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BRENA TUATS TOUR 2012

Hubert von Goisern: Live in Bad Ischl - 2. Dezember 2012

7. Dezember 2012 | Fotos: © Sarah Marchant

Hubert von Goisern: Live in Bad Ischl - 1. Dezember 2012

6. Dezember 2012 | Fotos: © Sarah Marchant

Die letzten Konzerte: Goiserer tritt ab, solang's noch brennt

Salzburger Nachrichten 3. Dezember 2012 | Text: Bernhard Flieher

Inwendigkeit wischt am Ende den schweren Schweiß weg. Hubert von Goisern steht allein da. Nur die Wanderklampfe hat er noch einmal mit auf die Bühne gebracht. Zwei Songs noch – dann ist es aus.

Noch brennt er – wie das Geld, über das er singt. 34 Wochen lag der Geldverbrenn- und Überflussweltsong Brenna tuat's guat vom Herbst 2011 bis zum Sommer 2012 in den Charts – fünf Wochen davon an der Spitze.

Wie einst das Hiatamadl wurde der Song bis zur Unerträglichkeit auf und ab gespielt. Umzubringen ist der Song aber nicht. Für das Hiatamadl gilt das auch. Zu widerstandsfähig erweisen sich beide Songs in ihrer Mischung von Pop und Tradition. Beide Songs heben diesen (angeblichen) Zwiespalt auf. Allerdings definierte das Hiatamadl Hubert von Goisern als Weltverbinder mit offenem, kritischen Blick. Brenna tuat's guat festigte spät – der Goiserer wurde im November 60 Jahre – und endgültig diesen Status.

Die Allgegenwart von Brenna tuat's guat machte in den vergangenen Monaten aus einer normal geplanten Tournee eine monatelange Erfolgsreise. Die üblichen Konzertsäle – zwischen 1000 und 3000 Besucher – wurden zu klein.

Nun aber, zum Ende, wird's im Lehartheater in Bad Ischl ganz intim. 500 Leute passen rein. Am vergangenen Wochenende wurden vor jeweils bummvollem Haus die letzten Konzerte – Nummer 99, 100 und 101 der Brenna tuat's-Tour – gespielt. Und jetzt ist es aus. "Nächstes Jahr ist nix, und übernächstes Jahr auch nix. Danach? Das ist zu weit weg und reine Spekulation", sagt der Goiserer. Im Zwiespalt gehe er auf die Bühne: "Es läuft richtig gut und trotzdem ist es auch gut zu wissen, dass es jetzt bald aus sein wird."

Bei manchen Zwischenansagen im Konzert meint man, den Zwiespalt als Anflug von Sentimentalität zu spüren. In der Musik aber macht sich die Gefühlslage vor dem Auflösen einer eingeschworenen Livetruppe nie bemerkbar.

Die Kraft, die diese Band zusammenhält, hat keine Risse. Es wird getan, wozu diese Band – als erste an Goiserns Seite nach den Alpinkatzen in den 1990er-Jahren – fähig ist: Mit enormen Druck werden Rock, Blues und alpenländische Tradition zu einem. Allerdings hatten die Alpinkatzen nie die musikalischen Ausdrucksfähigkeiten wie Alex Pohn (Schlagzeug), Severin Trogbacher (Gitarre) und Helmut Schartlmüller (Bass). Jedes Solo sitzt. Jeder Blues ist erschütternd existenziell. "Es ist eine Freude, sich beim Musizieren so nahezukommen", sagte der Goiserer bald nach Tourbeginn im Frühjahr.

Jeder Song klingt, als müsse man breitbeinig ein ohnehin treu ergebenes Publikum von der Macht einer Musik überzeugen, die alle Grenzen auflöst. Vor knapp zehn Jahren tat Hubert von Goisern dies auf subtile, zurückhaltende Art mit den Trad-Alben und ebenfalls intensiven Liveerlebnissen. Nun passiert Ähnliches nur in einer härteren, offensiven Variante. Dieses Mal dominiert der Rock-Goisern. Am Ende bleibt derselbe vielfältige Geschmack.

Am Ende – allein auf der Bühne – wirkt Hubert von Goisern zunächst schier verloren. Dann spielt er und versinkt, in dem, was er spielt – so als ob die Außenwelt für ein paar Takte verschwinden könnte. Nach dem letzten Song wird es umgekehrt sein: Da verschwindet der Goiserer von der Außenwelt. Zeitweise jedenfalls.

Hubert von Goisern in Bad Ischl

4. Dezember 2012 | Fotos: © www.neubauerphotos.com

Hubert von Goisern lässt mit seinem Alpenrock die Arena Ilshofen beben

Südwest Presse 27. November 2012 | Text: Ute Schäfer | Foto:  Ric Badal

Österreichische Weltmusik: Der Alpenrocker Hubert von Goisern gastiert mit seiner Band in Ilshofen.
Dort lässt er die Arena beben und huldigt der heiligen Petronella, der die Ilshofener Kirche gewidmet ist.

Hubert von Goisern

Mehr Fotos unter www.swp.de

"Ihr hobts eh ois (alles) verstanden", stellt Hubert von Goisern gleich nach seinem ersten Lied fest. Die Besucher in der Ilshofener Arena lachen. Natürlich haben sie alles verstanden. Sie sind ja Fans und können die Lieder auswendig! Allen anderen, eher zufällig Hereingeschneiten muss der Musiker das aber erklären: "Also, ich singe Deutsch", bekräftigt er. Gut zu verstehen also. "Mit am bisserl am guten Wüün (Willen) gähts scho."

Na ja, wer die Texte des "Goiserers" nicht kennt, der versteht sie auf Anhieb eben nicht. Der Österreicher singt zwar zweifellos auf Deutsch, aber das in der eher herben Mundart seiner oberösterreichischen Heimat - er stammt aus Bad Goisern im Salzkammergut.

"Wers nicht versteht, soll die Lücken halt mit Fantasie füllen", sagt der Musiker, greift zur steirischen Ziehharmonika und rockt los - und Verständnis hin oder her: Er begeistert alle seine Zuhörer. Sie tanzen, klatschen mit und lassen sich von ihm auf die Reise durch die Musikstile mitnehmen: Mal alpenländisch gejodelt, mal hart gerockt. Mal Ska, mal Reggae, und dann wieder alles zusammen. Es ist eine tolle Mischung - Weltmusik mit einem deutlichen Schlag ins Alpenländische eben.

"Wir missbrauchen ja die Halle hier", sagt Hubert von Goisern, wähnt sich zwar in einer Besamungsstation statt in einer Versteigerungshalle für Großvieh, aber jedenfalls passe das nächste Lied zu den Kühen, denn es spiele im Wilden Westen ("Wuidn Westn"). Er greift zur Gitarre ("Gidaa") und los gehts mit dem Western-Song Indianer: "Umadum nix wia bama, umadum nix ois Woid" (rundherum nichts als Bäume, rundherum nichts als Wald).

Und weil der Musiker eben alles mischt - Rock, Blues, Soul -, mischt sich auch irgendwann die Allerheiligenlitanei in die Klänge. "Heilige Petronella, bitt für uns" leiert er, und die Ilshofener sind begeistert. Ist dieser Heiligen doch ihre Kirche gewidmet. Offenbar nicht zufällig erwähnt "der Goiserer" diese Heilige, er muss sich zuvor erkundigt haben. "Googelts a mol des Heiligenlexikon, des is da Wahnsinn."

Und so gehts weiter, gut zwei Stunden lang, die der alpenländische Musiker mit seiner hervorragenden Band, bestehend aus Severin Trogbacher (Gitarre), Helmut Schartlmüller (Bass) und Alexander Pohn (Drums) in der Arena schwitzt. "Vielen Dank, Kühe, dass ihr Platz gemacht habt."

Während zu Beginn die Songs noch schnell und fetzig sind - sie stammen zum Teil aus der jüngsten CD EntwederUndOder - überwiegen im zweiten Teil die eher ruhigen Titel und die allseits bekannten Hits: Weit weit weg und Koa Hiatamadl zum Beispiel. Da rücken die Pärchen enger zusammen, die Feuerzeuge werden gezückt, bis der eben 60 Jahre alt gewordene Musiker mit einem Abschiedsjodler die Bühne verlässt. "Lebwohl", singt er im gleichnamigen Lied, "es gabat so vü, wos da i noch sogn mecht". Tja, wer weiß, vielleicht kommt "der Goiserer" ja wieder? Schön wär's.

Radikal globalisierte Volksmusik

Die Welt 23. November 2012 | Text: Stefan Krulle

Der Österreicher Hubert von Goisern lässt die Alpen in der Großen Freiheit 36 glühen

Niemand erhebe seine Stimme und behaupte, nicht gewarnt worden zu sein. "Falls ihr mal Probleme mit dem Textverständnis haben solltet", rief Hubert Achleitner alias Hubert von Goisern seinen gut 1000 Zuhörern am Mittwoch in Hamburgs Großer Freiheit 36 zu, "dann fragt bitte nicht einen der wenigen Österreicher im Saal. Füllt lieber die Lücken mit Fantasie aus!" Ein Rezept, an welches sich der Oberösterreicher hält, seit er mit über 30 Jahren eine Karriere als Popmusiker startete, die bis dato Unikat blieb.

Wo die meisten Volksmusikanten demonstrativ der heimatlichen Scholle verhaftet sind und eher ungern über den Tellerrand hinausschauen, zog es diesen Hubert schon in die Ferne, als er noch gar kein Berufsmusikant war. Das ist seinen Liedern, die er mittlerweile mit seiner zum Quartett in klassischer Rockbesetzung geschrumpften Band vorträgt, stets anzuhören. Um Volksmusik aber handelt es sich immer noch, auch wenn deren Wurzeln offenbar inzwischen einigermaßen global verortet werden müssen. Das allein darf schon als gar nicht mal so leise Provokation bezeichnet werden.

So sieht sich denn von Goisern zwischen all den schönen Liedern, die er an diesem denkwürdigen Abend offeriert, immer wieder zum Moderator dessen berufen, was er einst mit seinen Alpinkatzen als waghalsiges Experiment startete und bis heute als musikalischer Hasardeur verfolgt. "Nirgends", so ruft er uns entgegen, "gibt es ausschließlich edle Menschen. Nicht einmal hier in Hamburg". Irgendwo regt sich Protest, "wer hier jetzt zetert", sagt der Hubert, "tut etwas, was ich sonst nur von den Bayern kenne". Sofort ist es erst einmal ruhig im Saal, dann wird applaudiert.

Nach kurzer Einführung in die Eigenarten mehr als die Eigenschaften der Ziehharmonika, die sich laut Hubert vom Akkordeon vor allem dadurch unterscheide, dass sie "kinderleicht zu spielen" sei, taucht er in sehr alpine Liedstrukturen ein, entreißt sie allerdings ein ums andere Mal ihrem Umfeld und erdet so am Ende tatsächlich den Ländler im Humus von Blues und American Folk. Bis Janis Joplins legendäre Song-Miniatur Mercedes Benz zur österreichisch gefärbten Kakofonie wird.

Hubert von Goisern ist durch Südafrika und Tibet, durch die Philippinen und Kanada gereist, hat dort Traditionen studiert und Klangfragmente aufgesammelt und beides in seine Vision einer zwar globalen, aber ebenso seiner Heimat verbundenen Musik integriert. Dass er darüber nicht zum Theoretiker, sondern vielmehr zum Verkünder einer kunterbunten Idee vom "Global Village" geworden ist, welches in der Musik seine Speerspitze findet, verschafft ihm seine unbedingte Glaubwürdigkeit. Für seine Konzerte aber nützt ihm das recht wenig, da muss er die Leute als Entertainer überzeugen, für nichts anderes schließlich kommen sie.

Genau dies gelingt Hubert von Goisern ohne Mühe. Sogar das Mitsingen funktioniert problemlos, sofern Hubert den Hamburgern den Refrain in auch nördlich des Weißwurst-Äquators verständliche Silben übersetzt. Viele seiner wunderbaren Lieder klingen so, als singe er sie schlicht und einfach in die klare Bergluft hinaus, schneebedeckten Gipfeln fast ein wenig trotzig entgegen. Wer nach zwei Stunden aus der Halle ging, wunderte sich fast ein wenig: Kein einziger Berg weit und breit.

Hubert von Goisern: Live in München - 10. November 2012

15. November 2012 | Fotos: © Elli Christl

Da, wo da Teufel seine Kinda kriagt...

Straubinger Tagblatt 14. November 2012 | Text: Wilfried Schaffrath

Hubert von Goisern rockte die nahezu volle Fraunhofer-Halle

"Des is da Platz, wo all's z'sammrennt", singt Hubert von Goisern in seinem Hit Brenna tuats guat. Und dieser Platz war am Montagabend eben die Fraunhofer-Halle. Dicht gedrängt standen die Fans schon eine Stunde vor Beginn an der Bühne. Voller Erwartung auf das, was der Österreicher und Weltmusiker so an Liedern mit nach Straubing gebracht hat. Pünktlich um 20 Uhr erklangen die ersten Akkorde. Hubert Achleitner ist nur wenigen Menschen ein Begriff, aber unter Hubert von Goisern kennt ihn nahezu die gesamte musikalische Welt.

Hubert von GoisernSeine Mischung von Rockmusik mit Elementen traditioneller Volksmusik macht ihn wohl zum wichtigsten Vertreter des "Alpenrock". Groß geworden in der örtlichen Blaskapelle seines Heimatortes wählte er später auch den Bezug zu Goisern in seinem Namen. Natürlich ist Goisern für den Hubert der schönste Platz auf der Welt und das tat er auch mit dem entsprechenden Lied kund. Seinen musikalisch großen Durchbruch hatte Goisern 1992 mit dem Album Aufgeigen statt niederschiassn, auf dem erstmals die Lieder Heast es nit, Weit weit weg und nicht zuletzt Hiatamadl zu hören waren. Viele weitere Hits folgten.

Etliche davon waren auch am Montagabend zu hören. Unterstützt von drei sehr guten Musikern, Alexander Pohn (Schlagzeug), Severin Trogbacher (E-Gitarre) und Helmut Schartlmüller (Bass) ging es am Anfang des Konzerts ziemlich rockig zu. Dabei überwogen die lauten Töne. Hubert von Goisern selbst spielte an diesem Abend neben seiner Ziehharmonika noch akustische und E-Gitarre, Maultrommel, Lamellophon und Keyboard. "Umadum nix wia Bama, umadum nix als Wald, nur ein paar Indianer und a de san schon alt, uralt, uralt, uralt". Indianer aus einem neuen Album ENTWEDERundODER, ziemlich rockig, ziemlich laut und das Publikum ging mit. Mit vielen kleinen Geschichten unterhielt der "Goiserer" seine Fans zwischen seinen Liedern. Da war die Geschichte vom heiligen Christophorus und vom heiligen Antonius und wenn man googelt "Heiligenlexikon" dann "haut's eich as Hei oba".

Die Texte des Musikers sind oft politisch und manchmal auch sehr gefühlvoll. Man glaubt Hubert von Goisern die Musik, die er macht. Seien es die lauten Töne, aber noch viel mehr die leisen Lieder. Lief im ersten Teil des Konzerts alles auf seinen Superhit Brenna tuats guat hinaus, so überwogen im weiteren Verlauf die ruhigen Lieder, die ihn berühmt gemacht haben. Natürlich wartete das Publikum auf seinen Platz-1-Hit. Und alle, die es bis dato noch nicht wussten, erfuhren nun "Wo da Teufel seine Kinda kriagt". Und alle sangen und klatschten begeistert mit. Mehr als 120 Minuten Musik ohne Pause wurde den stehenden Gästen geboten. Das Verhältnis der "Ausseer" zu den "Goiserern" wurde vom "Ober-Goiserer" eingehend beleuchtet und natürlich auch musikalisch instrumental mit Benni entsprechend gewürdigt. Still wurde es in der Halle, und so manches Pärchen rückte näher zueinander, als Hubert von Goisern wunderbare Lieder wie Heast es nit und Weit, weit weg anstimmte. Wobei man an diesem Abend den Eindruck gewinnen konnte, dass die Art der Musik der früheren Jahre mit den betont leisen und langsamen Liedern besser beim Publikum ankommt als die stark rockig betonten Klänge. Ohne Zugabe kamen die Vier natürlich nicht von der Bühne. Ein A-cappella-Jodler und zum Schluss noch das gefühlvolle Lebwohl "Es gäbe noch so viel, was da i noch sagen möchte, nur zwischen Tür und Angel red't es sich so schlecht, und weil i sowieso nit woaß, wo i anfangen soll, sag i einfach nur - Lebwohl". Und wer Hubert von Goisern gratulieren möchte: Am 17. November wird der Weltmusiker 60 Jahre alt.

Hubert von Goisern: Live in München - 9. November 2012

13. November 2012 | Fotos: © Elli Christl

Goisern fetzt im Circus Krone

Münchner Merkur 12. November 2012 | Text: Zoran Gojic

München - Am Freitagabend hat Hubert von Goisern im Circus Krone die Stimmung zum Kochen gebracht.
Dort zeigte er, dass er nicht nur Folklore kann - sondern auch richtig fetzen.

Hubert von Goisern ist der Mann, der Unmögliches möglich macht. Vor 20 Jahren brachte er junge Volksmusik-Verächter mit Akkordeonklängen zum Tanzen, später wagte sich der Hirtenrocker an asiatische und afrikanische Klänge und nun feiert er im reifen Alter von bald 60 Jahren mit kernigem Southernrock seine bislang größten Erfolge. Als Krönung wurde das explizit Kapitalismuskritische Brenna tuats guat zum Wiesnhit 2012, ausgerechnet.

Beim ersten seiner drei lautstark umjubelten Konzerte im jeweils ausverkauften Münchner Circus Krone gelingt ihm dann noch etwas Unvorstellbares: Er verzichtet auf seinen größten Hit Koa Hiatamadl – und niemanden schert es. Die Fans feiern die anderen, neuen Lieder umso ausdauernder. Womit wir schon bei einer anderen Sache wären, die erstaunlich ist: Junge und Alte, Trachtler und Hipster singen einträchtig mit und lassen sich selbst beim "Juchitzen" nicht lumpen.

Wer es nicht miterlebt hat, wird es nicht glauben, aber es ist so: Hubert von Goisern ist nicht nur ein Musiker, er ist ein soziokulturelles Phänomen. Erfreulicherweise belastet er sich nicht weiter damit, sondern nimmt es stoisch hin, dass ihm so viel Bemerkenswertes gelingt, wofür andere ihre Seele verkaufen würden.

Die Aura des unverdorbenen Teufelskerls, der keine Show macht, sondern seine Musik spielt wie es ihm gefällt, ist natürlich eines seiner Erfolgsgeheimnisse. Im Vergleich zum letzten Auftritt im Circus Krone, als von Goisern das Zelt regelrecht implodieren ließ, geht es diesmal etwas entspannter zu – die Strapazen der langen Tour mögen ein Grund dafür sein. Aber selbst ein leicht erschöpfter von Goisern hat immer noch mehr Energie als alle seine Epigonen und Nachahmer zusammen. Und weil das so ist, macht sich Hubert von Goisern nun zu einer weiteren Mission Impossible auf – bei den nächsten Konzerten bringt er Hamburgern und Dresdnern etwas süddeutsche Mundart bei. Es wird ihm gelingen.

Hubert von Goisern bei Heimatsound

6. November 2012 | Fotos: © BR/Ralf Wilschewski

Hubert von Goiserns Auftritt mit seiner Band bei Heimatsound in der Freiheizhalle München
wird am 16. November 2012 um 23:30 Uhr im Bayerischen Rundfunk gesendet.

Reggae begleitet den Jodler

Mainzer-Rhein-Zeitung 2. November 2012 | Text: Eva Szulkowski

Mainz - Klassisches Poprockschlagzeug trifft auf traditionelles Akkordeon, eine Westerngitarre vermischt sich mit Kuhglockenklingeln - bei Hubert Achleitner alias Hubert von Goisern dreht sich alles um den musikalischen Kulturclash.

Dem österreichischen Liedermacher, der auf der Suche nach neuen Klängen die sieben Weltmeere umsegelte, ist von der Steirischen Harmonika über die Flamencogitarre bis hin zur Nasenflöte kein Instrument zu abwegig, um nicht in seinem Klangkosmos Platz zu finden. Beim Konzert zur aktuellen Tour Brenna tuats guat in der Rheingoldhalle stand das Zusammenspiel von Rock und Volksmusik im Vordergrund.

Auch dabei bedienten sich von Goisern und Band bei allem, was nicht niet- und nagelfest ist, von Indierock über Funk und Psychedelic und gar Punkrock; Musikstile, mit denen viele der Konzertbesucher sonst wohl eher weniger anfangen könnten. Doch Hubert von Goiserns "Alpenrock" erlaubt verschiedenste Zugänge, etwa über volkstümliche Akkordeonmelodien und Refrains mit Alpenruf-Appeal - je nach Vorbildung kann sich da für jeden etwas finden lassen, der über seinen eigenen akustischen Tellerrand hinausblickt. Wer solche musikalischen Grenzen überwindet, den sollten auch Sprachbarrieren nicht abschrecken. "Verstehts ihr uns?", fragte der Liedermacher, der auf österreichisch textet, vorsorglich sein Mainzer Publikum. "Also ich versteh' euch ned. Ned alles. Aber wenn man sich bissl bemüht, dann geht des scho. Is ja doch nur Deutsch."

Zugleich macht er darauf aufmerksam, dass es zwischen Rheinpfalz und Oberösterreich durchaus Differenzen gibt: Welcher Mainzer kennt schon den Schutzpatron der Stadt oder gar die Hymne des Bundeslandes? Spitzfindig behandelt von Goisern in seinen Texten solche heimatliche Traditionen, ruht sich aber nie darauf aus: Die Hommage an seine Heimat Goisern dreht sich um Berge und Wiesen und mündet im "Jodelahiti", seine Band aber spielt dazu Jazz und Reggae.

Während einige Songs zum Konzertende hin mehr auf Mitsing- und Schlagerpotenzial setzen und damit etwas an Reiz verlieren, ist es diese immerwährenden Spannung zwischen Tradition und Experiment, die Hubert von Goisern interessant machen - auch oder gerade dann, wenn man mit Volks- oder aber mit Rockmusik ja eigentlich gar nicht viel anfangen kann.

Im Kosmos der Rockmusik

Allgemeine Zeitung 1. November 2012 | Text: Alfred Baiz | Foto: hbz / Kristina Schäfer
Hubert von Goisern

Hubert von Goisern - Famoser Mix aus Volksmusik und elektrifizierter Härte

Als Wolfgang Ambros Anfang der 90er Jahre einen jodelnden Ziehharmonikaspieler für sein Watzmann - Projekt suchte, war der Weg für Hubert von Goisern vorgezeichnet. In der Folge stahl er mit seiner brodelnden Energie, Jodelexzessen und musikalischer Virtuosität allen anderen die Schau. So ist die Rheingoldhalle gut gefüllt und das überwiegend ältere Publikum in bester Feierlaune. Wer den Brachial-Folker aus dem Salzkammergut kennt, weiß, dass er stets eine gute Show mit charmanten Überraschungen zu bieten hat. Denn Goiserns einzige Konstante ist der stete Wandel. Standen bei den recht traditionellen Alpinkatzen einst bis zu 15 (sic) Musiker auf der Bühne, so sind es jetzt gerade noch vier. Frech präsentiert Goisern sein gerade mal halb so altes Heavy Metal Trio, das das Publikum nach allen Regeln der Kunst durchschüttelt. Die anfangs noch reservierte Aufnahme der an Red Hot Chili Peppers, Van Halen und Tom Petty erinnernden Headbanger wandelt sich dank Dynamik und Spielfreude zu unbeschwertem Tanz und Feierlaune.

Anklänge an die Blaskapelle

Nie hat Goisern öfter zu Gitarre oder Keyboard gegriffen und sich von den Volksmusikwurzeln seiner Jugend und der "Steirischen" entfernt. Doch wenn er seine alte "Novak-Ziehharmonika" auspackt, erklingen Melodien, die er einst in der Bad Goiserner Blaskapelle gelernt hat. Im Konzert spart er sich seine Ausseer Tänze und Schnadahüpferl und das Hiatamadl Jodelinferno fürs Finale auf. Währenddessen spielen die Jungspunde Alex Pohn (Schlagzeug), Helmut Schartlmüller und Gitarrengott Severin Trogbacher so unverschämt frech und auf den Punkt, dass einem die Luft wegbleibt. Über weite Strecken erinnert das Konzert an eine Lehrstunde in Sachen Rockmusik. Blues, Rock'n'Roll, Doowop, Surf, Guitar Twang, Beat, Hardrock, Grunge und Rapmetal wechseln einander ab und lassen nie Langeweile aufkommen. Dass dabei überwiegend Rockklassiker vergoisert werden, kann man angesichts der Qualität der Originale kaum übel nehmen. Indianer erinnert an Clapton, Daimler an Janis Joplin. So geht Goiserns Reise von Little Richard über Dylan bis fast ins Nirvana.

Zum Glück bieten geschickt eingestreute Feuerzeugballaden und humorvolle Anekdoten Ruhepunkte auf der mit rosa Stehleuchten wie ein Wohnzimmer ausgeleuchteten Bühne mit dem Drachen als Wappentier. Auch wenn diesmal die traditionelle akustische Seite weitgehend auf der Strecke blieb, hat sich das oberösterreichische Chamäleon unverschämt agil und sexy für ein jüngeres Publikum empfohlen, das ihn noch entdecken muss.

Der rockende Poet aus Österreich

Oberhessische Presse 31. Oktober 2012 | Text: Uwe Badouin | Foto: Michael Hoffsteter

Hubert von Goisern hat am Montagabend in der ausverkauften Marburger Stadthalle gut 1 200 Fans glücklich gemacht – mit einem zweieinhalbstündigen, mitreißenden Konzert.

Hubert von GoisernMarburg. Die Bühne sieht heimelig aus. Hubert von Goisern hat – so scheint's – sein Wohnzimmer mitgebracht: Drei rote Stehleuchten und zwei große, helle Papierleuchten, ein großes Drachen-Poster auf dem roten Vorhang im Hintergrund machen die Bühne irgendwie gemütlich.

Den Fans – fast alle Ü-40 – kann's nur recht sein. Wenn sich Hubert von Goisern wohl fühlt, wird's ein gutes Konzert. Am Montag hat er sich offensichtlich sauwohl gefühlt – so würde es der Oberösterreicher wohl ausdrücken.

Hubert von Goisern ist 59 Jahre alt, doch die sieht man ihm nicht an. Schon immer ist er schier rastlos unterwegs in der Welt: In jungen Jahren war er lange in Südafrika, in Kanada und auf den Philippinen, von Mitte der 80er Jahre an zog er mit Wolfgang von Wien und ihren Alpinkatzen durch die Klubs. Nach dem Aus für die Band zog es ihn nach Tibet und Afrika, mit neuer Band tourte er seit 2007 fast ununterbrochen durch Europa.

Und überall, wo er war und ist, atmet er Musik, bedient sich bei Rock und Reggae, Folk und Polka und natürlich bei den Volksweisen seiner Heimat. Dies alles verbindet er souverän zu einem sehr eigenständigen Mix, der ihn berühmt gemacht hat – mal temporeich und rockig mal lyrisch und ruhig, fast immer mit alpinem Einschlag. Und dazwischen immer wieder großartige Jodler. Die wollte er nicht allein den Volksmusik-Schlagerleuten überlassen – was für ein Glück.

Was er singt ist in hessischen Gefilden fast egal, seinen oberösterreichischen Dialekt versteht hier kaum ein Mensch. Er könnte auch russisch oder chinesisch singen, so fremd klingt sein Deutsch. Leider, denn der charmante Geschichtenerzähler hat viel zu sagen – doch dafür bräuchte man ein Textbuch. Doch wie er singt, pfeift und jodelt ist einfach großartig.

Hubert von Goisern ist unglaublich vielseitig: Er spielt Gitarre, Keyboard, Ziehharmonika und Harmonika, Maultrommel, läutet Kuhglocken und spielt nebenbei noch eine Lapsteel-Gitarre. Zudem schreibt er einfach tolle Songs – wie die Antikapitalismushymne Brenna tuat's guat (das Geld), Koa Hiatamadl, Goisern oder Indianer von der aktuellen CD Entweder und oder. Und Janis Joplins Klassiker Mercedes Benz streut er ein, im Goisern-Gewand: "Geh Herrgott, schenkt's ma an Mercedes Benz".

Begleitet wird er von drei jungen, hochtalentierten Musikern, die ihn anbeten, für die die Tour mit Österreichs Weltmusiker ein Karriere-Highlight ist: Schlagzeuger Alex Pohn und Bassist Helmut Schartlmüller sorgen für das nötige Fundament auf dem sich Goisern und der virtuose Gitarrist Severin Trogbacher austoben können.

Zweieinhalb Stunden lang hat Hubert von Goisern in der seit 2006 mal wieder unbestuhlten Stadthalle ein mitreißendes Konzert geboten. In der unbestuhlten Halle zu spielen – das war Goiserns großer Wunsch, sagt Konzertveranstalter Hans Emmert.

Und man fragt sich, warum nicht mehr Veranstalter diese Halle so nutzen, auch wenn sich am Ende so mancher Goisern-Fan nach einem Stuhl gesehnt haben dürfte.

Indianer und berühmte Goiserer

Die Presse 27. Oktober 2012 | Text: sam

Hubert von Goisern bewies, dass Zünftigkeit und Subtilität kein Widerspruch sein müssen.
Bei ihm wird auch Georgia zu Goisern.

Seit den Sechzigern wurde Österreichs Volksmusik kontinuierlich auffrisiert und eingeschlagert. Diesen Behübschungszwang hat Hubert von Goisern mit seiner Vision von Neuerung durch Fusion souverän ausgebremst. Er hat Volksmusikelemente entfernter Kulturen, Rock- und Reggae-Grooves in seine Kunst integriert, die immer schon für eine gedankliche Überwindung des Provinziellen stand. Wenn er nun auf der Bühne der beinah ausverkauften Wiener Stadthalle fragte, ob sein Goiserer Dialekt auch wirklich verstanden würde, dann war das schon ziemlich kokett. Erstens leben im "Wasserkopf" Wien doch etliche Menschen aus den anderen Bundesländern, zweitens konzertiert Goisern höchst erfolgreich in Deutschland, wo man Ansagen wie "Dei Smile wiad oiwei breader" auch irgendwie versteht. Vielleicht wird Goiserns Musik außerhalb von Oberösterreich ohnehin schon als eine Art exotische Weltmusik rezipiert?

Die Ovationen waren jedenfalls sehr herzlich, als sein Konzert mit einem mystisch schimmernden Instrumental begann, das sich am Ende als Landeshymne von Oberösterreich herausstellte. Dann hielten mit Suach da an andern rockige Klänge Einzug: Da demonstrierte von Goisern zum ersten Mal an diesem langen Abend, dass die Maultrommel ein wertvolles Pop-Instrument sein kann, wenn sie mit kompromisslos harter Lippe gespielt wird.

Ein Hochgenuss war auch Indianer, wo Westerngitarren-Twangs und Ska-Beats ideal veschmolzen. "Kein Volksstamm bringt nur edle Menschen heraus, nicht einmal wir in Goisern", scherzte er, wohl in Anspielung auf einen gewissen populistischen Politiker. Beseelt dichtete er dann Georgia On My Mind zu einer Ode an Goisern um. In einem den Steirern zugeeigneten Lied zitierte er mit Textpassagen aus Ziwui Ziwui Wilfried, den dritten berühmten Goiserer. Der muntere Reggae Mercedes wurde mit progressiven Dub-Passagen und Ziehharmonikasoli dargereicht. Als Zwischenspiel erfreute Goiserns Version von Mercedes Benz. Nach allerlei kritischen Liedern wie I kenn oan und I vasteh di nit äußerte sich die Heimatverbundenheit dieses Weitgereisten letztlich in Hits wie dem Hiatamadl und Brenna tuats guat. Da war fürs richtige Alpenglühen gesorgt.