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AFRIKA

Hubert von Goisern und Afrika

HvGDie Freundschaft zu der weltberühmten Schimpansenforscherin Jane Goodall und deren Einladung folgend, reiste Hubert von Goisern 1996 nach Gombe/Tanzanien. Zwei weitere Reisen folgten. Der Aufenthalt in Afrika brachte eine Fernsehdokumentation und ein neues Album mit sich. Regisseur Hans Peter Stauber drehte eine Dokumentation über die Reise in den Bergen von Gombe, wo im Jahr 1960 die Arbeit von Jane Goodall begonnen hatte. Die Filmmusik, Huberts von Afrika inspirierte Album "Gombe", wurde 1998 veröffentlicht.

Talk Spezial mit Jane Goodall und Hubert von Goisern

Servus TV 6. Oktober 2014 | Fotos: © Servus TV

Ihr Engagement kennt keine Grenzen. Auch mit über 80 Jahren fühlt sich Jane Goodall sowohl dem Schutz der Natur als auch den nachkommenden Generationen verpflichtet: "Ich fühle mich verantwortlich, für den Fortbestand der Wälder, der Natur und der Tiere zu kämpfen. Für unsere Kinder und Kindeskinder, denen wir es schuldig sind, keine zerstörte Welt zu hinterlassen." Mut, Motivation und Tatkraft beweisen: eine bessere Welt ist möglich. Zusammen mit ihrem Freund Hubert von Goisern sprach Jane bei Talk Spezial ausführlich über Visionen, neue Projekte und über ihre einzigartig optimistische Sicht auf das Leben.

Hubert von Goisern und Jane Goodall

Der Kiahsuacher in Mwangongo

BISZ 7. März 1996 - Teil 1 | Text: Hannes Heide

Straßenkinder in Dar es Saalam, wilde Schimpansen am Tanganjikasee und der "Kiasuacher".
Hubert von Goisern in Afrika - eine Beobachtung.

Schauplatz Afrika: Die Alpinkatzen sind nicht "weit weg" - auch wenn das räumlich gesehen richtig ist - sondern "Vergangenheit". Darauf legt Hubert von Goisern Wert. "Weit weg würde heißen, daß es wieder kommt. Aber das ist meine Vergangenheit."

Die Gegenwart? Das ist - zu diesem Zeitpunkt zumindest - Afrika. Der Zweck dieser Reise nach Tansania und ins benachbarte Kenia war kein besonderer, dahinter standen keine Pläne und Absichten (auch wenn sich im Laufe des Aufenthalts Projekte herauskristallisieren und Ideen entstehen). Am Tanganjikasee, dem eigentlichen Reiseziel, begann vor 36 Jahren die englische Verhaltensforscherin Dr. Jane Goodall mit der Beobachtung von Schimpansen.

Die Ergebnisse ihrer Arbeit haben alle Theorien über die Unterschiede zwischen Mensch und Tier über den Haufen geworfen. Schimpansen - immerhin fast 99 Prozent ihrer Erbmasse sind mit der des Menschen ident - sind lernfähig, erzeugen und benützen Werkzeuge, können in einer einfachen Sprache Informationen austauschen. Darüber hinaus gibt es ein Sozialwesen, das man in der Tierwelt so nicht für möglich hielt. Schimpansen sind aber genausowenig friedliebend wie Menschen: Sie führen Kriege gegeneinander, sogar Kannibalismus konnte Jane Goodall bei den Schimpasen im Gombe Nationalpark beobachten. Derzeit sind die Wissenschaftler den Schimpansen bei ihrem Gebrauch von Kräutern auf der Spur, erhoffen sich Rückschlüsse auf den Menschen und ihre Verwendbarkeit für Medikamente.

Jane Goodall hatte auch zu Konrad Lorenz Kontakt. Dort hat sie auch der aus Bad Goisern stammende Buchverleger Michael Neugebauer kennengelernt, der sie einige Male in Tansania besuchen konnte und einige Bücher für Kinder mit ihr veröffentlicht hat. Mittlerweile war Dr. Goodall auch schon in Bad Goisern auf Besuch.

Dort lernte sie Hubert von Goisern kennen - und weckte Interesse an ihrer Arbeit. Anfang Februar war es dann soweit: Einem Treffen in Afrika stand nichts mehr im Wege. In Dar es Saalam mit 1,7 Millionen Einwohnern größte Stadt Tansanias, stand vorerst ein Besuch im Zentrum Dogodogo auf dem Programm.

In einem Haus werden Jugendlich betreut, die sonst auf der Straße landen würden. Aus dieser Gemeinschaft ist die Green Band entstanden. Für sie hatten Hubert und sein Toningenieur einen Verstärker und ein Keyboard mitgebracht. Das Geschenk wurde dankbar angenommen, auch die österreichischen Gäste sangen (Hubert) und spielten (Spanni am Bass) mit den Jugendlichen.

Tansanische Musik zu machen, das ist das Ziel der Band. Die Musik, die in ihrem Land hauptsächlich gespielt wird, komme eigentlich aus Zaire, berichten die Bandmitglieder. Populär ist auch Michael Jackson in Ostafrika. Der war schon einmal in Dar es Saalam und sollte ein Konzert spielen. Allerdings reiste er nach zwei Stunden wieder ab. "Es stinkt!" stellte er fest.

Als nun Hubert mit einem Wasserflugzeug am Tanganjikasee landete, war das ganze Dorf in Aufruhr. Die Bewohnter glaubten nämlich, Michael Jackson würde sie besuchen. Entstanden war das Gerücht durch ein Mißverständnis. Jane Goodall hatte nämlich angekündigt "Michael" (Neugebauer) würde mit einem Sänger zu Besuch kommen. Die Enttäuschung hielt sich allerdings in Grenzen, als anstelle des amerikanischen Popstars der in Afrika weniger bekannte Hubert von Goisern landete.

Der erhielt freilich noch seine Chance für einen großen Auftritt. In der Primary School im Dorf Mwangongo betrieb Jane Goodall Werbung für ihr Projekt "Roots and Shoots" und setzt bei den Jüngsten, eben den Schülern an. So pflanzten die Jugendlichen entlang des Baches Bäume. Aber auch mit Liedern und kurzen Stücken wird das Bewußtsein gestärkt, daß die Umwelt erhalten werden muß. Die Suche nach Brennholz ist inzwischen zur Gefahr für den Nationalpark geworden.

Bis an seine Grenzen sind bereits so viele Bäume gefällt worden, daß die Einheimischen beim Sammeln von Brennholz Tagesmärsche in Kauf nehmen müssen. Negative Folgen sind zudem die starke Erosion auf den Äckern, weil der an sich fruchtbare Boden keinen Halt mehr findet. Die Ausbeutung der Naturlandschaft ist nicht zuletzt auch eine Folge der Überbevölkerung. Mehr als drei Prozent beträgt das jährliche Bevölkerungswachstum in Tansania. In der Region um den Nationalpark, wo die Menschen weitgehend Moslems sind, hat ein Mann im Durchschnitt vier Frauen. Und mit jeder Frau durchschnittlich sieben Kinder!

Etwa 700 Kinder, ihre Lehrer (sie verwenden übrigens noch das Rohrstaberl - und das recht kräftig, wie das zerfranste Ende zeigt) und die Dorfältesten waren zusammengekommen um für Dr. Jane Goodall - "Mama Jenny" - zu singen, einen Sketch zu spielen und zu tanzen.

Dabei wurde auch Hubert von Goisern gebeten, etwas zu singen. Den Kiahsuacher aus dem Pongau hat er sich ausgesucht. Und der Hintergrund dieses Jodlers, mit dem die Kühe von der Weide zurückgerufen werden, erklärte man den jugendlichen Zuhörern in der Muttersprache Kisuaheli. Schon nach den ersten Silben begannen die Kinder zu lachen und amüsierten sich über den exotischen Gesang aus den Alpen. Zum Abschluß gab es ein "Heeejhh" wie aus einer Kehle. "Ich war noch nie so nervös", meinte Hubert nach dieser ungewöhnlichen Premiere in Mwangongo.

Die Straßenkinder von Dogodo

BISZ 14. März 1996 (Teil 2) | Text: Hannes Heide

Ein Tiroler Pfadfinderhemd auf dem Markt von Kigoma und Verstärker aus Goisern in Dar es Salaam.
Hubert von Goisern in Afrika, zweiter Teil.

Wie würde er reagieren, wenn der Tiroler Pfadfinder wüsste, was er mit dem Hemd, das er bei der Alttextiliensammlung für arme Leute gespendet hat, in Afrika passiert ist? Besagtes Hemd machte eine Reise bis unter den Äquator und landete schließlich auf dem Markt in Kigoma am Tanganjikasee. Der Weg aller Alttextilien - wenn sie einmal in Tansania landen - ist vorgezeichnet. Da gibt es einen Geschäftsmann indischer Herkunft, der die Kleider, die in Europa für die Entwicklungshilfe gesammelt wurden, aufkauft und sie mit sattem Gewinn auf den Märkten des Landes weiterverkauft.

So kommt es, daß der Afrikareisende einen Landarbeiter trifft, der ein Pfadfinderhemd ausgerechnet mit einem Tiroler Wappen trägt und sich darüber freut, daß Sabine genau da herkommt, wo auch sein Pfadfinderhemd herkommt.

Wenn man dann hört, daß Tansania von Unicef kein Milchpulver mehr geliefert bekommt, weil es genauso an Geschäftsleute verkauft wurde, oder sieht, wie UNO-Limosinen durch heruntergekommende Städte kutschiert werden, kommen Zweifel über den Sinn von Entwicklungshilfe auf. Es gibt aber auch Erlebnisse anderer Art: "Roots and Shoots", jenes Projekt der Verhaltensforscherin Jane Goodall, das in der letzten Ausgabe der BISZ bereits vorgestellt wurde, sucht die Verbindung von Jugendlichen aus Afrika mit Schülern aus den USA, England, Japan und auch Österreich.

Junge Leute können ihren Altersgenossen nicht nur viel geben, sondern erhalten durch die Beschäftigung mit einer Kultur, die so gänzlich anders ist, auch viel zurück. So ist bei "Roots and Shoots" daran gedacht, Jugendliche aus Afrika nach Europa einzuladen, aber auch Jugendlichen aus dem Salzkammergut eine Reise nach Afrika zu ermöglichen.

"Bevor meine alten Verstärker bei mir zuhause herumstehen, schenke ich sie jungen Musikern in Dar es Salaam", ist sich Hubert von Goisern nach dem Besuch des Straßenkinderprojektes Dogodo jetzt sicher, daß Teile seiner Musikanlage dort sinnvoll verwendet werden. Musik als Beschäftigung für junge Burschen, die sonst auf der Straße landen würden: Dogodogo holt Jugendliche von der Straße und versucht sie vor dem Abgleiten in die Kriminalität zu bewahren.

Die Gründung einer Band, der Green Band hilft den Betreuern dabei. Auch wenn die technische Ausrüstung improvisiert ist und der Stromanschluß "irgendwie zusammengebastelt" ist. Ein Keyboard und ein einfacher Verstärker bedeuten einen riesigen Fortschritt in der Arbeit mit den jungen Musikern.

Alle diese Projekte gehen auf Dr. Jane Goodall zurück, die vor 30 Jahren am Gombe Strom - mittlerweile ein Nationalpark - mit der Beobachtung von Schimpansen begonnen hat. Im Zuge ihrer Arbeit bei der Erforschung der Affen ist ihr der Zusammenhang zwischen Natur- und Kulturlandschaft bewusst geworden. Um die Umwelt erhalten zu können, muß zwischen diesen beiden Faktoren Einklang hergestellt werden. Im konkreten Fall heißt das: Der Nationalpark ist nur dann zu erhalten, wenn die Menschen auch außerhalb genügend Brennholz finden können.

Der Raubbau an den Wäldern rund um den Tanganjikasee hat zu Erosion geführt, der Boden hat keinen Halt mehr und die Äcker rutschen von den Hängen ab. Überschwemmungen haben Verwüstungen der Dörfer zur Folge.

Hier setzt ein weiteres Projekt des Jane Goodall Institutes an, das von der Europäischen Gemeinschaft gefördert wird. Ein deutscher Entwicklungshelfer leitet eine Baumschule, wo in Tansania heimische Bäume gepflanzt werden. In den Dörfern der Region wird den Bewohnern anhand von Videoprojektionen aus anderen Gegenden gezeigt, welche Katastrophen die massive Abholzung des Waldes um die Dörfer zur Folge hat.

Um das Bewusstsein der Menschen zu bilden, setzt George bei seinen Präsentationen auch heimische Kultur ein. Ein eigener Chor aus ArbeiterInnen singt Lieder, die denen auf die Gefahren aufmerksam gemacht wird.

Gefahren drohen dem engagierten Team um George freilich auch von anderer Seite - vom anderen Ufer des Sees. Auf dem Tanganjikasee treiben Piraten ihr Unwesen, die es auf die technische Ausrüstung des Projekts abgesehen haben. Sie haben George und seine Leute kürzlich gefangen genommen, gefesselt und auf den See hinausgebracht. Dort haben die Piraten, weil sie französisch sprachen, dürften sie aus Zaire am anderen Ufer des Sees stammen - dann noch einigen Fischern ihre Boote und Außenbordmotoren abgenommen.

Schließlich ließen sie die Gefangenen wieder frei, die händisch ans Ufer paddeln mussten. Die teure Ausrüstung zur Projektion von Videos war freilich weg. Später sollte sie wieder auftauchen. Auf einem Markt in Zaire.

Den Zusammenhang zwischen Natur- und Kulturlandschaft bewusst zu machen - diese Leitlinie in der Arbeit von Jane Goodall betrifft nicht nur die Bevölkerung Schwarzafrikas. Auch in unserer Region sollten sich die Menschen dessen wieder mehr bewusst werden. In diesem Sinne könnte man von den Afrikanern vieles lernen.

Die Aktionen im Rahmen des JGI, dem Jane Goodall Institut, eröffnen Möglichkeiten, einfach aber effizient "etwas zu tun". Oder wie es Hubert von Goisern ausdrückt: "Ich bin nicht Mutter Theresa. Aber das was ich tun kann, das mache ich auch!"

Jane Goodall wird übrigens noch im heutigen Jahr das Salzkammergut besuchen, die Werbetrommel für ihr Projekt rühren und auch die Begegnungen mit jungen Menschen suchen.