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S'NIX TOUR 2008-09

Glücklich auch ohne Jodeldiplom

Siegener Zeitung 2. Juni 2009 | Text: bö | Foto: dima

Hubert von Goisern musizierte für Friesen, Kirgisen, Wittgensteiner und Siegerländer
Formidable Band spielte zweieinhalb Stunden Alpenrock vom Feinsten.

Hubert von Goisern

Es blubbert aus den Boxen. Fast schon psychedelisch. Dann ist "Showtime". Und wie. Die Band legt einen Blitzstart hin. Drei Mädels schwenken aufblasbare Gitarren. Auf dem Giller brennt die Luft. Hubert von Goisern hat eine Botschaft: Alle sind willkommen! Friesen, Kirgisen, Muftis und Grufties. Und natürlich auch die rund 2000 im KulturPur-Zelt am Sonntagabend auf dem Giller.

Zweieinhalb Stunden lang feiert der österreichische Alpenrocker mit den Wittgensteinern und Siegerländern. Bergvölker unter sich, eben. Nicht ganz, denn die Kennzeichen der Autos auf den Parkplätzen zeigen, dass zu Pfingsten nicht der Weg, sondern KulturPur das Ziel ist. Alle sind willkommen. Die aus dem "Land der Könige", aus dem Hochsauerland, aus Köln und dem Ruhr-Revier. Wenn einem so viel Gutes widerfährt, das ist schon einen kräftigen Begrüßungsjodler wert.

Musik verbindet. Über Grenzen hinweg. Das wissen nicht viele besser als von Goisern, der in den vergangenen Jahren mit dem Schiff unterwegs war. Bis zum Schwarzen Meer. Und ein wenig hat der Musiker, der einst mit den Alpinkatzen neue Töne schnurrte, schon von einem Matrosen. Ganz in Weiß führt er seine Crew auf den Giller-Landgang. Heimisch fühlt er sich auch ohne Wasser, denn wo sonst im für die Ösis "platten" Land bekommt er schon die Heimatgefühle beim Anblick einer Sprungschanze geboten?

S'Nix ist der Titel des jüngsten Albums und der Tour und den führen Hubert Achleitner, der sich nach seiner Heimatgemeinde von Goisern nennt, und seine prima eingespielte Band ad absurdum, denn da wird einiges geboten. Eine mal nachdenklich stimmende, meist aber in die Beine gehende Melange aus Rock, Pop und natürlich der "Musik von dahoam".

Volksmusik, richtig. Aber keine volkstümelnden Klänge, die belanglos vor sich hin seiern. Auf den Baumwollfeldern wurde der Blues geboren, zwischen den Bergspitzen wird gejodelt. Und auf dem Giller auch. Und das Publikum versucht es zumindest. Und immer wieder verpackt von Goisern in seinen Texten durchaus politische Botschaften: Herschaun.

"I wü' leben...", schmettert Hubert von Goisern, der nicht "nur" Gitarre und Ziehharmonika spielt, sondern auch auf der Trompete glänzt, dem Publikum entgegen. Da gibt es keine zwei Meinungen. Das Zelt bebt vor Lebendigkeit. Gitarrenbreitseiten von Severin Trogbacher, grundiert von Bassmann Helmut Schartlmüller und Drummer Alex Pohn, sind eine kräftige Facette des Sounds. Überhaupt, die Musiker. Leichtmatrosen hat das Alpenrock-Flaggschiff nicht an Bord, sondern durchweg überzeugende Solisten, wie den Keyboarder David Lackner, die rhythmusstarke Percussionisten Maria Moling sowie Elisabeth und Marlene Schuen, die mit ihren Violinen manche Schuhsohle zum Glühen bringen. Und singen können die, da wird sogar dem Yeti warm ums Herz ...

Klar wird immer wieder mal die Schublade Weltmusik aufgezogen, aber es ist "Showtime", und die wird durch einen rasanten percussiven Drive meist hochtourig gefahren. Aber gerade beim Mercedes Benz, der eine fast im Zeitlupen-Stil intonierte Reggae-Karosse maßgeschneidert bekommt, wird die ganze Klasse der Combo deutlich. Der Giller mutiert - durch den Umweg über Austria nach Jamaika - zur grünen Insel, die sich lockert und entspannt. Das Publikum tobt, verlangt nach mehr und bekommt einen kräftigen Nachschlag. Auch wenn keiner das Jodeldiplom bekommt, beim Verlassen des Zeltes sieht man fast nur strahlende Gesichter.

So alpin kann der Giller klingen

Westfälische Rundschau 2. Juni 2009 | Text & Fotos: Lars-Peter Dickel

Hubert von Goisern kam nach sechs Jahren zurück und begeisterte

Hubert von Goisern

Hilchenbach. Einzigartig und außergewöhnlich. Das Warten auf Hubert von Goisern hat sich mehr als gelohnt. Nach sechs Jahren fand das musikalische Multitalent mit seiner aktuellen S'nix-Tour wieder den Weg vom Salzkammergut ins Rothaargebirge. Als Sonntags-Top Act lieferte Goisern mit seiner Band eine zweieinhalbstündige Melange aus mitreisenden und nachdenklichen Klängen und Texten.

Wie kein zweiter kann er die Brücke zwischen traditionellen folkloristischen Elementen und knallhartem Rock schlagen. Brücken schlagen ist überhaupt sein Ding: Der Kosmopolit ist immer auf der Suche nach neuen Eindrücken und Inspirationen, die er in seiner Musik verarbeitet. Er war schon in Afrika, um festzustellen, dass auch da die Menschen jodeln. Und er fuhr die letzten zwei Jahre die Donau und den Rhein auf und ab, um Länder, Menschen und deren Musik kennenzulernen. Sie ist die Brücke zwischen den vermeintlich fremden Kulturen. Bulgarien, Rumänien, Moldawien und die Ukraine hat er gesehen: "Und glaubt's mir, die hom genau so viel Angst vor uns, wie mir vor ihnen". Aber mit seiner Ziehharmonika hat Hubert von Goisern die Grenzen überwunden und viele Freunde gefunden. Musik ist die Sprache, die jeder sofort versteht.

Mit "Heast as nit" in die Nacht

Maria, Elisabeth und Marlene

Auch die 2200 Konzertbesucher im großen Theaterzelt auf dem Giller steckte er mit seinen Melodien an und brachte sie zum mitsingen und jodeln: "Mit'm Singen ist's wie mit'm Skifoan. Es koan net a jeder so foarn wie Hermann Maier oder Bode Miller und trotzdem foarn a viele Ski".

Als textsicher erwies sich das Publikum natürlich bei den bekannten Weisen Weit, weit weg oder Omunduntn. Selbst beim Juchitzer überschlugen sich die Stimmen der Mittelgebirgs-Tiroler und bewiesen, dass auch hierzulande alpiner Rock gejodelt wird.

Der 56-jährige Goisern reift mit jedem Jahr auf Tour, zu Lande und zu Wasser. Und das, was Goisern auf die Bühne zaubert, ist einmalig. Wie ein Derwisch sang, tanzte und spielte sich der Österreicher in einen Rausch und in die Herzen seiner Fans: Gitarre, Trompete und Zieharmonika, er beherrscht sie alle. Nicht weniger virtuos sind auch seine sieben jungen Musiker, die mit ihm eine außergewöhnliche Spielfreude entwickelten.

Erst nach vier Zugaben entließ die begeisterte Zuhörerschar Hubert von Goisern. Mit Heast as nit, einem seiner bekanntesten Stücke, und dem krönenden Abschluss des Konzerts verabschiedete er sein Publikum in die Nacht.

Noch dichter und raffinierter im Sound als bisher

Badisches Tagblatt 25. April 2009 | Text: Frank Ketterer

Hubert von Goisern präsentiert sich in der Reithalle Offenburg als Weltmusiker:
Härter und rockiger, aber weiterhin unverfälscht

"Ich kann nicht Volkslieder bis zum Abwinken spielen", hat der Volksmusiker Hubert Achleitner, der im österreichischen Bad Goisern geboren ist und sich auch so nennt, unlängst der Frankfurter Allgemeinen Zeitung anvertraut, und ein bisschen in Sorge konnte dieser Einlass zumindest die eingefleischten Fans von Hubert von Goisern durchaus versetzen. Denn was würde aus ihrem Hubert, dem wohl modernsten und gleichsam doch alpinsten Volksmusikanten der Alpenrepublik, werden, wenn er sein ureigenstes Musik-Terrain verlässt und die Nase plötzlich gestrichen voll hat von, nun ja, eben von seinen Volksliedern?

Die Antwort auf diese Frage ist der mittlerweile 56-Jährige nicht lange schuldig geblieben. Im letzten Jahr hat er sein neues Album S'Nix veröffentlicht, jetzt reist er mit der gleichnamigen Tour auch durch deutsche Lande, am Donnerstagabend machte von Goisern Station in der ausverkauften Reithalle in Offenburg. Erleichternde Erkenntnis nach annähernde dreistündigen Konzert: Von Goisern ist durch und durch Volksmusiker geblieben. Er hat nicht etwa sich geändert, sondern das ganze Genre - und die Behauptung scheint nicht vermessen, dass der Volksmusik durch von Goiserns S'Nix eine neue Dimension hinzugefügt worden ist.

Dabei sollte man den Fehler, sich in Begrifflichkeiten zu verlieren, tunlichst vermeiden. Ein normaler Volksmusiker war Hubert von Goisern schließlich noch nie. Schon von jeher hat er, der als der Erfinder des Alpenrocks gilt, Traditionelles mit Moderne gemischt, ganz konkret: Alpines Volksliedgut mit Rockmusik. Nichts anderes macht er vom Prinzip her heute noch, nur dass in seiner Musik mittlerweile mehr Volk und Völker zu stecken scheinen denn je - und mehr Moderne obendrein. Von Goisern ist längst kein verrückter Almdudler mehr, der aus Versehen seine Zieharmonika an den Gitarrenverstärker angeschlossen hat und dazu jodelt, sondern ein Weltmusiker in allerbesten Sinn.

Dafür, dass die heimatlichen Berge und Täler ihm mittlerweile zu eng geworden sind, gibt es gar einen bildhaften Beleg: In den zurückliegenden beiden Jahren ist der 56-Jährige mit einem zur Bühne umgebauten Schiff über die Donau bis ans Schwarze Meer geschippert, hat immer wieder an neuen Stellen angelegt, einheimische Musiker getroffen und mit ihnen musiziert.

Das Album S'Nix und auch die nun stattfindene Tour ist von diesem musikalischem Reiseabenteuer hörbar geprägt. Auf dem Schiff, so sagt es HvG selbst, sei - menschlich und künstlerisch - Neues entstanden und herangereift. Dazu passt, dass der Erz-Volksmusikant erstmals nicht mit fertigen Ideen inst Tonstudio gegangen ist, die von seinen Mitmusikern nur noch umgesetzt werden mussten, sondern die Songs aus langen Sessions entstanden sind, quasi als Fortsetzung der Schiffsmusik.

Herausgekommen, das hat der bezaubernde Abend in der Offenburger Reithalle gezeigt, ist ein ziemlich neuer Hubert von Goisern. Noch rockiger ist er geworden, teilweise auch härter und lauter, auf jeden Fall dichter und raffinierter im Sound. Und noch vielseitiger, vor allem was die Stile angeht. Soul, Rapp, Funk, Reggae, Jazz purzeln da übereinander - und paaren sich bisweilen hemmungslos mit Ländler und Polka, vorgetragen von einer ebenso jungen wie vorzüglichen Band, die die Musik, egal welcher Art, stets auf den Punkt zu bringen weiß.

Als die größte Kunst von Goiserns freilich darf gelten, dass er sich in all seiner Selbstmodernisierung nicht verloren hat. Denn nicht nur weil er immer noch jodelt und die Zieharmonika schwingt, wird vom ersten Takt an klar: Das ist Hubert von Goisern. Echt. Unverfälscht. Wie der alte. Nur seine Volkslieder, die sind atemberaubend neu.

Lauter Protest und leise Liebeslieder

Oberhessische Presse 28. April 2009 | Text: Carsten Beckmann | Foto: Fredy Haas

Trotz Ziehharmonika und Jodelgesang: Hubert von Goisern schlägt mit aktuellem Programm neues Kapitel auf

Die meisten Besucher in der ausverkauften Stadthalle wurden am Samstagabend überrascht von einem Hubert von Goisern, den sie
seit Jahrzehnten zu kennen meinen und der im Jahr 2009 doch so ganz anders daherkommt.

Hubert von Goisern & BandMarburg. Von einer Flussreise erwarten Menschen in der Regel, sie möge einen lange nachwirkenden, beruhigend-meditativen Effekt auf das Seelenkostüm haben. Auf Hubert von Goisern und seine Mitmusiker muss das Herumschippern auf der Donau bis hin zum Schwarzen Meer einen gänzlich anderen Effekt gehabt haben: einen kreativen Schub, eine Freisetzung geballter kollektiver Kraft, die das Publikum in der Stadthalle am Samstag atemlos in die Sitze nagelte.

Die meisten Nummern des aktuellen Goisern-Albums S'Nix leben von einer ungewohnt geradlinigen und kraftvollen Rockattitüde, die - Ziehharmonika hin, Jodelgesang her - nach allen welt- und volksmusikalischen Abenteuern definitiv ein neues Kapitel in der Karriere des Hubert Achleitner aus Bad Goisern im Salzkammergut darstellt.

Von Goiserns neuer Gitarrist Severin Trogbacher ist sicherlich hauptverantwortlich für den Druck im Bandgefüge: ein konsequent auf angezerrte Riffs gepolter Musiker, dem trotzdem so gar nichts vom üblichen Rampensau-Machismo seiner Zunft anhaftet. Vielmehr sucht Trogbacher den Blick zur Band, den Kontakt zu Hubert von Goisern, die Nähe zu Maria Moling, Elisabeth und Marlene Schuen. Die drei Südtiroler Sängerinnen und Musikerinnen liefern Hubert von Goisern intelligent arrangierten Satzgesang, ein filigranes Percussion-Konzept sowie einen stimmungsdienlichen Mini-Streichersatz. Und sie sorgen für jede Menge anarchische Lebensfreude auf der Stadthallenbühne, auf der zwischenzeitlich ein minutenlanger Kampf mit der Mikrofontechnik ausbricht. Das moderiert der Bandleader charmant weg, schnappt sich das einzig noch funktionierende, eigentlich für die Trompete gedachte Mikro und bittet am Ende des Abend um Nachsicht für die Panne, die das Publikum längst schon vergessen oder gar nicht wahrgenommen hat: "Uns ist dahinten vorhin alles abgeraucht."

Nach wie vor ist von Goiserns Themenkanon bestimmt vom lauten Protest gegen herrschende Verhältnisse und vom leisen Singen über die Liebe. Das unterscheidet ihn nicht unbedingt von Künstlerkollegen aus der Volksmusikecke, die ihrerseits allerdings gerade für diese Themenwahl belächelt oder angefeindet werden. Die Stimmigkeit der Bilder im Songwriting, die peinlichkeitsfreie Nachvollziehbarkeit seiner Botschaften ist es vielleicht, die es Hubert von Goisern erspart, für banal gehalten zu werden. Große Philosophie ist es ja beileibe nicht, zu sagen, dass es dieselben Straßen sind, "die dich heimführ'n oder fort". Und dass man Fehler einplanen sollte, wenn man sich dazu entschließt, über seine Grenzen hinauszugehen, ist ebenfalls keine Exklusivweisheit, sondern ein Lehrsatz, der sich vermutlich in jedem Karriereratgeber an irgendeiner Stelle finden lässt.

Allein: Hubert von Goisern darf über all diese Dinge singen, weil sein Publikum weiß, dass sie das Resultat ureigener, reflektierter Erfahrungen sind. Und er darf über all diese Dinge singen, weil's dazu eben diese wunderschöne, nie für länger als 30 Sekunden kalkulierbare Musik gibt. Denn auch das ist seit Alpinkatzen-Tagen das Konzept Goisern: Selbst in ausgelassener Ländlerseligkeit immer wieder so viele rhythmische und harmonische Brüche einzubauen, dass jeder Versuch des Mitklatschens zum Scheitern verurteilt ist. Mitsingen und ein wenig jodeln dürfen dann aber auch die Marburger. "Fesch" bekommen sie's hin, sagt Hubert von Goisern, leiser zwar als die Erfurter Zuhörer am Abend zuvor: "Aber das war mir dann auch nicht so recht."

Jubilierende Harmonika zu Reggae und steierischen Jodlern

Oberhessische Zeitung 28. April 2009 | Text & Foto: Lademann

Österreichischer Musiker Hubert von Goisern vor 1000 Fans in Marburger Stadthalle

Hubert von GoisernMARBURG (lad). Wer viel reist, der erweitert seinen Horizont. Davon kann der österreichische Musiker Hubert von Goisern mehr als nur ein Liedchen singen. Dass der heute 56-Jährige schon immer den musikalischen Weitblick über die Gipfel des Salzkammergutes hinweg suchte, macht ihn auch heute noch zum Vorreiter des so genannten Alpenrock. Seine 1000 Fans, die in die ausverkaufte Marburger Stadthalle geströmt waren, wissen aber, dass sein spezielles Geheimnis davon lebt, eben nicht nur die volksmusikalischen Klänge der Alpenkultur mit röhrenden Gitarren zu kreuzen. Vielmehr beweist er auf seiner aktuellen S'Nix-Tournee wieder einmal sein geschicktes Händchen dafür, die Musik verschiedener Kulturen der Welt zu inhalieren und wie mit der Verstärkung seines heimatlichen Echos der Berge gegen gewisse Engstirnigkeiten und regionale Abgrenzungen zu rebellieren. Und so jodelt, singt, schreit und brodelt von Goisern mit kräftigem oberösterreichischen Akzent, bläst jazzig seine Trompete, zupft die Gitarre, trötet auf dem Euphonium oder lässt vor allem zünftig und schmissig seine steirische Harmonika jubilieren, ohne seine Identität und Herkunft zu leugnen. Das klingt dann mal hymnisch und balladesk, oder mal fetzig und mitreißend feurig.

Passend für sein entzündetes alpenländisch-weltmusikalisches Feuerwerk eröffnete der Alpenrocker das gut dreistündige Konzert mit der Ouvertüre Showtime seines neuen Albums: "Hinter mir da spüt a geile musi, und de schiabt als wia de sau", und stellt in dem Song auch gleich seine siebenköpfige Band vor. Die besteht im Gegensatz zu von Goisern aus recht jungen Musikern - vier Instrumentalisten und drei slowenische Backgroundsängerinnen, die neben ihrer vokalen Stärke auch als Geigerinnen und Trommlerinnen brillieren oder frech die Hüften kreisen lassen.

Nach neuen Titeln wie dem von Balkanfolkore geprägten Herschaun, dem gefühlvollen Liebeslied Die Liab oder der donnernden Hymne Sieger erklang von dem 1992er-Album Aufgeigen statt niederschiassen, mit dem er damals seinen großen Durchbruch zusammen mit seiner ehemaligen Band Die Alpinkatzen hatte. Es folgten das ebenfalls hymnische, sehnsüchtige Weit, weit weg und das von "Huidiei jodleiri Huidiridi"-Gesängen durchzogene Heast as nit.

Sehr ergreifend und Gänsehaut erzeugend jodelte eine der Sängerinnen das getragene Juchitzer, in das von Goisern mit seiner Trompete einstieg. Und immer wieder war der Sound von Polka-, Ska-, Reggae-, Rock- oder orientalischen Klängen durchzogen. Mit stehenden Ovationen forderte das begeisterte Publikum eine lange Zugaberunde ein.

Ein Konzert - fast so wie eine Messe

Giessener Allgemeine 27. April 2009 | Text: no | Foto: ik

S'Nix - das muss beileibe nicht heißen, es sei nichts gewesen, nichts habe sich ereignet,
nichts habe man gesehen oder gar gefühlt.

Hubert von Goisern & BandBei seiner aktuellen, 2008 veröffentlichten CD-Produktion mit dem genannten Titel gibt der österreichische (Welt-) Musiker Hubert von Goisern wieder mal so etwas wie den Meister des Unberechenbaren. Nicht anders war es am Samstag in der Marburger Stadthalle, wo der Erfinder des Alpenrock ein gut zweieinhalbstündiges S'Nix-Tour-Konzert spielte. Dabei kam der Mann für leise Töne und sprachgewandte Poet durchaus lautstark daher: Volle Lotte, das war nichts für traditionell volksmusikalisch trainierte Ohren.

Anfangs vernahm das Publikum im ausverkauften Erwin-Piscator-Haus über ein halbes Dutzend "neuer" Goisern-Lieder; allesamt Kompositionen, die bereits 2007, während des ersten Teils der im nahen Sommer in Linz mit etlichen, unterwegs getroffenen Gastmusikern endenden Europa-Tour gereift waren, also auf dem mit einem (Bühnen-) Schiff zurückgelegten Weges bis ans Schwarze Meer. Lieder, die das deutsche Publikum an Rhein und Main vergangenes Jahr zu hören bekam. Darunter das Stück Herschaun: "Vorbeischaun, Herschaun, Zuaschaun, Nit wegschaun. Da brauchst di' gar nit umschaun, da musst du drauf schaun. Wer hat'n was g'sagt von einschaun? Des sollst da anschaun, nur anschaun, weil da kannst da was abschaun. Du muasst a nit aufschaun, nit mitschaun, du sollst selber schaun. Wia schaust'n du drein? Nit blöd schaun. Aber verschau di' nit"

Goisern spielt mit den Worten - mal witzelnd, mal ernst. Er verpackt deutliche Kritik in krachende Volksmusikakkorde alpenländischer Eigenart. Er spielt Reggae und Blues und Rock 'n' Roll. Er fragt nach dem Wesen der Zeit, nach der besseren oder der schlechteren, nach dem was war, das aber keinesfalls das, was ist, überlagern dürfe. Er lässt Gegensätze vor Augen treten, schafft so gedankliche Bewegung: hoch und tief, fern und nah, schwarz und weiß. Und wenn er nonverbal musiziert, also jodelt, dann vermittelt er Lautmalereien und Klangbilder, die dazu taugen, des Zuhörers Phantasien über das Aussehen der Welt an fremden Gestaden anzuregen: breit und ausladend ein durch das Land sich ziehender Wasserstrom, hoch zum Himmel sich reckende Berge, der Horizont mit der sinkenden Sonne übergehend in ein prall gefülltes Firmament voller Sterne.

Überraschend und den Abend noch kurzweiliger machend, dass Goisern eine Reihe "alter Bekannter" anstimmte. Der Juchitzer war dabei in Marburg, klar. Auch das Weit, weit weg. Zudem seine druckvolle Version von Janis Joplins Mercedes Benz. Das Obnunduntn gab's auf die Ohren. Das eindringliche Liebeslied Spat für den Nachhauseweg - und, dritte Zugabe, das Heast as nit. Oh, Goisern-Herz, was willst Du mehr...?

Außerordentlich spielfreudig die österreichischen Musiker David Lackner (Keyboards / Synthie), Alex Pohn (Schlagzeug), Helmut Schartlmüller (Bass) und Severin Trogbacher (Gitarre). Und dann "die drei Engel des Herrn H.", die ladinischen Schwestern Elisabeth und Marlene Schuen sowie deren Cousine Maria Moling: Qualifizierte Sängerinnen, die Frauen aus La Val in Südtirol, sicher im Satzgesang ebenso wie bei Soli, zudem - die Schuens - die Geigen virtuos spielend oder - Moling - mit den Percussionsinstrumenten das Gesamtbild abrundend. Griff der Meister nicht nur zur Ziehharmonika: Mit der Trompete waren Tonfolgen zu hören, wie man sie von Miles Davis kennt, Jazz eben. Mit der E-Gitarre war Goisern keineswegs nur "Hardrocker". Und letztlich holte der Weltmusiker und Menschenfreund, der sich und sein Tun keinesfalls schematisch "eingekastelt" haben will, auch das Flügelhorn hervor.

Da war alles dabei. Oder, wie Goisern sagt: "Ein Konzert ist fast so was wie eine Messe. Da passiert was Außergewöhnliches. Und wenn's gut geht, dann gehen die Leute verändert nach Hause. Glücklicher."

Hubert von Goisern: Live in Saarbrücken - 22. April 2009

28. April 2009 | Fotos: © Sarah Marchant

Alpenglühen und Metallica

Badische Zeitung 25. April 2009 | Text: Robert Ullmann | Foto: Peter Heck

Hubert von GoisernOFFENBURG. Ein schönes Akkordeon hat er, der Hubert Achleitner aus Bad Goisern am Hallstatter See im Salzkammergut. Es ist weiß mit roten Lamellen. Er spielt es nicht allzu oft in diesem Drei-Stunden-Konzert am Donnerstag in der Offenburger Reithalle - aber wenn, dann ist es immer ein ganz besonderer Moment an diesem Abend, der so unterschiedliche und scheinbar auch so widersprüchliche Musik bot.

1000 Besucher waren gekommen - voller war die Reithalle nie - und der Stimmungspegel rangierte von "begeistert" bis "völlig aus dem Häuschen", abgesehen von den Momenten, in den der Alpenrocker Hubert von Goisern zum Menschheitsmelancholiker wurde. Die waren so selten nicht, und von ihrer Langzeitwirkung her sind diese nicht unpathetischen, teils geradezu religiös überhöhten Stücke vielleicht die eindrücklicheren. "Wenn's Liacht in den Gedanken ausgeht ..." singt-sinniert der 56-Jährige, und baut mit seiner siebenköpfigen Band ein Klanggemälde auf: Der Beginn ist ganz lyrisch, Geigentupfer, eine wiederholte Keyboardfigur wie ein leises helles Pochen, glockig-verschwebte Gitarrenakkorde. Goisern spielt Trompete, gestopft, melancholische Linien, die auch in eine Nachtbar passen würden. Die drei Backgroundsängerinnen - sie spielen auch Geige oder bedienen Schlagwerk - legen wispernde Uuhs und Aahs drüber. Goisern tauscht die Trompete gegen das rot-weiße Akkordeon, gibt erzitternde, seufzende Klänge dazu. Faszinierend ist, wie er diese Zutaten verdichtet, mit seinem Gesang das Stück dann unversehens ins Dramatische wendet. Der Mädchenchor wird sirenenhaft, der Rhythmus stampft schwer, paukt sich ins Gehör. Die Band baut eine Soundwand auf. Goisern nimmt wieder die Trompete, diesmal ohne Dämpfer, prustet grelle Einwürfe in die brodelnde Klangmasse.

Der Bittsteller ist beleidigt, weil Gott nicht von selbst auf die Idee kam

Szenenwechel. Eine Stunde später. Blues- und Rockfans aus Goiserns Generation kennen den Janis-Joplin-Klassiker Mercedes Benz, ein A-cappella-Stück. Goisern präsentiert es im Reggae-Rhythmus, mit Akkordeon natürlich. Das schrammelt zunächst ganz nett, ironisch wie der Text, in welchem der Herrgott um ein bisserl mehr Luxus gebeten wird. Im etwas zerknautschten österreichischen Dialekt klingt das, als sei der Bittsteller beleidigt, weil Gott nicht von selber auf die Idee kam. Der Song schrammelt also recht humorig, zieht kräftig an. Dann - flatsch! - steigt die Band komplett aus, bis auf den Bassmann. Der lässt seinen Groove-Bass weiter grooven. Am Schlagzeug kaum hörbares Klickern. Goiserns Rot-Weißes seufzt indigniert dazu. Und dann die Mädchen am Mikro: inbrünstige Gospel-Uuhs, erst leise, schließlich immer ekstatischer und wilder. Alles zu diesem ironischen Reggae-Pumpen. Genial!

Nochmals eine halbe Stunde später bringt Goisern es fertig, eine fetzige Nummer mit federndem Akkordeon genau auf dem schmalen Grad zwischen Polka und Ska zu halten - bis das Stück mit einem furiosen Fiedel-Solo zur rasanten Country-Nummer wird.

Die schnelleren Stücke mischen alpenländische Volksmelodik mit Rock-Idiomen. Bei den getragenen fügt Goisern Weltmusik-Elemente ein, wuchtige, archaische Trommeln etwa, die er dann mit langsam rollenden Jodlern verbindet und in Gesänge überführt, die an Mantras erinnern. Da steckt ein Schuss Esoterik drin, und man muss das nicht toll finden. Aber es hat Kraft! Diese Stücke dauern oft acht oder zehn Minuten, und sie wachsen geradezu in den Himmel.

Dass genaue Gegenteil gibt es auch, nämlich wenn er allein mit der Gitarre vor den Tausend Zuhörern steht - und sich selber zum Zuhörer macht. Er zupft die ersten Akkorde von Weit, weit weg, das Publikum beginnt zu singen, und Goisern begleitet einfach nur. Bis dann die Band einsteigt, mit Pathos, Schlagzeugwucht und einem Gitarrensolo wie aus einer Heavy-Metal-Ballade. Man mag sich wundern, wie Hubert von Goisern Alpenglühen und Metallica, Bierzelt und New Age Musik zusammenbringt - aber er kann das, und er bot seinem Publikum in Offenburg ein großes Konzert.

Hubert von Goisern: Live in Saarbrücken - 22. April 2009

26. April 2009 | Fotos: © Sarah Marchant

Wenn's beim Jodeln rockt

Saarbrücker Zeitung 24. April 2009 | Text: Maria Wimmer | Foto: Dietze

Mit seinem Album "S'Nix" gastierte der Salzburger Hubert von Goisern am Mittwoch in der Saarbrücker Congresshalle.
Mit Jodlern, Ziehharmonika und seiner neuen Band sorgte der Alpenrocker für gute Stimmung.

Saarbrücken. "Es gibt ka deutsches Wort für Showtime" - so heißt das Lied aus seinem aktuellen Album S'Nix, mit dem der Alpenrocker Hubert von Goisern am Mittwochabend sein Konzert in der gut besuchten Saarbrücker Congresshalle einläutete. Die knapp dreistündige Volksrock-Show des 56-jährigen Salzburgers war mitreißend.

Natürlich durfte der klassische Goisern-Jodler, den der Österreicher mit gefühlvoller Stimme von sich gab, nicht fehlen. Immer wieder versuchte er, das Publikum zum Mitsingen zu animieren. Der Großteil der Lieder, die von Goisern in Saarbrücken sang, stammte vom Album S'nix, das inspiriert von einer Schiffsreise durch Osteuropa entstand. Die gesammelten musikalischen Reise-Eindrücke hört man als Einflüsse nun auch in seiner Musik. Sein Repertoire reichte von rockigen Liedern mit peitschenden Gitarren- und Keyboard-Sounds wie Leben bis zu jazzigen Versionen mit Trompete und Geigen wie Siagst as und Regen. Und die Ziehharmonika gehört zu von Goisern wie der Jodler.

Mit Liedern wie Koa Hiatamadl und Weit weit weg schaffte Hubert von Goisern 1992 den Durchbruch, prägte damit den Begriff "Alpenrock" und hat bis heute ein gutes Dutzend Alben veröffentlicht. Dabei ist der Musiker seinem Heimat-Dialekt immer treu geblieben ist.

Mit seiner neuen siebenköpfigen Band, darunter drei Südtirolerinnen, die in ladinisch-dolomitischem Dialekt im Background singen, wagte von Goisern einen Neuanfang. Er lässt sich nicht auf Alpenrock reduzieren, sondern erfindet sich und seine Musik ständig neu. Und deshalb darf die Ladinerin Elisabeth Schuen dann auch schon mal in opernhafter Höhe Jodeln, dass es einem schwindelig werden könnte.

Jodeln zu stampfenden Rockrhythmen

Die Rheinpfalz April 2009 | Text: Hans-Ulrich Fechler | Foto: Kunz

Der Alpenrocker Hubert von Goisern gibt vor ausverkauftem Haus ein umjubeltes Konzert im Mannheimer Rosengarten

Hubert von Goisern

Hubert von Goisern hat den Alpenrock erfunden und ihn zu seinem Markenzeichen gemacht. Außer der Volksmusik seiner österreichischem Heimat hat er inzwischen aber auch noch andere Einflüsse aufgenommen. Im Mannheimer Rosengarten gab er nun auf einer Tournee ein routiniertes Konzert.

In ein von Gitarre und Keyboard bestrittenes Intro jodelt's schon von hinten hinein. Als Jodler gibt sich alsbald der auf die Bühne springende Hubert von Goisern zu erkennen. Sehr rockig geht die Musik ab, und die drei Chorsängerinnen schwingen dazu Schaumgummigitarren. Rockmusik muss nicht nur die Ohren, sie muss auch die Augen reizen und in die Glieder fahren. "Showtime", "Showtime", "Showtime" ruft Hubert von Goisern immer wieder, um den ausverkauften Mozartsaal auzufeuern und anzuheizen. So heißt nicht nur der Song von dem letzten Album S'Nix. Der Titel ist zugleich Programm. Und wenn das Konzert nach drei Stunden zu Ende ist, jodelt es auch im Kopf des Zuhörers.

Um es aber gleich zu sagen: Hubert von Goisern ist nicht nur älter geworden, er ist auch nicht mehr der Alte. Vor über 20 Jahren hat der Mittfünfziger die Rockmusik das Jodeln gelehrt. Die Volksmusik seiner österreichischen Heimat, Jodeln und Harmonika mit den stampfenden Rockrhythmen zu verbinden machte Hubert Achleitner, der sich nach seinen Geburtsort benannte, zu seinem Markenzeichen: Alpenrock. Mit seiner zuvor unerhörten Musik riss er selbst die New Yorker von den Sitzen. Um sein Spektrum zu erweitern und nicht in den immergleichen Bahnen zu verenden, unternahm er ausgedehnte Reisen durch Afrika und nach Tibet und verschmolz die dortige Volksmusik mit der seinen. Zuletzt machte er eine Tournee mit einem Schiff donauabwärts durch den Balkan zum Schwarzen Meer. Die Musik der Region hat in dem Lied Herschaun Spuren hinterlassen.

Die Musik ist laut und dröhnend, aber die eingängigen Harmonien tut den Ohren nicht weh. Der Rhythmus ist stets gerade, nicht einmal schräg. Alex Pohn am Schlagzeug und Helmut Schartlmüller am Bass bilden das zuverlässig durchdringende Rhythmuskorsett. Aus der eher auf Ensembleklang und auf Hubert von Goisern zugeschnittenen Musik treten bisweilen David Lackner an den Keyboards und Gitarrist Severin Trogbacher mit Soli hervor. Der Bandleader greift fast lieber zu Trompete und Flügelhorn als zu Harmonika und Akkordeon. Maria Moling, wenn sie nicht im Hintergrund singt, darf auch schon einmal solo jodeln. Und die Schwestern Marlene und Elisabeth Schuen tragen mit Stimmen und Geigen zum Klang der Band bei. Und wenn Marlene Schuen einmal ein Geigensolo spielt, dann das effektvoll verhallt.

Seine Fans lieben ihn so, wie er ist. Zum Schluss erhob sich der Saal zu den inzwischen unverzichtbaren Standing ovations. Ein weiblicher Fan in den hinteren Reihen war dem Idol offenbar nicht nah genug. "Hubert, ich will ein Kind von dir", rief die Frau in die Stille einer Pause hinein. Nach einer Weile meinte der zunächst etwas peinlich berührte Alpenrocker: "Das sagt sich so leicht."

Hubert von Goisern: Live in Offenbach - 5. April 2009

10. April 2009 | Fotos: © Elli Christl

Geigenshow und Jodler

Wochenblatt 8. April 2009 | Text: bo

Nicht nur alpenländisch: Harter Rock und sanfte Balladen im Lörracher Burghof

1986 war es: Frisch geadelt legten Hubert von Goisern und Wolfgang von Wien mächtig los, und wenn gleich die enthusiastische Show manchmal nur ein schmales Publikum von fünf Leuten anzog, sollte es doch der Anfang von etwas ganz Großem sein - eine Kostprobe davon wurde kürzlich dem Burghof zuteil.

Einige Jahre sollte es aber noch dauern bis 1992 im deutschsprachigen Raum sowie international die Beachtung kam, und zwar mit Koa Hiatamadl aus dem Album Aufgeigen statt niederschiassen der Alpinkatzen. Für Nicht-Österreicher und Bergsteig-Abstinenzler nicht unbedingt eine originelle Wortschöpfung, auf alle Fälle dürfte Hubert Achleitner aber die blaublütige Ingeniosität und den damit einhergegangenen Karrierestart als glückliche Fügung gewertet haben. Spätestens Anfang der 90er war er berühmt, und galt als Erfinder des Alpenrocks. Seitdem tourt er durch die Lande und erfreut eine immense Anhängerschar. Diese folgen ihm überall hin. So war es auch bei seinem Gastspiel in Lörrach. Ausverkauft war der Burghofsaal, treue Fans kamen von weit angereist. Geboten war ein Abend, bei dem es auch zu vorgerückter Stunde einfach nicht leiser werden wollte. Und geboten war eine mehrstündige Show, die völlig ohne Pause auskam. Die Instrumente pulsierten. Die Akkorde sprudelten. Die Jodler hüpften. Die Band lief zur Hochform auf. Zündete die Bühne. Rockte den Saal. Mittendrin ein Akkordeon, das vom Besitzer bis zur Weißglut strapaziert wurde. Drei stimmtalentierte Geigerinnen setzten Akzente und Höhepunkte zugleich.

Ein Dutzend funkelnagelneue Songs präsentiert die aktuelle Scheibe S'NIX, an der von Goisern 2008 intensiv gebastelt hat. Somit konnte er teils mit taufrischem Liedgut aufwarten, aber auch die alten Ohrwürmer Weit, weit weg oder Omunduntn hatten ihre Berechtigung bei diesem Konzert.

Die Tournee dazu führt durch Österreich, Deutschland und der Schweiz und bietet eine Mischung aus Rock, Pop, Soul, Jazz und Volksmusik. Eine Vielzahl von Klangkörpern beherrscht der heute 56-jährige, dennoch ist der Klimperkasten sein ständiger Begleiter. Das seit der Jugendzeit. Sein Großvater, so geht die Kunde, verschaffte ihm die Bekanntschaft mit einer steirischen, diatonischen Ziehharmonika. Was sich daraus entwickelte, füllt heute Säle, Bücher und Alben. Und ebenfalls schon Jahrzehnte her, ist der Satz des Auswanderers, den es nach Afrika zog, weil er "niemanden hatte, der auf seiner Wellenlänge war". Dazu bedarf es nach den überschwänglichen Beifallsstürmen keinerlei weiteren Kommentars.

Hubert von Goisern: Live in Würzburg - 4. April 2009

9. April 2009 | Fotos: © Elli Christl

Gipfel der Glückseligen genommen

Offenbach Post 7. April 2009 | Text: Anke Steinfadt | Foto: Georg
Hubert von Goisern & Band

"Es gibt kein deutsches Wort für Showtime!", brüllt Hubert von Goisern dem Publikum im Offenbacher Capitol die erste Zeile des gleichnamigen Liedes entgegen - krachender Auftakt eines fast dreistündigen Konzerts, das mitreißend ist und das Publikum kräftig mitrocken, aber auch träumen lässt.

Die Mischung aus lauten und leisen Tönen stimmt. Stücke vom aktuellen Album S'Nix wechseln mit Repertoire-Lieblingen wie Weit weit weg oder Heast as nit.

Am liebsten würde er 24 Stunden am Tag Musik machen. "Nix essen. Nicht schlafen", versichert der 56-Jährige. Man glaubt es ihm aufs Wort. Sowohl seine Energie als auch seine Kreativität und Leidenschaft scheinen schier unendlich zu sein. Doch im vergangenen Jahr, während der Linz Europa Tour auf einem umgebauten Frachtschiff, verließen den Tausendsassa zwischenzeitlich die Kräfte. Goisern nutzt die Gelegenheit, sich denjenigen im Saal zu erklären, die im vergangenen Juli beim Konzert am Offenbacher Mainufer vergeblich auf seinen zweiten Auftritt gewartet hatten.

Diesmal gab es keinerlei Anzeichen von Erschöpfung. Hubert Achleitner, der sich nach seinem Heimatort Bad Goisern benannt hat, singt meist voller Hingabe mit geschlossenen Augen, schreit, gestikuliert und jodelt. Er spielt Akkordeon, Trompete und Gitarre, wechselt die Instrumente manchmal innerhalb einer einzigen Nummer. Begleitet wird er von einer erstklassigen und gut gelaunten Band (Severin Trogbacher, Helmut Schartlmüller, David Lackner, Alexander Pohn) sowie den Sängerinnen Elisabeth Schuen, Marlene Schuen und Maria Moling, die sich nebenbei an Violine und Perkussion betätigen. Gemeinsam erschaffen sie zuweilen Klangbilder von unglaublicher Breite und Tiefe, akustische Gebirgspanoramen, die den Zuhörer geradezu forttragen.

Kaum ein Musikstil, den der Erfinder des "Alpenrocks" nicht in seine Kompositionen mit einfließen lässt. Reggae, Country, Funk, Zigeuner- und Polka-Rhythmen - all das verbindet er mit wie selbstverständlich mit traditioneller Volksmusik. Die Annäherung der Kulturen, die ihm so sehr am Herzen liegt, ist in seiner Musik längst vollzogen. Dass der Österreicher nicht nur ein politischer und soziokultureller Freidenker ist, sondern auch ein witziger Unterhalter, beweist er, als er von seinen ersten Jodelversuchen und von eigenartigen Bräuchen aus dem Salzkammergut berichtet. Ebenso macht er als Leiter des sehr engagierten Publikumschors eine gute Figur. Und am Ende der Showtime sind alle auf dem Gipfel der Glückseligkeit angekommen.