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ALPINKATZEN

Jodel-Rocker mit Saft und Kraft

OÖN 11. August 1992

Hollarähduliöh! Die Grenze zwischen Rockmusik und Volksmusik wird immer öfter mit herzhaften Jodlern durchbrochen. Zu den bemerkenswertesten Grenzgängern zählen Hubert von Goisern und die Alpinkatzen mit ihrem jüngsten Album Aufgeigen statt niederschiassen".

Die Verbindung von Pop und Folklore hat in Österreich eine lange Tradition. Da war einmal Wilfried mit Ziwui ziwui, dann gab es den legendären Watzmann mit W. Ambros. In der jüngeren Zeit haben Attwenger mit ihren punkigen Gstanzln Aufsehen erregt, und die Alpinkatzen gibt es auch schon länger.

So gut in Form wie derzeit waren die Alpinkatzen aber noch nie. Ihr Sepp bleib do zählt zu den glücklichsten Mischungen aus Gamsbart und Rock. Das Volkstümliche bringt Saft und Kraft, und beides wird mit E-Gitarren geschickt verstärkt.

Das Album Aufgeigen statt niederschiassen läßt darauf schließen, daß es Hubert von Goisern nicht darum geht, sich an die fetten Jagdgründe des Musikantenstadls heranzupirschen. Seine Musik klingt, obwohl sie teilweise sogar mit Rap vermischt ist, echter als die Almrausch-Schlager, die den Musikantenstadl prägen. Das Album enthält auch leisere Töne, darunter zwei Instrumentalsongs, die man wahrscheinlich als "echte Volksmusik" bezeichnen kann.

Omunduntn und überall

OÖN 14. Februar 1994

Mostdipf-Preisträger Hubert von Goisern über seine neuen Projekte

Das "Vienna Intercontinental" scheint derzeit sein Hauptquartier zu sein: Im Ballsaal Aufzeichnung für die neue Karl-Dall-Show, in einer Ecke Besprechungen für ein Filmprojekt, in dem er mitwirkt, in der anderen Ecke Diskussionen über ein Drehbuch, das er selbst schreibt. Dazu Interviewtermine für seine neuen Platten. Auch wird Hubert von Goisern, 41, der oberösterreichische "Mostdipf"-Preisträger, auf Tournee gehen.

Start ist am 5. April im Salzburger Mozarteum, am 29. April tritt er in Linz im Posthof auf. Mehr als 183.000 Tonträger haben Hubert und die Alpinkatzen von Aufgeig'n statt niederschiassen verkauft, jetzt gibt es eine Single-CD mit drei Titeln, Vorbote für das Album Omunduntn, das am 28. Februar veröffentlicht wird.

Die Farbe Blau wird dabei eine wesentliche Rolle spielen, optisch beim Cover, musikalisch im Sinne von Blues: "Das heißt aber nicht, daß ich mich im Blues suhlen will, sonst müßte ich über kurz oder lang über mich selber lachen. In Omunduntn sind genug witzige, lustige Sachen enthalten. Das Album ist, alles in allem, extremer als das vorige. Extremer volksmusikalisch, aber auch extremer modern und frech. Der Titel Landlertanz vermittelt vielleicht am besten, was ich meine. Zum Leidwesen meiner Plattenfirma ist Landlertanz' nicht 'auf Hit' produziert, da wäre das Lied nämlich nahtlos in den Rest des Ö3-Programms einzubauen. Es 'bricht' aber. Mich kann man eben nicht so leicht nahtlos irgendwo einfügen. Beim Titel Oben und unten funktioniert das Ganze vielleicht unproblematischer."

Mit der Plattenfirma gibt es übrigens Mißstimmung: "Damals, als ich mit meinem Material hausieren ging, wollte mich keiner. Die Ariola hat lang herumgekoffert, unter dem Motto, man glaube eigentlich nicht an dieses Repertoire, aber 'vielleicht' könnte es was werden. Was macht unsereiner in einer solchen Situation? Man unterschreibt, auch wenn's ein schlechter Vertrag ist. Mittlerweile habe ich so unglaublich viel verkauft, und alle haben es 'eh schon gewußt'. Abgemacht war, wir würden nach der ersten Platte - für vier habe ich unterschrieben - 'weiterreden'. Diese Gespräche empfinde ich nicht als sehr fair. Herumzutaktieren ist nicht meine Art, aber mir braucht keiner vorzumachen, daß die Firma mit mir draufzahlt ..."

Film eins: Fürs ZDF steht der "Goiserer" in Joe Baiers Hölleisengretel (ein Teil der "Kalendergeschichten" von Oskar Maria Graf, heißt im Original Die Geschichte der buckligen Hölleisengretel) vor der Kamera. Winteraufnahmen in Bayern sind gedreht, im Sommer geht es weiter.

"Ich bin Matthias", sagt Hubert, "die Hauptfigur. Ein Mensch, der mit seiner Vergangenheit ringt und sie eigentlich nicht bewältigt. Ich hatte für Film immer schon eine Schwäche, arbeitete bei diesem Medium zunächst jedoch nur als Musiker und Komponist. Für mich ist Film, diese Verbindung von Visuellem mit Musik, moderne Oper. Ich bin nun totaler Opernfan. Oper ist vielleicht etwas Historisches und daher Antiquiertes, den Film sehe ich als Weiterentwicklung. Die Schauspielerei? Es war immer so in meinem Leben. Erst Idee, dann Wunsch und schließlich ergibt sich die Situation, wo einem der Wunsch erfüllt wird."

Daneben schreibt er mit Julian Pölsler (Der Standesbeamte) an einem Kinofilm: "Dieser Film soll so werden wie meine Musik. 'Heimatfilm' würde ich sagen, wenn dieser Ausdruck nicht so 'behaftet' wäre. Doch vor zwei Jahren hätten sich die Leute unter meiner Art von Volksmusik auch nichts vorstellen können. Ich habe jene bekehrt, für die der Ausdruck 'Volksmusik' allein schon ein rotes Tuch war. In diesem Sinne wird dieses Projekt natürlich ein 'anderer Heimatfilm' - doch mit Bezug zur Tradition. Ich werde mitspielen, wenngleich nicht die Hauptrolle, da möchte ich erst einmal sehen, was bei Hölleisengretel herauskommt. Das Buch ist bis auf die Dialoge fertig."

Ganz aktuell: Hubert von Goisern (alias Hubert Achleitner) singt am 15. März bei einem Festival in Paris, fliegt dann, ebenfalls zu einem Festival, nach Austin in Texas und absolviert in der Folge noch einen Club-Gig in New York.

Ein Mostdipf für Hubert von Goisern

OÖN 13. April 1993

Wer so rund ist wie der Vitus Mostdipf, hat zweifellos auch dicke Wadln. Das war aber nicht der Grund, warum die OÖN-Redaktion einstimmig beschlossen hat, Hubert von Goisern zum Mostdipf- Preisträger '93 zu wählen. Den Mostdipf hat er bekommen, weil er Volksmusik macht, ohne den Almdeppen zu spielen. Und weil er ein kritischer Mensch ist, der sich einen gesunden Humor bewahrt hat. Der Ruhm ist losgebrochen wie eine Lawine, und der Hubert muß ordentlich rudern, damit er nicht vom Star-Streß verschüttet wird. Plötzlich gibt es sehr viele Leute, "die etwas von mir haben wollen". Wie die zwei Polizisten, die ihn eines Abends um 22 Uhr aus seiner Salzburger Wohnung läuteten. "Wenn Polizisten vor der Tür stehen, glaubt man, es ist etwas Schlimmes passiert - aber die wollten Autogramme."

Plötzlich schaut es aus, "als wäre ganz Goisern mit mir in die Schule gegangen". Aber nicht nur dort muß er damit leben, daß er in der Öffentlichkeit ständig unter Beobachtung steht. Das gehört dazu, aber ganz vereinnahmen will sich der Hubert nicht lassen: "Ich will nicht, daß Sachen passieren, die ich nicht will."

Der Mostdipf war eine Sache, die er wollte. Nach der Überreichung durch OÖN-Chefredakeur Dr. Hans Köppl erklärte Hubert von Goisern, daß er sich "narrisch freut" über die Anerkennung.

Was ihn weniger freut, sind Vorwürfe, das Hiatamadl sei quasi ein gestohlenes Volkslied. Volkslied stimmt zum Teil, von gestohlen kann keine Rede sein, erläutert Hubert von Goisern. Er habe den Refrain übernommen, "aber die Strophen und das ganze Konzept sind von mir". Mißverständlich sei, daß auf der Platte nur er als Autor angeführt ist, "weil die Plattenfirma ein paar Informationen versemmelt hat". Aber jeder könne nachprüfen, daß die Autorenrechte 50 zu 50 auf "Volkslied" und "Hubert von Goisern" verteilt sind.

Hängt dem Hubert und den Alpinkatzen das allgegenwärtige Hiatamadl nicht allmählich zum Hals heraus? Nein, lacht der Hubert, "wir haben es ja schon seit Jänner nicht mehr gespielt". Und im Radio hört er's nicht, weil er kaum Radio hört, zumindest nicht Ö3.

Die neue Platte kommt im Oktober

Im April und Mai werden sie es oft spielen müssen, denn in diesen Monaten gehen die Alpinkatzen auf große Tournee durch Deutschland - bis nach Hamburg hinauf - und Österreich. Derzeit wird geprobt, und bis Oktober soll eine neue Platte fertig sein.

Diese Platte soll "anspruchsvoller werden, ohne daß die Popularität darunter leidet", was schwierig, aber dem Hubert ein Anliegen ist. Denn das Hiatamadl, sagt er, "war so was wie ein Köder, und es kann sein, daß ihn das Publikum wieder ausspuckt. Man wird sehen, wie weit die Leute bereit sind, mitzugehen."

Kein Interesse am Musikantenstadl

Die Richtung, in die er gehen will, führt weg von allem, was nach schlagerartiger Volkstümlichkeit und Bierzelt riecht.

Im Musikantenstadl würde er nie auftreten, und die Teilnahme an einer deutschen TV-Show hat er abgelehnt, weil der Sender darauf bestand, daß ihn die als Volkstums-Tante bekannte Caroline Reiber ansagen sollte. "Ich hab' nichts gegen diese Leute, die soll es auch geben, aber ich will sie mit meiner Popularität nicht unterstützen."

Beim ersten Anlauf zur Populariät ist Hubert von Goisern vor fünf Jahren gescheitert. 1988 hat er eine Platte namens Alpine Lawine herausgebracht, die aber leider ein Flop wurde.

Auf dieser Platte befand sich auch ein Lied von Mikis Theodorakis, von Hubert auf der Steirischen gespielt. Das liegt zum Teil an der Ziehharmonika, "die ein ganz eigenartiges Instrument ist, das dir eine Art von Spiel, eine Melodik aufzwingt. Und die Lieder vom Theodorakis eignen sich gut dafür."

Zudem ist Theodorakis als Mensch und Künstler ein Vorbild für Hubert: "Der ist von der Volksmusik gekommen, hat sich weiterentwickelt und ist in die Avantgarde gegangen."

Was seine Weiterentwicklung betrifft, denkt Hubert von Goisern, ein "totaler Opernfan", an eine "Oper Alpin", kombiniert mit einem Film. Ihm schwebt eine neue Form der Oper vor, möglicherweise mit Elementen von Operette und Rock-Musical. Aber das ist Zukunftsmusik, denn derzeit fehlt es einfach an der Zeit, daran zu arbeiten.

Hubert von Goisern

Kurier 13. Februar 1993

Jahrelang spielte er mit den Alpinkatzen - mehr oder weniger unentdeckt - in einem Wiener Lokal Ziehharmonika-Rap und Fotzhobel-Reggae. Bis mit der musikalischen Devise Aufgeigen statt niederschiaßen der Durchbruch kam.

Was bedeutet Glück für Sie?
Auf Glück kann man nicht stolz, sondern nur dankbar sein.

Was würden Sie gerne bewirken?
Offenheit und Vertrauen.

Welches Tier wären Sie am liebsten?
Yeti

Ihre Lieblingsgestalt in der Geschichte?
Sokrates.

Welcher Maler berührt Sie?
Pablo Picasso.

Ihre Lieblingsmusik?
Von Bob Marley bis Maria Callas.

Ihr Lieblingsbuch?
Der Andere Zug von Wolfgang Struve.

Mit wem würden Sie gerne einen Abend verbringen?
Mit der heiligen Maria.

Welche Eigenschaft schätzen Sie bei Ihren Freunden?
Unkomplizierte Ehrlichkeit.

Ihr größter Fehler?
Ichbezogenheit.

3 Dinge, die Sie auf die Insel mitnehmen?
Ein Teleskop, einen Weltraum-Atlas, einen Bösendorfer.

Welcher Versuchung widerstehen Sie nicht?
Einem guten Rotwein.

Was macht den Menschen zum Menschen?
Sein Geist.

Ihr Beitrag für die Umwelt?
Besitze kein Auto, fahre Taxi, Zug und Bus.

Was ist für Sie das größte Unglück?
Macht um ihrer selbst willen.

Heimatmelodie im Bühnenfieber

Quelle unbekannt

HvG und BandIhr Schnurren und Miauen hat mittlerweile die Wirkung von Tigergebrüll: Die Alpinkatzen und ihr Chef Hubert von Goisern sind derzeit die absoluten Superstars der rustikalen Jodelrocker. Mit ihrem Album Aufgeigen statt niederschiassen strürmten sie in Deutschland und Österreich sämtliche Hitparadengipfel. Hubert von Goisern nimmt's gelassen: "Boid bist om, boid bist unt", weiß er. Und deshalb heißt seine aktuelle Platte auch Oben und Unten.

Der sonderbare Kauz kombiniert traditionelle Volksmusik mit Ziehharmonika-Reggae, Waschbrettl-Blues und Almhorn-Rap. Sein Credo: "Wir haben Begriffe wie Heimat oder Tradition zu lange den falschen Leuten überlassen. Mit meiner Musik fühle ich mich als Anarchist."

Goiserns Texte sind oft so aggressive und sarkastisch, daß den alteingesessenen Musikantenstadl-Groupies Hören und Sehen vergeht ob dieser "degenerierten, sinnlosen Erscheinung". Den Fans aber gefällt's. Hubert von Goisern und seine Alpinkatzen tourten in den letzten Monaten umjubelt durch die deutschsprachigen Republiken mit Stops in Paris, Texas, New York. Allein ihr Anblick auf der Bühne ist schon das Eintrittsgeld wert: Trachtenlook, Gamsbarthüte, Western-Outfit und sonstige Freak-Accessories. Gejodelt wird aus dem Kehlkopf und gerockt aus dem Unterleib. Da macht es auch nichts, wenn ab und zu im Bühnenfieber Ziehharmoniken draufgehen wie früher die Gitarren von Hendrix oder den Whos. Bandleader von Goisern: "Volksmusik gehört zu unserem Leben. Wir bieten allen an, zu diesem Teil ihrer Persönlichkeit zu stehen, ohne daß es blöd oder peinlich ist."