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TOUR 2014

Hubert von Goisern: Live in München - 3. November 2014

6. November 2014 | Fotos: © Elli Christl

Out of Goisern

Wetterauer Zeitung 4. November 2014 | Text: Gabi Krämer

Österreichs Klangbotschafter Hubert von Goisern gab sich in der Jahrhunderthalle Frankfurt die Ehre.
Nach zwei Stunden verneigt er sich: "Donkschee, schea woas!" Stimmt.

Wie die Zeit vergeht – "heast as nit...": Knapp zwei Jahre hat er sich von öffentlichen Bühnen ferngehalten, hat keine Konzerte mehr gegeben. Derartige Askese aber ist nicht von Dauer für einen, durch dessen Adern offensichtlich Musik in Reinkultur strömt. Hubert von Goisern, Österreichs vielfältigster Klangbotschafter und Grenzgänger zwischen sämtlichen musikalischen Genres rund um den Erdball, zieht es nach der erfolgreichen Brenna tuat's-Tournee endlich wieder zu seinem Publikum.

Vor rund 3000 Fans präsentierte der ultimative Naturbursch aus dem Salzkammergut mit seiner vierköpfigen Band am Sonntagabend in der fast ausverkauften Jahrhunderthalle in Frankfurt einen unerwarteten Output der jüngsten Liaison in Sachen Weltmusik: Ein "amerikanisch-alpenländisches Freundschaftsprojekt". Auf Exkursionen nach Afrika und Asien sowie auf seine viel beachtete Frachtschiff-Tour, die ihn einst auf der Donau von Linz bis ins Schwarze Meer führte, packte der definitive Begründer des Alpenrock nun die musikkulturelle Erforschung der US-amerikanischen Südstaaten. Weil man sich "heute über die USA so ärgern kann wie in den Siebzigern", hatte er sich fest vorgenommen, dort Freunde zu finden. Country, Zydeco, Cajun, Bluegrass – welch ein kunterbuntes Füllhorn der Inspiration!

Allerdings war der ausgedehnte Ausflug nach Louisiana und der darauffolgende "Gegenbesuch" amerikanischer Musiker nach Österreich zunächst etwas holprig verlaufen. Die geplante musikalische Interaktion – andernorts die Basis für nicht enden wollende Jam-Sessions – kam nur träge in Gang: Die Südstaatler taten sich anfangs schwer mit dem Goisern'schen Sound. Für den 61-Jährigen erst recht eine Herausforderung, wie er augenzwinkernd und freimütig bekannte: "I steh total auf diese good crazy Leit. Deij san zwoar net viel verruckter als wia mia, aber sie san viel mehr bewaffnet..."

Kurzweilige Ansagen und Anekdoten im Plauderton mit dem so eigenen Schmäh – das ist bei Goisern-Konzerten ein echtes Pfund. Da braucht's keinen Firlefanz als Bühnenkulisse. Geradezu andächtig klebt das Publikum an seinen Lippen, wenn der Multiinstrumentalist die Steirische Harmonika lässig von der Schulter baumeln lässt und pointiert von diesem "komplett anderen Lebensgefühl" erzählt, das er auf seinem USA-Trip kennenlernte. "Die Amis" seien allerdings bisweilen recht reserviert gewesen, daraus macht er auch kein Geheimnis.

Bekanntschaft geschlossen hat Hubert von Goisern gottlob mit Steve Fishell, der als USA-Direktimport nun auf der aktuellen Tour mit seiner Pedal-Steel-Gitarre den passenden Klangteppich webt. Gemeinsam mit der bewährten Bühnen-Crew geht's ordentlich zur Sache: Alexander Pohn (Schlagzeug), Helmut Schartlmüller (Bass) und Severin Trogbacher (Gitarre) verstehen sich blind, sind jeder für sich ein musikalisches Ass. Am neuen Programm arbeiteten sie sich mit geradezu diebischem Vergnügen ab.

Susanna, das neue Hiatamadl

Der erste Teil des Konzerts wird ein Ausflug in Country- und Bluegrass-Welten. Goisern verpasst beispielsweise dem berühmten Cajun-Song Jambalaya (on the Bayou) eine alpenländische Note, zaubert mit experimentellen Versatzstücken bei altbekannten Ohrwürmern wie Corinna Corinna oder drückt bei Oh Susanna ordentlich auf die Blues-Tube. Ob Posaune, Mundharmonika, E-Piano, Gitarre oder Alphorn: Goisern wird eins mit seinen Instrumenten. Bisweilen schreit er seine Jodler mit archaischer Wucht heraus – das Publikum dankt mit kräftigem Beifall und wird nach einer superfixen Umbaupause mit einigen lieb gewonnenen Repertoire-Perlen belohnt, etwa mit der Akustik-Version von Omunduntn. Da ist ein kollektives "Juchitzn" fällig. Das Hiatamadl oder Weit, weit weg, andernorts auf der aktuellen Tournee zelebriert, bleibt Goisern seinen Fans in Frankfurt diesmal schuldig. Sei's drum – auch das ist Goisern. Der verneigt sich nach zwei Stunden: "Donkschee, schea woas!" Stimmt.

Brenna tuats guat

Frankfurter Neue Presse 4. November 2014 | Text: jsc

Hubert von Goisern und Band zeigten sich beim Gastspiel in der ausverkauften Frankfurter Jahrhunderthalle musikalisch von Amerika inspiriert.

Can't Find My Way Home, die Bluesballade von Steve Winwood, hat der 61-jährige Alpen-Derwisch, bürgerlich Hubert Achleitner, sicherlich bewusst ins Programm aufgenommen. Bei ihm ist es nur umgekehrt: Seinen Weg nach Hause, nach Goisern in Oberösterreich, hat er noch stets gefunden, doch hat es ihn auch immer wieder hinaus in die Welt gelockt. Jüngst war er eben in Nashville und Louisiana, hat Country-, Blues- und Voodooeinflüsse aufgesogen und in neue Songs gegossen, die seine überragende Band jetzt druckvoll und mit imposanter Spielfreude in der ausverkauften Halle zu Gehör brachte.

Hubert selbst spielt wie gewohnt und virtuos Akkordeon, integriert mal ein Hornsolo, greift zum elektrischen Keyboard und intoniert wunderschöne Balladen. Die E-Gitarre lässt er krachen und hat neben seinem eigenen Bandgitarristen den Amerikaner Steve Fishell dabei, der stoisch die stehende Steel- und wahlweise die Lap-Steel- Gitarre auf Knien bedient. Davon profitieren so wunderbare Songs wie Nur alle 100 Johr, der in den österreichischen Dialekt umgedichtete Folksong Jambalaya und Corinna, Corinna als cooler Bluesshuffle.

Ob Stoansteirisch, die Alkohol-Apotheose Schnaps, Corinna oder So a Seg'n: Da wird viel mit wechselnden Instrumenten experimentiert. Der mehrstimmige Satzgesang der Band tönt ausgefeilt und perfekt, aber nicht steril. Nach gut einer Stunde ist das neue Werk vorgestellt, die ein oder andere Publikumsstimme nach Oldies wird laut, doch der eloquente Querdenker mag nicht als Hit-Abspuler auftreten. Brenna tuats guat mit dem halsbrecherisch anmuteten Refrain, gleichzeitig Absage an den Kapitalismus, und Heast as net, das Sinnieren über Vergehen von Zeit, gibt er der Menge, um am Ende als Zugabe mit dem Alphorn eine Art psychedelischen Alpenblues zu inszenieren. Schee woars!

Neues vom "Alpenrocker"

Allgemeine Zeitung 4. November 2014 | Text: Andreas Schermer

Hubert von Goisern in Frankfurt

FRANKFURT - Es gibt Neues vom 61-jährigen Verfechter der "Neuen Volksmusik". Für die zarteren Gemüter des Volkstümlichen ist Hubert von Goisern freilich zu frech, zu deftig, zu aufmüpfig und zu politisch. Darum wurde Hubert Achleitner aus Goisern als anerkannten Pionier, mit der ihm eigenen Sparte des "Alpenrocks" geadelt. Doch auch diese Bezeichnung kann irreführend sein für seine höchst wandelbaren Stileinflüsse an Akkordeon, Ziehharmonika und Mundharmonika, in denen sich die Begleitung von Alexander Pohn (Schlagzeug), Helmut Schartlmüller (Bass) und Severin Trogbacher (Gitarre) in Reggae oder Punkrock verformen und selbst die Gestalt eines authentischen Southern Blues oder der Cajun-Musik annehmen kann.

"Nicht verrückter als wir..."

Da spricht es Bände, wenn der so aufgeschlossene Oberösterreicher entgegen der allgemeinen Amerikafeindlichkeit vor Ort Freunde suchen wollte, nach seiner Amerika-Erfahrung aber eingestehen muss: "Ich war bei meiner Rückkehr noch viel entfremdeter von dieser Nation, als ich es bei meiner Hinreise war. Die da drüben sind vielleicht auch nicht verrückter als wir – aber viel mehr bewaffnet!" In seinen humoristischen Ausführungen schildert er den musikalischen Wohlgefallen im Süden des Landes, wo allerdings seine künstlerischen Kooperationsangebote auf wenig Gegenliebe stießen. Eine unbedacht gewählte Titel-Auswahl wurde schlichtweg boykottiert, weil die Einwohner streng katholisch sind und das Stück zwar bekannt, aber entschieden evangelisch sei. Ob das begeisterte Publikum in der Frankfurter Jahrhunderthalle nun ein evangelisches war, sei dahingestellt. Jedenfalls summte ein mächtiger Chor die Melodie mit von Amazing Grace. Bearbeitet zu So a Seg'n, ist das Stück genau wie Jambalaya oder Corinna ein Vorgeschmack seines neuen Albums, das erst nach der aktuellen Konzertreise veröffentlicht wird. Tatsächlich spielt er auch gewünschte ältere Repertoireauszüge in derart innovativen Interpretationen, dass seine Fans auch des Gewohnten nicht müde werden.

Nach einer Stunde verlässt die Truppe wortlos die Bühne, um bald für einen ebenso langen Zugabeteil zurückzukehren, in dem sie sich mehr auf Klassiker und Publikumslieblinge wie Oben und Unten, Koa Hiatamadl oder Brenna tuat's guat konzentriert. Und was könnte zum Gefühl der schwarzen Musik einen schöneren Kontrast bilden als ein echtes Alphorn? Mächtig und meditativ breitet sich der gedämpfte Sington der hölzernen Naturtrompete im Saal aus und kitzelt den Zuhörern eine Gänsehaut über den Rücken.

Alpenland-Springsteen

Badisches Tagblatt 3. November 2014 | Text: Frank Ketterer | Foto: © Bastian

Hubert von Goisern betritt im Tollhaus musikalisches Neuland

Hubert von GoisernSie hätten den Wunsch verspürt, einmal ganz ungestört zu musizieren, sagt Hubert Achleitner, der aus dem oberösterreichischen Ort Goisern stammt und sich deshalb auch so nennt, mit einem schelmischen Grinsen gleich zu Beginn. Um diesem Wunsch nachkommen zu können, hat der wohl alpinste, aber auch mit Abstand modernste aller Volksmusiker eigens zwölf neue Lieder komponiert, die erst im kommenden Frühjahr auch als Album zu haben sein werden. Was die Zuhörer am Freitagabend im mit über 1000 Zuschauern voll besetzten Karlsruher Tollhaus zu hören bekommen haben, war also Neuland - und das gleich in doppeltem Sinne: Das Publikum kannte die neuen Songs seines Huberts noch nicht, konnte sie somit nicht mitsingen - und die Musiker bei ihrem Musizieren folglich auch nicht stören. Hubert von Goisern wiederum hat für das noch zu veröffentlichende Album, das den Titel Federn tragen soll, sich einmal mehr - so, wie es eben seit langem seine unvergleichliche Art ist - einen neuen, zusätzlichen Musikkosmos erschlossen und einverleibt.

Angenommen hat sich der 61-Jährige diesmal den USA. Zweimal ist er zu musikalischen Erkundungstouren über den großen Teich gereist, insgesamt 50 Tage war er dort, vor allem die Südstaaten haben es ihm angetan. Von Goiserns Reise-Erkenntnis: "Enges Gebirgstal und Sumpfgebiet haben was gemeinsam." Und weil dem so ist, hat er Steve Fishell aus Nashville in Tennessee mit nach Europa gebracht, der sich nun mit von Goiserns vorzüglicher Band auf "kleiner, aber feiner" Herbsttournee auch durch deutsche Lande befindet - und der goisern-typischen Ziehharmonika die südstaatentypische Steelguitar als kongenialen Partner zur Seite stellt.

Dass das prima zusammenpasst, weiß man spätestens, seit die Cajun-Musik auch hierzulande Fans gefunden hat. In Stoansteirisch führt von Goisern es auch in Karlsruhe vor - und zwar auf seine ihm eigene Art: Er kopiert die verschiedenen Musikstile nicht einfach, sondern adaptiert sie vielmehr. Sumpfmusik trifft tatsächlich auf Gebirgstaljodler, im weiteren Verlauf des Abends geschieht dies auch mit Tex-Mex, Bluegrass, Country und Blues. Je länger von Goisern sich den Staaten widmet, um so mehr wird er zu einer Art Alpenland-Springsteen. So viel Rock und Blues war jedenfalls noch nie drin im Hubert aus Goisern. Dass er seine neuen Songs wie So a Seg'n, Ich habe den Blues oder Am helllichten Tag in breitestem Dialekt vorträgt, nimmt ihnen nichts an ihrer bisweilen schmutzigen Südstaaten-Erdigkeit.

Garniert werden die neuen Nummern von ein paar Klassikern im zweiten Programm-Teil wie Brenna tuats gut, Stadltür und nicht zuletzt Heast es nit zum Schluss, an dem das Publikum dann eben doch noch stört - und andächtig mitsingt. Von Goisern ist's egal. "Schea woas", sagt er. Ja, Hubert, wunderschea!

Im Bluat: Hubert von Goisern in Dresdens Altem Schlachthof

Dresdner Neueste Nachrichten | Text: Christian Ruf | Foto: © Dietrich Flechtner

Hubert von GoisernEr ist eigentlich immer unterwegs, dieser Hubert von Goisern, der eigentlich Achleitner heißt. Nun hat sich der eigenwillige Volksmusiker auch in Dresdens Altem Schlachthof vorgestellt. Dabei ließ er vor allem eine Tour, die er in die USA unternommen hatte, seine Musik und sein Programm inspirieren. Als Fazit zeigte sich: von Goisern ist und bleibt ein Phänomen.

Wenn einer eine Reise tut, dann kann er was erzählen, heißt es. Der Volksmusik-Revoluzzer Hubert Achleitner alias Hubert von Goisern hat so einiges an Reisen unternommen. Es gefällt ihm dahoam, des scho, aber da ist auch diese unbändige Neugier auf die Welt. Nicht auf All-Inclusive in einer Bettenburg, sondern auf wirklichen Kontakt mit Land und Leuten. Er war auf dem Balkan unterwegs in Tibet, in Afrika, immer sein Akkordeon im Gepäck. Der Mann ist sein eigener roter Faden, der sich konsequent bisher jeder Gefälligkeitsströmen verweigert hat und musikalisch unbeirrbar seinen Weg gegangen ist - seit mehr als 25 Jahren schon.

Nun war der Weltmusiker in den USA unterwegs. Dass sich "alles ganz anders anhörte", war offenkundig diesem Besuch in Amerika zu verdanken. Gerockt wurde bei Goisern ja schon immer, aber noch nie so krachend und scheppernd wie jetzt. Das erinnert schon fast an Springsteen mit seiner E-Street-Band oder Neil Young mit Crazy Horse. Zudem hat Goisern Country- und vor allem Cajun-Musik entdeckt. Und bei einem oiden Blues liegt sogar ein Hauch von Baumwollfeld in der Luft, bei einem Jazzstück, für das von Goisern zur Trompete greift, fühlt sich man in den Cotton Club versetzt. Die Grenzen zerfließen, die Musikstile vermischen sich. Die Mundharmonika geht in ein Jodeln über, der Weg führt von harten Riffs zum Landler und wieder zurück, alles unterstützt von einer vortrefflichen Begleitband.

Zu der gehört auch ein Amerikaner, der an der Steel-Gitarre sitzt, die der Musik Goiserns eine ungewohnte, aber ungemein bereichernde Facette verleiht. Dieser Kerl war der einzige, mit dem Goisern auf seiner Tour durch die USA überhaupt zusammenspielen konnte und mit dem er auch sonst auf einer Wellenlänge lag. Einmal traf er zwei Amerikaner, mit denen er ein bisschen rumjammte, aber als er Amazing Grace intonierte, fielen die nicht mit ein. Als Goisern erstaunt fragte, was los sei, erwiderten sie, das sei eine Protestanthymne, so was würden sie als Katholiken nicht spielen. Goisern kann schon selbst auch ein sturer Hund sein, aber ob dieser Engstirnigkeit war er baff. Bedient. Beim Gros der Zuhörer im Schlachthof dürfte er mit seiner emotionsgeladenen Version von Amazing Grace für Gänsehaut-Gefühl gesorgt haben.

Goisern erzählte, nein, er schüttete sein Herz aus, machte aus seinem Herzen keine Mördergrube. Deppen gibt's überall, in Deutschland, in Österreich, aber weil's in Amerika so viel Leute hat, gibt's auch mehr Idioten, lässt Goisern süffisant wissen. Außerdem haben die Idioten hierzulande in der Regel keine Waffe. Ja, hier gibt es auch Intoleranz, das ist Goisern schon bewusst. "Aber ihr schämt's Euch wenigstens dafür", meint er - und schiebt trocken hinterher: "Hoffe ich jedenfalls."

"Ich spür's im Bluat, des duad so guat", heißt es in einem Lied. Stimmungstechnisch trifft die Aussage auf viele der neuen Songs zu, vor allem dann, wenn es doch heimelig wird, man sich auf einer Alm wähnt. Selbst Flachlandtiroler überkommt da mit Urgewalt die Sehnsucht nach den Bergen, richtigen Bergen. Der Watzmann ruft, nicht der Fichtelberg. Einstweilen sind die neuen Lieder noch nicht auf einem Album festgehalten. Denn Goisern war so frei, seine Fans bewusst zu überraschen, wollte, dass koana in der Lage ist, mitzusingen. Nur bei Brenna tuat's guat, das erst als Zugabe gschpuit wurde, war das möglich. Ja, a Hund is a scho, da Goisern, aber oana, der's Herz am rechten Fleck hat. Und das allein zählt.

Sumpfblues von der Alm

Sächsische Zeitung 1./2. November 2014 | Text: Andy Dallmann

Keine Lederhosen, keine Bergstiefel, kein bisschen Bekleidungsfolklore auf der Bühne. Dafür marschierten einige der knapp 1500 Besucher ins Konzert, als gelte es, in Dresden das Oktoberfest nachzufeiern. Am Donnerstag brachte Hubert von Goisern seinen Alpenrock auf die Bühne des Alten Schlachthofs und im Publikum wehten dazu lustig ein paar Dirndlröcke.

Dass Cowboyhüte die passenderen Accessoires gewesen wären, demonstrierte Steve Fishell gleich zweifach: indem er selbst einem trug und ansonsten mit seinem virtuosen Spiel auf Pedal-Steel-Gitarre und Dobro den Gesamtklang der Band kräftig amerikanisierte. Kein Wunder, stammt der Mann doch auch aus Nashville, wo ihn Hubert von Goisern zuletzt auf einer ausgedehnten USA-Reise entdeckt hatte. Außer einem neuen Freund und Bandkollegen bescherte dem weltgewandten Österreicher, der in reichlich zwei Wochen 62 wird, dieser Trip jedoch scheinbar wenig Freude. Was auch immer er zwischen einzelnen Songs über das Land der unbegrenzten Möglichkeiten referierte, es ließ kein gutes Haar übrig. Immerhin gab es für das Granteln viel Beifall, mehr Euphorie lösten jedoch die alten wie nagelneuen Songs aus.

Fast zweieinhalb Stunden zogen Hubert von Goisern und seine vier Begleiter durch, wechselte der Frontmann von der Zieh- zur Mundharmonika, von der Gitarre zum Horn, zum E-Piano und holte im grandiosen, fast schon etwas spacigen Finale gar ein Alphorn hervor. Spätestens hier war klar, dass ein Andreas Gabalier niemals in von Goiserns Liga aufsteigen kann, mag er auch noch so clever Stromgitarre und Lederhosen-Stimmung mixen. Nur der Goiserer weiß eben, wie man sumpfigsten Blues in ein Alm-Panorama integriert, wie man Mundartreimen geistigen Anspruch unterjubelt und einem amerikanischen Songklassiker wie Corinna eine zutiefst steirische Seele einbläst. Mal sehen, was es davon aufs nächste Album schafft. Denn auch da scherte sich von Goisern nicht um das, was üblich ist: Er spielt erst seine Tour und bringt danach eine neue Platte heraus. Nach dem, was er im Konzert auffuhr, wird das Werk zweifellos umwerfend gut.

Alpensound und Yankeedoodle

Donau Kurier 30. Oktober 2014 | Text: Lorenz Erl

Ingolstadt (DK) Hubert von Goisern war in Amerika. Die Musik von dort hat ihn mächtig beeindruckt und so kommt, was für einen Weltmusiker seines Schlags unvermeidlich ist: Er verknüpft, verschmelzt und stellt die neuen Eindrücke auch mal konträr nebeneinander.

Die Zuhörer in der Saturn-Arena müssen am Mittwochabend nicht lange auf das Ergebnis aus Alpensound und Yankeedoodle warten, wo Ziehharmonika auf harten Rock trifft. Diesmal verteilen sich gerade mal 1600 Fans auf die weite Fläche vor der Bühne und auf die Ränge. Bei seinem letzten Konzert vor zwei Jahren waren deutlich mehr Leute da. Die Stimmung ist trotzdem bestens.

Nicht alles hat ihm im Ami-Land gefallen und damit hält er auf seiner neuen Tour nicht hinterm Berg. "So weit weg, wie die von der Einstellung weg sind, wie i mir denk, des hab i net amal in Afrika erlebt", erzählt er und bekommt dafür schon mal die ersten Lacher. Doch von Goisern ist Musiker und kein Kabarettist. Er schnallt sich lieber die Ziehharmonika um und schlägt die Verbindung von den Hügeln der Appalachen zu den Gipfeln des Salzburger Landes. Von der Tour durch die USA hat er Steve Fishell und seine Pedal-Steel-Gitarre mitgebracht. Die Erlebnisse mit ihm – sowohl drüben wie auch in der oberösterreichischen Heimat – ziehen sich wie eine rote Schnur durch den Abend. Der quirlige Alpenrocker hat dabei seine Liebe zu den leisen Tönen, dem gummiweichen Sound der Steelguitar und zum schwermütigen Blues samt Alpenmelancholie entdeckt. Mit der Mundharmonika setzt er eins drauf, schafft Klänge nach Halloween und Hades, und er gibt zu, dass sich manche vor dieser Musik schon gefürchtet haben. Na gut, bis zur Verwandlung zum ziehharmonikaquetschenden Schwerenöter reicht diese neue Liebe des Hubert von Goisern nicht, doch mit seiner Version von Amazing Grace ist kein weiter Weg mehr bis dorthin. Da sei der Yankeedoodle samt Polkamix vor, mit dem er die aufkeimende Schwermut gleich wieder verscheucht. Den Fans gefällt die Experimentierfreude des 62-jährigen unermüdlichen Weltmusikers und seine humorig-charmante Art, scheinbare Gegensätze intelligent, engagiert und mit sprühender Vitalität zu vermengen. Alle diese Lieder sind auf der neuen CD zu finden, doch die kommt erst im Frühjahr auf den Markt.

Eineinhalb Stunden lang tummeln sich von Goisern und seine vier Begleitmusiker in österreichisch-amerikanischen Musikgefilden, dann machen sie einen raschen Schnitt. Sie verschwinden kurz hinter der Bühne – ohne Ansage oder Kommentar – und lassen das verwirrte Publikum ein paar Augenblicke alleine. Dann kommen sie zurück und knüpfen an die bisherigen Highlights an. Das Hiatamadl gibt den Einstieg. Wie viele tausende Male mögen sie dem Madl schon auf die Wadeln geschaut haben? Doch sie sind Profis genug, legen immer noch reichlich Leidenschaft in den Sound und heizen mit dem Hit Brenna tuats guat gehörig nach. Es ist der Sound, auf den das Publikum gewartet hat und entsprechend lodert die Begeisterung noch einmal für eine knappe Stunde auf.

Das Highlight der Nacht aber heben sie sich für die Zugabe auf. Goisern holt ein Alphorn auf die Bühne, und zusammen mit Alex Pohn am Schlagzeug, dem Bassisten Helmut Schartlmüller und Gitarrist Severin Trogbacher kreieren sie einen machtvollen Sound, der bis unter die Haarspitzen geht und gewohnte Hörerlebnisse sprengt. Gänsehaut als Abschiedsgruß für den Nachhauseweg.

Der König der Alpen

Badische Zeitung 29. Oktober 2014 | Text: Thomas Loisl Mink

Hubert von Goisern trat mit neuen Songs im Lörracher Burghof auf
und schaffte es einmal mehr, seine Fans zu begeistern.

Er hat die alpine Volksmusik vom Kitsch befreit und sie mit Rock und Weltmusik, neuerdings auch mit Country, Cajun und Zydeco angereichert. Damit entwickelte sich Hubert von Goisern zum wichtigsten Vertreter der so genannten Neuen Volksmusik und machte sich tatsächlich jede Menge Freunde. Das war auch bei seinem Konzert am Montagabend im Lörracher Burghof zu erleben, das ausverkauft war.

Die Begeisterung des Publikums schlug ihm und seiner Band von Anfang an entgegen, auch wenn er nicht unbedingt alle Publikumswünsche erfüllte. Nach seiner Tour 2012, bei der auch im Burghof war, habe er sich überlegt, ob er nochmals auf Tournee gehe und was er dann mache. Denn Wiederholungen liegen dem Oberösterreicher nicht, auch wenn manche Zuhörer das schade finden. "Man kann auch nicht jeden Tag Schnitzel essen, irgendwann hängt einem das zum Hals heraus, auch wenn es noch so gut zubereitet ist", stellte er fest. Und weil ein paar Besucher widersprachen setzte er noch ein bekräftigendes: "Doch!" hinzu. Deshalb hat er sich zunächst neue Anregungen geholt und ein paar neue Songs geschrieben, bevor er sich wieder auf Tour begab.

Mit diese neuen Songs – ein neues Studioalbum ist in Arbeit – bestritt er den ersten Teil des Konzerts. Die kamen bei Jambalaya von der Weltmusik her, bei Stoansteirisch mischte er harten Rock und treibende Beats mit Ländler und Alpenjodeln und Cajun aus dem Süden der USA. Dorthin ist er auch gereist, wie er erzählte, um Anregungen zu suchen. Weil man sich heute über die USA wieder so ärgern könne wie in den 70er Jahren, wollte er dort Freunde finden. Einen mit dem er sich auch musikalisch verstand, fand er in der Person von Steve Fishell aus Nashville Tennessee, der in der Band nun die Steel-Gitarre spielte und damit eine Menge Country, Cajun- und Zydeco-Feeling mitbrachte.

Und wie so oft ließ sich Hubert von Goisern von seinen Erlebnissen zu Songs anregen, so von einer Schnapsprobe, die man mit dem frisch aus Amerika eingetroffenen Fishell machte. Daraus wurde der Song Schnaps, der durch ein hypnotisches Riff und eine schneidende Rock-Gitarre bestach und natürlich durch Huberts virtuoses, energiegeladenes Akkordeonspiel. Dass die Ziehharmonika, die sein Markenzeichen ist, aber nicht das einzige Instrument ist, das er beherrscht, bewies er mehrfach.

Am helllichten Tag eröffnete er mit einem Mundharmonika-Solo, bei I bin ganz alloan fügte er ein jazziges Horn-Solo bei, später spielte er auch Keyboard und Gitarre. Er adaptierte den alten Blues Klassiker Corinna Corinna, machte aus der Hymne Amazing Grace den Song So a Seg'n, um dann mit Oh Susanna wieder Volldampf-Ländler-Rock zu liefern. Mit dem bissigen, energiegeladenen Snowdown, das die Konfliktherde der Welt thematisierte, verabschiedete sich die Band nach etwas mehr als einer Stunde von der Bühne, nur um sogleich wiederzukehren und nochmals ebensolange zu spielen.

Und jetzt folgten ein paar der Hits, auf die das Publikum gewartet hatte: Oben+Unten ganz akustisch, Koa Hiatamadl, Brenna tuats guat. Die Band mit Severin Trogbacher an der Gitarre, Helmut Schartlmüller am Bass und Alexander Pohn am Schlagzeug legte voll los und hatte jede Menge Spaß dabei, ebenso wie das Publikum, das begeistert tanzte und tobte. Dann stieß auch Steve Fishell wieder dazu, es folgte der Country-Alpen-Rock Stadltür und mehrere Balladen, die durch schöne Melodien und emotionale Tiefe bestachen.

Nach insgesamt 20 Songs verabschiedete sich die Band, kam jedoch zu einer Zugabe wieder, bei der Hubert von Goisern ein Alphorn spielte, das man schon 200 Jahre bevor es in der Schweiz erwähnt wurde in Salzburg gespielt habe, wie er meinte. Hubert von Goisern zeigte sich im vollen Burghof noch immer als der musikalische Grenzgänger und bissige Zeitkritiker, als den man ihn kennt und schätzt. Das Publikum war begeistert.

Alpenrock, der unter die Haut geht

Die Oberbadische 29. Oktober 2014 | Text & Foto: Gerd Lustig

Hubert von GoisernLörrach. Was hat dieser Hubert von Goisern nicht schon alles musikalisch auf die Beine gestellt. Fürwahr, was der inzwischen 61-jährige Alpen-Derwisch, der mit bürgerlichen Namen Hubert Achleitner heißt und eben nur aus Goisern im Bundesland Oberösterreich stammt, an Wandlungen vollzogen, ja sich alle paar Jahre wieder selbst neu erfunden hat, das geht keinesfalls mehr auf die berühmte Kuhhaut.

Verwandlung, Veränderung und Vielschichtigkeit: Das ist quasi der Rote Faden, der sich seit mehr als 25 Jahren durch die Karriere des Oberösterreichers zieht. Konsequent hat er sich fast jeder Gefälligkeitsströmung verweigert und ist in der Musik unbeirrbar seinen Weg gegangen. Er durchbrach Konventionen und holte die Tradition in die Moderne, getreu dem Motto "Musik fürs Volk – Musik aus dem Volk".

Jetzt gastierte er nach gut zwei Jahren Liveauftrittspause erneut im ausverkauften Burghof – natürlich mit neuem Programm. Der Mann, der in der 90ern den Alpenrock aus der Taufe gehoben und mit ihm große Erfolge gefeiert hat, taucht inzwischen auch in Country- und Bluegrassgefilde ein. Ein USA-Trip hat ihn in dieser Hinsicht inspiriert.
So gesehen war gut die erste Hälfte des jetzigen Goisern-Gastspiels ein Ausflug in neue Country-, bisweilen Soul-, Blues- und Bluegrass-Welten. Alles wird im Übrigen auch auf einer im Frühjahr 2015 erscheinenden CD zu hören sein.

Es sind durchaus gefällige Stücke, die Hubert von Goisern immer wieder als perfekter Plauderer mit launigen Ansagen garniert. Ob Alle 100 Johr, Stoansteirisch, Schnaps, Corinna oder So a Seg’n: Da wird viel mit Instrumenten experimentiert, es geht bisweilen flott dahin.

Am Ende präsentieren der Musiker und die vierköpfige Band noch einige Balladen, die nur so vor Herzschmerz, Liebesleid und Liebesfreud’ triefen, wie beispielsweise das unwiderstehliche Heast as nit (wie die Zeit vergeht), Nit lang her oder Wia da Wind. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob man die Texte oder zumindest Passagen davon ob des Dialekts versteht oder auch nicht. Denn es sind die Lieder, die ziehen und unter die Haut gehen. Denn jener eigenwillige, bissige und so herrlich schrille Jodler produzierende Alpenrocker ist noch immer der beste – aller musikalischen Einflüsse aus aller Welt zum Trotz.

Hubert von Goisern in der Rockhal

Musicheadquarter 28. Oktober 2014 | Text: Andi

Hubert von Goisern aus Oberösterreich war zum ersten Mal für ein Konzert in Luxemburg. Der Club in der Rockhal Esch/Alzette füllte sich zügig mit Musikbegeisterten, die vor allem aus Luxemburg und Deutschland angereist waren. Der sonst so hohe Prozentsatz französischer Zuschauer blieb dieses Mal logischerweise recht gering. Die Stimmung war hervorragend und viele der Anwesenden sahen den Alpenrocker zum ersten Mal.

Hubert von Goisern hatte sich rar gemacht in den vergangenen zwei Jahren. Nach der letzten Tour gab es zunächst mal kein neues Album, sondern er reiste in die USA, um neue Ideen zu sammeln und musikalische Einflüsse mitzubringen. Mit Anekdoten aus diesen Erlebnissen füllte er viele Pausen zwischen den Songs und das Publikum hing ihm gebannt an den Lippen. Auch für mich war es das erste Konzert des Künstlers und ich war absolut beeindruckt.

Die neue CD erscheint erst im Frühjahr 2015, trotzdem wurden alle Titel schon live gespielt. Besonders stark sind die Einflüsse aller Art, die Hubert in seinen Songs verarbeitet. Da wird gerockt und gejodelt, es gibt Mundharmonika, Blues, Countrymusik und natürlich die unvermeidliche Ziehharmonika.

Die Band bestand aus recht jungen Musikern, die Hubert hervorragend unterstützen. Das Zusammenspiel zwischen Ziehharmonika und Rock-Instrumentarium war wirklich beeindruckend und brachte viele klangliche Facetten ins Geschehen. Hinzu kam ein Musiker aus Nashville an der Steel Gitarre, der einen fortwährenden Country-Touch in die Stücke brachte. Die Anekdoten, die Hubert von seinen Reisen nach Nashville und New Orleans erzählte, waren herzzerreißend komisch und erfrischend ehrlich.

Die Grenzen im Konzert waren fließend. Rock und Country, Folk und Blues vermischten sich. Die Mundharmonika ging in ein Jodeln über, der Weg führte von harten Riffs zur Klassik und wieder zurück. Ein solch abwechslungsreiches Konzert erlebt man selten. Hubert spielte Trompete und hörte sich stimmlich plötzlich wie Louis Armstrong an. Er erzählte von Amerikanern, die Amazing Grace nicht spielen wollten, da es eine Protestantenhymne sei – und spielte es dann in einer emotionsgeladenen Spezialversion.

Inhaltlich wurde es auch in den Songs oft politisch. Hubert sang in einem eindringlichen Song über Asylsuchende und unsere verlogene Gesellschaft, die den Aufstand in Damaskus gutheißt, aber Asylbewerber vor der eigenen Haustür nicht haben will. Ein sehr bewegendes Stück.

Der Zugabenblock begann nach 90 Minuten Konzertlänge und endete erst nach weiteren 45 Minuten. Eine farbenprächtige Hit-Zusammenstellung inklusive des Nummer-1-Hits Brenna tuat’s guat wurde da zum Abschluss geboten und verursachte Begeisterungsstürme. Das Publikum in Luxemburg war sichtlich angetan vom ersten Konzert des Mannes aus Goisern und nahm die Hoffnung mit, dass dieser sich bald wieder ins Ländchen verirrt.

Hubert von Goisern: Live in Bad Ischl - 20. Oktober 2014

25. Oktober 2014 | Fotos: © Sarah Marchant

Louisiana trifft Salzkammergut

Neues Volksblatt 22. Oktober 2014 | Text & Foto: Josef Gebetsroither

Hubert von Goisern startete im ausverkauften Lehartheater in Bad Ischl seine Tour

Hubert & BandAm Montag startete Hubert von Goiserns seine neue Tournee im bereits nach kurzer Zeit ausverkauften Lehartheater in Bad Ischl. Mit dabei: Alex Pohn am Schlagzeug, Helmut Schartlmüller am Bass, Severin Trogbacher an der E-Gitarre und — neu in der Band — Steve Fishell aus Nashville, Tennessee, an der Pedal Steel Gitarre, dessen Stil und Können sich im Laufe des Abends als besonders bereichernd erweisen sollte. Das Reisen — das Erkunden fremder Kulturen — ist für Hubert von Goisern eine kreative Herausforderung und Inspiration. Es zog ihn nach Asien und Afrika, er befuhr mit einem zur Bühne umgebauten Frachtschiff die Donau bis ins Schwarze Meer. Vor kurzem bereiste er die USA (Louisiana) und kam mit einem Rucksack an Ideen und Klängen wieder. Zudem lud er verschiedene Studiomusiker aus Louisiana ins Salzkammergut ein und konnte mit Steve Fishell schließlich eine kongeniale Besetzung finden. Mit Jambalaya (Anm., Bezeichnung eines auf Langkornreis aufbauenden Gerichts, das typisch für die Cajun-Küche und die kreolische Küche in Louisiana ist), gab Hubert von Goisern auch gleich die Richtung im ersten Teil des Konzerts und einen Vorgeschmack auf die kommende CD Federn, die voraussichtlich im Frühjahr 2015 erscheinen wird, vor.

Country und Delta Blues im Dialekt

Mit Country und Delta Blues, Swamp- und Cajun-Songs (Corinna, Corinna), die er famos in die ihm eigentümliche Art des Salzkammergut-Dialekts überträgt, durchbricht er wieder einmal alle Konventionen alpenländischer Volksmusik und holt die Tradition in die Moderne.

Während des ganzen Konzerts wechselte er immer wieder das Instrument. Mit Ziehharmonika, Mundharmonika, Alphorn, Gitarre oder E-Piano bewies er sein Können und sein weitreichendes musikalisches Repertoire. Mit neuen Arrangements werden im zweiten Teil Klassiker wie Amazing Grace oder Stevie Winwoods Can't find my way home (natürlich in Salzkammergut-Dialekt) dargeboten. Nach sechs Zugaben mit Hits wie Brenna tuats oder Heast as net und Standing Ovations verabschiedete sich Hubert von Goisern von seinem Heimatpublikum und einem schweißtreibenden Konzert mit einem verdienten "Donksche, schea woas!"

Hubert von Goisern: Live in Bad Ischl - 20. Oktober 2014

24. Oktober 2014 | Fotos: © Sarah Marchant

687 Tage ohne Hubert von Goisern sind genug!

OÖN 22. Oktober 2014 | Text: Lukas Luger | Foto: © Grox

Am Montagabend beendete der 61-Jährige seine Bühnenabstinenz
mit einem Auftritt im Lehár Theater in Bad Ischl

HvG687 Tage! So lange dauerte die selbstgewählte Bühnenabstinenz von Hubert von Goisern. Eine kleine Ewigkeit, keine Frage. Exakt an jenem Ort, an dem er sich am 2. Dezember 2012 mit dem letzten Konzert der erfolgreichen Brenna tuat's-Tournee verabschiedete, beendete der Liedermacher am Montagabend seine konzerttechnische Enthaltsamkeit.

Gemeinsam mit seiner vierköpfigen Begleitband – Alexander Pohn (Schlagzeug), Helmut Schartlmüller (Bass), Severin Trogbacher (Gitarre) und US-Neuzugang Steve Fishell (Pedal Steel) – feierte der 61-Jährige im restlos ausverkauften und temperaturmäßig vage an ein türkisches Dampfbad erinnernden Bad Ischler Léhar Theater einen fulminanten Tourauftakt.

"Zum Speibm" sei so ein Auftaktkonzert wegen all der damit einhergehenden Nervosität, verriet von Goisern im Anschluss an die Auftaktnummer Nur alle 100 Jahre. Ohne Publikum wäre so ein Auftritt bedeutend einfacher. Verwirrte Gesichter im Saal. Grinsender Nachsatz: "Oba a nua zehn Prozent so lässig!"

Gelassen und hochkonzentriert

Lässig war's in der Tat. Mit geradezu zen-buddhistischer Gelassenheit, und dabei doch stets hochkonzentriert, spielte sich Hubert von Goisern knapp zweieinhalb Stunden durch ein geschickt austariertes Set, das Vergessengeglaubtes, Allgemeinbekanntes und Neuartiges miteinander verwob.

Herausragend dabei die Stücke des kürzlich auf Frühjahr 2015 verschobenen neuen Studioalbums, die sich stark von Goiserns Abstechern in die US-Südstaaten beeinflusst zeigten. Insbesondere das die Gemeinsamkeiten zwischen der aus der Gegend um New Orleans stammenden Cajun-Musik und heimischer Volksmusik erforschende Jambalaya, die launige Branntweiner-Hymne Schnaps und die bitterböse Gesellschaftsabrechnung "Die Wahrheit kriegt kein Asyl" beeindruckten nachhaltig. Dazu gab's eine herrlich archaische Blues-Nummer, die, obwohl wie direkt von der Mississippi-Mündung importiert klang, sich perfekt in den breiten musikalischen Horizont des Abends einfügte. Denn Volksmusik ist eben Volksmusik – egal, ob ursprünglich aus dem hinteren Salzkammergut oder den Sümpfen Louisianas stammend. Gut, dass er wieder da ist, der Hubert. Er hat gefehlt.

Hubert von Goisern im Lehartheater

23. Oktober 2014 | Foto:s © Oskar Neubauer

Den Goiserer zieht's nach Amerika

Salzburger Nachrichten 21. Oktober 2014 | Text: Bernhard Flieher | Foto: SN/Picturedesk/iStock

Hubert von Goisern war zwei Jahre weg.
Nun kehrt er – gestärkt vom Spirit amerikanischer Volksmusik – wieder auf die Bühne zurück.

Hubert von GoisernBAD ISCHL. Freilich hat sich Hubert von Goisern nicht vor einer US-Flagge abbilden lassen. Aber die Montage – angelehnt an das Cover von Bruce Springsteens Album Born in the USA – passt zu gut: Vorn der Goiserer und hinten flattern dreckige, fette, schwere Klänge, die als amerikanische Volksmusik Weltsprache wurden: Blues, Country, Rock. In Goiserns speziellem Fall sind sie oft gewürzt von der Mischkultur, die daraus im Delta des Mississippi wuchs. Da riecht es nach Steak und Gumbo, nicht nach Gamsschnitzel und Sterz.

Der Geschmack des Westens ist in Bezug auf musikalische Grundfesten des Goiserers auch nichts ganz Neues. Doch nie ließ er sich mit solcher Wucht auf Blues und Rock ein. Deutlicher als je zuvor donnert es in seinen neuen Songs. Der Goiserer kehrt laut und rockend zurück.

In Bad Ischl probt er das Programm der Tournee, bei der in den nächsten Wochen 20 Termine anstehen – Verlängerung nicht ausgeschlossen. Ende November 2012 hatte in Bad Ischl seine Brenna tuats-Tour geendet, es war die erfolgreichste seiner Karriere. Und dann war er weg – jedenfalls war er weg von der Hitparade, von Konzertbühnen, von dem, was man "breite Öffentlichkeit" nennt und nie breiter war als mit dem Hit Brenna tuats guat. "Ich werd mir Zeit lassen", sagte er, sogar ein Abschied von der Bühne war denkbar – und dann stürzte er sich, wie sich nun herausstellt, in Arbeit.

Er arrangierte die Musik für den Film Österreich von oben und unten von Joseph Vilsmaier. Für die Ausstellung Alpenliebe, die im Juni auf der Franz-Josefs-Höhe am Großglockner eröffnet wurde, kuratierte er das Musikprogramm. Dafür ging er auf Spurensuche, grub tief in seinem gebirgigen Urmusikkosmos. Der prägt ihn. Der klingt in ihm. Diesem Kosmos kehrte er – ohne ihn zu vergessen oder auszulöschen – immer wieder den Rücken zu. Wie er das macht, demonstrieren auch viele der neuen Songs, die es vorerst nur live zu hören gibt.

Wie schon bei Konzerten der letzten Tournee lässt der Goiserer das Publikum "ohne eine Chance auf Vorbereitung" auf die neuen Songs treffen. Sein Publikum ist ohnehin so treu wie neugierig. Das Album Federn wird erst kommendes Frühjahr erscheinen. Dann kommen auch zwei Filme heraus.

Seit Längerem wird an einem Streifen über seine Karriere gearbeitet. Der letzte Drehtermin fand am Montag im Salzkammergut statt. Regie führt Marcus Rosenmüller. Bei den Konzerten der anstehenden Tournee wird außerdem eine Dokumentation entstehen.

Und zwischen, vor und rund um all das war Amerika in sein Blickfeld gerückt. Die neuen, alten Spannungen zwischen Neuer und Alter Welt interessierten ihn. Nicht eine jubelnde "Amerika – ahhh!"-Haltung, sondern ein "Amerika – uhäää!" hätten ihn getrieben.

Die Volksmusik der USA, der Blues, der Folk, der Rock, das ist neben alpenländischer Tradition ohnehin ein Boden, auf dem der 61-Jährige immer schon steht. Wenn er nun die Dylan-Nummer Corrina Corrina als Vorlage nimmt, spannt das den Bogen zu frühesten Karrierephasen. Schon auf dem ersten Album Alpine Lawine – 1988 erschienen – gab es Interpretationen von It's All Over Now von Bobby Womack oder auch Cocaine. Die unerhörten Beatklänge aus der Jukebox im Hallstätter Café Polreich in den 1960er-Jahren begleiteten ihn ebenso wie die Blasmusik und Jodler. Den Jazzstandard Georgia On My Mind von Hoagy Carmichael versetzte Hubert von Goisern als Goisern problemlos ins Salzkammergut. Nun tut er das mit Amazing Grace, aus dem So a Segn wird. Hank Williams' Jambalaya macht er zu einer Abhandlung über verlorene Zeit – "Es is wahr, so wie's war, wird's nie wieda" – und gleichzeitig zu einem swingenden Statement, dass man sich deshalb ja nicht gleich totkrämen muss.

Die Frühformen der Annäherungen waren bloße Aneignungen, quasi Abschreiben einer weltprägenden Kultur. Im Lauf der Jahre änderte sich die Form des Umgangs, wurde die Einbeziehung – auch auf andere Regionen wie Afrika und andere Genres wie Soul bezogen – diffiziler. In alle Richtungen bleibt mehr Luft. Der Goiserer fügt hinzu und fügt sich ein. Die meisten neuen Songs sind getränkt vom Spirit uramerikanischer Pop-Traditionen, ergeben sich denen aber nicht bedingungslos.

Dafür holte er sich – zu den bewährten Stammkräften Gitarrist Severin Trogbacher, Schlagzeuger Alex Pohn und Bassist Helmut Schartlmüller – mit Steve Fishell einen Könner an Pedal Steel, Lap Steel und Dobro aus Nashville. Fishells Karriere verweist auf all die Formen, denen sich der Goiserer nun annimmt: Country Rock, Tex-Mex-Anklänge, Cajun-Tanzwut, Classic Rock, Südstaaten-Bolzerei, Elendsblues, Sehnsuchtsballaden. Abgedeckt werden prototypische Blues- und Rockmotive von Selbstzweifel, Zweideutigkeit bis zur höllischen Flucht in den Schnaps.

Fishell spielte bei Commander Cody, Legende des Southern Rock zu dessen Hochblüte in den späten 1970er-Jahren. Als Produzent gewann er 2005 den Grammy in der Kategorie "Traditional Folk". Zehn Jahre lang begleitete er Emmylou Harris und musste sich da mit klassischer Country-Tradition ebenso auseinandersetzen wie mit Randgebieten der Soundtüftelei.

Vergangenheit und Gegenwart, Holter und Polter, jenseits und diesseits des Atlantiks, kulturelle Vorbehalte und künstlerische Vorurteile – das löst sich auf, wenn Pedal Steel und Ziehharmonika sich umarmen wie Freunde, die einander lange nicht sahen. Sie schwingen ausgelassen in Euphorie, übertreffen sich an Erzählfreudigkeit. Sie öffnen aber auch Sehnsuchtsräume, federn flirrend, so als schwelgten sie in Erinnerung oder weinten unerfüllten Träumen nach. Da kann der Goiserer "wieda fliagn, ziagn mit de Vögl in da Luft", wie es in einem bedächtigen Blues heißt.

Er kann aber auch wütend harten Rock als Protestsound fetzen lassen – unter dem unschwer entschlüsselbaren Titel Snowdown und mit der zentralen Zeile "Die Wahrheit sucht Asyl". Dass als Referenz für diesen Amerika-und-zurück-Trip auch ZZ-Top und Lynyrd Skynyrd erwähnt werden müssen, macht Kraft und unverschämte Lust deutlich, mit der eine neue Spur durch ein ewiges Rockland gelegt wird.

Hubert von Goisern & Band in Bad Ischl

21. Oktober 2014 | Foto: © Sarah Marchant
Hubert von Goisern & Band

Ein fulminanter Start! Gestern begannen Hubert und seine Musiker – Severin, Steve, Alex und Helmut – die Tour 2014 im ausverkauften Lehartheater in Bad Ischl. Das Publikum war nicht nur von den bekannten Klassikern begeistert, sondern auch von der hier erstmals präsentierten Musik aus dem neuen Studioalbum, das nächsten Frühling erscheint.