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FLÜCHTIG

Hubert Achleitner auf Lesereise - Flüchtig

"Beim Schreiben braucht es viel Strenge"

OÖN 1. Oktober 2021 | Text: Lukas Luger

LINZ. Im Oberbank Forum in Linz las Hubert Achleitner alias Hubert von Goisern am Mittwoch
vor 1100 Besuchern aus seinem Roman "flüchtig". 

Wortgewaltig ist Hubert Achleitner alias Hubert von Goisern nicht nur in seinen Liedern und seinem literarischen Werk. Auch in Interviews nimmt der 68-Jährige kein Blatt vor den Mund. Warum er Hemingway bewundert, was die Landtagswahl mit Gilbert Bécaud zu tun hat und was er für die Kulturhauptstadt 2024 plant, verrät er im Interview.

Lieder bekommen neues Leben eingehaucht, wenn sie live gespielt werden und das Publikum darauf reagiert. Gilt dies auch für das geschriebene Wort?

Ja. Die Lesungen fügen weitere Blickwinkel und Tiefe hinzu. Ein Buch schreibt man für einen Leser, nicht für einen Hörer. Daher passe ich den Text bei Lesungen an. Ich lasse ein Wort aus, füge welche hinzu. Das gesprochene Wort ist legerer als das geschriebene. Beim Schreiben braucht es viel Strenge. Ich wollte bei flüchtig kein Wort zu viel verlieren.

Welche war die schönste, ja die überraschendste Reaktion?

Ein Wohlwollen von Frauen, die mich fragten, wie es möglich sei, dass ich mich so gut in weibliche Charaktere hineinversetzen könne. Erst kürzlich meinte jemand, dass ein Stück Hemingway im Roman stecke. Für mich ist er ein Vorbild, was seine prägnanten Sätze betrifft. Beim Überarbeiten des Skripts habe ich oft aus einem dahinschlängelnden Satz zwei oder drei Sätze gemacht, um seine Stilistik hinzubekommen. Es ist dieser Stil, weniger das Machohafte, das mich anzieht. Auch wenn mir seine Maskulinität nicht fremd ist.

Die Idee für flüchtig trugen Sie lange mit sich. Wird der Nachfolger auch so eine ausgiebige kreative Inkubationszeit benötigen?

Das ist zu erwarten (lacht)! Ich habe keine Ahnung, wann ich mich wieder hinsetze und schreibe. Ich wollte mir beweisen, dass ich ein Buch schreiben kann. Damit ist das abgehakt. Bevor ich mein neues Album nicht auf die Bühne gebracht habe, mache ich nichts Kreatives. Das Musizieren hat viel mit Kommunikation zu tun. Für das Schreiben verschwindet man im Tunnel. Dies braucht Zeit, mindestens ein Jahr. Dafür bin ich noch nicht bereit.

Im Landtagswahlkampf spielte die Kultur eine marginalisierte Rolle. Stimmt Sie dies wütend?

Eher traurig. Es ist kein Geheimnis, dass ich kein Freund der Schwarzen, besonders der Türkisen bin. Wenn ich mir die Landkarte anschaue und sehe, wie schwarz das Land ist, fällt mir alles runter. Es gibt ein tolles Lied von Gilbert Bécaud namens Schwarzer Sonntag, das perfekt passt. Man soll aber nicht jammern. Wenn den Menschen die Kultur wenig an Aufmerksamkeit wert ist, ist das zu akzeptieren. Ich bin als Künstler nie über Förderungen zu irgendwas gekommen. Ich bin keiner, der sagt: "Kultur muss sich der Staat leisten." Kultur müssen die Menschen haben wollen – und dann gehen sie auch ins Konzert oder Theater.

Wie haben Sie als gebürtiger Salzkammergütler die Turbulenzen um die Ablöse von Stephan Rabl, dem Intendanten der Kulturhauptstadt 2024, erlebt?

Wir wollten uns zusammensetzen, um ein Projekt zu besprechen. Geredet wird, er habe den lokalen Kulturvereinen zu wenig Gehör geschenkt. Auf der anderen Seite ist es wirklich nicht leicht, die Begehrlichkeiten von 23 Gemeinden mit einem sehr überschaubaren Budget zu befriedigen. Die Sache war ja auch ein bisserl ein Politikum.

Inwiefern?

Es wurde über die Parteipolitik und diverse Seilschaften Unzufriedenheit geäußert. Die Begehrlichkeit, über die Politik einen Zugriff auf die Kultur zu bekommen, war da und spielte in den Wahlkampf hinein. Was sich in Ischl abgespielt hat, war unter jeder Sau. Die Schmutzkübel-Kampagne der ÖVP ging auf keine Kuhhaut mehr.

Wie hätte ihr geplantes Projekt für 2024 konkret ausgesehen?

Es gibt eine Idee, mehr nicht. Die will ich aber zuerst mit der neuen Intendantin Elisabeth Schweeger besprechen. Kosten würde mein Projekt wenig bis gar nichts. Ich möchte den innerkulturellen Austausch im Salzkammergut in den Vordergrund stellen. Es gibt solche Initiativen, diese müssen aber auf eine größere Bühne gestellt und für die Menschen von außen transparent gemacht werden.

Hubert Achleitner beim Oberbank Literatur-Forum

Oberbank 30. September 2021

[...] Hubert Achleitner, bekannt als Hubert von Goisern, gab vorerst Einblick in den Entstehungsprozess seines Erstlings. Die Idee dazu hatte er schon 2003, lange Zeit kamen ihm aber musikalische Projekte wie die völkerverbindende Donaureise 2009 dazwischen. Diese Tournee dokumentierte der Goiserer in einem Sachbuch. Dessen unverbindlicher und überkorrekter Stil ließ in ihm endgültig den Wunsch nach einem Roman reifen. Darin wollte er "Haxln stellen, runterschmeißen und vergiften". In Notizbüchern entwickelte er zuerst die Figuren, die allmählich Fleisch und Blut gewannen. Auch die Geschichte nahm immer mehr Konturen an. Wo die Worte nicht mit den Empfindungen Schritt halten konnten, baute er Liedtexte aus seinem Repertoire ein.

Der Wille des Künstlers ist das Entscheidende

Nordbayern.de 14. August 2021 | Text: Jan Stephan

WEISSENBURG - Eine Lesung, bei der der Leser gleich zu Beginn erklärt, dass er Menschen nicht verstehe, die zu Lesungen gehen. Wie sollte so ein Abend enden? Höchst spannend und unterhaltsam, zumindest wenn der Lesende Hubert von Goisern heißt und sich im Weißenburger BergwaldGarten sichtlich wohl fühlt und entsprechend frei von der Leber weg erzählt.

Hubert Achleitner, so heißt Hubert von Goisern im echten Leben, hatte natürlich auch eine Erklärung dabei, warum er ein Problem mit Lesungen hat: Das Buch müsste man ja trotzdem noch selber lesen, das reine Vorlesen sei nicht sonderlich spannend und er selbst lese ungern vor. "Aber keine Angst, man merkt mir das nicht an", schickte er lächelnd hinterher. Und so sollte es dann auch sein.

Der Einstieg war einigermaßen kurios, aber auch bezeichnend. Sie steht für den Menschen Hubert Achleitner. Er ist ein nachdenklicher, eigenwilliger, kluger Kopf, der sagt, was er denkt. Ob das gefällt oder nicht? Nicht sein Problem.

Unaufgeregt und humorvoll

So erzählt er etwa, dass er es aufgegeben habe, Konzerte an besonderen Orten in der Natur zu geben. Der Grund: "Ich war am Ende immer enttäuscht von meinen Fans, die jeden Ort in einen Saustall verwandelt haben."

In Weißenburg gelingt es Moderator Achim Bogdahn, der Kulisse im BergwaldGarten und einem aufmerksamem Publikum aber den Autor zu gewinnen. Auf einmal erzählt er in seiner ruhigen und unaufgeregten Art voller mildem Humor über sich und die Welt.

Etwa von dem 7000-Einwohner Ort Goisern in einem Talkessel in den Bergen, wo er aufgewachsen ist. Als angepasstes und braves Kind. "Es gab da sieben Blaskapellen und drei Chöre, überall um mich herum war Musik, es war kein Wunder, dass ich Musiker geworden bin." Aber doch eine Anstrengung.

"Was bist du für ein Depp?"

Seine Familie ist dagegen. Musik ist ein Hobby und nichts, womit man Geld verdient. Alle versuchen ihm die Flausen auszutreiben, Eltern, Tante, seine Frau. "Und dann habe ich vier Jahre keine Musik gemacht, bis ich ein Aha-Erlebnis hatte und mir dachte: Was bist du für ein Depp?" Er müsse es nochmal versuchen mit seinem Traum, erklärte er seiner Frau. "Ich könnte sonst im Alter nicht in den Spiegel schauen."

Drei Monate später war Achleitner geschieden. Seine Frau hatte das mit der Notwendigkeit, große Träume in die Realität umzusetzen, offenbar anders beurteilt.

Und man kann ihr das kaum verdenken. Mitte der 1980er-Jahre lebt Goisern von 10 000 Schilling im Jahr. Eine Summe, mit der man nur zurechtkommt, wenn man auf den Couchen von Freunden, Bekannten und Veranstaltern schläft und an ihren Tischen isst. "Aber wenn du für etwas brennst, dann brauchst du nichts anderes als diese Sache und ein bisschen Essen", erzählt er seinem Weißenburger Publikum.

Mit der Welt gehadert

"Meine Frau sagt, ich soll diese Zeit im Rückblick nicht verklären, weil ich schon auch viel mit der Welt gehadert habe", räumt er ein. Aber der Wille sei fast wichtiger als das Talent. "Viele, die besser waren als ich haben es nicht geschafft. Meistens, weil sie nicht den Willen hatten, alles dafür aufzugeben."

Achleitner liefert in der rund zweistündigen Veranstaltung im Bergwaldgarten selbst den Beweis, dass er sehr im unrecht war. Lesungen können eine wunderbar bereichernde Sache sein. Vor allem, wenn sie den Autor zum Erscheinen bringen, was Moderator Bogdahn wunderbar gelingt.

In das moderierte Gespräch mischen sich Lesepassagen. Und Goisern liest tatsächlich gut. So, wie er es eingangs versprochen hat.

Sätze voller Kraft

Mit tiefer Stimme verleiht er seinem Text Gewicht und der österreichische Zungenschlag bringt eine eigene Note in diesen literarischen Roadmovie. In seinem Roman Flüchtig, der mehrere Wochen auf Platz eins der österreichischen Bestsellerliste stand, geht es um eine Frau, die abends aus dem Haus geht und einfach nicht mehr wiederkommt. Ihren Mann lässt sie allein. Ein Unfall, ein Ausbruch, ein Ende oder vielleicht ein neuer Anfang?

Ihr Mann versucht sie zu finden und die Geschichte gerät in Bewegung. Sie liefert für Achleitner den Rahmen, um ganz verschiedene Geschichten an sehr unterschiedlichen Orten zu erzählen. Er tut das mit schroffen, klaren Sätzen, die in ihrer Einfachheit poetische Kraft gewinnen. Vor allem, weil sie Gehalt haben. Es warten viele großartig formulierte Nachdenklichkeiten in ihnen und es steckt ganz eindeutig ein bisschen Hemingway in diesem Achleitner. Ein wunderbarer Abend und ein Buch, das man wohl tatsächlich in Ruhe und allein zuhause lesen muss.

Als Achleitner auf Lesereise, als von Goisern auf Konzerttournee

Onetz 12. August 2021 | Text: Helga Kamm

Multi-Talent Hubert ist viel unterwegs

Die Besucher im Schlosshof waren gekommen wegen Hubert von Goisern, dem Musiker. Nach eineinhalb Stunden kannten sie auch Hubert Achleitner, den Autor. Er las aus seinem Roman Flüchtig. Die Musik aber spielt auch darin eine große Rolle.

Religion, Spiritualität und Philosophie

[...] In seinem Roman ist immer wieder von Musik die Rede, von Mozart über André Heller und Queen bis Nina Hagen. "Musik ist eine Sprache für das, was man mit Worten nicht sagen kann", erklärt Achleitner. Im lockeren Plaudern mit Ralf Volkert geht es aber auch um Religion, Spiritualität und Philosophie im Buch. "Es war von vornherein klar, dass ich darüber schreibe. Ich hab nur eine Geschichte dazu gebraucht", beschreibt der Autor seine Grundidee.

Aus einigen Kapiteln seines Buches liest er, ohne die Handlung allzu sehr preiszugeben. Die Geschichte handelt von Maria und Herwig, einem Ehepaar seit dreißig Jahren, in denen es Konflikte, Heimlichkeiten, Ehebruch und Entfremdung gab. Dann verschwindet Maria, hinterlässt keinerlei Spuren. Herwig und sein Vater machen sich auf die Suche.

Der Rebell entscheidet für den Berg Athos

[...] Jahrelang habe sich das Schreiben seines Romans hingezogen, sagt Hubert Achleitner, "es kam immer wieder was dazwischen". Volkert fragt nach, und der Autor erklärt: "Ich wusste nur, dass die Frau weggeht, wohin, das ist erst beim Schreiben entstanden." Dass es Athos in Griechenland sein würde, lag daran, dass Frauen diesen Heiligen Berg nicht betreten dürfen. "Da bring i mei Maria hin", sagte der Rebell in ihm. Auch den Titel seines Buches erklärt Achleitner: "Flüchtig beschreibt die Vergänglichkeit des Glücks und auch des Unglücks." Die Geburt Marias in einer eisigen Gondel in den Bergen, die Begegnung mit dem jungen Mönch Nikolas auf Athos, die Beschreibung des Bergdorfs am See, der Vergleich der anstürmenden Touristen mit bunten Schmetterlingen – die rund zweihundert Zuhörer im abendlichen Schloßhof sind gefesselt. Es herrscht Stille, wenn Hubert Achleitner mit angenehmer Stimme und leicht österreichischer Sprachfärbung aus seinem Buch liest und aus seinem Leben erzählt.

Vorerst kein zweites Buch geplant

Er freut sich, dass zum Ende des Abends eine lange Menschenschlange ansteht, um sein Buch zu kaufen. Ein weiteres, so versichert er, wird es erst einmal nicht geben. Vorrang habe für den Musiker im Rentenalter die geplante Tour ab März nächsten Jahres mit 80 Konzerten: "Erst dann denke ich wieder nach, was noch kommen könnte."

Hubert von Goisern in St. Martin

Muehlviertel.tv 30. Juli 2021

Anlässlich der Österreichpremiere seines Debütromans flüchtig war Hubert von Goisern in St. Martin zu Gast und sprach mit Elisabeth Keplinger-Radler über sein Leben, seine Heimat, die Musik und Literatur, aber auch über gesellschaftliche Themen und was ihm Halt gibt.

Eine Frau auf der Flucht vor sich selbst

Passauer Neue Presse 22. Juli 2021 | Text: Wolfgang Schweiger

Hubert von Goisern stellt im Kulturforum Klosterkirche seinen Roman "flüchtig" vor

Traunstein. "Eine gute Geschichte braucht ein Drama. Am besten ein Beziehungsdrama", meinte Hubert von Goisern bei seiner Lesung im Traunsteiner Kulturforum Klosterkirche, wo der Mitbegründer der "Neuen Volksmusik" und Erfinder des "Alpenrock" sein Romandebüt flüchtig vorgestellt hat. Ein Anspruch, dem er mit flüchtig locker gerecht wurde, denn der unter seinem richtigen Namen Hubert Achleitner veröffentlichte Roman ist ein Beziehungsdrama ersten Ranges, einfühlsam und facettenreich erzählt, mit starken Figuren und einer spannenden, vielschichtigen Handlung, dazu angereichert mit vielen interessanten Nebengeschichten und Querverweisen auf Musik, Politik, Historie, Philosophie und Religion.

Flüchtig ist in diesem Fall Maria, die nach 30 Jahren (freudloser) Ehe zufällig mitbekommt, dass die Geliebte ihres Mannes Herwig ein Kind erwartet. Sie kündigt ihren Job als Bankangestellte, räumt das gemeinsame Konto leer und fährt mit Herwigs Volvo los. Beginn einer abenteuerlichen Reise, die sie von den österreichischen Alpen bis nach Griechenland führt, wobei sie unterwegs eine junge Frau trifft, mit der sie einige Monate verbringt. Herwig weiß derweil nicht, wie ihm geschieht, bis ihm die Polizei meldet, man habe seinen Volvo in Saloniki gefunden. Zusammen mit seinem aus dem Altersheim ausgerissenen Vater Lothar macht er sich nun ebenfalls auf in Richtung Süden.

Im Gespräch mit der Journalistin Luca-Emilia Dingl (rfo), die die Lesung moderierte, verriet Hubert von Goisern zunächst, dass er die Idee, einen Roman zu schreiben, 20 Jahre lang vor sich hergetragen habe. Vielleicht auch, wie er ironisch hinzufügte, weil er so viele schlechte Romane gelesen und sich gesagt habe: "Das kann ich besser." Wenig überraschend war sein Eingeständnis, dass der Roman viel Eigenes enthalte, er in jeder Figur drinstecke, eigene Denk- und Handlungsweisen integriert habe. Auf das Thema Schreibblockaden angesprochen, meinte er: "Eher nicht", aber dass er erstaunt gewesen sei, wie sehr manche seiner Figuren ein Eigenleben entwickelt hätten, dem er sich letztendlich zu fügen hatte.

Sehr interessant war auch zu erfahren, ob ein so dialektverbundener Sänger wie er Probleme mit dem Hochdeutsch hatte. "Überhaupt nicht", sagte er dazu und verwies auf sein letztes Album Zeiten & Zeichen, auf dem er auch hochdeutsch singe. Zuletzt erzählte er noch, wie schwer es ihm gefallen sei, einen Schluss für seinen Roman zu finden. Bis er sich nach langwierigen Überlegungen für eine Radikallösung entschieden habe: "Da, wo die Figuren gerade sind, da bleiben sie auch".

Als Einstieg für seine Lesung wählte Hubert von Goisern die dramatische Szene, in der Maria auf die Welt kommt, nämlich nicht wie andere Kinder, sondern in einer Seilbahngondel hoch über dem Tal, mitten im Schneesturm. Man tauft sie Eva Maria Magdalena mit der Bitte um Beistand. Sehr gespannt verfolgte das Publikum auch die Beschreibung des gemeinsamen Mittagessens, nachdem Maria sich entschlossen hatte, Herwig zu verlassen. Es gibt nämlich ein von Maria zubereitetes Pilzgericht.

In einer weiteren, recht amüsanten Passage wurde deutlich, was an Hubert von Goisern in der Figur des Herwig stecken mag. Da wird, verknüpft mit einem Plädoyer für Vinyl-Platten, der Nina Hagen-Song Heiß derart lustvoll zerlegt, dass man die Freude des Autors beim Verfassen des Textes spürte. Kein Wunder also, dass Hubert von Goisern nach der Lesung von vielen Besuchern angesprochen und gebeten wurde, das soeben erworbene Buch zu signieren.

Hubert Achleitner bei Kultur im Park in Baden

Niederösterreich Fernsehen 21. Juli 2021

Hubert von Goisern in Wels

WT1 14. Juli 2021

Maria ist verschwunden. Seit Monaten hat Herwig, mit dem sie seit fast dreißig Jahren verheiratet ist, nichts von ihr gehört. Der Beginn eines spannenden Abenteuers, und zugleich der erste Roman von Hubert Achleitner. Und ja, sie haben richtig gehört. Hubert von Goisern kann nicht nur Musik machen, er kann auch schreiben …

Hubert Achleitner liest in Kirchdorf aus seinem ersten Roman

Tips 13. Juli 2021 | Text: Susanne Winter

KIRCHDORF AN DER KREMS. Auf Einladung der Literarischen Nahversorger Schlierbach liest Hubert Achleitner (alias Hubert von Goisern) am Samstag, 17. Juli, im Schloss Neupernstein in Kirchdorf aus seinem Debütroman flüchtig. Es handelt sich um die Geschichte Marias, die nach beinahe 30 Ehejahren aus dem Haus geht und nicht wieder zurückkommt. Seit dem Erscheinen wurden schon über 57.000 Bücher verkauft.

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Welche Bedeutung hat die Musik im Roman?

Es gibt Menschen, die können mit Musik nichts anfangen, sie bedeutet ihnen nichts und löst bei ihnen nichts aus. Ich kann es mir nicht vorstellen wie es ist, wenn man unmusikalisch ist und darum sind meine Figuren alle musikalisch und haben einen Soundtrack zu ihrem Leben. Lieder oder Musikstück sind sehr oft mit Erinnerungen verbunden. Es gibt auch eine Spotify-Playlist, die alle Musikstücke, die im Buch vorkommen, enthält.

Welche Musik ist das?

Musik, die ich in mir höre, wenn ich an gewisse Landschaften oder Situationen denke.

Von ihren Musiktexten kennt man schon, dass diese sehr bedeutungsvoll sind. Was wollen Sie mit Ihrem Buch vermitteln?

Das kann und will ich nicht erklären, weil das jeder für sich entdecken muss. Es gibt verschiedene Ebenen, sei es die Beziehungsebene zwischen Maria und Herwig, die viel Raum für eigenes Empfinden lässt. Es gibt die Ebene der Spiritualität, die beim Leser etwas auslösen kann, wenn das ein Thema ist, das ihn beschäftigt. Wenn man sich mit einem Thema auseinandersetzt, kann man sich daraus etwas herausziehen, dass muss nicht immer eine Bestätigung sein, das kann auch über einen Widerstand passieren. Es löst einen Nachdenkprozess und eine Emotion aus und führt dann dorthin wo es spannend ist, aber nicht unbedingt weil man darin eine Bestätigung findet.

Ist das etwas, dass sie bewirken wollen – einen Nachdenkprozess und Emotionen bei den Lesern auszulösen?

Ja, weil sonst brauche ich keine Musik machen, keinen Roman schreiben und meinen Mund gar nicht aufmachen, wenn ich nicht will, dass ein Dialog, ein Zuhören entsteht. Es gehören immer zwei dazu, einer der redet oder schreibt und jemand der zuhört oder liest. Ich bin ein begeisterter Leser und ich freue mich, dass es so viele Leute gibt, die dieses Buch gelesen haben und auch schätzen.

Warum kommen Sie zur Lesung nach Kirchdorf?

Ich fahre überall gerne hin, wo mir die Leute gerne zuhören wollen. In den 80er Jahren besuchte ich in Kirchdorf ab und zu eine Bekannte.

Hubert von Goisern wird zum Schriftsteller

LT1 14. Juli 2021

Lesung im Kulturzentrum VOI, St. Martin

9. Juli 2021 | Fotos: © Martina Gahleitner


Hubert Achleitner alias von Goisern stellt seinen ersten Roman vor

Die Rheinpfalz 5. Juli 2021 | Text: Birgit Möthrath

Ein Songpoet, der unter die Schriftsteller gegangen ist: Hubert Achleitner alias Hubert von Goisern.

Der österreichische Alpenrocker Hubert von Goisern hat ein neues Album am Start: Zeiten & Zeichen. Doch auf Tour ist er derzeit unter seinem richtigen Namen Hubert Achleitner mit seinem ersten Roman flüchtig. Im Karlsruher Tollhaus hat er ihn bei einer amüsanten Sonntagsmatinee vorgestellt.

Der bei Lesungen gewohnt hohe weibliche Anteil im Publikum dürfte Achleitner durchaus gefreut haben. "Eloquent zu sein", das sei seine Taktik bei den Frauen, gab er in einer unterhaltsamen Plauderei mit SWR1-Moderatorin Barbara Scherrer über sich und seine Ambitionen als Schriftsteller preis. "Man kann ja nicht mit einem Kuss anfangen, dann landet man bei irgendeinem Hashtag."

Das Streben nach sprachlicher Finesse scheint ihn aber selbst ordentlich unter Druck gesetzt zu haben beim Schreiben. So erzählt Achleitner, wie er seinen Roman lange nicht loslassen konnte und – obwohl das Buch immer noch nicht so gut gewesen sei, wie er es haben wollte – beim dritten selbstgesetzten Limit endlich abgeschlossen habe: am 28. Februar 2019 um 23.58 Uhr.

Menschen auf der Flucht vor der Midlife-Crisis

Seine erste und vielleicht auch wichtigste Leserin war seine eigene Frau. Achleitner berichtet vom bangen Erwarten, wie sie das Buch aufnehmen würde. "Ich bin so froh, dass ich kein Fremdwörterbuch brauche", sei deren erste Reaktion gewesen, als er es nach "der gefühlten Ewigkeit von zehn Tagen", in der sie es nur bis Seite 40 geschafft habe, nicht mehr ausgehalten und sie angesprochen habe. Sie habe eine furchtbar geschwurbelte Sprache erwartet. Und Achleitner räumt ein: "Wenn ich schreibe, muss es eindrucksvoll sein."

Zwar lässt er in seinem Roman keine Gelegenheit ungenutzt für ein bisschen österreichischen "Schmäh" wie den Seitenhieb auf die Oper: Sie sei wie ein Hochamt mit demselben Anspruch auf Erleuchtung – man dürfe nur nicht so viel auf den Text hören. Aber verschwurbelt wirkt flüchtig auf keinen Fall. Eher gehetzt mit all den Menschen die permanent vor ihrer Midlife-Crisis davonlaufen. Es sind in der Tat der sprachliche Schliff und originelle Wortwitz des 68-Jährigen, die sein Buch so unterhaltsam machen.

Der Roadtrip kommt schnell in Fahrt

Durchdringen seine Wortkapriolen allerdings selbst kleinste Wendungen – wie bei den Touristenströmen "aus aller Damen und Herren Länder" –, wirken sie zuweilen ein wenig bemüht. Da braucht's einen ordentlichen Plot, damit so was nicht hohl tönt. Und Achleitners Roadtrip über die Suche nach Glück kommt schnell in Fahrt. Maria kündigt nach 30 Jahren Ehe mit Wig ihren Job und macht sich mit dem Familienvolvo aus dem Staub – einfach so, ohne Ankündigung, wie der sprichwörtliche Ehemann, der beim Zigarettenholen verschwindet.

 Einige Momente von Achleitners Erzählung sind autobiografisch geprägt wie Marias Geburt in einer feststeckenden Seilbahn, die er als eine von mehreren Episoden in Karlsruhe vorliest. In einem "Spiegel"-Interview hat der Autor berichtet, dass er selbst einmal als junger Kerl zwei mulmige Stunden in einer Seilbahn festgehangen sei. Und auch ihn hat es schon mit 20 hinausgezogen in die Welt, weil das Leben in Österreich zu eng wurde – allerdings seinerzeit gemeinsam mit seiner ersten Frau. Es dürfte dennoch viel eigenes Erleben in seiner Protagonistin Eva Maria Magdalena (der weiblichen Dreifaltigkeit) stecken oder in der Erzählerin Lisa. Als alter ego mag Achleitner sie aber nicht gelten lassen.

Ein Buch wie ein Mixtape

Nach seinen Jahren in Südafrika, Tibet und Kanada fragt Barbara Scherrer ihren Gast aber nicht. Als Radio-Moderatorin, die auch gerne Werbung für die eigenen Formate einfließen lässt, lenkt sie das Augenmerk auf die Musik. Tatsächlich wirkt Achleitners Roman wie eines dieser Mixtapes, die sich Leute der Babyboomer-Generation gerne in ihrer Jugend gegenseitig schenkten. Sein Verlag hat sogar auf Spotify eine Playlist aller Titel veröffentlicht, die in der Geschichte anklingen.

Seine Erinnerungen seien alle verbunden mit einem Soundtrack, sagt Achleitner. "Wenn ich mich in eine besondere Situation hineingeschrieben habe, dann war da ein Lied." Du, Du, Du von André Heller gibt er Maria und Wig mit auf die Heimfahrt, nachdem sich die beiden zufällig bei einem Opernbesuch in Salzburg begegnet sind und verliebt haben. Heller – das sei für ihn selbst die "Zeit des Erwachens" gewesen.

Im März geht's auf Konzerttournee

Bei so viel Soundtrack ist flüchtig eine wahre Steilvorlage für einen Film. Eine Produktionsfirma habe auch schon ihr Interesse bekundet, berichtet Achleitner. Doch er ist wählerisch: Einen Fernsehfilm mit Schauspielern, die man ständig zu sehen bekomme, wolle er nicht. Dann lieber eine trashige Low-Budget-Produktion. Erst im März will Achleitner unter seinem Künstlernamen, den er von seinem Geburtsort Bad Goisern ableitet, wieder mit Musik auf Tour gehen: 100 Konzerte seien 2022 geplant. Sich bis dahin noch einmal von allem abkapseln, um einen zweiten Roman zu schreiben, könne er sich trotz des Erfolgs für seinen Erstling nicht vorstellen. "Ich habe mir jetzt bewiesen, dass ich's kann." Jetzt will er erst einmal sein Album vorstellen, das im Corona-Lockdown erschienen ist. "Ich kann mich nicht selbst auf der Pannenspur überholen."

Lesung im Tollhaus

Tollhaus Karlsruhe 5. Juli 2021 | Foto: © Bernadette Fink

O-Töne Literaturfestival in Wien

O-Töne Literaturfestival 14. August 2020 | Foto: © Yavuz Odabas