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GRENZENLOS TOUR 2002

Alles, was ich brauch

TLZ 26. Juli 2002 | Text: Thomas Stridde

Jena. (tlz) Mal ehrlich: Wer bislang nicht jeden Abend vorm Einschlafen ein Hubert-von-Goisern-Lied gesungen oder nicht wenigstens bayrisch-österreichischen Idiom in sich hat, der kann von den Texten des Austria-Musikers beim Kulturarena-Konzert am Donnerstag Abend nicht gar so viel verstanden haben. Und doch merkte selbst der Goisern-unkundige Mitteldeutsche einmal mehr: Ob Suaheli oder Chinesisch-Rückwärts, ist egal, wenn der musikalische Geist uns erreicht. Und wie von Goisern in sanfter Beugehaltung - a la Hexenschuss, nur viel lockerer - über die Bühne tänzelte, wie er alle Genre-Grenzen leicht passierte, das war atemberaubend. "Crossover" sagt man heute gern, wenn Musik in keine Schublade so recht passen will. Und da zur "Kulturarena" nach wie vor das Attribut "Weltmusik" gehört, stellte von Goisern mit seinen exzellenten Begleitmusikern (Spitze: Basser Toni Porto) eine Art Drehkreuz der "11." dar, um zu zeigen, was möglich ist: der verrockte Schuhplattler, die folkige Ballade, Funk und Soul.

Er mag keine Grenzen

Und natürlich experimenteller Ethno-Rock, den von Goisern aus dem prallen Leben geschöpft hat (gelebt in Südafrika und Kanada, Aufenthalte in Tibet, Tansania, jüngst eine Tournee durch Ägypten und Westafrika). Nicht von ungefähr sieht von Goisern in der internationalen kulturellen Zusammenarbeit eine Alternative zum "Krieg gegen den Terrorismus". Dem Jenaer Publikum erläuterte der Multiinstrumentalist zwischen zwei Songs seine Ansprüche mit Anekdotischem aus dem Alltag: Er erzählte vom Stress mit den Zöllnern beim Bereisen von Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, drum die EU-Osterweiterung die beste Lösung sei. "I moag koine Grenzen."

Wegen des Verständnisses beim Refrain-Mitsingen half von Goisern den Jenaern dann freundlicherweise noch auf die Sprünge: "Video! Video!" - Was meint der nun wieder damit?, fragte sich noch manch einer. Klartext vom Meister: "I bi oooa!" - Ich bin an. Das bedeute so viel wie: Ich hab alles, was ich brauch. - Danke, Hubert!

Hubert von Goisern - E-Werk, Köln

Soundbase Online Jänner 2003 | Text: SB

Hubert von Goisern & Marlene SchuenAls das Konzert begann, war ich gerade nicht ganz bei der Sache, weil ich aus dem Fotograben geflogen war und wie ein Verbrecher zur Kasse abgeführt wurde, aber das ist eine andere Geschichte. Hubert und seine sechsköpfige Band spielten im E-Werk ein geniales Konzert mit einer Stimmung, die sich auf beiden Seiten - Band und Publikum - von Lied zu Lied steigerte. Zunächst muss ich gestehen, war ich etwas irritiert über die Konzertbesucher, die überwiegend älteren Semesters waren und eher so eine Kegelclub-Atmosphäre verbreiteten, ziemlich seriös und irgendwie spießig "hörnse ma, da könnse aber nit stehnbleiben, da seh isch ja jarnix mehr...", aber das ist mein ganz persönlicher Eindruck. Zur Einstimmung kam Volxjammer genau richtig und es besänftigte mein von der Fotograben-Episode aufgewühltes Gemüt. Hubert und Band hatten sichtlich Spaß am jammen und infizierten das Publikum unweigerlich - mal abgesehen von den Spezis, die den Schuss noch nicht gehört haben und das liebe lange Konzert auf Koa Hiatamadl warteten. Wer dazu bereit war, ließ sich auf eine musikalische Weltreise entführen mit Abstechern nach Österreich, Indien, Afrika, Lateinamerika ... Spätestens nachdem Hubert von - sicher erst im Nachhinein - witzigen Erlebnissen in Ougadougu erzählte, war man bereit für Afrika und konnte sich treiben lassen. Eine Dschungel-Atmosphäre breitete sich aus durch abgefahrene Töne und Laute aus Huberts Kehle, die ihm nur die Affen im Gombe-Nationalpark geflüstert haben können. Die tropischen Temperaturen und die feuchtwarme Luft im mittlerweile aufgeheizten E-Werk machten dieses Jungle-Fever noch authentischer.

Vielleicht nicht nur das Resultat von Erfahrungen und Eindrücken, die Hubert auf Reisen nach West-Afrika, Indien, Ägypten etc. sammelte, sondern auch sein abgeschlossenes Studium der experimentellen Musik manifestieren sich in seiner Gabe, fremde Klänge mit vertrauten zu mischen und Kompositionen zu schaffen, in denen sich der Zuhörer gleichzeitig geborgen und aufgewühlt fühlt.

Hubert und Band gelingt es, vielfältige Musikrichtungen wie Funk, Jazz, Blues, Rock, Reggae, Seoul und Volksmusik stilvoll zu mixen und miteinander zu kombinieren. Die Mucke ist grenzenlos und sie lebt, gibt einem das Gefühl von Heimat und Fernweh, Geborgenheit und Neugier, Freude und Melancholie.

Der Ziehharmonika in Fön einen schrägen kratzigen Blues zu entlocken ist schon ziemlich abgefahren und irgendwie dreist!
Geil finde ich auch die zitternden Knie in Katholisch, die von Marlenes Geige überzeugend imitiert werden, Bernd Bechtloff wuselt rum wie ein Fraggle auf Extasy und nötigt mit seinem exotischen Percussion-Rhythmus fast zum abhotten und Matte-kreisen-lassen. Toni Portos Bass geht direkt ins Blut - d.h. die schnarrenden Klänge wabern schnurstracks in die Magengrube, genau dahin, wo datt Schnäpsken nach einem guten Essen landet und regen die umliegenden Organe zum vor-Freude-Hüpfen an. Keyboarder Burkhard Frauenlob nimmt im Sinne des Wortes die Schlüsselposition ein und trägt die Band souverän durch die Kompositionen. Eine Mischung aus neuen und alten Liedern erwartete die Zuhörer, so dass die Alpinkatzen-Fans für das fehlende Koa Hiatamadl entschädigt wurden. Traditionelle Lieder wie Huberts Trad-Interpretation von Stadltür holten uns also wieder in heimischere Gefilde zurück. War der Sound auch nicht optimal abgemischt, tat das weder der Stimmung noch dem musikalischen Rausch einen Abbruch. Massig Zugaben folgten und man musste es dem Goisern einfach glauben, dass er sich mit den Kölnern irgendwie verbunden fühlt, auch wenn er's nicht genau erklären kann.

Hubert von Goisern & Band

Pop-Info 14. Dezember 2002 | Text: Michael Stecker

Hubert von GoisernNach dem Megaerfolg von Hiatamadl zog Hubert von Goisern die Bremse und sich aus dem Musikgeschäft zurück. Das Ergebnis seiner ausgedehnten Reisen waren die beiden Ethno-CDs Gombe und Inexil. Mit Fön vermengte er seine Jodler mit Jazz, Blues und Rock, nur um im Anschluß daran mit Trad seine Interpretationen traditionellen Liedgutes zum Besten zu geben.

Mit seiner soeben erschienen CD Iwasig knüpft er eher wieder an Fön an und mischt Pop, Rock, Funk und Weltmusik mit seiner Art von Volksmusik. Zum ersten Mal seit langem veröffentlichte er mit Poika auch wieder eine Single. Nachdem die Radioredakteure bisher immer die Ausrede hatten, nicht alle Lieder einer CD anhören und spielen zu können, hat ihnen Hubert von Goisern diesmal eine Single präsentiert. Er ist aber überzeugt, dass er auch diesmal wieder nicht im Radio gespielt werden wird, wobei man schon auf die neue Ausrede der Musikredakteure gespannt sein kann.

Marlene SchuenHubert von Goisern schert sich nicht um Grenzen, geht unbeirrt seinen Weg und macht es seinen Fans nicht gerade leicht. Dies dürfte aber nicht zuletzt ein Grund für seinen ungebrochenen Erfolg sein. Viele Musikfreunde lassen sich nicht mehr mit musikalischem Fastfood abspeisen und sind sehr wohl bereit sich intensiver mit der dargebotenen Musik zu beschäftigen. Und so war es kein Wunder, dass auch der Hafen in Innsbruck ziemlich voll ist, als Hubert von Goisern mit Band kurz nach acht die Bühne betritt.

Schon nach wenigen Liedern hat ein sichtlich gut gelaunter Goisern das Publikum aus seiner Reserve gelockt und er nimmt die begeisterte Menge mit auf seine musikalische Reise um die Welt. So gibt er auch zwischen zwei Liedern Anekdoten über seine Reise nach Burkina Faso zum Besten. Musikalisch konzentriert er sich in erster Linie auf die drei letzten CDs, wobei von der aktuellen CD Iwasig Lieder wie Heilige, Poika, Afrika und I bi an natürlich nicht fehlen dürfen.

Die Fans tanzen und singen mit, nur um im nächsten Moment bei einer ruhigen oder sperrigeren Nummer umso intensiver zu lauschen. Ein toller Abend geht trotz der recht langen Spielzeit von beinahe drei Stunden viel zu rasch vorbei. Es wäre schön, könnte man solche Konzerte öfter erleben, aber das würde eine lebendigere heimische Dialektszene und mehr Unterstützung durch die Medien bedingen.

Hubert von Goisern: Live in Salzburg - 6. Dezember 2002

16. Dezember 2002 | Fotos: © Elli Christl

Goisern: Heimspiel mit kaputter Stimme

Salzburger Nachrichten 10. Dezember 2002 | Text: BEF | Foto: SN

Hubert von GoisernEtwa zur Hälfte des Konzertes im republic erzählt Hubert von Goisern, dass eine Reise nach Afrika keinerlei Erwartungen zulasse. Und doch könne er nicht verhindern, dass er immer wieder welche habe, die dann freilich dauernd über den Haufen geworfen werden. Da geht es den Besuchern bei einem Goisern-Konzert besser. Sie wissen, was sie bekommen (und mittlerweile kommt auch niemand mehr, um das Hiatamadl zu hören).

Dementsprechend herrschte am vergangenen Freitag Begeisterung ab der ersten Minute, sogar bei dem für seine Reserviertheit legendären Salzburger Publikum. Immerhin ist ein Goisern-Konzert ja ein Heimspiel für den gegenwärtig erfolgreichsten (Pop-) Kultur-Export der Stadt.

Auch dass der Goiserer mit einer nach anstrengenden Tourwochen bei winterlichen Temperaturen schwer angeschlagenen Stimme zu kämpfen hatte, dämpfte die Euphorie nicht. Im Gegenteil: Die neue Rauheit verlieh manchem im weiten Meer alpenländischer Weltmusik plätschernden Song einen ganz besonders bluesigen Charakter. Außerdem klingt die heuer im Frühjahr erst knapp vor einer mehrwöchigen Tour nach Ägypten und West-Afrika zusammengestellte Band mittlerweile wie eine verschworene Einheit. Nicht mehr allein das Charisma des Frontmanns wird von einem überwiegend weiblichen Publikum beklatscht, sondern auch das blinde Verständnis seiner Begleiter füreinander.

Der brasilianische Bassist Antonio Porto, die Grazer Gerhard Überbacher (Gitarre) und Bernhard Wimmer (Drums), Perkussionist Bernd Bechtloff und die nach dem Afrika-Trip engagierte Geigerin und Sängerin Marlene Schuen wuchsen unter der musikalischen Leitung von Keyboarder Burkhard Frauenlob zu einer dichten Einheit.

Sie lösen die Problemstellung der Verbindung von alpenländischer Tradition, westlicher Pop-Volksmusik und in aller Welt gesammelten Eindrücken mit Bravour. Der Auftritt zum Abschluss ihrer dreiwöchigen Club-Tournee durch Deutschland, die Schweiz und Österreich war ein zu Recht frenetisch gefeierter Ausklang eines intensiven Goisern-Jahres.

Hubert von Goisern: Live in Innsbruck - 3. Dezember 2002

16. Dezember 2002 | Fotos: © Elli Christl

Gemma nach Afrika

Tiroler Tageszeitung 4. Dezember 2002 | Foto: © Parigger

Mit seiner Tournee Grenzenlos zeigt sich Hubert von Goisern musikalisch von einer neuen Seite.
Sein Sound ist grooviger denn je.

Hubert von Goisern und Marlene SchuenHvG und Band sind diesmal mit leichtem Gepäck unterwegs: Instrumente und Verstärker sind ihr Equipment, der Rest wird vor Ort vom jeweiligen Veranstalter geliehen: "Das ist spannend, weil man sich ständig auf Neues einlassen muss", sagt Hubert von Goisern im TT-Interview vor dem Konzert. Offen und spontan ist auch das Konzert. In Summe ergibt das Blues, der lässig fetzt. Jazz, der immerzu an der Grenze zwischen Schmerz und Lust pendelt. Fremdes und Vertrautes tönt aus der diatonischen Ziehharmonika. Der hemmungslose Stilmix aus Funk, Jazz, Blues, Rock und Volksmusik ist vor allem durch die Rhythmus-Extasen seiner Band, die Geige, Mundharmonika, Bongos und exotisches Schlagwerk zu Gitarre kombiniert, geprägt. HvG und seine Geigerin Marlene juchzen und jodeln, murmeln und seufzen.

HvG zeigt sich gesprächig und erzählt von seinen Afrika-Reisen, bevor er "gemma, gemma, gemma nach Afrika" loslässt. Wie der Song afrika sind die meisten Songs von dem neuen Album iwasig (poika, heilige, aus is). HvG bringt Afrika und Europa zusammen ohne Schemata zu bedienen. Ihm scheint es um die Vermeidung von Gleichförmigkeit zu gehen. Erst später lässt er andere Songs, etwa Katholisch und Fön, los. Das Publikum freut sich, ist mit dem neuen Material aber voll zufrieden. Das zeigen die vom Tanzen verschwitzten Leiber.

Huberts neue schöne Welt

Weser Kurier Online 29. November 2002 | Text: André Hesel

Von Goisern zeigte sich im Modernes beeindruckend vielseitig

Jahre mussten sich Fans des Österreichers Hubert von Goisern mit dessen Alben zufrieden geben, doch momentan beglückt der Alpenrocker sein Publikum mit einer Flut von Tourneen und neuen CDs. Im knüppelvollen Modernes präsentierte sich von Goisern nun mit einer so überzeugenden wie mitreißenden Weltmusik. Rund drei Stunden gönnte die siebenköpfige Band ihren Bremer Fans - und keine Minute davon ließ musikalische Spannung vermissen.

Mit seiner jüngsten CD Iwasig hat der Multi-Instrumentalist (Gesang, Akkordeon, Bluesharp, Gitarren, Perkussion, Flügelhorn, Flöte), Jodler und Gesangsakrobat die Verwandlung vom Alpinrocker zum musikalischen Kosmopoliten vollzogen - und wie! Von Goiserns Konzert ist ein Panoptikum der Kulturen und Stile, die sich unter dem stimmigen Songwriting des Österreichers zu einem organischen Culture Clash verbinden, in dem die Grenzen allenthalben fließend verlaufen. Da mutiert alpine Folklore unter geschickter Gewichtsverlagerung zum schweren Bluesrocker, reist die mit Schlagzeug und zusätzlichem Perkussionisten wuchtig auftretende Band mal eben von Afrika in den Orient und zurück oder verwandelt sich ein keltisches Tänzchen unter einer Salsa-artig kreisenden Keyboardfigur in eine flächige - nun ja - Ambient-Drum&Bass-Groove-Nummer, um sich im nächsten Leben als traumhafte Rumba wiederzufinden. Keine beflissene Demonstration musikalischer Urlaubsdias ist das, sondern eine atmosphärisch arrangierte und homogene Mixtur, in der sich Genres wie Blues und Jazz, R&B und Funk, Pop, gefühlvolle Balladen, Volkslied, Reggae, Polka und ein ausgelassenes Samba-Trommelfeuer wechselseitig entwickeln.

So vielfältig die Musik, so vielseitig ist von Goiserns Band, die ständig Instrumentierung und damit Klangfarben variiert und stilistisch mit allen Wassern gewaschen ist. Wie Violoinistin Marlene Schuen, die als Sängerin mal eben den Jodler mit dem Soul vereint. Bernd Bechtloff, der eine ganze Armada traditioneller Perkussion-Instrumente in den Sound einbringt, und Keyboarder Burkhard Frauenlob, der so schön per Hammond-Orgel groovt, wie er dezent mit seinen Streichersounds operiert.

Afrika mit steirischer Zieharmonika

City Guide 27. November 2002 | Text: Barbara Zapf

Hubert von Goisern im E-Werk

Köln - Es war ein Feuerwerk der Klangwelten, was Hubert von Goisern im E-Werk abbrannte. Der Balkon bebte vom Getrampel des begeisterten Publikums. Was der Weltebummler aus dem Salzburger Land ablieferte war grandios.

Wem bei von Goisern nur das Hiatamadl einfiel, dem blieb hier die Spucke weg. Im roten Hemd, roter Hose mit schwarzem Smokingstreifen, die Haare zum Pferdeschwanz gebunden, rockte Hubert von Goisern mal a la Salsa und Merengue, mal im Reggea-Rhythmus (Katholisch), mal als Mama Africa, mal mit arabischen Sounds und auch als Rockmusiker über die Bühne.

Was mit einem ruhigen Landler aus Zieharmonika, E-Gitarre und Schlagzeug anfing, entfaltete sich zu einer Vielfalt an Klangwelten, die hörbar durch die unzähligen Reisen des unkonventionellen Barden inspiriert sind. Grenzenlos eben, wie der Titel der Tour.

Ob nachdenkliche Balladen, wie Über´s Wasser, Besinnliches wie Volxjammer oder Hand-Made-Rock vom Feinsten, Goisern ist live mit Band noch viel präsenter, als man ihn ohnehin schon kennt. Wenn er den Blues singt, wähnt man sich in Harlem, steppt er mit Marlene Schumann (Violine u. Gesang) über die Rampe fühlt man sich direkt nach Afrika oder in die Karibik versetzt.

Steel Drums erklingen aus dem Keyboard, Drums und Percussion scheinen miteinander zu sprechen. Hubert von Goisern gibt das Dschungel-Feeling dazu, indem er ins Mikro stöhnt, schreit und zwitschert. Alle Vögel des Urwalds scheinen sich im E-Werk niedergelassen zu haben. Und immer geht des fantastische Bass-Spiel von Antonio Bordo durch und durch. Sein Flajolet-Solo verstärkt die Mystik des Abends noch.

Selbst sozialkritische Songs serviert die Band mit einer Leichtigkeit, die ansteckend ist. "Wer singen kann soll singen, wer tanzen will soll tanzen" - klar, das lässt sich die begeisterte Menge nicht zweimal sagen. Der Großteil der Stücke stammt aus aktuellen Album iwasig, aber bei beinahe zweieinhalb Stunden ohne Pause, kommen auch ältere Songs zu ihrem Recht.

Als Goisern von seinen Afrika-Touren erzählt, wird es ganz leise im Saal, das liegt allerdings nicht daran, dass diese Geschichten schwer zu verstehen wären, es liegt daran, dass man den Österreicher so schwer versteht. Man übersetzt sich gegenseitig, was Herr Achleitner (so sein ursprünglicher Name) an spaßigen Touren durch den schwarzen Kontinent zu berichten hat.

Beispielsweise, dass er Burkina Faso nicht im Atlas gefunden hat - klar, der war veraltet und da hieß es noch Obervolta. Oder das Himmelfahrtskommando dorthin, als sie mit einem Tag Verspätung und nach 12 Stunden Staubfressen in einem kleinen Dorf ankamen, dort Bürgermeister und weitere Offizielle auf die Band warteten und es statt kalten Getränken Vorwürfe gab.

So heftig und ausschweifend waren die Vorwürfe gar nicht - wie sich herausstellte dauerte die Übersetzung bloß so lang, weil sich die Übersetzer das Gesagte erst mal gegenseitig übersetzen mussten ...

Egal welches Instrument Hubert von Goisern in die Hand nimmt, ob steirische Ziehharmonika, Mundharmonika, E- oder Akkustikgitarre, das Publikum geht mit. Sogar das Jodeln bringt er ihnen beinahe bei - als es aufgrund fehlender Virtuosität kritisch wird, summt man eben. Hauptsache mitmachen, denn dazu verleitet seine Musik.

Nach beinahe einer halben Stunde an Zugaben - bei Wia die Zeit vergeht standen so manchem Fan die Freudentränen in den Augen - bedankt sich Goisern bei seinem Kölner Publikum und stellt fest: "Jedes mal wenn i daher fahr' frei i mi aber wenn i so a Stund' da bin reiß' i allweil so an Blues auf. I weiß net, was des is'" Vielleicht liegt es am fallenden oder steigenden Rheinpegel, er weiß es nicht.

Das Publikum weiß das auch nicht, aber ihnen geht's mit Hubert von Goisern genau so.

In einer guten Welt

Frankfurter Rundschau 26. November 2002

Hubert von Goisern mit Jodlern grandios in Darmstadt

Es gibt genug Gründe für Hubert von Goisern, mit sich und der Welt zufrieden zu sein. Vor ein paar Tagen hat er auf Tour seinen 50. Geburtstag gefeiert, die Hallen sind überall rappelvoll und gerade eben haben seine österreichischen Landsleute Jörg Haider eine deftige Wahlniederlage zugefügt. So betritt er die Bühne der Centralstation in Darmstadt lächelnd und entspannt und legt mit seiner Band los wie in den seligen Tagen seiner früheren Band, den Alpinkatzen.

Mit seiner Mischung aus E-Gitarre und Volksmusik prägte der mit Hendrix und Ernst Mosch Aufgewachsene den Begriff Alpenrock. Als diese Musik zum Markenzeichen und engen Korsett zu werden drohte, löste er die Band auf, ging auf Reisen und wandte sich der Weltmusik zu.

Davon gibt es zunächst keine Spur. Statt dessen Euphorie pur, das Akkordeon lärmt und es wird gejodelt nach Leibeskräften. Doch fast unmerklich schleichen sich andere Elemente ein, die Stücke werden abwechslungsreicher: ein Bläsersatz, ein Latino-Zitat, ein bisschen Jazz. Und so steigert es sich, bis in ein- und demselben Stück Folk, Salsa, Motown, Jazz, Rock, tibetanische Klänge und die fast allgegenwärtigen Jodler Platz finden. Was sich wie eine Leistungsschau in Free-Jazz-Manier liest, ist im Konzert eine mitreißende Mischung.

Dass Musik weltweit verwandschaftliche Wurzeln hat, ist kein neues Erkenntnis, doch Hubert von Goiserns Musik ist derzeit der überzeugendste aller Beweise. Lediglich in den Balladen ist er nicht ganz so stark, da unterscheidet sich der Sänger von Liedermachern wie Georg Danzer nur noch durch seine Jodler, die auch als dramatisches Element gut funktionieren.

Die These, dass böse Menschen keine Lieder haben, ist längst widerlegt. Doch deren Lieder zeichnen sich gerne durch Berechnung oder musikalische Eindimensionalität aus, und so muss Hubert von Goisern ein guter Mensch sein. Vor kurzem jodelte er gar unter den Pyramiden, als er im Ägyptischen Assiut mit Mohamed Mounir ein gemeinsames Konzert gab. "Danke fürs Kommen und Danke fürs Mitgehen" sagt er am Ende strahlend und verabschiedet sich mit einem tibetanischen Gruß.

Nun müsste nur noch Jörg Haider mit Jürgen Möllemann eine Männergruppe gründen und nach Texas emigrieren. Dann würde das Gefühl, in einer guten Welt zu leben, noch länger anhalten als für kurze Zeit nach diesem Konzert.