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GRENZENLOS IN ÄGYPTEN

Hubert von Goisern in Ägypten

ÄgyptenMit "alpiner Weltmusik" hat Hubert von Goisern etwa 15.000 ägyptische Konzertbesucher begeistert. Im Rahmen der Kulturtage der deutschen Länder in Assiut, 375km südlich von Kairo, reiste er mit dem Vorhaben kulturelle Unterschiede zu überwinden nach Ägypten. Als Höhepunkt der Kulturtage trat er gemeinsam mit dem populären nubischen Popstar Mohamed Mounir auf. Das Konzert war der Auftakt zu einer Konzertreise durch Afrika, wo Hubert von Goisern und Band unter anderem Konzerte auf Kap Verde, in Dakar und Burkina Faso spielten.

A neia Tag

25. Juni 2002 | Text: apa/Virgin

Hubert von Goisern auf Tournee

Hubert von Goisern ist weit mehr als ein Vertreter der Volksmusik. Der gebürtige Österreicher nimmt Vertrautes und Altbewährtes und stellt es in Kontrast zu Fremdartigem und ganz neuen Klängen. Sein neues Album Trad stellt dies unter Beweis. Am 24.06.2002 ist er im Konzerthaus in Wien und 21.07.2002 in Klam in der Burg Clam zu sehen.

Mit experimenteller Volksmusik und österreichischem Sprachwitz hat der Musiker Hubert von Goisern etwa 15.000 ägyptische Konzertbesucher begeistert. Lieder wie A Neia Tag und Afrika wurden in der oberägyptischen Stadt Assiut trotz der sprachlichen Differenzen bejubelt. Das vierstündige Konzert bestritt der 49-jährige Österreicher gemeinsam mit dem beliebten ägyptischen Pop-Sänger Mohammed Mounir. Höhepunkt des Abends war ein gemeinsames Duett.

Heimat und Fremde

Beide Musiker singen in ihren Liedern sowohl über Heimat und Herkunft als auch über die Fremde. Ganz zufrieden war der Alpenrocker allerdings nicht mit seinem Auftritt: "Ich habe mich über weite Strecken fehl am Platz gefühlt", meinte von Goisern nach dem Konzert. Er stammt aus dem Dorf Bad Goisern im Salzkammergut und heißt mit bürgerlichem Namen Hubert Achleitner.

Der österreichische Musiker wird seine Tour nun durch Westafrika fortsetzen. Das Konzert war Höhepunkt der "Kulturtage" der deutschsprachigen Länder. Sie werden zum ersten Mal seit neun Jahren wieder ausgetragen, als der Veranstaltungsreihe durch terroristische Anschläge um Assiut ein jähes Ende bereitet wurde. Die Veranstalter wollen damit ein Zeichen gegen den Terrorismus setzen und deutschsprachige "Präsenz zeigen", wie ein Sprecher des deutschen Goethe-Institutes in Kairo mitteilte.

Alpine Weltmusik am Nil

Bad Ischler Rundschau 21. März 2002 | Text & Fotos: Josef H. Handlechner

Noch knappe vier Stunden, dann beginnt für Assjut das Konzertereignis des Jahres. "Welcome in Egypt" sagt Husain. 20 Jahre ist er alt. Lehrer möchte er werden, in drei Jahren ist er fertig mit dem Studium. Ob ich mich nicht setzen möchte? Er zeigt auf einen Stuhl. Danke, aber ich stehe lieber; er vielleicht? "Solange Du stehst, werde ich mich nicht setzen. Das wäre gegen die Gastfreundschaft." Husain ist einer von hunderten junger Frauen und Männer, die der Dinge harren, die da kommen sollen. Ein paar Meter daneben gibt Hubert von Goisern ein TV-Interview.

"Der mit dem Safran" haben die Ägypter ihn seiner gelben Beinkleider wegen und ganz einfach der Einfachheit halber getauft. Noch brennt die Sonne auf den Vorplatz. Es ist heiß in Assjut.

Zwei Tage vorher, Flughafen Wien: Für Hubert von Goisern und Band beginnt eine Reise der besonderen Art. Ein gemeinsamer Auftritt mit dem zur Zeit umbestritten populärsten ägyptischen Sänger, Mohamed Mounir, im Rahmen der Kulturtage der deutschsprachigen Länder in Assiut steht als einer der Höhepunkte fest.

Alpine Weltmusik für 15.000 Besucher

Noch vor dem Abflug die erste Überraschung: Die ursprünglich für das Konzert vorgesehene Nilhalle mit 1700 Plätzen sei zu klein. Ob man etwas dagegen habe, die Veranstaltung als Open Air abzuwickeln? Hat man nicht. Man rechne mit 7000 bis 10.000 Besuchern, sagt uns Enzio Wetzel vom Goethe-Institut Kairo, als er uns am Flughafen abholt.

Vor dem Attentat von Luxor 1998 hatte es diese Kulturtage regelmäßig gegeben. Der Neubeginn sollte nun auch einen Brückenschlag nach außen hin bringen - keine Veranstaltung für elitäre Zirkel, sondern eine Begegnung zwischen Kulturen mit Breitenwirkung.

"Künstler" sagt Huberts Manager Hage Hein, "können erzählen, wie das ist: Weggehen und doch zuhause bleiben." Brauchts noch mehr an Definition? Oder bräuchte es eher mehr an "Künstlern", die zu solcher Offenheit fähig wären? "Viele sind es nicht" sagt Hage, "aber zum Glück gibt's den Hubert..."

Als er, "Der mit dem Safran", dann die Bühne betritt, da warten nicht 7000, sondern gut 15.000 - ein unüberschaubares Menschenmeer. Knapp eineinhalb Stunden wird gespielt, dann übernimmt Mohamed Mounir. Und beide beweisen zwischendurch mit ihrer gemeinsame Präsenz auf der Bühne, wie einfach ein Brückenschlag zwischen noch so unterschiedlichen Kulturen sein könnte - wenn man ihn nur haben will.

"Ma'a as-salam" ruft Hubert von Goisern dem Publikum zu: "Auf Wiedersehen." Oder aber, tourismusgeschädigt und noch etwas schlampiger übersetzt: "Tschüss." Dabei wäre doch "Der Friede sei mit euch" schon genug an Übersetzung ... und zudem viel passender.

Am Sonntag geht's nach Westafrika

Ägypten war nur der Auftakt, bereits am Sonntag geht es für Hubert von Goisern und seine Musiker weiter in Richtung Westafrika. Drei Wochen werden sie dort unterwegs sein und u. a. Konzerte auf Cap Verde, Dakar und Burkina Faso spielen.

Jodleiri Huidiridi

Stuttgarter Zeitung 18. März 2002

Goethe macht's möglich: Hubert von Goisern in Ägypten

Es gibt eigentlich keinen einzigen Grund, der für Assiut spricht. Die Stadt liegt mühselige sechs Autostunden nilaufwärts von Kairo entfernt, verfügt über keine nennenswerten Sehenswürdigkeiten und präsentiert sich auch sonst recht trist. Kulturelles Leben findet allenfalls an der 60 000 Studenten zählenden Campus-Universität statt, einem Mitte der neunziger Jahre großflächig erbauten Betonareal, das von Süden und von Norden zwei Zufahrten besitzt, die vom Militär bewacht werden. Hier, wo es seit Jahrzehnten zu Konflikten zwischen Kopten und Muslimen kommt, wo Anfang der neunziger Jahre die Auseinandersetzungen international Schlagzeilen machten und heute noch immer die meisten Ägypter davon überzeugt sind, dass die Stadt eine, wenn nicht die Hochburg der Fundamentalisten ist, will man einfach nicht, dass etwas passiert.

Zumindest sollen keine Ausländer oder gar Touristen beteiligt sein. Da eskortiert man diese dann lieber schwerbewaffnet auf den Straßen und schickt ihnen für den Spaziergang durch die Stadt Soldaten als Begleitschutz mit. Doch gerade weil eigentlich nichts für diese Stadt sprechen mag, spricht so unglaublich viel dafür, sich gerade deswegen ihrer anzunehmen. So sahen und sehen das auch die Entsandten am Goethe-Institut in Kairo, die zusammen mit den diplomatischen Vertretungen der Schweiz, Österreichs und der Bundesrepublik sowie der Universität Assiut diese Woche zu den hiesigen Kulturtagen luden. Und so kam es dann, dass vor ein paar Tagen der ägyptische Popstar Mohamed Mounir und der österreichische Alpinweltmusiker Hubert von Goisern im Niltheater vor knapp 15 000 Menschen zusammen auf der Bühne standen.

Doch der Reihe nach. Nachdem man beim fusionierten Goethe-Institut Inter Nationes, wie es so schön heißt, umstrukturiert hat und derzeit immer mehr Menschen begreifen, dass ein Dialog zwischen den Kulturen sehr wohl was bringt, können sich die Mitarbeiter wieder der Sacharbeit zuwenden. Zwar könnten die 128 Institute in den 76 vertretenen Ländern mit ihren mehr als 3100 Mitarbeitern nach wie vor ein bisschen mehr Geld gebrauchen, doch andererseits: es könnte schlechter laufen, es ist ja auch schon schlechter gelaufen. Weil die Sprachfortbildung bei den Goethe-Instituten nicht alles ist und und man sich als Kulturvermittler sieht, durchziehen das Programm Lesungen, Vorträge, Theateraufführungen, Konzerte, Filmvorführungen oder Workshops. So wie etwa bei den Kulturtagen in Assiut, die man ja ganz bewusst in der vernachlässigten Provinz abhalten will. Über die Beziehungen zwischen Europa und Ägypten wird da doziert, Tom Tykwers Kinosensation Lola rennt gezeigt, eine Fotoausstellung eines Schweizers eröffnet - oder eben, sozusagen als Höhepunkt, ein Freiluftkonzert organisiert. Aber wieso um Himmels willen kommt das federführende Goethe-Institut da ausgerechnet auf den österreichischen Musiker Hubert von Goisern?

Und ob das interessiert. Es ist nämlich ein wunderschönes Beispiel, wie der Dialog zwischen so unterschiedlichen Kulturen wie der arabischen und der westeuropäischen Welt funktionieren kann. Da sich Hubert von Goisern längst über sein Alpinkatzenimage hinaus entwickelt hat, da er zwei Alben mit westafrikanischer und tibetanischer Musik aufgenommen hat und immer wieder bewiesen hat, dass er in seiner Musik anderen Kulturen sehr aufgeschlossen ist, schien er den Planern beim Goethe-Institut mit Recht der Richtige. Und wie verhält es sich mit dem ägyptischen Popstar Mohammed Mounir? Er ist in Aswan aufgewachsen - und zeigt, dass man auch außerhalb Kairos Erfolg haben kann. Seine poporientierte Musik hat unverkennbar ihre Wurzeln in den verschiedensten Genres arabischer und afrikanischer Musik. Und seine Texte sind durchweg gesellschaftsbezogen und politisch, wobei sich Mounir als Sprachrohr der kulturellen und religiösen Gemeinsamkeiten von Orient und Okzident sieht.

So weit zu den beiden Künstlern, die sich bis wenige Stunden vor dem Auftritt nie begegnet sind. Wenn es dumm gelaufen wäre, dann hätten beide hintereinander ihren Auftritt absolviert und wären wieder nach Hause gefahren.

Aber beide wussten, dass es kein normales Konzert ist, dass es eben vor allem um Begegnung geht - und dazu muss man sich eben auch begegnen. So traf man sich vor dem Auftritt im Hotelzimmer, um sich schon mal ein bisschen warm zu spielen, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie es ist, miteinander zu musizieren. Schneller als gedacht fanden die beiden nicht nur in musikalischer Hinsicht eine gemeinsame Tonart. Der eine war von der steirischen Ziehharmonika begeistert, der andere von der Aufgeschlossenheit des großen ägyptischen Popstars, der ihn später ausführlich auf der Bühne vorstellen sollte und mit ihm zusammen zwei Lieder spielte. Und weil"s so schön war, bastelt man jetzt an einem gemeinsamen Auftritt in Wien - noch diesen Herbst.

Und wie reagiert das Publikum, das weder die Sprache von Hubert von Goisern versteht noch seine Musik kennt und eigentlich nur wegen Mohamed Mounir gekommen ist? Natürlich jubelt und kreischt es nicht so wie bei Mounir. Doch bei rund der Hälfte der Lieder des Österreichers ist klar, dass das nicht so wichtig sein muss: Rhythmen, Melodien und Stimmen kommen an, die Texte sind dann nicht mehr so wichtig - was etwa bei dem Lied Heast as nit ("Hörst du es nicht") zu beobachten ist. Ob Araber oder Europäer, niemand hat eine Ahnung, was der Refrain Huidiei jodleiri Huidiridi zu bedeuten hat - und doch sind die Menschen an dieser Stelle berührt. Ein Potenzial, mit dem die Organisatoren vom Goethe-Institut arbeiten können.

Zum Konzert sind mehr als doppelt so viele Menschen gekommen als erwartet; sowohl zwischen dem Publikum und dem Künstler als auch zwischen den beiden Künstlern springt der Funke über, trotz des immensen Aufgebots an Soldaten und bewaffneten Sicherheitskräften gibt es keinen Zwischenfall. Wenn das nicht Mut zu mehr gemeinsamen Veranstaltungen dieser Sorte macht!

Bis zum Wochenende haben die österreichischen Musiker zusammen mit arabischen Musikern in Workshops alle möglichen und unmöglichen Sachen ausprobiert, ein Flügelhorn mit einer afghanischen Flöte kombiniert, begleitet von der Oud, der arabischen Kurzhalslaute. Und vielleicht ergeben sich daraus Kontake, Bekanntschaften, neue Projekte, wie schon so oft bei Begegnungen dieser Art. Vielleicht sieht man aber einfach nur, dass da auf der anderen Seite, der der Araber, der der Europäer, ganz normale Menschen sind. Ganz bestimmt ist man dann da angelangt, wo man so gerne vom Dialog der Kulturen und der Zweibahnstraße spricht. Und dieser soll ja seit einem halben Jahr ganz besonders wichtig sein. Zumindest sprechen sehr viele davon. Glücklicherweise tun ja auch einige was dafür.

Ein Jodler in der Wüste - Hubert von Goisern in Ägypten

Pipeline 15. März 2002 | Text: Antje Glück
Mohammed Mounir und Hubert von Goisern

Kairo/Assiut (dpa) - Erschöpft und verschwitzt steht Hubert von Goisern im Gästehaus der Universität Assiut in Oberägypten. Der Folk-Rocker aus Österreich und seine fünf Bandmitglieder haben gerade ihren ersten Auftritt im Orient hinter sich. "Für mich war das ein historisches Ereignis, und ich bin sehr dankbar, dass ich dabei sein durfte", sagt Von Goisern nachdenklich.

Zwar ließ sich nur ein Bruchteil der insgesamt 15 000 meist jugendlichen Konzertgäste von seinen Jodlern und Akkordeon-Improvisationen zum Tanzen animieren. Doch hatten viele der Zuhörer trotzdem ein offenes Ohr für die fremden Klänge aus dem Alpenland. "Die Musik fand ich echt toll, aber ich habe die Lieder nicht verstanden", sagt der 20-jährige Ahmed nach dem Konzert. Besonders angetan hat es ihm und seinem Freund Mahmud die Ziehharmonika des Sängers. Auch das Flötensolo beim afrikanischen Lied Akipenda hat ihn beeindruckt.

Mehr als ein "erstes gegenseitiges Beschnuppern" hatten sich die Veranstalter der "Kulturtage" der deutschsprachigen Länder in Assiut - das Goethe-Institut Kairo, der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) und die Botschaften Deutschlands, Österreichs und der Schweiz - ohnehin kaum erhofft. Denn Assiut gilt als Hochburg der islamischen Fundamentalisten in Ägypten. Nach mehreren Terroranschlägen in den 90er Jahren hat es in der 380 Kilometer südlich von Kairo gelegenen Stadt kaum noch ausländische Besucher gegeben.

Auch während der "Kulturtage", bei denen in dieser Woche neben Musik auch Theater, Vorträge und Filme geboten wurden, waren die Ägypter um die Sicherheit der ausländischen Gäste besorgt. Jedem Deutschen, der sich außerhalb des Universitätsgeländes aufhielt, stellten die Sicherheitskräfte einen Begleiter zur Seite. "Ich wusste, dass diese Stadt ein Zentrum von Gewalttätigkeiten war. Aus diesem Grund ist ein Auftritt hier für mich viel spannender als ein Konzert in Kairo", meint Von Goisern.

Heiß her geht es bei dem ägyptisch-österreichischen Konzertabend am Dienstagabend vor allem, als der ägyptische Superstar Mohammed Mounir die Bühne betritt. Das Publikum drängt von allen Seiten so heftig, dass die Polizei Hubert von Goisern mit Holzstöcken den Weg freimachen muss, damit der Österreicher zusammen mit Mounir zwei Lieder spielen kann. "Wenn man es nicht kennt, dann jagt einem die Art und Weise, wie die Sicherheitskräfte mit dem Publikum umgegangen sind, einen Schrecken ein", meint Von Goisern später.

Die ägyptischen Fans nehmen das Vorgehen der Polizei dagegen völlig gelassen, und das Duett wird zu einem vollen Erfolg. Als von Goisern zum Akkordeon greift und dann auch noch zu Mounirs mitreißenden nubischen Rhythmen jodelt, feiern die ägyptischen Massen ihn begeistert. Die beiden Sänger haben sichtlich Spaß zusammen. "Seht ihr, die Musik ist eine gemeinsame Sprache, die können wir alle verstehen, das ist viel besser als Krieg und Blut", ruft Mounir seinen Fans zu.

15 000 begeisterte Studenten jubelten Mohamed Mounir und Hubert von Goisern in Assiut zu

Goethe Institute 14. März 2002 | Fotos: © Alex Schütz

Als einen der Höhepunkte der Kulturtage in Assiut organisierte das Goethe-Institut Kairo/Alexandria ein Gemeinschaftskonzert von Hubert von Goisern und Mohamed Mounir. Von Goisern, einer der erfolgreichsten Rock-Exporte aus Österreich, wurde durch seinen einzigartigen Alpin-Rock-Sound in den 90er Jahren bekannt. Mit seiner Band, den Original Alpinkatzen, verband er erfolgreich traditionelle österreichische Musikelemente mit modernem Rock. 1999 löste sich die Formation auf und von Goisern widmet sich seitdem voll und ganz der Weltmusik und läßt die exotischsten Klänge in seine Musik einfließen. Eine seiner unzähligen Reisen durch die Welt führt von Goisern nun nach Mittel-Ägypten, wo er auf den ägyptischen Pop-Star Mohamed Mounir traf.

Vor 15.000 Zuschauern in Oberägypten: Hubert von Goisern trifft Mohamed Mounir

Goethe Institute 14. März 2002

Beim Abschiedskonzert der vom Goethe-Institut Inter Nationes veranstalteten Kulturtage im oberägyptischen Assiut bejubelten am Dienstagabend über 15.000 Menschen die beiden Sänger Hubert von Goisern und Mohamed Mounir. "Ich gebe zu, ich hatte weiche Knie, als es so weit war und ich auf die Bühne ging. Umso größer das Gefühl des Glücks, als ich die Freude und Zuneigung spürte, die mir von allen entgegengebracht wurde." Mit diesen Worten schilderte Hubert von Goisern seine Eindrücke nach dem Konzert im "Niltheater".

Die musikalische Begegnung des bekanntesten ägyptischen Popsängers Mohamed Mounir und des österreichischen Musikers und Sängers Hubert von Goisern wurde als deutliches Zeichen gegen kulturelle Engstirnigkeit gewertet. Der Veranstaltungsort des Konzertes, die oberägyptische Stadt Assiut, erlangte Anfang der neunziger Jahre traurige Berühmtheit als Zentrum des gewalttätigen islamischen Fundamentalismus. "Ich bin dankbar für diese Begegnung mit dem Land, der Stadt, den Menschen, der Kultur, mit Mohamed Mounir und seinen Musikern. Ich bin dankbar für die Brücke, die das Goethe-Institut geschlagen hat", sagte ein begeisterter Hubert von Goisern.

Heute abend (14. März) trifft der österreichische Liedermacher in Kairo mit ägyptischen Musikern zusammen, mit der Band Downtown, dem Oud-Spieler Nasseer Shama und dem Geiger Abdou Dagir. Ein weiterer Auftritt des Pop-Alpinkünstlers ist für den Oktober 2002 beim "Modern Folk Festival" in Kairo geplant.

Volksmusiker Hubert von Goisern präsentiert neues Album in Ägypten

dpa 13. März 2002

Hubert von GoisernKairo/Assiut (dpa) - Mit experimenteller Volksmusik und österreichischem Sprachwitz hat der Musiker Hubert von Goisern am Dienstagabend etwa 15 000 ägyptische Konzertbesucher begeistert.

Lieder wie A Neia Tag und Afrika wurden in der oberägyptischen Stadt Assiut trotz der sprachlichen Differenzen bejubelt. Das vierstündige Konzert bestritt der 49-jährige Österreicher gemeinsam mit dem beliebten ägyptischen Pop-Sänger Mohammed Mounir. Beide Musiker singen in ihren Liedern sowohl über Heimat und Herkunft als auch über die Fremde.

Ganz zufrieden war der Alpenrocker allerdings nicht mit seinem Auftritt: "Ich habe mich über weite Strecken fehl am Platz gefühlt", meinte von Goisern nach dem Konzert. Sein neues Album ist bislang namenlos und soll voraussichtlich noch in diesem Jahr erscheinen, hieß es. Von Goisern wird seine Tour nun durch Westafrika fortsetzen.

Wüstenlandler

WOM 5/2002 | Text: Stefan Krulle

An der Schwelle vom Mittelalter zur Moderne ist das Volk Ägyptens dankbar für jeden Fingerzeig. Hubert von Goisern hat nun mutig alpine Weltmusik bis in die Hochburg der Islamisten fern von Kairo getragen

Deine Spuren im Sand...

Das Politikum macht erst mal stumm. Reisen nach Arabien sind im Moment so spannend wie wenig oppurtun. Wenn man ankommt, zwingt man sich in die Rolle des unauffälligen Beobachters, womit sich sofort lächerlich macht, weil es bestenfalls zwei Minuten lang funktioniert. Der blasse Blonde ist hier nie unauffällig aber er fällt immer wieder als was anderes auf. In Kairo als Tourist.

"Very good car, german good car", versichert der Taxifahrer, sein 66er Heckflosser habe noch keine zwei Millionen Kilometer runter. Fast neu, der Wagen. Dann tauscht er die Cassette mit arabischem Plastikpop gegen eine mit deutschem Plastikpop und stellt elend laut. Kann die Kolonialzeit weit schlimmer gewesen sein, ist sie überhaupt schon zu Ende oder sind nur die Mittel andere? Auf jeden Fall ist die Fahrt im Mercedes auch hier ein bisschen teurer, trotz dieser Musik.

Mit 70 durch die östliche Sahara, schneller mag das Militär nicht fahren, und ohne das Militär dürfen wir nicht fahren. Seit den Anschlägen der Islamisten auf Touristengruppen in Luxor 1997 ist. man offiziell in organisierte Panik geraten, also fahren schwer bewaffnete Quartette im Jeep voran, die an jeder zweiten Straßensperre gegen frisches Personal getauscht werden. Überhaupt nicht einzuschätzen, was hier Sinn macht und was nicht. Und was vielleicht am Ende nur die Ägypter provoziert.

Teepause in der Oase Al-Fayyum. Wo wir aussteigen, werden wir angestarrt. Der Hubert von Goisern, den wir alle hier zu seinem ersten Konzert nach Arabien begleiten, ist schon ganz still und schüchtern geworden. Noch 40 Stunden bis zum Auftritt. Das Goethe-Institut Kairo hat ihn eingeladen, er soll vor - Mohamed Mounir, Ägyptens Superstar, spielen.
Auf dem Campus von Assiut, der Metropole der Fundamentalisten am Nil, wo man den Nil aus Gründen der Sicherheit nicht mehr mit Kreuzschiffen befahren darf. Sogar Hercule Poirot müsste die Bahn nehmen, die ja auch nicht mehr sicher ist.

Enzio Wetzel und Hubert von Goisern

Es hat aber Gründe, daß die Kulturtage 2002, von Deutschland, Österreich und der Schweiz gemeinsam veranstaltet, in der Diaspora und nicht in Kairo stattfinden. "Die Hauptstadt zieht alle Gelder und Leute an, da muß es Gegengewichte geben!" sagte Enzio Wenzel, der das Goethe-Institut in Kairo leitet. Im Moment allerdings verteilt er überaus leckere Bananen an die Fahrgäste.

34 Grad im Schatten, irgendwie stört die Klimaanlage im Bus trotzdem. Seit Stunden Sand links und rechts, staubige Luft. Das nervt zuerst, bevor Beruhigung einsetzt. Das Land verschluckt dich wie Morast, bis die Minuten länger zu werden scheinen. Eine halbe Stunde an der nächsten Sperre, zwei Mal hat sich der Mann im Ausguck dabei bewegt. Das ist plötzlich aufregend. Wo kommen all die Tomaten her, die sie in abenteuerlich verrotteten Autos tonnenweise nach Norden fahren? Und wann kommt Assiut? Die ersten Bäume, mit staubgrauen Blättern. Ein Tor, grün und aus Eisen, schwer bewacht.

Die Universität, so ein Gebäude, wie es früher die Sowjets den Ägyptern schenkten. Keiner sonst in Assiut wohnt so gediegen, aber keiner auch so streng bewacht. Verlassen, so empfiehlt man uns mit Nachdruck, sollten wir den Quadratkilometer Universität auf keinen Fall. Es gibt Lunchpakete, mit viel Fleisch, das ist hier guter Ton den Gästen gegenüber. Das Fleisch ist furchtbar trocken, wir dürfen unhöflich sein. Das geht nur in der Gruppe, allein hätten wir tapfer bleiben und aufessen müssen. Draußen beäugen uns Studenten - und Studentinnen. 7000 frönen hier der Lehre, fast die Hälfte weiblich. Kopftuch reicht im "liberalen" Ägypten. Frauen ohne eines gehören zu den Kopten. Christen, deren einzige "Freiheit" das fehlende Tuch der Frauen ist.

Jetzt ein kühles Bier! Gibt es aber nicht. Irgendwo soll hier in Assiut ein Hotel mit dunkler Bar und echtem Pils sein, aber mehr weiß komischerweise niemand. Wo die Innenstadt liegt, wollen sie auch nicht wissen. Wir finden sie trotzdem, gleich nebenan. Sie ist nicht sehr schön, aber herrlich verwirrend und fremder als alles, was mir bisher gesehen haben. In diesen Städten riecht es noch. Manchmal duftet es, manchmal stinkt es. Hühner werden an der Straße geschlachtet, Kleider genäht, Früchte abgewogen, Lammkeulen mit feuchten Tüchern behängt.

Und Europäer sind wie Marsianer im Kölner Karneval. "Welcome to Egypt", rufen sie uns tausendfach entgegen, sie wollen unsere Hände schütteln, uns ein Taxi rufen, fotografiert werden. Das ganz besonders oft.

"Auf einen Film gebannt zu werden", steht in unserem Reiseführer "raubt den Mohamedanern das Gesicht!" Ein bisschen stimmt das wohl, "aber Ihr tragt danach ein Stück unserer Seele in Eurem Herzen!" erklärt uns eine junge, mutige Assiuterin. Poeten sind sie her fast alle.

Das Konzert rückt näher. Nach europäischen Maßstäben ist die Technik nachmittags so weit, dass man zwei Tage später spielen könnte. Es werden aber schon für diesen Abend 5000 Besucher erwartet, ungefähr. Man weiß es nicht, es gibt ja keine Karten, alles ist umsonst. Noch mal in die Stadt, man kann nicht widerstehen. Kinder scharen sich um uns, man hebt hier körperliche Nähe. Wir nehmen eine Kollegin mit ins Teehaus, man lässt uns, aber manche Gäste gehen lieber. Die Stadt ist aufgeregt, das erste Konzert hier überhaupt. Wir schaffen kaum den Weg zurück zur Uni, aus den 5000 ist das Doppelte geworden. Es gibt ganz vorne Plätze für die Ehrengäste, hinter uns drücken sie gegen die Absperrgitter. In Europa würde man jetzt flüchten, hier aber riecht es nicht nach Schwierigkeiten, auch wenn keiner weiß, warum.

Hubert steht im Rampenlicht und hat zwei Sätze Arabisch gepaukt. "So weiche Knie hatte ich noch nie", sagt er am nächsten Tag. Sie werden noch ein bisschen weicher, als nach dem ersten Lied niemand klatscht und trotzdem alle gut gelaunt sind. irgendwer steckt dem Hubert, dass man in Ägypten zwischen Songs nicht applaudiert, der Hubert sieht gleich wohler aus. Sie mögen seine Musik, sie tanzen, lachen, klettern auf die Balkone und in den Fassaden der fünfstöckigen Uni herum. In Europa hätte es da Tote gegeben, aber hier gibt es ja kein Bier. Nach einer guten Stunde kommt Mohamed Mounir. Man sagte uns, er sei ein Star hier. Das war untertrieben: er ist eher der Messias. Trinkt Bier auf dem Zimmer, sah mehr als eine Frau ohne Kopftuch, hat an der Freiheit gerochen und könnte gehen, wenn er wollte. Aber das wissen sie ja alles schon, sogar in Assiut, wo kaum einer von zehn vorher ein Konzert gesehen hat.

Ergo sind wir interessanter und kommen kaum mehr die Treppe hoch zum Hotel, gleich neben der Bühne. Dreißig neue Freunde in fünf Minuten, kein Problem. "Which Football Club do you like?" "Please, take a photo", "Are you Christian?" - "Nein, ich habe keinen Gott." Kurzes Schweigen, "No God?" - "Nein, ganz sicher nicht." - "We love you. No God is freedom!" Man kommt sich hier so oft ganz schlimm naiv vor. Aber gut möglich, dass sie solches ehrlich meinen. Die jungen Frauen fragten ja in der Stadt auch "unsere" Frauen, was Leben ohne große Hürden heißt.

Es ist schon tiefe Nacht, ich denke noch darüber nach, was einem Ägypter in Assiut wohl Huberts heiteres Jodeln hat bedeuten können. Die Ahnung von einer vagen Möglichkeit vielleicht. Natürlich hassen sie ihr Leben hier nicht selten. Ohne Freunde und Familie und mit etwas Geld wären viele längst weg. Und Konfessionen wie die der Muslime und Kopten werden mehr und mehr zur Geißel. Mit Kulturmissionen wie dieser, davon ist nicht bloß Enzio Wetzel überzeugt, kann "vermittelnd eingegriffen werden" Und vorbeugend.

Wer den anderen kennt, hasst ihn nicht mehr so leicht. Eine Binse, aber eine von Bedeutung. "Wenn die Situation in Israel sich nicht ändert", sagt Wetzel noch sehr diplomatisch", wird hier mühsam gewonnenes Terrain leichtfertig schnell wieder verspielt. Und wenn die USA womöglich den Irak angreifen, geht hier ein Pulverfass hoch." Das hört sich dramatisch an, und das ist auch dramatisch. Als Hubert von Goisern und Mohamed Mounir gemeinsam für die unbedarften Seelen von Assiut sangen, war die Welt am vergessenen Nil für einen Abend in Ordnung. Am nächsten Tag verhießen die Nachrichten indes erneut nichts Gutes. Den Vergeltungspredigern Scharon und Arafat scheint daran gelegen, besagtes Pulverfass allein zur Explosion zu bringen. Kein Lied wird sie hindern, und das Politikum macht uns stumm.

Hubert von Goisern & Band in Ägypten

2002 | Fotos: © Alex Schütz

Hubert von Goisern und Mohamed Mounir

WOM April 2002

Ein Jodler ist ein freundliches Geräusch und wirkt wie ein "Herein". Vielleicht deshalb stieg der Druck auf die Absperrgitter nach den ersten Versen des Hubert von Goisern bedrohlich an, als wolle jeder seiner ägyptischen Zuhörer dem Unbekannten persönlich die Hand schütteln.

In Assiut, fern von Kairo und als Hochburg der Islamisten verrufen, hätte man dem alpinen Weltmusiker vielleicht ein Waterloo, kaum aber den Triumph zugetraut. 10.000 junge Ägypter erschienen zum Konzert, sie alle waren ausgehungert, die meisten noch nie im Konzert gewesen. Dennoch: der Star des Abends war ihr Landsmann Mohamed Mounir, an dessen Ruhm und Bedeutung sich hierzulande ein Westernhagen messen kann. Weil aber der Ägypter (die Ägypterin kam auch hier nur am Rande vor) Neugier und Gastfreundschaft gleichsam ehrt, jubelt man bei Hubert nach Kräften. Und wirklich liegen die fremden Melodien, die elementar perkussive Richtung der Band dichter am Nil als an Elbe oder Spree. Was aber, wenn der Star ins turbulente Rund tritt? Gelassen bleiben, feiern wie die Pharaonensöhne, die auch ohne jeden Tropfen gottlosen Alkohols trunken dem Idol den Chor stellen. Wir haben Mounir nicht verstanden, aber er muß wichtiges zu sagen haben. Sie hoffen mit ihm, sie mögen ihre streng beäugte Jugend nicht, sie wollen lieber über Fußball als über Suren sprechen und verbeugen sich vor Religionslosen.

Mounir hatte Bier auf dem Zimmer, Hubert hatte die Ahnung von der weiten, hellen Welt in seiner Stimme, Assiut hatte den Abend des Jahres und wir glauben wieder an die Wunderwaffe Musik.

"Wir haben einen Samen gesät"

2002

Der Ägypter Mohamed Mounir und der Österreicher Hubert von Goisern im gemeinsamen Konzert

Grenzenlos

Jodeln unter Pyramiden, Holleraähdullioöh im Land der Pharaonen, Alpenrock im Orient?

Noch vor acht Jahren hätte sich die schreibende Zunft nur allzu gerne dieser Klischees bedient und den Sprung des ersten Vertreters des 'neuen Alpenrocks' über das Mittelmeer in den Nahen Osten bejubelt. Die Zeiten derartiger Oberflächlichkeit und solch einfacher Betrachtungsweise des Musikers Hubert von Goisern sind vorbei. Der Österreicher hat sich längst vom Volks- zum Weltmusiker entwickelt. Davon zeugt auch, was sich kürzlich im oberägyptischen Assiut bei einem Konzert von Hubert von Goisern und dem ägyptischen Idol Mohamed Mounir ereignet hat.

Hubert von Goisern hat bei dieser Gelegenheit sein neues Programm 'Grenzenlos 2002' vorgestellt. Bis zuletzt war allerdings nicht klar, ob das Konzept der Organisatoren aufgeht, Orient und Okzident musikalisch zu verbinden, also ein gemeinsamer Auftritt von Mounir und Goisern.

Ja, es ist gelungen: 15 000 euphorische Besucher umjubelten den Auftritt: "Es ist ein Samen gesät" sagt Goisern, oder aus Sicht von Mounir ist bewiesen, "daß das gemeinsame Musizieren stärker als Blut und Krieg ist".

Doch bis zuletzt war die Anspannung hinter der Bühne zu spüren, bis zuletzt waren weder Mounir noch Goisern überzeugt, daß 'es' gut gehen könnte.

Organisiert wurde dieses spektakuläre Zusammentreffen vom Goethe-Institut in Kairo (Fußnote: schon der alte Geheimrat war ein Verehrer der orientalsichen Dichtkunst und auch beträchtlich von ihr beeinflußt). Bewußt hat sich der Leiter der Programmabteilung, Enzio Wetzel, Assiut als Schauplatz ausgesucht. Bis 1996 fanden dort die deutschen Tage statt, ehe der Terroranschlag auf deutsche Touristen dieser gemeinsamen Initiative der deutschsprachigen Länder ein Ende gesetzt hatte.

Freilich, der 11. September machte die Ausgangssituation nicht leichter. Und dennoch bot diese Stadt, neben Kairo mit ihren 60 000 Studenten wichtigste Universitätsstadt, den richtigen Boden für dieses wagemutige Experiment.

Wer immer einen Ägypter (und sei es der ägyptische Zeitungsverkäufer im heimischen Salzkammergut) nach dieser Stadt fragt, wird eine abweisende Antwort bekommen, galt Assiut doch lange Zeit als Hochburg der Fundamentalisten und wird nach wie vor mit der Herkunft der Attentäter auf Präsident Anwar el Sadat identifiziert. Die Universität war ein Hort der Islamisten. Entsprechend radikal ist die Staatsmacht auch bei der Bekämpfung vorgegangen.

Wie angespannt die Stimmung noch immer ist (Ausnahmezustand), erfuhren Hubert von Goisern und seine Band dadurch, daß sie nur durch eine militärische Eskorte geschützt anreisen konnten. Selbst der Besuch der im übrigen ruhig und angenehm erscheinenden Stadt ohne bewaffneten Personenschutz war den Gästen aus Österreich und Deutschland nur nach wiederholten und massiven Hinweisen auf das Gebot der Gastfreundschaft möglich!

Trotzdem, gute Voraussetzungen für einen 'cultural clash' dieser Art: Die Menschen sind ausgehungert und sehnen sich nach einer kulturellen Begegnung. "Von der Angespanntheit auf und hinter der Bühne haben sie gar nichts gemerkt" ist Hubert von Goisern überzeugt. Bis zuletzt war ihm die Perspektive "glorreich zu scheitern" näher gewesen. Das Publikum nämlich drückte auf die Absperrungen und stürmte schließlich im Überschwang die Hinter- und Seitenbühne, einige hundert Schaulustige machten es sich zudem in den Festern und auf dem Dach des dahinterliegenden, halbfertigen Hotelbaus bequem. "Die Gefahr, daß etwas passiert, daß es zu Ausschreitungen gegen die Polizei kommt oder daß jemand vom Dach herunter fällt, auf dem in 30 - 40 Meter Höhe am Abgrund getanzt wurde war größer als die Chance, daß alles gut ausgeht", bilanzierte Hubert von Goisern. Und ein einziger Zwischenfall hätte angesichts des Aufgebots an Sicherheitskräften nur eine Konsequenz gehabt: "Daß so etwas wie dieses Konzert auf absehbare Zeit nicht mehr hätte stattfinden dürfen".

Hubert von Goisern

aß es zu den möglichen Zwischenfällen nicht gekommen ist, liegt vor allem auch am "Magier Mounir" (Goisern), dem es gelungen sei, "die Leute friedlich zu machen". Schnell erkennt Hubert von Goisern in Mounir einen "Seelenverwandten: Er kommt zwar aus einer anderen Kultur, steht aber für dasselbe, was ich gemacht habe: Er bekennt sich zu seinen regionalen Wurzeln, ist aber in seiner Umsetzung international".

Es war deshalb für den Österreicher leichter, sich mit der Musik Mounirs auseinander zusetzen als beispielsweise mit der Musik der Tibeter: "Beide Kulturen über auf mich eine Faszination seit Kindheitstagen aus. Mit seiner Musik habe ich mich allerdings leichter getan als mit der tibetischen, die sich als Bewahrung alter Taditionen versteht. Er steht mit seiner Musik im Hier und Jetzt. Mounir schöpft zum einen aus nubischen Traditionen, was vor allem die Rythmik durch seine vierköpfige Perkussionsgruppe (hier kommen vor allem die nubische Duff und die ägyptische Darabuka zum Einsatz) und die Melodien verdeutlichen. Die moderne Auffassung seines Musizierens verdeutlichen freilich die Reggaegitarre und die Jazztrompete in seiner Band. Und auch Form und Länge der Nummern deuten auf Befruchtung von außen hin."

Die nubische Moll-Pentatonik, auf die Mounir in fast allen seiner Nummern zurückgreift, macht es Hubert von Goisern schließlich leicht "ihnen mit der Ziehharmonika und in Dur ein Stück 'wegzunehmen' und eine eigene Geschichte auszubreiten".

Mounir und Goisern sind sich einig, "daß es etwas außergewöhnliches gewesen ist und nachbearbeitet werden muß". Goisern: " Es ist nicht zulässig, davon auf irgendeine andere Situation an einem anderen Ort zu schließen, aber die Hoffnung auf ein besseres interkulturelles Verständnis, und damit auf weniger Mißtrauen und Angst voreinander hat Nahrung erhalten durch diese Aktion" und bezeichnet diesen Abend als "legendär" lassen uns doch die täglichen Fernsehbilder aus den Nachbarländern dieser Region vermuten, daß diese Art der Begnung angeblich undenkbar ist.

Der Erfahrungssüchtige Goisern ist mit seiner Band schon wieder unterwegs. Kap Verde, Senegal und Burkina Faso werden drei Wochen bereist, etliche Konzerte und Musikerbegegnungen werden stattfinden.

Mit diesem Erlebnis-Input gehts anschließend ins Studio um das neue Programm aufzunehmen und ab Mai in den deutschsprachigen Ländern aufzutreten. Verblüffend, daß Hubert von Goisern offensichtlich sein Konzept schon wieder erneuert hat: viel Rhythmus und 'Party' bestimmen die Konzerte 2002.