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TOUR 2015

Eine Sommernachtsquetschkomödie

Schwäbische Zeitung 1. August 2015 | Text: Michael Scheyer | Foto: Andy Heinrich

Hubert von Goisern gibt sich beim Salemer Schlosskonzert bluesig

Hubert von Goisern

SALEM - Das sind aber viele Quetschkommoden, die Hubert von Goisern in seine Reisekommode quetschen muss, wenn er auftritt. Und Platz für ein Keyboard, eine Gitarre, ein Tenorhorn, eine Mundharmonika braucht er auch noch. Ach ja, nicht zu vergessen: das Alphorn, mit dem Hubert von Goisern auf dem Höhepunkt den 5000 Zuschauern Gänsehaut über den Rücken bläst. Nein, das sind nicht die Instrumente der Band, das sind nur die Instrumente, die der Hubert selber spielt.

Harter Rock, der sich mit Volksmusik paart, dafür ist Hubert von Goisern bekannt. Aber beim Salemer Schlosskonzert am Donnerstagabend spielte er die Stücke seiner neuen Scheibe. Federn heißt diese, und sie zeigt eine neue Seite des Oberösterreichers: eine bluesige.

Er habe eine Reise nach Amerika gemacht, erzählt er den Zuschauern in Salem, eine Reise nach Louisiana, um genauer zu sein. "In Louisiana san die Leut net sehr kommunikativ", raunt der Musiker bassbrummig ins Mikrofon, "aber das ist schon okay, ich bin in Goisern aufgewachsen, da san die Leut genauso." Dafür habe er viel Blues mitbekommen. Und die neue Platte sei nun das Ergebnis dieses musikalisch motivierten Trips.

In Louisiana, da seien die Musiker mit der Quetschkommode so irre gut gewesen, "da habe ich meine Profession verleugnet. Ich habe gesagt, ich bin ein Agent." Nein, das habe er sich nicht antun wollen, da etwas vorzuspielen.

Ob die spaßigen Anekdoten stimmen oder nicht. Was stimmt ist, dass von Goisern Musik mit zurückgebracht hat. Richtig gute Musik. Richtig, richtig gute bluesige Volksmusik. Sie ist sehr emotional, sie ist sehr tief. Je später der Abend, umso höher der Vollmond, umso fester schlingt sich die Musik um die Herzen der Zuschauer.

"Blues ist immer auch ein wenig depressiv, und die Depression ist immer total schwarz", sagt von Goisern, "Aber der Blues ist nie ganz schwarz. Im Blues ist immer noch ein wenig Farbe dabei." Das ist vielleicht die beste Beschreibung für seine neue Platte. Und wenn diese "Farbe" eine Farbe ist, dann ist sie blau. Selbst von Goiserns Jodler sind blau. Hätte Louis Armstrong jodeln können, dann hätte sich seine Musik genau so angehört. Aus einem jazzig klangvollen Babaaadiduu wird schlagartig ein Joooooohodeldüüüü. Einen solchen Genrebruch bekommt wohl nur ein Hubert von Goisern hin. Heyheyheyaaaaadidaadidaduuuu.

Es war ein starkes Konzert in Salem. Nicht zuletzt auch wegen der Akustik. So klar, so präzise, so gut sind Konzerte selten abgemischt. Das macht Freude. Denn erst dann entfaltet sich das musikalische Potenzial von Musikern wie Hubert von Goisern und seinen vier begnadeten Bandkollegen vollständig. Es ist, als ob die Musiker neben einem stehen und der Klang jeder einzelnen Saite vom Instrument direkt ans Ohr schallt.

Zwar saßen im Publikum viele schneeweiße Köpfe, die sich von den treibenden Rhythmen und unerbittlichen Gitarrenriffen anscheinend nicht zum Mitwippen und Mitnicken anstecken lassen wollten. Und in den hinteren Reihen wechselten sich ständig die Gerüche von Hühnerstall, Bratwurstbude und Deodorantspray miteinander ab. Aber hey, so ist das nun mal bei einem Open Air Konzert.

"Dem Blues musst du ins Gesicht sehen"

Schwäbische Zeitung 29. Juli 2015 | Text: Anton Fuchsloch
Hubert von Goisern

Das "Hiatamadl" hat bei Hubert von Goiserns Konzert auf der Kapfenburg keinen Platz

"Servus Lauchheim, servus Kapfenburg, servus meine Freunde, oder ist wer Neiches da"?, hat Hubert von Goisern die rund 2500 Konzertbesucher im Innenhof der Kapfenburg gefragt. Nach seinem Auftritt vor drei Jahren an gleicher Stelle war er wieder Gast beim Festival auf Schloss Kapfenburg. Und das gleich zweimal. Die Touragentur hatte, nachdem der erste Termin binnen kürzester Zeit ausverkauft war, für den Vortag einen zusätzlichen Auftritt organisiert. Der Allroundmusiker spannte einen musikalischen Bogen von den Alpen bis in die Südstaaten Amerikas.

Knapp 63 Jahre und kein bisschen leise, so könnte man Hubert von Goisern bezeichnen. Der Liedermacher aus Bad Goisern hat mit vielen Auszügen aus seinem neuen Album Federn die Fans mit auf seine musikalischen Südstaatenreisen genommen und mit Country, Cajun, Blues und Rock eine ganz andere Richtung eingeschlagen wie man sie noch aus früheren Zeiten mit den Alpinkatzen kannte. Das Hiatamadl musste mit seinen Wadeln in den Bergen bleiben.

Goisern plaudert von seinen zwei Reisen nach Amerika und von katholischen Musikern, die sich geweigert haben, das weltbekannte Lied Amazing Grace zu spielen (weil es ein evangelisches Lied ist). Und er erzählt von anderen Musikern, die bestimmte Songs nicht spielen, weil deren Komponist ein Schwarzer ist. Überhaupt nimmt sich Goisern mit seinen einfühlsamen aber auch rockigen Songs Minderheiten und auch Asylanten an, die, weil sie die Wahrheit gesagt haben, um ihr Leben fürchten. "Snowdown in China, Snowdown im Iran, Snowdown in Russia, Snowdown down in Oman nur nit da bei mir, nur nit da mitten vor meiner Tür."

Den Blues hat er mitgebracht aus den USA. "Dem Blues musst du ins Gesicht sehen – ich schaff' es auch nicht immer – und ihm nie den Rücken zeigen", philosophierte er und lieh sich für seine Aussage den Ausspruch "Hühnerarsch sei wachsam" von Ringsgwandl. "Drehst du dem Blues den Rücken zu, fällt er dich an, und du bist verloren.

Unvermittelt taucht auf der Bühne ein riesiges Alphorn auf, das Goisern als Allroundmusiker anfangs gar nicht in sein umfangreiches Instrumentarium aufnehmen wollte, "weil doch die Schweizer ein bisschen komisch sind – wer hat's erfunden". Aber als er erfahren hat, dass es ursprünglich gar nicht aus der Schweiz kommt, hat er sich seiner angenommen. Helle, aber auch bedrohliche Klänge hallen im Innenhof. Gänsehaut.

Ein Instrument, wie auf den Leib geschneidert

Auch wenn er zum Flügelhorn greift, das besagte Alphorn bläst, der E-Gitarre Riffs entlockt, die steirische Ziehharmonika ist sein Instrument, sie scheint ihm auf den Leib geschneidert. Er sprintet über die Bühne, kokettiert mit seinen Gitarristen und spielt mit einer unglaublichen Geschwindigkeit "sein" Instrument.

Mit Weit, weit weg und Heast es net, wia de Zeit vergeht kommt dann eine besondere Stimmung über dem nächtlichen Innenhof der Kapfenburg auf. Alle stehen auf und singen mit, viele mit viel Gänsehaut, nicht wegen der Kälte und des leichten Regens, der aufgekommen war, sondern wegen der Ergriffenheit ob der einfühlsamen Lieder. Die Kerzenbäume werfen ein flackerndes Licht an die Burgmauern und beim Heimgehen fühlt man dann "Wia die Zeit vergeht". Knapp zweieinhalb Stunden wie im Fluge.

Hubert zelebriert den Blues

Gmünder Tagespost 29. Juli 2015 | Text: Manfred Moll

Dienstag- und Mittwochabend auf der Kapfenburg: Hubert von Goisern, Weltmusiker aus Österreich

Hubert von Goisern zelebriert den Blues. Hat er ihn auch? Wohl eher nicht, wie seine Spielfreude am Dienstagabend im Schlosshof der Kapfenburg zeigt. Aber, daran lässt er keinen Zweifel: Er weiß, wie es sich anfühlt, den Blues zu haben. Spielen kann er ihn ohnehin.

Eigentlich heißt er Hubert Achleitner. Aber das erzählt er nicht. Wichtig ist ihm indessen, nicht als "Steirer" bezeichnet zu werden. Denn aus der Steiermark kommt Hubert von Goisern nicht. Das sagt schon sein Künstlername. Goisern ist ein Ort in Oberösterreich. Und was die innerösterreichischen Rivalitäten betrifft: Schwamm drüber.

Ihn als "Weltmusiker" zu bezeichnen ist nicht übertrieben. Auf der Kapfenburg und der jetzigen Federn-Tournee hat der 62-Jährige aber eine fast lupenreine oberösterreichische Band dabei. Einzige Ausnahme: der Kalifornier Bob Bernstein an der Pedal Steel Guitar.

Ein graumelierter Himmel überspannt den Schlosshof, dafür wird es auf der Bühne farbig. Fetzig die ersten drei Stücke, ein gelungener Einstieg, Hubert von Goisern turnt in lindgrüner Cargohose mit einer Ziehharmonika herum und macht erstmal Dampf. Als dann der Druck aus dem Kessel ist, stimmen er und die Band einen versumpften Lousiana-Blues an. Hubert von Goisern war in jüngster Zeit unterwegs in den Südstaaten der USA. Das hört man nicht nur, das erzählt er auch, und er berichtet in etlichen lebendigen Anekdoten davon. Er ist auch ohne Musik, nur mit seiner sonoren Stimme, ein guter Geschichtenerzähler. Und den österreichischen Dialekt verstehen zumindest die Süddeutschen ohne viele Verluste.

Der Blues. "Das ist wie eine Depression, nur die Depression hat keine Form", philosophiert der Mitteleuropäer. Und trotzdem ist der Blues, wenn Hubert von Goisern ihn spielt, in kein Schema zu pressen. Wie der Musiker selbst. Corinna, Corinna, spielen sie, um danach Amazing Grace anzustimmen, mit österreichischem Text, die Steel Guitar schmachtet im Hintergrund zu dem protestantischen Kirchenlied, während das Ganze leicht abdriftet in Richtung eines alten Country-Songs, des Tennessee Waltz. In dieser kurze Liedfolge allein steckt die halbe Welt.

Mal gemütlich, mal rasant geht es über die musikalischen Äcker des Erdballs. Und immer wieder tun sich Erkenntnisse abseits der Welt der Musik auf. "Die Deppn san gleichmäßig verteilt übern Globus. Wir müaßn aufpassn, dass se net z' viel zu sagn ham", meint Hubert von Goisern. Und widmet einen Song den sogenannten "Whistleblowern", Edward Snowden und Co., also den Menschen, die ihre Freiheit aufs Spiel setzen, weil sie die Wahrheit sagen.

Dass der Oberösterreicher ein vielseitiger Musikant ist, zeigt er, indem er von der Ziehharmonika zur Gitarre wechselt, sich an die Keyboards setzt, zu einem Rocksong Alphorn bläst oder die Mundharmonika klagen lässt. Fast zwei Stunden spielen sie ohne Pause, danach Zugaben bis um Elf. Und darunter ist dann auch der Hit Weit, weit weg zu hören. Nicht gerade als Blues, aber doch mit der Steel Guitar im Rücken. Jetzt hat's 14 Grad und angefangen, zu regnen.

Hubert von Goisern begeistert in Wiesen

BVZ 26. Juli 2015 | Foto: Florian Bruckmüller
Hubert von Goisern

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Und der Hubert, der strahlt

Neues Volksblatt 27. Juli 2015 | Text: Christian Pichler

Clam: Hubert von Goisern und "5/8 in Ehr'n" begeisterten in der Burgarena

Depression und der Blues. "Eigentlich das Gleiche", sagt Hubert von Goisern, "aber der Blues ist besser". Und wenn dich der Blues einmal packt: "Umarmen, in den Schwitzkasten nehmen!" Klingt simpel. Aber wie das der Goiserer sagt, stimmt es auch. Und schnappt sich Hank Williams und verarbeitet ihn zu Es is wahr. Schöpft neu aus einem steirischen Volkslied und einem aus Louisiana ("beide bis auf a Notn gleich") und heraus kommt Stoansteirisch. Oder begleitet Am helllichten Tag mit der Mundharmonika, staubige Hitze, der Kalifornier Bob Bernstein greift dazu in die Pedal-Steele-Gitarre.

Hubert von Goisern mit Band am Freitag in Clam, die Burgarena knallvoll mit 9000 Besuchern. Famoses Finale des Konzert-Reigens mit geschmeidigem Vorspiel von 5/8 in Ehr'n: Die vier Herren und die wiederholt mit Sonderapplaus bedachte Gitarristin Michaela Liebermann spielen Wiener Soul und haben den Qualtinger im Nacken. Ob nun das unverschämte Nackabatzerl oder das hübsch anzügliche Gengan zwa Woame auf a Hasse: intime Lieder, die auch im großen Rahmen funktionieren. Unvermeidlich in Alaba-Land die dazugehörige Hymne Yes We does. Sehr lässig, sehr charmant.

"Lederhosn-Musi" auch in Louisiana

Nach den "Achteln" der Hubert, der den Empfangsjubel kaum fassen kann ("a Wahnsinn"). Der musikalische Weltbürger hat sich zuletzt im Süden der USA umgetan, das bluesige Resultat ist auf dem jüngsten Tonträger Federn zu hören. Goisern erzählt von zwiespältigen Eindrücken der Reise, freudvollen Begegnungen und engstirnigen Südstaatlern, auch unter Musikern. Er singt: "Aber i tua ma hart mit dera Lederhosn-Musi dort / drüb'n in Louisiana singans a nit schena" (Stoansteirisch). Beim druckvollen, rockigen Snowdown rieselt die Gänsehaut. Der Titel klanglich nahe an Edward Snowden, der für die Wahrheit seinen Kopf riskiert. Da macht der sonst so freundliche Hubert ein verzerrtes Gesicht und umklammert hart das Mikro. Asyl für Snowden? "N-n-n-nur nit da bei mir", folgend "weil ma z'feig san dafür?" Wo er schon in Rage ist, wettert der Goiserer auch gegen global wuchernde Datenerfassung. Da war es nur konsequent, dass schon vor Konzertbeginn gebeten wurde, die Smartphones in den Taschen zu lassen.

Goisern wechselt zwischen Ziehharmonika, E-Gitarre und neuerdings auch Alphorn. Er hat das dreckige Gstanzl drauf, den Polka-Trubel, das schlicht schöne Liebeslied. Zu Weit, weit weg ist's eine Wonne, singend gemeinsam mit dem Hubert zu trauern. Brenna tuats guat, sein bislang größter Hit, fegt durch die Arena. Als letzte Zugabe Heast as nit, wiederum assistiert von einem tausendstimmigen Chor. Hubert strahlt, ebenso strahlende Gesichter im Publikum. Der Hubert "brennt" noch immer, ein wuchtiger und beglückender Abend.

Der Goiserer hat den Blues – und wie!

OÖN 27. Juli 2015 | Text: Silvia Nagl | Foto: Volker Weihbold
HvG und Band

Ja, der Goiserer hat den Blues – und den präsentierte Hubert von Goisern samt seiner grandiosen Band beim von den OÖN präsentierten Konzertsommer im unvergleichlichen Freiluft-Ambiente von Burg Clam. Seit seiner Reise in die Südstaaten der USA hat er die dortigen musikalischen Wurzeln mit seinen alpinrockigen Besonderheiten und Spezialitäten auf seiner zuletzt erschienenen CD Federn vermischt. Das klingt so, als wären die verschiedenen Musikstile immer schon ein untrennbares Zwillingspaar gewesen.

Es braucht mehr Alpinisierung

"Griaß euch! Servas Oberösterreich!" – und ein Teil von Oberösterreich, immerhin mehr als 9000 sind da, grüßt laut zurück. Sind ja "alles Oberösterreicher auf der Bühne", bis auf Bob Bernstein aus Kalifornien, der die Pedal Steel Guitar bearbeitet, dass es eine wahre Freud' ist. Amerika, dieses "Land der unbegrenzten Unmöglichkeiten", sei nicht so ganz das seine, da brauche es "mehr Alpinisierung!" Auch, weil der Schnaps schmeckt "wie Erdölderivat" – und der spielt in den Songs von HvG eine große Rolle. Schön, dass er mit einem Schnaps-Lied seinem Freund und letzten KPÖ-Gemeinderat in Linz, Franz Kain, huldigt. HvG erzählt und plaudert locker drauflos, da wirkt nichts aufgesetzt. Wenn er "Es ist wahr, jedes Jahr geht was weida" im Happy Sound beginnt und dabei über das Leben, das viel zu schnell vorbei ist, sinniert, dann tut er dies zur bekannten Melodie von Jambalaya – und gibt diesem Cajun-Song mit alpenländischen Versatzstücken eine ganz spezielle Note.

HvG macht kein Hehl aus seinen (politischen) Überzeugungen und Abneigungen, so deutlich wie auf Federn war er aber noch nie. Großartig z. B. Snowdown, ein Blues wie aus den tiefsten Südstaaten-Sümpfen, gewidmet jenen, die im Lügen-Sumpf nach der Wahrheit suchen – und die "Wahrheit, sie suacht um Asyl / aber kriagn tuat sie's nia". Das sitzt. Richtig bluesig tief wird er bei Corinna, das kommt von ganz weit unten. So wie auch die Jodler, die er mit archaischer Wucht herausschreit. Live ist er überhaupt ein kräftiges Bühnentier.

Ja, und seine Band! Helmut Schartlmüller (Bass), Severin Trogbacher (Gitarre) und Alex Pohn (Schlagzeug) zeigen, was dieses Z'sammspün bedeutet: virtuose Perfektion gepaart mit unbändiger Spielfreude. Unglaublich gut auch die Klangästhetik. 9000 Menschen am Gelände: beeindruckend, aber auch störend, wenn es ein wenig beschaulicher wird wie bei den "kleinen Melodien". Oder auch bei der Vorgruppe, den 5/8 in Ehren, die es mit subtilem Schmäh und chilligen Melodien schwer haben. Um 22.15 Uhr kennt das kollektive Glücksgefühl kein Halten: Brenna tuat's guat! – da strecken sich der Bühne zirka 18.000 Hände entgegen. Zum Schluss das Geschenk an die Fangemeinde: Heast as nit – und der Dank für diese Tropennacht mit 29 Grad!

OÖN Bewertung: ★★★★★★

Hubert von Goisern live auf Burg Clam 2015

OÖN 27. Juli 2015

Rock mit der Quetschkommod

Die Rheinpfalz 25. Juli 2015 | Text: bja

Hubert von Goisern beim Zeltival in Karlsruhe

Überraschend schnell waren die Karten nach der Konzertankündigung ausverkauft, viel Werbung war da gar nicht nötig. Denn wenn Hubert von Goisern kommt, werden allerorts die Lederhosen aus dem Schrank gekramt und die Dirndl aufgebügelt – so auch bei seinem Zeltival-Konzert in Karlsruhe. Allerdings ist der Künstler, und das nicht erst nach seiner vergangenen USA- Reise, alles andere als ein Lederhosen-Hallodri, wie er eindrucksvoll unter Beweis stellte.

Entspannt ist die Atmosphäre im und um das Tollhaus. Kreischende Heerscharen von Teenies, stundenlanges Anstehen nach Tickets oder extra-aufwendige Sicherheitsmaßnahmen sieht man nicht. Doch die Fans sind trotzdem aufgeregt, immerhin tritt gleich der "echte Erfinder des Alpenrocks" auf und damit ist ganz sicher nicht Andreas Gabalier, "diese Schmalzlocke", wie die Fans urteilen, gemeint.

Hubert von Goisern, Jahrgang 1952, gehört genau wie das Publikum zu den älteren Semestern – der Stimmung tut das ganz und gar keinen Abbruch. Schwungvoll schnappt sich der "echte" Alpenrocker die Ziehharmonika. "Servas Karlsruhe, griaß eich" und los geht's.

Für das neue Album Federn war Goisern auf Musiksuche im Süden der USA unterwegs. Und das, was er mitgebracht hat, ist stimmig. Von der druckvollen Rocknummer über den schwungvollen Countrysong bis hin zur herzensschweren Ballade. Und bei fast allen Stücken und Genres schafft er es, einen Jodler einzubauen. Mit einer tollen Version von Amazing Grace begeistert Hubert von Goisern.

Neben Rock-, Blues- und Country- Klängen hat er aus den USA auch den Pedal-Steel-Gitarristen Bob Bernstein mitgebracht, der die Band-Musiker Helmut Schartlmüller (Bass), Alex Pohn (Schlagzeug) und Severin Trogbacher (Gitarre) ergänzt.

Die Texte ebenso wie Goiserns Anekdoten sind wie gewohnt überwiegend in seinem heimischen österreichischen Dialekt gehalten, für das regionale Publikum also kaum zu verstehen. Macht aber nix, Goiserns Sound kommt trotzdem rüber und sorgt vom ersten bis zum letzten Ton für super Stimmung im überhitzten Tollhaus. Ständig wechselt der barfüßige Alpenrocker die Instrumente. Klavier, Gitarre und die Mundharmonika dürfen natürlich nicht fehlen – und selbst die rockt er. Ein ganz besonderes Schmankerl ist das Alphorn. Goisern und Band verzichten auf eine große Bühnenshow. Einen Haufen von Effekten brauchen sie auch nicht, um das Konzert auszufüllen, das mit dem Hit Heast as nit, wia die Zeit vergeht fulminant endet.

Hubert von Goisern auf Burg Clam

Clam live 25. Juli 2015 | Foto: © Robert Hinterleitner
HvG und Band

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Der Alpenrocker hat den Blues

Esslinger Zeitung 25. Juli 2015 | Text: Alexander Maier | Foto: Bulgin

ESSLINGEN: Hubert von Goisern entdeckt den Südstaaten-Sound und begeistert
damit mehr als 4000 Fans auf der Burg

Severin Trogbacher & Hubert von GoisernFür viele ist er der Alpenrocker, andere schätzen ihn als Weltmusiker. Hubert von Goisern braucht keines dieser Etiketten, denn der oberösterreichische Sänger und Multiinstrumentalist ist bekannt dafür, dass er sich in kein Schublädchen stecken lässt. Er geht konsequent seinen Weg und ist stets auf der Suche nach Neuem. Und so ist jedes seiner Projekte überraschend und innovativ - so wie sein jüngstes Album Federn, auf dem er den amerikanischen Südstaaten-Sound mit der Musik seiner alpenländischen Heimat konfrontiert. Und siehe da: Die Sache funktioniert. Das erlebten mehr als 4000 Fans in Hubert von Goiserns Konzert auf der Esslinger Burg, wo neben aktuellen Songs auch einige stimmungsvolle Klassiker aus seinem Repertoire wie Weit weit weg oder Heast as nit viel Beifall fanden.

Spurensuche im Süden

Der Süden der USA ist ein Schmelztiegel musikalischer Einflüsse: Elemente aus Cajun, Country, Rock, Jazz, Blues und Blue­grass haben sich dort zu einem eigenen Sound vermengt. Und was hat das mit alpenländischer Musik zu tun? "Eine ganze Menge", findet von Goisern. So ist er über dem großen Teich auf Spurensuche gegangen, hat mit US-Kollegen musiziert und das eine oder andere Gläschen hochpro­zentiger Lebensart genossen. Und er ist dem Blues auf Augenhöhe begegnet. Seine Erkenntnis teilte er mit dem Esslinger Publikum: "Wenn Ihr merkt, dass Ihr den Blues bekommt, dürft Ihr nicht wegrennen. Der ist sowieso schneller. Wenn's nicht anders geht, schaut ihm einfach ganz tief in die Augen ..."

Hubert von Goisern hat dem Blues auf seiner Expedition durch die Südstaaten tief in die Augen geschaut und viel entdeckt, was zum musikalischen Credo seiner oberösterreichischen Heimat passt. Denn die Musik, die ursprünglich von dort kommt, hat wenig mit der Musikantenstadelseligkeit volkstümlicher Hitparaden zu tun. Der Alpenrocker ist vor Jahren angetreten, der Volksmusik jene Kraft zurückzugeben, die sie früher einmal hatte. Und er hat festgestellt: Musik ist zeit- und grenzenlos. Das spürt man in jedem der Lieder seines neuen Albums, mit denen er das Konzert auf der Esslinger Burg eröffnete. Vieles klingt wohltuend vertraut. So wie der Titel So a Seg'n, dem man die alpenländische Herkunft bereitwillig abnimmt - bis man den Klassiker Amazing Grace heraushört. Oder ein Monk-Titel, der in von Goiserns Interpretation I bin ganz alloan heißt.

Was der Alpenrocker auf seiner Expedition durch den Süden der USA erlebt, gesehen und gehört hat, das hat er in einer ganzen Reihe großartiger Eigenkompositionen verarbeitet, die auf virtuose Weise amerikanische und alpenländische Einflüsse miteinander verbinden. Dabei lotet er die ganze Bandbreite musikalischer Stimmung aus - mal lässt er es mit seiner Band so richtig rockig krachen, ein andermal kommt die Musik sensibel und balladesk daher. Man hat auf der Esslinger Burg gespürt, dass Hubert von Goisern und seine Musiker mit Leib und Seele hinter ihrer Musik stehen. Bob Bernstein (Pedal-Steel- und Dobro-Guitar), Alex Pohn (Schlagzeug), Helmut Schartlmüller (Bass) und Severin Trogbacher (Gitarre) sind allesamt vorzügliche Instrumentalisten, und sie harmonieren perfekt miteinander. Doch über allem steht Hubert von Goisern mit seiner musikalischen Brillanz, seiner unerhörten Energie und seiner natürlichen Bühnenpräsenz. Man spürt, dass er nicht einfach Musik macht, sondern seine Songs mit jeder Faser lebt. Und vor allem: dass er auch etwas zu sagen hat. So wie in Snowdown, einem mitreißenden Blues über den Mut zur Wahrheit in einer Gesellschaft, in der Täuschung eine immer größere Rolle spielt. Aber auch das ist typisch für ihn und sein Credo: "Bevor ich etwas mache, wovon ich nicht überzeugt bin, mache ich lieber gar nichts."

Hubert von Goisern umarmt den Blues

SWP 25. Juli 2015 | Text: Udo Eberl

Der Blues prägte die Musik von Hubert von Goisern ja schon immer. Nun versetzte er in der Esslinger Burg seinen alpinen Rock mit dem Sound der Südstaaten.

Ohne Frage: Hubert von Goisern, der weltoffene und charismatische Querschädel, war an diesem Konzertabend in der Esslinger Burg mehr als nur gesprächig. Er plauderte ohne Ende. Vielleicht lag's daran, dass er nicht nur den 4200 Fans, sondern einmal mehr auch sich selbst erklären wollte, was ihn in den Süden der Staaten getrieben hatte. "Da gibt's viele lässige Leut, ich habe sie nur nicht gefunden", unkte der Österreicher, der nicht zwingend neue beste Freunde finden wollte, sondern einen Teil seiner musikalischen Wurzeln.

Für so manches Stück seines jüngsten Albums Federn habe er sogar "den akustischen Rausch studiert" und sich vom Schnaps, "dem Luder", inspirieren lassen. Und so jammerte die Pedal Steel beseelt, die Steirische klinkte sich ein, gitarristisch ging's meist härter zur Sache, und die Jodelkunst passte auch in diesem musikalischen Umfeld wie angegossen. Country, Cajun, Alpines - die Summe war meist mitreißend, für sein Publikum allemal. Dem Blues wollte er sowieso nicht entkommen. In keinerlei Hinsicht: "Wenn's nicht anders geht, musst du dem Blues tief in die Augen schauen und ihn umarmen."

Umarmt wurde auch das Publikum. Natürlich von der eingespielten Band. Hubert von Goisern stieß mit Jazz-Louisiana-Schmackes ins Flügelhorn, später auch ins Alphorn, und auf der Harp gab er so ziemlich alles. Bei Snowdown, der Rockhymne für mutige Weltverbesserer, schien die Mundart-Unschärfe für die teils lederbehosten Fans so etwas wie ein Fluchtweg in die heile alpine Bergwelt auf dem Grat zwischen Tradition und Rock 'n' Roll zu sein. Und für die gewünschte Unbeschwertheit sorgte dann der Frontmann selbst: Mit seinen wunderbaren Balladen wie Heast as nit, der geradezu geölten Jodelstimme und dem von der ganz und gar begeisterten Menge herbeigesehnten Brenna tuats guat.

Hubert von Goisern überrascht immer wieder

Main Post 12. Juli 2015 | Text: Alice Natter | Foto: Silvia Gralla

VOLKACH. Ungefähr in Minute 75 passiert auf der Bühne Wesentliches, auf dem Festplatz auch. Eine gute Stunde lang hat Hubert von Goisern im Volkach am Main da gebluest, von seiner ernüchternden USA-Reise erzählt und Songs aus Federn, dem neuen Album, vorgestellt. Gerade eben hat er – hart und metallen – das wütendste, politischste Lied dieses Abends gesungen, "für Chelsea und Eddie" und "alle anderen, die für die Wahrheit ihren Leben riskieren". Snowdown über das "Ersaufen in der Datensupp'n" und die Wahrheit, die Asyl sucht, aber nie kriegt. Grell, gleißend und star-spangled Weiß-Schwarz war die Bühne da erleuchtet ... und keine Atempause später – humpa, humpa – rollt treibend der Rhythmus los mit der aktuell populärsten von-Goisern-Melodie. Gelbrot getüncht ist jetzt die Leinwand, die Bühne brennt – und ja: "A jeder woiß, brenna tuat's guat." Die Konzerthallen-Festzelt-Radio-kompatible Nummer-eins-Nummer, die den Oberösterreicher vor drei Jahren in die Charts katapultierte, verändert die Stimmung. Es geht los mit den Mithüpf- und Auf-dem-Stuhl-Zappel-Nummern!

Hubert von GoisernDie Sperrgitter, die über eine Stunde lang das stehende vom sitzenden Volk der 2500 Zuhörer trennten, zählen jetzt nicht mehr. Strammen Schritts wird die freie Fläche vor dem Bühnenrand erobert. Der Mann am Mikro setzt seine Mundharmonika ab und lächelt. "Ihr seid's do? Na guat, dann müsst ihr tanzen!" Hubert von Goisern, Pass-Name Achleitner, ist bekanntermaßen vielseitiger Liedermacher, Multiinstrumentalist von Alphorn über Trompete bis Ziehharmonika und weltenbummelnden Weitreisender.

In den 90ern war er mit den Alpinkatzen in Paris, Texas und New York, dann folgte er Jane Goodall zu den Schimpansen, suchte Klänge in Tibet und Töne in der Wüste, spielte mit seiner Steirischen im Senegal und schipperte mit einem klingenden Konzertschiff zwei Sommer lang die Donau entlang. Vor zwei Jahren zog es ihn in die USA, weil: "Die sind mir mental entglitten, i versteh nimmer, wie die ticken." Vorurteile habe er abbauen wollen, "aber die haben sich in den zwei Monaten potenziert".

Aber von Goisern wäre nicht er, hätte er nicht das Beste draus gemacht. Er hat sich eine schicke, rote Harmonika aus Louisiana mitgebracht, dazu Robert Bernstein an der Pedal-Steel-Gitarre – und viele Klassiker des Südstaatenblues. Cajun und Bluegrass – "auch nicht arg anders wie alpine Volksmusik", findet der 62-Jährige. Die selben Harmonien, nur ein bissel ein anderer Drall.

So hat er sich am dreckig-schwülen Rock versucht und singt und spielt mit seiner vierköpfigen Band jetzt Klassiker wie Jambalaya oder Oh, Susanna als seien es uralte Alpenvolksweisen. Er beschwört greinend, jodelnd, jammernd und jaulend, maunzend und raunzend die pure Frucht im Schnops und besingt trunken Corinna, Corinna. Dass aber die erzkatholischen Südstaatenmusiker seine Version des (protestantischen) Amazing Grace überhaupt nicht mitspielen wollten ... unerhört.

Schlussrunde in Volkach! Das Alphorn kommt zum Einsatz, zarte Balladen folgen, bei der unter Volkachs Bäumen ein Grüppchen endlich die Wunderkerzen anzünden kann. Von Goisern weist streng und augenrollend – "I will null für Handy spuin, i will fürd Leit spuin!" – einen penetranten Smartphone-Filmer zurecht. Und mit Weit, weit weg von dir und Heast as nit endet in lauer Sommernacht mit einem beständigen, immer wieder überraschenden Musiker ein schöner Konzertabend.

Nie alle Karten auf den Tisch legen

Stimme 11. Juli 2015 | Text: Claudia Ihlefeld

Hubert von Goisern hat den Blues: Der Alpenrocker und Weltmusiker beim Gaffenberg-Festival

Hubert von GoisernAlphorn und Cajun-Handharmonika, kehliger Jodler und dunkler Blues: Das ist kein Widerspruch für Hubert von Goisern, den musikalischen Spurensucher aus dem Salzkammergut, der einst als Alpenrocker begann, um als Weltmusiker wieder einmal auf dem Gaffenberg zu spielen. Ein vertrautes "servus Heilbronn" an die knapp 1700 Fans am Donnerstagabend unterm Audi-Zelt und draußen im Biergarten des Festivalgeländes – dann tritt von Goisern den Beweis an, dass Louisiana und Oberösterreich musikalisch gar nicht so weit auseinander liegen. Federn heißt sein neues Album: ein Crossover aus Balladen, Rocknummern, Country und Blues – und alles gekreuzt mit alpinen Rhythmen, so dass die Grenzen fließen. Jodelt er noch, oder bluest er bereits? Ist das nasal genuscheltes Österreichisch oder verschluckter Südstaatenslang? Zweimal ist er "ummi gflog'n", also rüber geflogen nach Amerika, um sich inspirieren zu lassen und Musiker für sein Projekt zu finden. Aber die Amerikaner wollten ihn nicht. "Die genügen sich selbst, wie die Schweizer. Die brauchen uns nicht."

Knarziger Sound

Trotzdem hat er einiges mitgebracht: den Blues aus New Orleans, der, ist er noch so düster, bei von Goisern immer farbig funkelt. Den knarzigen Sound aus Nashville. Und Bob Bernstein am Pedal Steel aus Santa Monica, der Kalifornier unter lauter Musikern aus Oberösterreich in dieser Band.

Südafrika, Kanada, die Philippinen, Afrika und Tibet hat Hubert Achleitner schon bereist, dessen Künstlername auf sein Heimatdorf Goisern verweist. Dass die jüngste kulturelle Begegnung mit den USA nicht ohne Irritationen verlaufen ist, dass es gewaltige Mentalitätsunterschiede gibt zwischen Amerikaner und Österreicher: Davon erzählt Hubert von Goisern in dem Konzert, das zweieinhalb Stunden dauert ohne Pause. Und mit Zugaben zum Dahinschmelzen, mit Weit weit weg und Heast as nit die treue Fangemeinde zu stehenden Ovationen führt.

Wie in einem Mehrgenerationenhaus geht es zu auf dem Gaffenberg. Diejenigen, die mit Hubert von Goisern älter geworden sind, sind in der Mehrzahl, sie mögen die charmantironische Amerika-Kritik des Weltmusikers, der ein Studio in Salzburg betreibt und keinen Hehl daraus macht, wo seine Wurzeln liegen.

"Nie die Karten auf den Tisch legen. Warten", sagt man im Salzkammergut. Das siegessichere Yes-we-can-Getue ist von Goiserns Sache nicht. "Am Anfang stand der Wunsch, Amerika besser zu verstehen. Und so dachte ich mir, ich fahre einmal dahin, wo's weh tut – in die Südstaaten, aber wenn schon, dann, wo viel musiziert wird", erklärt Hubert von Goisern im Booklet seiner neuen CD, wie es zu Federn kam, zum Brückenschlag zwischen Volksmusikstilen, die bei ihm mitnichten volkstümelnd klingen.

Balladen

Snowdown röhrt von Goisern eine Hommage an den couragierten Whistleblower, stimmt in Schnaps eine druckvolle Hymne an die heimischen Brände an und mit I kann wieder fliegen eine gefühlige Ballade aufs Leben. "Huidjehuididi", johlt er in die Julinacht.

Ziehharmonika, Mundharmonika, Alphorn oder Tuba, vom linken Bühnenrand eilt immer wieder punktgenau ein freundlicher Helfer herbei und reicht dem Zeremonienmeister aus Goisern ein anderes, glänzendes Instrument. Dann kommen jede Menge Zugaben, unplugged oder mit Stromgitarre und am E-Piano: Stimmungsparty auf dem Gaffenberg, bis Hubert von Goisern, Bob Bernstein, Alex Pohn, Helmut Schartlmüller und Severin Trogbacher vorerst unwiederbringlich verschwinden.

Alpenrock und Südstaatenblues

Baden Online 10. Juli 2015 | Text & Foto: Jürgen Haberer

Hubert von Goisern hat sich in USA inspirieren lassen / Mitreißendes Konzert

Hubert von GoisernHubert von Goisern, der Vater des Alpenrocks, hat sich für sein aktuelles Album Federn im Süden der USA umgesehen und Country, Blues und Cajun in seine Musik assimiliert. Sein Auftritt beim Freiburger ZMF am Mittwochabend beeindruckte aber vor allem durch Spielfreude und Authentizität.

Hubert Achleitner – wie der Mann aus Bad Goisern mit bürgerlichem Namen heißt – steht seit fast drei Jahrzehnten für einen Spagat zwischen Tradition und Moderne. Er hat die alpenländische Folklore kräftig aufgemischt und Rockmusik um eine bodenständige, aber immer auch deftig krachende Variante erweitert. Er hat sich in der Welt umgesehen und exotische Einflüsse in seine Musik integriert. Es ist kein Wunder, dass er nun in den USA gelandet ist und fröhlich mit Country und Bluegrass, dem Blues der Südstaaten, und dem Cajun, der Musik der französischstämmigen Bevölkerung in Louisiana, experimentiert.

Am Anfang und Ende der rund zweistündigen Show kommt aber erst einmal das Alphorn zum Einsatz, das zu spielen sich Hubert von Goisern lange nicht getraut hat. Es sei einfach zu sehr in der Schweiz verwurzelt, gibt er in der Ansage zu bedenken. Er habe sich erst rangetraut, als er erfahren habe, dass ein Mönch aus Salzburg bereits im 13. Jahrhundert Stücke für das Instrument geschrieben hat.

Die Gedankengänge in den musikalischen Verschnaufpausen sind alleine schon das Eintrittsgeld für ein Konzert mit Hubert von Goisern wert. Er singt und erzählt, wie er Musiker aus Louisianna nach Österreich geholt hat, um seinen Ausflügen zum Cajun etwas Authentisches zu verleihen. Zusammengekommen sei man aber nicht, weil die Burschen nur im eigenen Saft schmorten. Weltoffenheit sei nicht gerade ihre Stärke – ganz sicher aber die von Hubert von Goisern.

Das klingt nicht zuletzt auch in Songs wie Snowdown an, dem Einstig in das im Mai veröffentlichte Album Federn. Hubert von Goisern mag einfach keine Engstirnigkeit und keine ewig Gestrigen. Es stellt sich gegen Intoleranz und alles was sich am rechten Rand tummelt. An der Lapsteel sitzt deshalb auch der Kalifornier Bob Bernstein, der sich wunderbar in das Quartett um Hubert von Goisern (Akkordeon, Gitarre, Mundharmonika, Alphorn, Gesang), Helmut Schartmüller (Bass, Gesang), Severin Trogbacher (Gitarre, Gesang) und Alexander Pohn (Schlagzeug, Gesang) einfügt.

Das Alphorn setzt also den ersten Akzent, dann greifen die Jungs beherzt in die Saiten. Hubert von Goisern weiß einfach, wie man das Publikum in Schwung bringt. Ein paar beherzte Rockriffs, die der heimischen Folklore den notwendigen Pep verleihen, eine kraftvolle Stimme, die auch beim Jodeln überzeugt.

Nach und nach schleichen sich dann die amerikanischen Klänge ein. Zum Einstieg ein Mischmasch aus steirischer Volksmusik und Cajun. "Allzuweit liegt beides nicht auseinander", betont der Meister. Hubert von Goisern frönt in Freiburg überraschend oft dem Blues und dem Country, serviert wunderbar sämige Balladen. Es ist wahr basiert auf Hank Williams Jambalaya. Später wartet er dann mit einer eigenen Version von Amazing Grace auf, das nun So a Segn heißt.

Zwei Stunden lang schlägt das Pendel immer wieder hin und her, Folklore, Rock und viel Americana, krachend schwungvolle Einheizer und Balladen, die berühren. Dazu eine kräftige Prise Humor und die beeindruckende Bühnenpräsenz eines Vollblutmusikers, der seine Mitspieler und das Publikum im fast ausverkauften Zirkuszelt immer wieder mitreißt.

Der Steirer und sein Blues

Badische Neueste Nachrichten 3. Juli 2015 | Text: Felix Mescoli | Foto: Bastian
Hubert von Goisern und Helmut Schartlmüller

Hubert von Goisern und seine Band gaben im Karlsruher Tollhaus ein Konzert

Dem Österreicher an sich wird ein gewisser Hang zum Fatalismus, ja zur krankhaften Traurigkeit nachgesagt. "Wenn der Herrgott net will, nutzt es gar nix", heißt ein populäres Heurigenlied. Man könnte auch konstatieren: Angesichts der unvermeidlichen Schläge des Schicksals erfasst den Österreicher gelegentlich der Blues. Dass ein steirischer Alpenrocker wie Hubert von Goisern sich zu dem Genre hingezogen fühlt, dessen Lieder sich so häufig um Resignation, unerwiderte Liebe, Einsamkeit und Untreue (wenn auch oft einen humorvollen Twist) drehen, kann da nicht verwundern. Und vom Blues ist der Country nur einen Whiskeyflaschen-Wurf entfernt. Auf seinem aktuellen Album Federn hat von Goisern sich am transatlantischen Brauchtumstransfer versucht. Im ausverkauften Karlsruher Tollhaus feierte er jetzt ein uriges Wurzelmusik-Jambalaya.

Dass die Melange aus Südstaatenmusik und alpinen Klängen nicht an den Kuhhörnern herbeigezogen ist, zeigt sich auf einen Blick: Country-Star Jimmy Rodgers galt in den 20er Jahren als "America's Blue Yodeler", die Ziehharmonika ist das bestimmende Instrument der Cajun-Music, durch die Alpentäler schallt es "Juhuhui!", "Yeehaw!" über die blauen Hänge der Appalachen.

So klingt es keineswegs komisch wenn von Goisern Hank Williams Jambalaya (on the Bayou), das seinerseits auf dem Cajun-Song Grand Texas beruht, anstimmt. Auch andere Traditionals hat sich von Goisern ganz unprätentiös zu eigen gemacht: Corrina, Corrina, zum Beispiel kommt hier nach einer durchzechten Nacht, leicht schwankend als Des kann's nit sein daher. "Corrina, wo warstn so lang?", fragt der Blues-typisch Untreue witternde Ich-Erzähler. Auch vor Gospel (Amazing Grace) und volle Pulle Hillbilly (Oh, Susanna) schreckt von Goisern nicht zurück – auch ohne Banjo auf dem Knie.

Dass von Goisern mit der teils eigenwilligen Interpretation solchen einerseits von legendären Interpreten geprägten und andererseits an unzähligen Lagerfeuern durchgenudelten Liedguts davonkommt, ist einmal seinen leidenschaftlich spielenden Mitmusikern zu danken ("allesamt Oberösterreicher", wie der Sänger betont, außer dem Kalifornier Robert Bernstein an der PedalSteel). Die mühelos zwischen Country, Cajun, Blues, Tex Mex und Blasmusik hin und her springen, ohne sich lächerlich zu machen. Und natürlich ist da noch die bodenständige Performance des Herrn von Goisern selbst. Wenn der Steirer in versoffen dahinschlurfendem Shuffle vom Schnaps singt, klingt das keinen Deut weniger glaubwürdig, als wenn John Lee Hooker One Bourbon, One Scotch, One Beer brummt und im Hintergrund die Canned Heat auf allen Zylindern feuert.

"Alles geht vorbei, sogar das Leben ..."

Traunsteiner Tagblatt 4. Juli 2015 | Text: Wolfgang Schweiger | Foto: M. Heel

Blues Power pur mit Hubert von Goisern auf dem Salzburger Kapitelplatz

HvG"Wannst an Blues mitbringst, dann ja von Louisiana", hat Hubert von Goisern zu Federn erklärt, seinem neuen Studioalbum, zu dem er auf Musiksuche im Süden der USA war, von New Orleans bis nach Nashville. Und das, was er mitgebracht hat, ist stimmig, intensiv und begeistert, wie jetzt bei seinem Konzert vor rund 3500 Besuchern auf dem Salzburger Kapitelplatz zu erleben war.

Ein paar einleitende Worte, und schon geht es los mit dem berühmten Cajun-Song Jambalaya (on the Bayou) mit eigener Note: "ois geht vorbei, sogar des Leben", singt Hubert von Goisern, und schon sind wir mittendrin in den Tiefen des Blues, den der mittlerweile 62-jährige Künstler so inspiriert und stilsicher zelebriert, dass man glatt meinen konnte, er wäre damit aufgewachsen, hätte wie seine amerikanischen Vorbilder den Blues einfach angenommen und instinktiv damit hantiert. Blues Power pur, die mit dem furiosen Protestlied Snowdown, einem Statement "für alle, die ihre Freiheit aufs Spiel setzen und ihr Leben riskieren", zu einem rauschhaften Höhepunkt gelangt.

Dazu trägt auch die exzellent aufspielende Begleitband bei, mit Severin Trogbacher an der Gitarre, Helmut Schartlmüller am Bass, Bob Bernstein an der Pedal Steel und Alex Pohn am Schlagzeug. Vier hervorragende, sich zu Höchstleistungen aufschwingende Musiker, die Hubert von Goisern kongenial ergänzen und so für ein perfektes Klangerlebnis sorgen. Entsprechend mitreißend klingen auch die vielen anderen Stücke, die Hubert von Goisern an diesem herrlichen Abend zu Füßen der Festung präsentiert, wobei er wie gewohnt und virtuos Akkordeon spielt, aber auch mal zur E-Gitarre greift oder sich ans elektrische Klavier setzt.

So hören wir beinahe andächtig zu, als er mit So a Segen seine Version von Amazing Grace über den Platz schickt, sind hingerissen vom sensationellen Drive, mit dem er seinen Klassiker Brenna tuats guat über die Bühne bringt, und schwelgen in Nostalgie, als er Can't Find My Way Home anstimmt, die Bluesballade von Steve Winwood aus dessen Blind Faith-Zeiten und hier mit Neama vü Zeit auf ergreifend persönliche Weise interpretiert – schöner geht's nicht. Nicht zu vergessen die erstmalig dargebotene Alphorn-Einlage, zu der er erklärt, dass dieses urschweizerische Instrument vor rund 800 Jahren ganz woanders, nämlich in Mecklenburg-Vorpommern, erfunden worden sei.

Und weil jeder, der eine Reise unternommen hat, auch etwas zu erzählen weiß, unterhält uns Hubert von Goisern zwischendurch mit Anekdoten von seinem USA-Aufenthalt. Erfahren wir, dass man in Nashville »voll schlecht drauf ist«, dass für die Amerikaner "fundamental" und "liberal" kein Widerspruch sein muss, und dass sie ihren Schnaps wohl aus Erdölderivaten herstellen. Und er erzählt von einem Musikerkollegen aus den USA, der bei ihm in Salzburg zu Besuch war und erstaunt fragte, nachdem er Fotos von den Zerstörungen gesehen hatte, die der Salzburger Dom im Zweiten Weltkrieg erlitten hatte, warum Hitler dies getan habe. Die Antwort dürfte ihm nicht gefallen haben.

Mit seinem Klassiker Weit, weit weg neigt sich das Konzert dann dem Ende zu, und wer nicht dabei sein konnte, dem sei das wirklich großartige, ungemein vielseitige Album Federn ans Herz gelegt, denn der Blues kommt auf jeden mal zu, und Davonrennen nutzt gar nix.