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INTERVIEW

Immer steiler

Der Standard 24. Dezember 2008 | Text: Bettina Stimeder | Fotos: Wolfgang Zajc
Maria Moling, Elisabeth Schuen, Hubert von Goisern und Marlene Schuen

Mit Mode hat er weniger am Hut - In die Gewänder der Susanne Bisovsky ist der Musiker
Hubert von Goisern aber gern geschlüpft

Hubert von Goisern"Auf die Straße nach Ischl, beim Hupferl nach rechts, dann auffiauffiauffi, immer, wenn sich's gabelt, die steilere Möglichkeit nehmen. Keine Angst. Alle finden her." In Hubert von Goiserns Wegweisung kommen keine Meter und Himmelsrichtungen vor. Aber was soll man sich auch was von einer Dosenstimme erklären lassen, wenn man nur hinschauen muss, um zu sehen, wie man hinkommt, wo man hinmuss.

Auffiauffiauffi also, dann rechts, und da ist es schon. Das kleine Goiserer Häusl. Alleinstehend, aber nicht so weit vom Schuss, dass man nicht den nächsten Nachbarn mit einem herzhaften Jodler anfunken könnte. Eine Tür aus dunklem Holz mit einer schmiedeeisernen Türschnalle, an der man sicher picken bleibt, wenn es richtig kalt wird. Aber nicht heute.

Der Nebel im Salzkammergut hat ausgerechnet in Bad Goisern eine Ausnahme gemacht. Der Hang liegt im gleißenden Licht der tiefstehenden Dezembersonne, die das Tal ausleuchtet bis zum gegenüberliegenden Berg. Der Föhn macht Frühlingswärme.

Nach der grossen Reise

An der Tür wartet der Hausherr in T-Shirt und Hose - bequem. Griaß di. Durch einen Vorraum mit Außentemperatur geht's in die kleine Stube mit Kachelofen, Ohrensessel, Tisch mit Laptop und Blick übers Tal. Es ist gut eingeheizt. Dem Föhn kann man nicht trauen.

Hubert von Goisern ist hier. Mehr Sein als Wohnen. Hier sein nach zwei langen Reisen. Die erste auf einem zur schwimmenden Bühne umgebauten Frachtschiff die Donau ostwärts, um mit Musikern entlang der Strecke zu spielen. 2008 dann westwärts, bis Rotterdam. Im Rahmen des Kulturhauptstadtprogramms Linz 09 wird es im kommenden Jahr das große Abschlusskonzert geben. Bis dahin ist Zeit, sich hinzusetzen und aufzuschreiben, was die letzten Jahre geschehen ist. Und Zeit, es sich ein wenig bequem zu machen.

Bequem muss es zuerst einmal sein, damit man sich bewegen kann. Das gilt auch fürs Gewand. Auf der Bühne überhaupt. Weil er da mit großem Gerät werkt, der Ziehharmonika. Ob da nicht ein normales T-Shirt genügt? "Nein, das muss schon nach was ausschauen." Genau. Sonst hätte Hubert von Goisern nicht in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre, als er noch mit den Alpinkatzen unterwegs war, zwei eigene Kollektionen gemacht. Leinen, Leder, trachtig, aber nicht zu sehr. Alpin, aber auch in der Welt. Das Modemachen wurde aber dann in einem Aufwasch mit dem - vorläufigen - Rückzug eingestellt, was Hubert von Goisern nicht sehr bedauert. "Die Modewelt ist ganz was Eigenes. Die Leute dort drehen ihren eigenen Film. Wir haben auch dauernd gestritten."

Mit Susanne Bisovsky, der Designerin der hier gezeigten Kleider, scheint die Zusammenarbeit in Sachen Mode zu funktionieren. Der Musiker und die Designerin begegneten einander zum ersten Mal 1995 bei einem Workshop in Saalfelden. Sie beschäftigte sich damit, für das Thema Tracht neue Kontexte zu finden, er machte es ähnlich mit der Musik. "2001 hab ich sie gefragt, ob sie mir ein paar Hosen und Hemden für die Bühne macht. Sie wollte eigentlich keine Männersachen machen."

Kultur- und Heimatprojekt

Hubert von GoisernNun hat sie doch. Gehrock und bestickte Hemden, schmale Linien, fast englisch traditionell, verbrämt mit üppigen Trachten-Elementen aus dem tiefen Osten Europas. Mehr Kulturprojekt als Mode, eine Fiktion von Europa, dessen Topografie nie von Stacheldrähten verwundet wurde, eine Fahrt auf der Donau bis ans Schwarze Meer, auf der alle paar Kilometer eine Blume gepflückt wurde, eine textile Neudefinition von Heimat. Diese Kleider würden sowohl beim Goiserer Kirchgang als auch auf Münchner Wiesn aus dem Rahmen fallen. Diese Art von Heimat befremdet vielleicht jene, die meinen, die Definitionshoheit darüber zu haben, was fremd und was heimatlich ist. Hubert von Goisern ist den vermeintlichen Definitionsinhabern schon so lange ein Dorn im Auge, dass man meinen könnte, sie hätten sich daran gewöhnt. Aber: "Ich bekomme immer wieder Briefe, in denen ich angegriffen werde." Nun hat er auch noch angekündigt, seine Bad Goiserer Ehrenbürgerschaft zurückzulegen, falls Jörg Haider diese posthum verliehen wird.

Andererseits lieben ihn die Heimatverbundenen auch. Manche zu sehr. Heinz-Christian Strache hat ein Von-Goisern-Lied bei Wahlkampfveranstaltungen verwendet. Hubert von Goisern untersagte es ihm. Daraufhin entspann sich ein Briefwechsel mit Patrick Haslwanter, dem Chef des Tiroler Rings Freiheitlicher Jugend, der meinte, er hätte das Lied gespielt, Heinz-Christian wär's gar nicht gewesen, und man schätze die Lieder des "HvG".

Lindwurm im Wind

Hubert von Goisern lässt sich in seinem Weggehen und Daheimbleiben von solchen Episoden nicht irritieren. Für die große Schiffsreise wurde ein Banner entwickelt - mit dem Emblem eines Drachen. "Irgendwas muss man ja haben am Schiff. Überall flattert irgendwas mit Logos und Firmennamen. Es ist aber kein Drache. Es ist der Lindwurm, der auch im Bad Goiserer Wappen ist. Außerdem bin ich im Jahr des Drachen geboren." Dieses Banner der Ortsverbundenheit ist nun auch Bühnendekoration und auch irgendwie des Musikers Logo.

Oben am Berg im Goiserer Häusl herrscht Dekorationsfreiheit. Zwei Wochen vor Weihnachten und kein Adventkranz und kein Blasengerl. Nichts lenkt ab vom Eigentlichen. "Weihnachten - das ist wie das Wetter oder wie der Berg da drüben. Da kann man nichts dagegen tun."

Marlene Schuen, Elisabeth Schuen und Maria Moling

Die Trachten der Susanne Bisovsky

Im Ausland kennen sie wenige. In Österreich ist sie nur Eingeweihten ein Begriff. Dabei macht Susanne Bisovsky Mode, die auch auf dem Laufsteg in Mailand oder Paris heftig beklatscht würde. Doch Bisovsky reist ungern. Und mit Mode, sagt sie, mit Mode habe sie nicht wirklich etwas am Hut. Seit 15 Jahren arbeitet die in Linz geborene und in Wien lebende Helmut-Lang-Schülerin an ihren (Trachten-)Kreationen. Überarbeitet sie wieder und wieder. Über die Jahre hinweg entstand so ein unverkennbarer Stil. Trachten, die wie Couture konstruiert und gearbeitet sind. Der Bisovsky-Stil: die Überlagerungen der buntesten Muster. Jetzt entwarf die Designerin erstmals für Männer. Und weil sie für die Band von Hubert von Goisern schon öfter schneiderte, war der Musiker ihr erstes Model. Sie kleidete ihn ein, so wie sie ihn gern sehen würde. Mit Gehrock und Melone statt mit Lederhosen und buntem Hemd. Eine Art eleganter Praterstrizzi. Als Nächstes ist Architekt Gregor Eichinger dran. Er müsse sich aber erst noch ein Flinserl stechen lassen. Das gehöre zu einem echten Strizzi einfach dazu.