumindest als Weltenverbinder. Hier der Groove der Rockmusik, dort die Leichtigkeit des Landlers, dazwischen das Idiom des Dorfes Goisern am Fuße des Dachstein. Zehn Jahre und viele Erfindungen und Verbindungen später, bringt nun Hubert von Goisern mit EntwederUndOder (Capriola, Blanko Musik) ein Werk auf den Markt, das fast ganz und gar von Klängen und Rhythmen lebt, die längst schon erfunden waren, als der Meister der alpinen Rockmusik der Menschheit das Hiatamadl ins Ohr setzte.

Schweres, trockenes 80er-Jahre-Schlagzeug, flotter Ska als Treibeinheit, ein Gitarrensound, der aus den Sechzigern stammt, satter Blues, wenn auch mit komplexer Rückführung, und sogar ein swingender Slowfox, all das versammelt sich unter von Goiserns markanter Jodelstimme, und dient als musikalische Folie für Texte, die zwischen stiller Einfalt und edler Lebensweisheit oszillieren. Auch die Liebestraurigkeit bleibt nicht ausgespart.

Nach dem ersten Anhören herrscht Skepsis vor und drängt sich die Frage auf, ob es mit diesem Album, mit diesen Liedern, damals, 1991 im Lustspielhaus auch so geklappt hätte wie mit Heast as nit oder dem Neu-Ausseer. Nach dem zweiten Mal beantwortet man die Frage mit einem eindeutigen Ja. Denn natürlich hat Hubert von Goisern, der Perfektionist, nicht nur an den Instrumenten, sondern auch im Studio all seine Fertigkeiten hier eingebracht, und dabei das Meisterstück gewagt, nicht nur Eigenes mit Traditionellem, sondern Fremdes mit Eigenem zur Symbiose zu formen. Das erfordert größtmögliche Rücknahme und größtmögliches Engagement gleichzeitig. Dass dabei der Goisernsche Grundgroove nicht verloren ging, ist - wieder einmal - ein kleines Wunder.

Servus-TV (Astra-Satellit) zeigt Hubert von Goisern auf seine Wirtshaus-Tour (Donnerstag, 25. August, 20.15-21.05 Uhr) und "In Concert" (Dienstag, 30. August, 21.05-22.30 Uhr). Die CD kommt Anfang September auf den Markt.

Ska mit Kuhglocke

Badische Zeitung 23. August 2011 | Text: Stefan Franzen

Der Oberösterreicher Hubert von Goisern hat in seiner langen Karriere schier chamäleonhafte Qualitäten an den Tag gelegt. Alpinrocker, versonnener Traditionalist, Afrika- und Tibetforscher, Kapitän auf Rhein und Donau, stets im Dienste der Musik. Auf seinem neuen Opus besinnt er sich mitunter wieder auf Heimatliches, kommt dabei mit recht sparsamen Mitteln aus. Ein grunzendes Akkordeon zu Mundart-Rap steht als Intro in Brenna tuats guat Spalier – das hat fast ein wenig punkige Qualitäten. Und mit windschiefem Jodeln zelebriert er den angefunkten Walzer Heidi halt mi, ein Kuhglocken-Ska verbirgt sich hinter Indianer. Doch es ist nicht alles so wild auf dieser Scheibe: Schöne, unverkitschte Balladen mit Mundharmonika und zart schwebender Slidegitarre sind Goisern mit Nit lang her und vor allem I kenn oan gelungen, bluesige Gefilde steuert er mal mit beinharten Gitarrenriffs, mal mit Nähe zum Jazz an. Stilistisch ist das also alles ein wenig unentschieden, was vielleicht auch der Albumtitel Entweder und oder andeuten mag. Man kann es aber auch als Versuch sehen, sowohl Alpenrock- wie Songwriter-Fans zu bedienen.

Zur Platte: Entwederundoder

Kleine Zeitung 21. August 2011 | Text: Bernd Melichar

Goisern hat sich nie zwischen "entweder oder" einzwängen lassen, sondern immer das "und" gelebt. Die neue CD kracht, kommt dann wieder sanft daher, zwischendurch wird lustvoll gejazzt und gejodelt.
(4/5)

TV-Tipp. Servus TV:Goisern auf Wirtshaustour 25. August, 20.15 Uhr. Goisern in Concert 30. August, 21.05 Uhr.

Der mit dem Teufel spielt

Radio Bremen 16. August 2011

Hubert von Goisern: Entweder und oder

Der Österreicher Hubert von Goisern ist ein Pionier in der Weltmusik. Bereits in den 80er Jahren hat der Weltenbummler aus dem Salzkammergut mit seinen Alpinkatzen gerockt und gejodelt.

Zuletzt löste er ein großes Medienecho aus, als er mit einem zur Bühne umgebauten Frachtschiff auf der Donau von Regensburg bis zum Schwarzen Meer schipperte und in kleinen Häfen auf dem Schiff Konzerte gab. Nun hat von Goisern ein Studioalbum Entweder und oder aufgenommen, es erscheint zwar erst im September, aber er ist mit den Songs jetzt schon auf einer Sommer-Tournee unterwegs. Hubert von Goisern ist ein Reisender, der überall auf der Welt Zugang zu den Menschen gefunden hat, weil er mit ihnen Zusammen musiziert hat.

Kuhglockenblues vom österreichischen Weltenbummler

Nach vielen Jahren des "unterwegs sein" – zu oft abgelegenen Orten in fernen Ländern – zeigt uns Hubert von Goisern gleich zu Beginn seiner neuen CD kraftvoll und rockig, dass es noch brennt, das Feuer. In Brenna tuats guat gibt er den verwegenen Naturburschen, der mit dem Teufel spielt. Genauso wuchtig, ein Besuch bei den Indianern. Da vermischen sich Südstaaten-Gitarren in der Prärie mit Kuhglocken: ein typischer Von-Goisern-Mix. Der inzwischen fast 60jährige war schon immer fasziniert von den unterschiedlichen und oft exotischen Klängen dieser Welt und hat über viele Umwege spät zu seiner eigenen Heimat zurückgefunden.

Auf Umwegen zurück in die Heimat

Erst mit Ende 30 lernte er jodeln und Ziehharmonika spielen und mischte die Alpen-Folklore mit fremden Rhythmen. Auch auf dem neuen Album gibt es eine offenbar unvermeidliche Heidi, die sich allerdings im Reggae-Rhythmus bewegt. Eindrücke und Erfahrungen, die von Goisern auf seinen Weltreisen gesammelt hat, verarbeitet er auf seine ganz eigene Weise. Aus dem gelassenen Es is wias is macht er die alpenländische Variante des buddhistischen ZEN. Das alpine OMMMMM hat Hubert von Goisern in einen Swing verpackt. Seine stärksten Momente hat Hubert von Goisern, wenn er laut nachdenkt und über das Leben sinniert, wie in Nit lång her. Da träumt er von einer besseren Welt. Im wirklichen Leben ist der sensible Österreicher nicht nur ein Träumer. Er setzt sich aktiv dafür ein, daß Träume Wirklichkeit werden, u.a. bei den Grünen und mit seinem Engagement für Tibet und die Tibeter. Und er sorgt dafür, daß Kultur nicht nur in großen Städten stattfindet. Nach mehreren Monaten auf einem Donauschiff spielte er seine Lieder in alten, dörflichen Wirtshaus-Sälen. Der Titel für das neue Album ist klug gewählt, weil es ein großes Spektrum an Musikstilen und Emotionen zeigt. Es gibt eben nicht nur dies, es gibt auch das. Nicht nur "entweder/oder". Es gibt auch "Entweder und oder".